Während im Realbild bei Hühnerteilen zwischen den verschiedenen Bestandteilen kaum unterschieden werden kann, sind die Anteile von Fleisch (grün), Fett (rot) und Knochen (blau) im CCI-Bild deutlich voneinander abgehoben.

Während im Realbild bei Hühnerteilen zwischen den verschiedenen Bestandteilen kaum unterschieden werden kann, sind die Anteile von Fleisch (grün), Fett (rot) und Knochen (blau) im CCI-Bild deutlich voneinander abgehoben. (Bild: Perception Park)

Moderne 3D-Bildverarbeitungssysteme mit Farbkameras erzeugen präzise räumliche Bilder. Allerdings sind diese Systeme auf die Analyse von Oberflächen ausgelegt und stoßen an Grenzen, wenn die zu untersuchenden Objekte eine unterschiedliche molekulare Struktur aufweisen – etwa bei der Trennung von Kunststoffen im Recycling. Auch wenn Objekte sich physisch verändern, wird es für die Systeme heikel. Dies ist beispielsweise im Lebensmittelbereich der Fall, wenn es um den Reifegrad von Früchten oder einen möglichen Schimmelbefall geht. Solche Informationen können Hyperspektralkameras abbilden: Denn anhand ihrer molekularen Eigenschaften hinterlassen Objekte über ihre spektrale Signatur einen einzigartigen ‚Fingerabdruck‘. Diese spektralen Signaturen ermöglichen einen Rückschluss auf die Materialzusammensetzung der geprüften Objekte.

Chemische Eigenschaften in Echtzeit

Technik im Detail

CCI-Systeme
Stemmer Imaging und Perception Park kooperieren bei dem Vertrieb neuartiger Bildverarbeitungssysteme auf Basis der Technologie ‚Chemical Color Imaging‘: Die konfigurierbare Softwareplattform ‚Perception Studio‘ stellt wissenschaftliche Methoden der hyperspektralen Analyse gekapselt. zur Verfügung. Sie ist die Basis für die CCI-Komplettsysteme, zu denen Stemmer Imaging die Hardwarekomponenten liefert: beispielsweise CMOS- und InGaAs-Industriekameras, Beleuchtungen, Optiken oder Bilderfassungskarten sowie Bildverarbeitungsrechner. Die Hyperspektrallösungen arbeiten in Echtzeit mit einer Rechenleistung von mehr als 200 Millionen Spektralpunkten pro Sekunde. Über die Schnittstellen Cameralink und GigE Vision können Kameras unterschiedlicher Hersteller angeschlossen werden. Stemmer Imaging vertreibt die CCI-Systeme seit Januar 2016.

Die Kurzwelleninfrarot-Kamera Goldeye von Allied Vision ist eine mögliche Kamera für die Hyperspektralsysteme von Stemmer Imaging

Die Kurzwelleninfrarot-Kamera Goldeye von Allied Vision ist eine mögliche Kamera für die Hyperspektralsysteme von Stemmer Imaging Allied Vision

Die Technologie Chemical Color Imaging (CCI) bietet nun eine Möglichkeit, chemische Eigenschaften von Objekten mittels Bildverarbeitung in Echtzeit zu bewerten. Zum Einsatz kommt dabei die Softwaretechnologie des Grazer Unternehmens Perception Park, die komplexe Hyperspektraldaten auf molekularer Ebene für die industrielle Bildverarbeitung nutzbar macht. Kernelement von CCI ist die Extraktion von zweidimensionalen Feature-Bildern – den Chemical Color Images – aus komplexen, multidimensionalen Hyperspektral-Daten. In diesen Feature-Bildern werden dem Anwender die gesammelten, ortsaufgelösten, spektroskopischen Informationen in Farbe codiert dargestellt. Durch den Einsatz von CCI erscheint die hyperspektrale Kamera im System des Anwenders also wie eine Farbkamera. „Die dargestellten Farben stehen für unterschiedliche molekulare Eigenschaften der untersuchten Objekte“, erklärt Markus Burgstaller, Geschäftsführer bei Perception Park. Die Vorzüge der Spektroskopie hinsichtlich ihrer Selektivität werden um den ‚örtlich verstehenden‘ Charakter erweitert, den die Bildverarbeitung ermöglicht. Der Vorteil: Durch eine gezielte Reduktion der spektroskopischen Information entstehen interpretierbare Aussagen über die chemischen Eigenschaften, die eine Klassifikation der Objekte ermöglichen.

Im industriellen Umfeld war die hyperspektrale Kameratechnologie bislang noch nicht flächendeckend anwendbar. „Ein Grund dafür ist, dass die Entwicklung hyperspektraler Applikationen bisher nur Experten der Spektroskopie und Chemometrie vorbehalten war“, sagt Burgstaller. Viele Anwendungsversuche scheitern laut dem Experten zudem daran, dass die Farbbildverarbeitungssysteme bestehender Maschinen in der Regel nicht in der Lage sind, hyperspektrale Kameras sinnvoll zu integrieren. Als Folge müsse jede einzelne Anwendung mit hyperspektraler Kameratechnologie von Grund auf neu entwickelt werden, „was im industriellen Umfeld meist nicht wirtschaftlich darstellbar ist“, so Burgstaller.

Intuitive Plattform

Mit dem Perception Studio können Anwender selbstständig Applikationen entwickeln und konfigurieren, ohne Spezialkenntnisse in Chemometrie, Spektroskopie oder hyperspektraler Datenverarbeitung zu haben.

Mit dem Perception Studio können Anwender selbstständig Applikationen entwickeln und konfigurieren, ohne Spezialkenntnisse in Chemometrie, Spektroskopie oder hyperspektraler Datenverarbeitung zu haben. Perception Park

Mit dem Perception System steht Anwendern eine intuitiv konfigurierbare Datenverarbeitungsplattform zur Verfügung, die wissenschaftliche Methoden für jedermann zugänglich macht. „Neue Anwendungen müssen nicht von Grund auf programmiert werden. Vielmehr können Anwender selbstständig Applikationen entwickeln und konfigurieren, ohne dass Spezialkenntnisse in Chemometrie, Spektroskopie oder hyperspektraler Datenverarbeitung erforderlich sind“, erläutert Burgstaller. Die Konfiguration überfolgt über die intuitiv bedienbare Benutzeroberfläche der Softwareplattform Perception Studio. Einmal konfiguriert, läuft das System im Stand-alone-Betrieb als Adapter zwischen Kamera und Maschine. Als Schnittstellen zur Maschine bestehen beispielsweise GigE Vision, Cameralink sowie Genicam.

Von Verpackung bis Medizin

Die eindeutige Unterscheidung von optisch sehr ähnlichen Materialien wie Zucker, Salz und Zitronensäure ist mit der CCI-Technologie aufgrund der unterschiedlichen Molekularstruktur und der chemischen Eigenschaften problemlos möglich.

Die eindeutige Unterscheidung von optisch sehr ähnlichen Materialien wie Zucker, Salz und Zitronensäure ist mit der CCI-Technologie aufgrund der unterschiedlichen Molekularstruktur und der chemischen Eigenschaften problemlos möglich. Perception Park

Chemical Color Imaging lässt sich in industriellen Prozessen anwenden, beispielsweise in der lebensmittelverarbeitenden Industrie, wo sich das Sortiergut durch Nachreifung schnell verändert. Betrachtet man Hühnerteile, kann mittels herkömmlicher Bildverarbeitungstechnologie im Realbild bei Hühnerteilen zwischen Fett und Knorpel kaum unterschieden werden. Im CCI-Bild heben sich Fleisch, Fett und Knochen dagegen deutlich voneinander ab. Der Grund: Die molekularen Eigenschaften der drei Bestandteile unterscheiden sich und können mit einem hyperspektralen Kamerasystem im gewählten Wellenlängenbereich von 1 000 bis 1 700 nm erkannt werden. Auch andere Materialien weisen im Realbild kaum Unterschiede auf, wie etwa die drei fast identisch erscheinenden Lebensmittel Zucker, Salz und Zitronensäure. Im CCI-Bild ist die Unterscheidung aufgrund der unterschiedlichen Molekularstruktur und der chemischen Eigenschaften eindeutig.

Neben der Lebensmittelbranche sind die Hauptanwenderindustrien von CCI derzeit der Bergbau, die Pharmaindustrie sowie das Recycling. Bei Letzterem ermöglicht die Technologie eine automatische Trennung von Kunststoffen: Kunststoffteile aus Polyethylen und Polypropylen lassen sich anhand ihrer chemischen Zusammensetzung erkennen und trennen. Das Perception System identifiziert unterschiedliche Kunststoffe im selben Prozessschritt. Chemische Farbinformationen sowie Schwarz-Weiß- oder Farbinformationen können im Bildverarbeitungssystem des Anwenders kombiniert verarbeitet werden. Somit lässt sich eine Hyperspektralkamera auch in eine Sortiermaschine integrieren, die bereits eine Farbsortierung verwendet. Mittels CCI sind Anwender also in der Lage, molekulare Informationen mit den Farbinformationen der untersuchten Objekte zu kombinieren, um die Sortierqualität noch genauer zu machen.

Mit CCI und einem Hyperspektral-Aufbau ist es im Medizinbereich bereits gelungen, eine menschliche Hand aufzunehmen und die darin befindlichen Blutgefäße sichtbar zu machen.

Mit CCI und einem Hyperspektral-Aufbau ist es im Medizinbereich bereits gelungen, eine menschliche Hand aufzunehmen und die darin befindlichen Blutgefäße sichtbar zu machen. Perception Park

Auch im Medizinbereich gibt es erste Versuche mit Chemical Color Imaging. So ist es bereits gelungen, mit CCI und einem Hyperspektral-Aufbau eine menschliche Hand aufzunehmen und die darin befindlichen Blutgefäße sichtbar zu machen.

„Betrachtet man die Entwicklung der Bildverarbeitung, kann man Systeme für die monochrome Bildaufnahme als ersten Evolutionsschritt dieser Technologie bezeichnen“, sagt Jörg Schmitz, bei Stemmer Imaging für den Vertrieb der CCI-Systeme zuständig. „Nach der Farb- und später der 3D-Bildverarbeitung sind Hyperspektralsysteme nun der nächste Schritt – sozusagen Bildverarbeitung 4.0.“

Hannover Messe 2016 – Halle 17, Stand E42

Peter Stiefenhöfer

ist Leiter Marketing und Öffentlichkeitsarbeit bei der Stemmer Imaging GmbH in Puchheim.

(mns)

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