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(Bild: AdobeStock_277774218_Богдан Маліцький)

Die ganze Welt wird elektrisch angetrieben, gewandelt und geladen. Die dabei eingesetzten leistungselektronischen Packages, Schaltungs-Topologien und die darin enthaltenen Leistungshalbleiter sind der Schlüssel zu einer weiteren Steigerung von Effizienz und Zuverlässigkeit, aber auch zur Senkung der Kosten und des Volumens, die für die Leistungssteuerung benötigt wird. Enorme Energiedichten auf immer kleinerem Raum zu wandeln, zu regeln und zu steuern, bringt nicht nur die derzeit verfügbaren Halbleitermaterialien an ihre physikalischen Grenzen, sondern auch die Methoden und Werkzeuge, mit denen Zuverlässigkeitsuntersuchungen durchgeführt und Ausfallmodi simuliert, vorhergesagt und getestet werden können. Daher müssen die neuen Leistungshalbleiter sowohl erprobt, ihre Prozessierbarkeit in bestehenden Prozessketten getestet, nachgewiesen und für den Einsatz vorbereitet werden als auch neue Ansätze für z.B. die beschleunigte Alterung von Bauelementen gefunden werden.

Gerade die immer höheren Beanspruchungen erfordern neue Werkstoffe in den einzelnen Anwendungsbereichen. Der Einsatzbereich reicht heute von mehreren hundert Volt für die Elektromobilität, über ca. 1,2 kV für den Bereich der erneuerbaren Energien, als Fortsetzung über Versorgungsspannungen im 10 kV-Bereich der Netze und des elektrischen Schienenverkehrs perspektivisch auch des elektrischen Flugverkehrs, bis in den Megavolt-Bereich für die Hochspannungs-Gleichstromübertragung.

Halbleiter und Kontaktierung

Bei den heutigen Leistungsmodulen in den mittleren Spannungsbereichen ist die Verwendung von Halbleitern aus Silizium und Siliziumkarbid (SiC) Standard. Diese werden auf unterschiedliche Weise mit den Schaltungsträgern verbunden. Üblich im heutigen Stand der Technik sind das Löten oder Sintern auf DBC (Direct Bonded Copper)-Substraten oder deren Weiterentwicklung, die AMB (Active Metal Brazing)-Substrate und das anschließende Dickdrahtbonden. Im Gesamtpaket werden dann zunächst die zur Steuerelektronik gehörenden Baugruppen/Bauteile auf die Baugruppe geklebt und an die Baugruppe angeschlossen.

Demgegenüber stehen weitere Halbleitermaterialien, die für bestimmte Anwendungsfälle Verbesserungen der Performance versprechen, aber noch nicht den Markt durchdrungen haben. Die Tabelle listet die heute marktüblichen und im FuE-Bereich genutzten Halbleitermaterialien auf. Die Grafik stellt die für die Leistungselektronik relevanten Eigenschaften gegenüber.

Übersicht heute in Betracht gezogener Leistungshalbleiter
Übersicht heute in Betracht gezogener Leistungshalbleiter (Bandlü-cke: Standard: <1,6eV; WBG (Wide Bandgap): >1,6, <3,4 eV; UWBG (Ultra-wide Bandgap): >3,4eV) (Bild: Fraunhofer IZM)

Aufgrund der sich verändernden Spannungen und Leistungsdichten müssen zur Sicherstellung der anvisierten Lebensdauer und Anwendungstemperatur natürlich Kontaktierungsverfahren eingesetzt werden, die diesen Anforderungen Rechnung tragen. Die Entwicklung angepasster AVT-Prozesse erfolgt in verschiedenen Bereichen. So erfolgt die Fügung des Halbleiters auf das Substrat inzwischen angepasst an die Technologie- und Kostenziele auf unterschiedliche Weisen.

Metallisches Sintern mit Silber- oder Kupferpasten oder auch Hybriden ist derzeit der Prozess der Wahl und die beste Alternative zum Löten: Druckbehaftetes- oder druckloses Sintern sind dem Löten im Bereich der Lebensdauer weit überlegen [2]. Die Interdiffusion einzelner Schichten ermöglicht die Bildung einer Schmelzschicht mit hohem Schmelzpunkt und ausgezeichneter Stabilität und thermischen Eigenschaften.

Eine weitere Variante ist das Transient Liquid Phase Sintering TLPS/SLID. CuSn oder AuSn sind hier etablierte TLPS-Systeme [3]. Statt nur an den Grenzflächen, wie beim klassischen Sintern, bilden sich auch innerhalb der Lotschicht intermetallische Phasen. Der Übergang von geschmolzenem Metall zu intermetallischem Metall resultiert in einem hohen Schmelzpunkt des entstehenden Kontakts.

Auch werden neue Verfahren entwickelt, die Vor- und Nachteile einzelner vorgenannter Ansätze optimieren.  Hier sind z.B. die sog. „Nanowires“ für die Chipintegration zu nennen, bei denen eine Vielzahl von nanoskaligen „Drähten“ (z.B. Cu, 200-400 nm Durchmesser und wenige Mikrometer Länge) auf Halbleiter und Substrat strukturiert und dann unter Druck und Temperatur mit den beteiligten Fügepartnern verschmolzen werden [4]. Auch sind schwammartige Metalllagen in Entwicklung, bei denen durch eine selektive Auslösung von Legierungspartnern aus einer mehrphasigen Schicht ein offenporiges Volumen aufgebaut wird, welches durch Druck/Temperatur zu einer geschlossenen Metallschicht zusammenfällt und eine thermisch und elektrisch hochleitfähige Verbindung zwischen Halbleiter und Substrat ermöglicht [5].

Auch für die Anbindung von Zuleitungs- und Steuerdrähten sind in den letzten Jahren Innovationen in die Herstellung geflossen. Bedeutsam zum jetzigen Zeitpunkt sind insbesondere die sog. „Collective Wiring“-Technologien, bei denen Drahtbonds durch die parallele Strukturierung von Kupferzuleitungen anlehnend an den Leiterplattenprozess ersetzt werden und auf diese Weise z.B. 1200V SiC-Module ermöglichen [6].

Übersicht der Eigenschaften von Leistungshalbleitern [1]
Übersicht der Eigenschaften von Leistungshalbleitern [1] (Bild: Fraunhofer IZM)

Package und Zuverlässigkeit

Die Möglichkeiten bei der Wahl der Halbleiter und der Aufbau- und Verbindungstechnik sind jedoch nur eine Seite des Gesamtkonzepts. Während die Halbleiter, wie gezeigt, ein großes Potential für den Hochgeschwindigkeitsbetrieb aufweisen, schränkt das Gehäuse selbst die Möglichkeiten ein. Mögliche Wege, um diese Grenzen zu verschieben, sind ein völlig anderer Ansatz, bei dem z.B. das Gehäuse schon konstruktiv auch die Kühlung und Wärmeableitung darstellt und die Einbettung möglichst vieler Bauelemente bereits in die Schaltungsträger erfolgt, um kurze Verbindungswege zu haben.

Herausforderungen an die Zuverlässigkeit ergeben sich insbesondere aus den unterschiedlichen Nutzungsszenarien und der Miniaturisierung. Eines der Hauptprobleme z.B. bei Konverterausfällen ist eine hohe Luftfeuchtigkeit und intermittierende Strombelastung auf das Package. Die Leerlaufzeiten ermöglichen durch eine niedrige Temperatur des Packages das Eindringen von Feuchtigkeit in das Wechselrichtermodul; beginnender Stromfluss löst dann den Defekt aus. Es muss daher genauestens darauf geachtet werden, wie die Betriebszeiten der Packages sind und welche Umwelteinflüsse während der Betriebs- und der Leerlaufzeiten bestehen. Ob Lichteinstrahlung, die zu Polymer-Versprödung führt, Höhenstrahlung, die „hot carrier“ erzeugt, Luftfeuchte, die durch versprödete/defekte Verkapselungen nach moderater Betriebsdauer eindringt oder etwa salzhaltiges Wasser mit hoher korrosiver Wirkung: Alles muss in die Konzeption nicht nur des Aufbaus, sondern auch in die für die Validierung genutzten Testverfahren mit einfließen. Die Miniaturisierung kann weiterhin dazu führen, dass es innerhalb der Packages zu extremen Temperaturunterschieden und lokalen Hotspots kommt. Dies muss durch eine angepasste Wärmeleitung zu den Kühlflächen vermieden werden, da sonst die Leistungshalbleiter (insbesondere Si) in ihrer Funktion beeinträchtigt werden.

Blick in die Zukunft

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Integrationstechnologien in den nächsten Jahren einen herausfordernden, jedoch hinsichtlich der Innovationen auch interessanten, Weg beschreiten wird, um die Wünsche und Ziele der Anwender realisieren zu können. Gerade die ganzheitliche technologische Betrachtung des Systems „Power Package“ wird hier zunehmend bedeutsam.

In der Leistungselektronik der nächsten Generation werden die neuen (Ultra-)Wide Bandgap-Halbleiter für hohe Betriebstemperaturen und hohe Bandbreite in großem Umfang zum Einsatz kommen. Offen ist hierbei jedoch, ob diese Materialien auch in ausreichender Menge verfügbar sein werden, gerade unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Lieferkette, da vielfach Staaten solche Halbleiter als strategische Ressourcen sehen und auch Herstellungsmethoden für hohe Volumina noch mit Blick auf die ökologischen Auswirkungen ungeklärt sind. Hier ist noch viel Arbeit zu leisten, um den Anwenderunternehmen auch die Möglichkeit einer Lieferketten- bzw. Umweltbezogenen Risikoanalyse zu geben.

Die sich abzeichnende Miniaturisierung ermöglicht natürlich bessere Funktionalitäten und geringere Kosten, stellt aber größere Herausforderungen an die Zuverlässigkeit der Packages, z.B. in Bezug auf die Isolation gegenüber den Einsatzszenarien und das Wärmemanagement.

Die Verbindungstechnologien werden sich vom ermüdungsanfälligen Löten hin zu Sintertechnologien oder sogar Nano-X-Verbindungen auf der Rückseite und „Collective Wiring“ auf der Vorderseite entwickeln müssen und damit die Toolchains und Prozessketten der Hersteller vor die Herausforderung stellen, mehrere Kontaktierungs- und Aufbauvarianten über einen bestimmten Zeitraum gleichberechtigt nebeneinander fahren zu können.

Die den Power Packages zugrunde liegenden Integrationskonzepte werden sich von den bekannten Technologien hin zu stärker integrierten Ansätzen, wie die Einbettung von Bauelementen oder die Entwicklung des Leistungshalbleiters hin zum konstruktiven Element, entwickeln müssen. Darüber hinaus müssen die Schutzmaterialien (z.B. Verkapselungen, Beschichtungen, Laminate) die thermische Alterung und die Feuchtigkeitsaufnahme als primäre Fehlermodalitäten berücksichtigen.

Mission Profile (MP)

Ein Mission Profile (MP) ist eine vereinfachte Darstellung aller relevanten statischen und dynamischen Lastbedingungen und Lastprofile, welchen eine Population von elektrischen, elektronischen und elektromechanischen Komponenten innerhalb ihres gesamten Lebenszyklus ausgesetzt ist.

Ebenso dürfen die Aspekte der spezifischen Einsatzumgebung nicht vernachlässigt werden. Daher sind Standardtests mit starren Testregimen für die Bewertung der (Rest-)Lebensdauer in weiten Bereichen ungeeignet und unzureichend.  Es wird erwartet, dass anwendungsspezifische „Mission Profiles“ diesen Bereich dominieren werden. Je genauer diese „Mission Profiles“ definiert sind, desto robuster kann das Package ausgelegt und alle beteiligten Verbindungs-, Füge- und Werkstoffpartner darauf abgestimmt werden.

Literaturquellen:

  • [1] (FOM: Figure of Merit), aus [Handbook of physical properties of semiconductors, SPRINGER 2004, 978-1-4020-7820-0]
  •  
  • [2] [Is Pressureless Sintering Ready for Power Modules, Blank T. et al., 11th CIPS, VDE 2020].
  •  
  • [3] Fabrication of CuSn TLPS Joints for High Temperature Power Electronics, Zhang H. et al., RSC Adv.12(45), pp 29063-29069, 2022]
  •  
  • [4] Cu-Cu Thermocompression Bonding with Cu-Nanowire Films for Power Semiconductor Die-Attach on DBC Substrates, Yu Z. et al., IEEE, 23rd EPTC, 2021.
  •  
  • [5] Advanced Packaging Methods for High Power LED, Jordan R. et al., J. Solid State Lighting 2, 4 (2015)
  •  
  • [6] Embedded Power Devices und Logik in Hochstromleiterplatten, Gottwald T. et al., Elektronik Praxis 11/2015
Erik Jung, Fraunhofer IZM
(Bild: Fraunhofer IZM)

Erik Jung

Fraunhofer IZM, Berlin

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