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(Bild: lfreytag @ GettyImages)

Bei Anwendungen etwa aus dem Bereich Predictive-Maintenance oder auch Geo-Engineering müssen Sensorsysteme schon kleinste Abweichungen von der Norm erfassen. Denn sie geben Auskunft über den Zustand der Maschine oder der Baustruktur. Zur Erfassung solcher Daten eignen sich MEMS-Inertialsensoren.

Wie funktionieren MEMS-Inertialsensoren?

Eckdaten

MEMS-Inertialsensoren basieren auf einkristallinen Silizium-Sensorelementen. Aber erst in Kombination mit einem Hochleistungs-ASIC und einem hermetisch, abgeschlossenen Gehäuse eignen sich solche Sensoren für die Überwachung von Neigung, Beschleunigung und Vibration. Sie erfassen bereits kleinste Abweichungen, sollen in Zukunft intelligent agieren sowie mit Mikrocontroller sowie Funkchip in der Lage sein, die Daten zu analysieren und weiterzusenden

Wenn in einer technischen Anwendung Neigung, Beschleunigungen und Vibrationen zu messen sind, kommen hochgenaue Inertialsensoren zum Einsatz: Winzige MEMS (Micro Electromechanical Systems), die auf einkristallinen Silizium-Sensorelementen und neuesten mikromechanischen Herstellungsverfahren beruhen. Bei der Produktion greifen Hersteller auf unterschiedliche mikromechanische Verfahren zurück, wobei jede Technologie andere Stärken hat. So hat beispielsweise First Sensor neue mikromechanische Verfahren zur MEMS-Herstellung entwickelt und Inertialsensoren auf den Markt gebracht, die die Vorteile der übrigen in einer innovativen Produktserie vereinen. Sie können mit guten Leistungsmerkmalen sowie mit vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten überzeugen. Dazu zählen etwa die Bereiche Geo-Engineering, Zustandsüberwachung, Navigation und Robotik.

Was ein hochpräziser Beschleunigungssensor leisten kann

Miniaturisierte, als MEMS aufgebaute Sensoren können Beschleunigungen in allen drei räumlichen Dimensionen messen. MEMS-Inertialsensoren erweisen sich grundsätzlich als sehr robust, zuverlässig und schnell. Aktuelle Produkte verhalten sich auch ausgesprochen temperaturstabil und sind auch in der Lage schon äußerst geringe Lage- oder Beschleunigungsänderungen zu erfassen. Schon die Auslenkung eines zehn Meter langen Brettes durch ein einzelnes menschliches Haar mit dem Durchmesser von 100 µm kann detektiert werden. Das entspricht einer Auslenkung von nur 0.0005° (2 arcsec oder 10 µm/M).

Die Zukunft ist digital

MEMS-Sensorik gilt als eine Schlüsseltechnologie für das Internet der Dinge. Mit zunehmender Digitalisierung wird sich deshalb auch die miniaturisierte Beschleunigungs- und Neigungs-Sensorik weiterentwickeln. Deshalb programmieren Hersteller ihre Inertialsensoren künftig zunehmend intelligent. Zudem werden sie über Mikrocontroller, Miniaturbatterie oder winzige Funkchips verfügen und ihre Messdaten online verschicken.

Aktuelle Anwendungsgebiete hochpräziser Inertialsensoren

Die Anwendungsgebiete heutiger hochpräziser Inertialsensoren sind vielfältig und reichen von Anwendungen in der Industrie über die Geotechnik bis hin zu Verkehrsüberwachung.

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Hohe Auflösung: Schon die Auslenkung eines zehn Meter langen Brettes durch ein einzelnes menschliches Haar mit dem Durchmesser von 100 µm lässt sich detektieren. First Sensor

In industriellen Strukturen und Einrichtungen kommen sie häufig in Anwendungen zur Energieerzeugung, -verteilung oder -verarbeitung zum Einsatz. Dazu gehören etwa Kern-, Gas- und Wasserkraftwerke, Dämme, Windkraftanlagen, Ölplattformen, Raffinerien sowie Pipelines. Sicherheitszertifizierte seismische Überwachungssysteme sind für diese Anlagen obligatorisch, sowohl für die Nachrüstung als auch für die Erstausrüstung.

Im Bauwesen sowie in der Geotechnik sind Bauprojekte sehr häufig in Gebieten mit hoher Bevölkerungsdichte angesiedelt. Bauaktivitäten wie Sprengen oder der Einsatz von schweren Maschinen können strukturelle Schäden an bestehenden umliegenden Gebäuden verursachen. Daher ist die Schwingungsüberwachung mit ausgeklügelten Mess- und Aufzeichnungsgeräten von elementarer Bedeutung für die Beweissicherung.

Durch die Überwachung von bereits bestehenden Strukturen in Infrastruktur und Verkehr lassen sich Probleme und Sicherheitsrisiken frühzeitig erkennen. Brücken lassen sich so etwa hinsichtlich ihrer Tauglichkeit überwachen, wobei die Inertialsensoren notwendige Daten sammeln und analysieren, anhand derer sich dann entsprechende Maßnahmen ergreifen lassen.

Ebenso messen Inertialsensoren die Neigung von Kassetten, Ausrichtern, Ladeschleusen, Transferstiften und Prozesskammersockeln zur vollständigen Charakterisierung der Produktionsanlagen wie zum Beispiel in der Halbleiterindustrie. Gerade dort ist ein präzises Einstellen der gewünschten Neigung durch Messen von Neigung und Drehung notwendig, da bereits kleinste Veränderungen zu Schäden in der Produktion führen können. Zudem ist die schnelle und genaue Einstellung der gleichen Ebene über alle Werkzeuge hinweg äußerst hilfreich für eine bessere Prozessgleichmäßigkeit.

Schwingungssensoren messen bei der die Zustandsüberwachung auftretende Vibration, die beim Betrieb von Industriemaschinen auftritt. Die Schwingungsdiagnose ist eines der wichtigsten Werkzeuge zur Analyse von Defekten und Verschleiß an Lagern, Motoren, Werkzeugen, Getrieben und anderen hochbeanspruchten Maschinenkomponenten. Predictive-Maintenance-Anwendungen machen sich diesen Effekt etwa zu Nutze.

In der Luftfahrt liefern die Sensoren zum einen Informationen zu Neigung des Flugzeuges. Zum anderen dienen die Beschleunigungssensoren dazu, eine erste Orientierungshilfe zu geben und um eine Lageveränderung während des Fluges zu korrigieren.

Technisches Konzept eines kapazitiven Inertialsensors

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Aufgrund ihres Mikro-Formats können MEMS in Massenstückzahl produziert werden. Auch ihr Energieverbrauch ist geringer. First Sensor

MEMS-Inertialsensoren zur kapazitiven Messung von Neigung, Beschleunigung und Vibration beruhen auf mikromechanischen Herstellungsverfahren und auf einem winzigen Silizium-Sensor: einem Feder-Masse-System, dessen Strukturen wenige µm breite Silizium-Stege sind. Bei Beschleunigung wird die auf Federn aufgehängte Masse ausgelenkt, wodurch eine Kapazitätsänderung messbar ist. Ein ASIC liest diese Kapazitätsänderung aus und gibt den Messwert weiter.

Bei der Sensorherstellung werden Masse und Federn aus einem einkristallinen Siliziumgrundkörper herausgeätzt. Zu beachten ist dabei, dass es sich hier um Strukturen handelt, die häufig nur ein tausendstel Millimeter dick sind. Aufgrund ihres Mikro-Formats lassen sich MEMS in Serie produzieren und auch ihr Energieverbrauch ist gering.

Das Sensor-Herz: Der einkristalline Silizium-Sensor (Komponente 1)

Als Herz eines jeden MEMS gilt der Silizium-Sensor, welcher sich entweder im Bulk- oder im Surface-Micro-Machining-Verfahren herstellen lässt. First Sensor hingegen nutzt inzwischen aber neue Herstellungs-Technologien: das HARMS-Verfahren (High Aspect Ratio Microstructures) und das AIM-Verfahren (Air Gap Insulated Microstructures).

Das HARMS-Verfahren ermöglicht Mikrostrukturen mit hohem Aspektverhältnis und minimiert so Querempfindlichkeiten, wohingegen das AIM-Verfahren die parasitären Kapazitäten minimiert, indem es die Komponenten durch einen Luftspalt isoliert. Das Ergebnis sind MEMS-Inertialsensoren, die mehr Vorteile bieten als alle klassisch hergestellten Intertialsensoren zusammen. Die Neigungssensoren mit Messbereichen von ±30° erreichen eine Rauschdichte kleiner 0,0004°/√Hz und Auflösungen kleiner 0,0015° bei einer Messfrequenz von 10 Hz. Die Beschleunigungssensoren bieten Messbereiche von ±3 g, ±8 g sowie ±15 g und erreichen eine Rauschdichte kleiner 30 µg/√Hz und Auflösungen kleiner 40 bis 95 µg bei einer Messfrequenz von 10 Hz.

Das Sensor-Gehirn: Der Hochleistungs-ASIC (Komponente 2)

Herz und Hirn des Sensors: Das Silizium-Sensorelement erfasst die Messwerte, während ein ASIC die gesammelten Daten in digitale Werte umwandelt.

Herz und Hirn des Sensors: Das Silizium-Sensorelement erfasst die Messwerte, während ein ASIC die gesammelten Daten in digitale Werte umwandelt. First Sensor

Wenn der Silizium-Sensor das Herz eines MEMS-Inertialsensor ist, kann man den ASIC als sein Gehirn bezeichnen. Die integrierte Schaltung liest die kapazitiven Signale des Sensor-Elements aus und gibt den Messwert digital weiter.

Die Merkmale eines Hochleistungs-ASICs sind: sehr rauscharme kapazitive Erkennung, optimal unterstützter Nenn- und Differenzkapazitätsbereich, hochauflösend mit hohem Dynamikbereich, digitale SPI-Schnittstelle (Konfiguration des Sensor-ASIC-Systems, Auslesen von Sensordaten) sowie eine große Auswahl flexibler Signalfilter.

Das Sensor-Gehäuse: Das hermetisch abgeschlossene Gehäuse (Komponente3)

Das hermetisch abgeschlossene Gehäuse, das die beiden Chips umschließt, muss nicht nur die Sensor-Leistung unterstützen, sondern vor allem auch kostengünstig zu produzieren und zu implementieren sein. Erst im Zusammenspiel aller drei ideal aufeinander abgestimmter Komponenten eines MEMS-Inertialsensors – Sensor-Herz, Sensor-Gehirn und Sensor-Gehäuse – wird diese Art von Sensoren für die Bereiche Geo-Engineering, Zustandsüberwachung, Navigation und Robotik gewinnbringend einsetzbar.

Dr. Thomas Frasch

Product Manager bei First Sensor

(prm)

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