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Bild 1: Die Bedienung eines nassen Sensors mit einem Handschuh kann die Kopplungskapazität gegen Masse erhöhen.

Bild 1: Die Bedienung eines nassen Sensors mit einem Handschuh kann die Kopplungskapazität gegen Masse erhöhen.Atmel

Mit kapazitiven Touch-Technik lassen sich empfindliche Elektronikbauteile wunderbar schützen – sie verschwinden direkt hinter einer durchgehenden Glas- oder Kunststoffabdeckung. So lange eine wirksame Abdichtung am Rand vorhanden ist, sind die Bauteile vollständig gegen Feuchtigkeit, Spritzwasser und andere Verunreinigungen geschützt. Doch das allein macht kapazitive Berührungssensorik (Cap Sense) noch nicht zur beste Wahl für Anwendungen in Nass-, Schmutz- und Feuchtbereichen: Wasser und Dreck leitet Strom, hat damit eine eigene Kapazität und verwirrt die Berührungserkennung.

Die Technik kann in diesen Bereichen dennoch erfolgreich zum Einsatz kommen, wenn zusammen mit kapazitiven Sensoren eine Abdeckung implementiert wird. Diese Abdeckung sorgt dafür, dass die elektrischen Eigenschaften der Fremdstoffe, die mit dem Bedienfeld in Kontakt kommen, keinen Einfluss auf die Funktion der Sensorik haben und die Berührungsempfindlichkeit des Bedienfelds nicht beeinträchtigen. Damit wird eine sorgfältige Abwägung erforderlich.

Das Kreuz mit den Ionen

Die Sensorschaltkreise eines Touchscreens erkennen extrem kleine Kapazitätsänderungen auf der Oberfläche des Bedienfelds. Feuchtigkeit auf dem Display, vor allem wenn diese mit ionischen Verbindungen auftritt, etwa aus Reinigungsmitteln oder bei fettigen Fingern, kann zu ähnlichen Änderungen des Kapazitätswerts führen. Treten diese Änderungen schnell genug auf, erscheinen sie wie eine Signaleingabe durch eine Fingerspitze.

Auf einen Blick

Kapazitive Touchscreens reagieren auf Änderungen der Kapazität. Ob diese Änderung von einer absichtlichen Berührung stammt, oder ob Schmutz und Wasser sie auslösen, lässt sich nur schwer unterscheiden. Entwickler müssen hier aufpassen und Fehlerkennungen entgegenwirken.

Dieser Fall tritt auf, wenn die Oberfläche mit Flüssigkeit benetzt wird oder wenn Kondensation im Millisekundenbereich auftritt, zum Beispiel durch einen warmen und feuchten Luftstoß. Es kann zu einer Kapazitätsänderung kommen, die schnell genug ist, um vom Sensorschaltkreis als Berührung interpretiert zu werden. Dieses unerwünschte Verhalten kann dann negative Auswirkungen auf die Sicherheit in Steuerungsanwendungen haben.

Zum Glück gibt es verschiedene Techniken, mit denen sich das Problem vermeiden lässt. Um wirklich ausfallsichere Steuerungen zu erhalten, kann man für einige Anwendungen verschieden Methoden kombinieren.

Entwurf einer Lösung

Am Anfang steht eine sorgfältige Analyse der Umgebung, in der das Produkt zum Einsatz kommen soll. Dabei stellen die Entwickler fest, ob sich kapazitive Sensoren überhaupt eignen. Ist dies der Fall, können sie geeignete Maßnahmen für deren Einsatz festlegen.

In einigen Anwendungen sind kapazitive Techniken nicht die beste Wahl. Um unnötigen Arbeitsaufwand zu verhindern, sollte man diese bereits in einem sehr frühen Stadium erkennen. Generell eignen sich folgende Anwendungen nicht für kapazitive Sensoren:

  • Berührungserkennung durch metallische oder andere leitfähige Materialien.
  • Berührungserkennung unter Wasser.
  • Jede Anwendung, die absolute Messungen erfordert.

Für alle anderen Anwendungen gibt es Maßnahmen, die sicherstellen, dass die Sensoren zuverlässig arbeiten. Dies können Änderungen des Produktdesigns und die Wahl der richtigen Sensortechnik sein, oder Funktionen, die bereits in die Firmware des Berührungssensorik-Prozessors integriert sind und auf Oberflächenverschmutzungen reagieren.

Störungen verringern

In einem ersten Schritt sollte man klären, ob sich das Problem durch Änderungen beim Produkt selbst verringern lässt. Es bieten sich verschiedene Maßnahmen an, die sich auch kombinieren lassen:

  • Montage des Bedienfeldes hinter einer Abschirmung oder weiter entfernt von möglichen Verunreinigungsquellen.
  • Vertikale Montage des Bedienfeldes, sodass Flüssigkeiten ablaufen können bevor sich größere Tropfen oder ein Flüssigkeitsfilm bilden können.
  • Abschalten des Bedienfeldes wenn Verunreinigungen auftreten. Bildet sich zum Beispiel Kondensation beim Öffnen einer Ofentür, kann eine Verriegelung das Panel vorübergehend abschalten, solange die Türe geöffnet ist.

Als nächstes sollte sichergestellt sein, dass die richtige Berührungssensorik zum Einsatz kommt. Dies kann einen erheblichen Unterschied beim Aufwand ausmachen, der für Oberflächenverschmutzungseffekte erforderlich ist.

Die Wahl erfolgt zwischen einfachen Single-Ended-Eigenkapazitätssensoren, wie den QTouch-Lösungen von Atmel, oder den auf gegenseitiger Kapazität beruhenden Sensoren mit ihren beiden Teilelektroden, wie Atmels QMatrix-Produkte. Beide Varianten bieten ihre jeweiligen Vorteile für bestimmte Anwendungen.

Sensoren mit Eigenkapazität

Eigenkapazitätssensoren nutzt Elektroden, die nur eine direkte Verbindung zum Controller aufweisen. Hinsichtlich der Größe und Form von Single-Ended-Elektroden sind einige Regeln zu beachten; sie sind aber einfach und kostengünstig integrierbar. Diese Sensoren eignen sich vor allem, wenn man nur ein paar Bedientasten braucht.

Diese Sensoren messen den Anstieg der Kopplungskapazität zwischen Elektrode und Masse über jeden verfügbaren Pfad. In feuchten und schmutzigen Umgebungen kann dies Vor- und Nachteile haben. Zum Beispiel lässt sich der Bereich der Berührungsempfindlichkeit in den Raum über dem Sensor erweitern, was vor allem dann von Nutzen ist, wenn der Anwender Handschuhe trägt. Aber alles, was die Kopplungskapazität gegen Masse erhöht, etwa eine Wasserschicht auf dem Sensor, kann eine Betätigungsfunktion verursachen.

Eigenkapazitätssensoren sind daher sehr empfindlich gegenüber Oberflächenverunreinigungen, und ein plötzlich auftretender Flüssigkeitsspritzer kann zu einer falschen Berührungserkennung führen. Mit bestimmten Techniken lässt sich die Zuverlässigkeit von Eigenkapazitätssensoren jedoch wesentlich verbessern.

Einsatz eines Guard-Channels

Atmels Berührungssensor-Prozessoren bieten eine Reihe dieser Techniken bereits per Firmware, etwa Adjacent Key Suppression (AKS). Bestimmte Tasten lassen sich damit so konfigurieren, dass die Aktivierung einer Taste die Signale anderer Tasten unterdrückt. Damit wird primär sichergestellt, dass der Benutzer jeweils nur eine Taste aktiviert. Es verhindert aber auch, dass ein Flüssigkeitsfilm eine Berührung bei anderen Tasten auslöst.

Zudem lässt sich ein Guard- oder Wipe-Down-Channel integrieren. Dabei handelt es sich um einen zusätzlichen Sensor, der in Form eines Rings um die anderen Bedienfeldsensoren angebracht ist. Der Guard-Channel ist so konfiguriert, dass er äußerst empfindlich auf Verunreinigungen reagiert. Der Prozessor blockiert dann jegliche Signale der Bedienfeldsensoren, wenn der Wipe-Down-Sensor aktiviert ist, also bei einem vollgespritzten, verschmutzten oder kondensierten Bedienfeld oder wenn es mit einem Tuch gereinigt wird. Damit steht ein sehr effizienter Schutz gegen falsche Berührungssignale zur Verfügung.

Guard-Channel lassen sich mit AKS sehr einfach konfigurieren. Es genügt, die Speicherinhalte des Bausteins im Rahmen der normalen Konfiguration anzupassen.

Sensoren mit gegenseitiger Kapazität

Gegenkapazitätssensoren der QMatrix-Reihe von Atmel verwenden zwei eng gekoppelte Elektroden für jeden Berührungssensorik-Kanal. Die Elektroden sind hinsichtlich der Form eingeschränkter nutzbar, aber sie erlauben eine große Anzahl an Tasten, Schiebern oder sogar XY-Matrizen, die man zur Konfiguration von Touchscreens benötigt.

Bild 2: Eigenkapazität im Vergleich zu gegenseitiger Kapazität.

Bild 2: Eigenkapazität im Vergleich zu gegenseitiger Kapazität.Atmel

Die Sensoren bieten einen wichtigen Vorteil bei Oberflächenverschmutzungen: Sie arbeiten fast diametral entgegengesetzt zu Eigenkapazitätssensoren und messen den Rückgang der Kopplungskapazität zwischen den Elektroden, sobald sich ein Finger nähert.

Alles was die Kopplungskapazität erhöht, etwa ein Wasserfilm, der sich über die beiden Elektroden erstreckt, sorgt dann eher für ein Nichtauslösen des Sensors, das heißt der Schmutz wirkt einer Aktivierung entgegen. Damit bieten solche Sensoren eine hohe Immunität gegen falsches Auslösen durch Oberflächenverunreinigungen.

In vielen Anwendungen reicht diese systemimmanente Immunität bereits. Unter extremen Umgebungsbedingungen oder bei sicherheitskritischen Anwendungen helfen weitergehende Maßnahmen, etwa auch hier der Einsatz von Guard-Channels.

Immer der richtige Sensor

Wer berührungsempfindliche Oberflächen in schmutzigen oder feuchten Umgebungen einsetzen will, sollte sich vorab Gedanken über die Sicherheit und Zuverlässigkeit machen. Doch mit der richtigen Touch-Technik und einigen weiteren Maßnahmen lässt sich auch diese Situation meistern.

Helen Francis

: Product Marketing Manager in der Atmel Touch Technology Division.

(lei)

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