Bild 1: Dargestellt ist eine Vier-Drahtmessung, bei der ein Digitalmultimeter und Prüflinge über die X-Anschlüsse einer Matrix verbunden sind.

Bild 1: Dargestellt ist eine Vier-Drahtmessung, bei der ein Digitalmultimeter und Prüflinge über die X-Anschlüsse einer Matrix verbunden sind. (Bild: Pickering Interfaces)

Eckdaten

Matthias von Bassenheim, Geschäftsführer Deutschland bei Pickering Interfaces, erläutert die Wichtigkeit der Switching & Routing Software für elektronische Testsysteme, insbesondere bei komplexen Schaltanwendungen. Der Verzicht auf die Implementierung derartiger Software kann zu Fehlern führen, die das geplante Zeitfenster der Markteinführung gefährden.

Effiziente Testsysteme sind so ausgelegt, dass die Schaltarchitektur eine gemeinsame Nutzung der Instrumentierung, Versorgungen und Lasten ermöglicht. Mit steigender Anzahl zu prüfender Produkte oder bei gleichzeitigem Test mehrerer Prüflinge steigen auch die Anforderungen an ein Schaltsystem. Beim Erstellen von Testroutinen für komplexe Schaltsysteme gibt es Fehlerquellen wie die Versorgungsspannung an den falschen Prüfpunkt anlegen, Signalpfade kurzschließen oder sogar falsche Instrumente verschalten, was zur Beschädigung des Prüflings oder des Testsystems führen kann. In diesen Fällen sollten Prüfingenieure den Einsatz einer Switching & Routing Software für ein Testkonzept in Betracht ziehen.

Bild 1: Dargestellt ist eine Vier-Drahtmessung, bei der ein Digitalmultimeter und Prüflinge über die X-Anschlüsse einer Matrix verbunden sind.

Bild 1: Dargestellt ist eine Vier-Drahtmessung, bei der ein Digitalmultimeter und Prüflinge über die X-Anschlüsse einer Matrix verbunden sind. Pickering Interfaces

Vorteile und Möglichkeiten einer Switching & Routing Software beschreibt dieser Artikel. Verwendet wird dafür der der Switch Path Manager von Pickering Interfaces. Die Gründe für den Einsatz einer derartigen Software können auch auf andere derartige Softwarepakete angewendet werden.

Bei kleinen Schaltsystemen oder wenn nur einzelne Schaltkarten zum Einsatz kommen, setzen Anwender üblicherweise nur den Standardtreiber ein. Einfache Close- und Open-Befehle mit zusätzlichen Parametern wie Modul- und Kanalnummer steuern die entsprechenden Relais. Dies erscheint auf den ersten Blick in der Ausführung relativ einfach und problemlos. Allerdings müssen Anwender selbst bei einfachen Schaltaufgaben darauf achten, dass Kurzschlüsse oder Fehlschaltungen vermieden werden. Mit steigender Anzahl zu schaltender Relais steigt das Fehlerrisiko signifikant.

Kurzschlüsse vermeiden

Bild 2: Für eine Vier-Drahtmessung DMM nach R2 müssen insgesamt vier Routen aufgesetzt und damit vier Connect-Befehle aufgerufen werden – im Gegensatz zu 18 Close-Befehlen direkt über den Treiber.

Bild 2: Für eine Vier-Drahtmessung DMM nach R2 müssen insgesamt vier Routen aufgesetzt und damit vier Connect-Befehle aufgerufen werden – im Gegensatz zu 18 Close-Befehlen direkt über den Treiber. Pickering Interfaces

Das vorliegende Beispiel in Form einer Vier-Drahtmessung, bei der ein Digitalmultimeter (DMM) und Prüflinge (UUTs, Units Under Test) über die X-Anschlüsse einer Matrix verbunden sind, zeigt, dass aus einer einfachen Verschaltung eine recht komplexe Aufgabe werden kann.

Bild 3: Die Relaisgruppe RELAYGRP besteht aus Einzelrelais der Kreuzungspunkte Y2/X10, Y2/X11, Y3/X10, Y3/X11.

Bild 3: Die Relaisgruppe RELAYGRP besteht aus Einzelrelais der Kreuzungspunkte Y2/X10, Y2/X11, Y3/X10, Y3/X11. Pickering Interfaces

Zur korrekten Messung müssen alle vier Signalpfade zwischen DMM und UUT richtig aufgesetzt werden, das heißt, die Kreuzungspunkte auf vier Y-Achsen sind an der richtigen Position zu schließen. Ist nur einer falsch, kommt es zu Fehlmessungen und gegebenenfalls Kurzschlüssen zu benachbarten UUT-Anschlüssen. Betrachtet man das erste Beispiel und legt eine weitere Vier-Drahtwiderstandsmessung auf die zweite Matrix, die über zweipolige Relaiskontakte mit der ersten Matrix auf den Y-Bussen 1 bis 4 kaskadiert ist, sind Relais auf nunmehr drei Modulen richtig zu programmieren.

Sind bei einem Schaltsystem mehrere Module miteinander verbunden und durchlaufen die Signalpfade mehrere Schalteinheiten, ist es offensichtlich, dass die Schaltkomplexität zunimmt. Aus diesem Grund kommt eine Signal & Routing Software wie der Switch Path Manager von Pickering Interfaces zum Einsatz, der jegliche Schaltkomplexität bewältigt, dennoch für den Anwender bedienbar bleibt und darüber hinaus Sicherheitsaspekte stets mit berücksichtigt.

Virtuelles Abbild der Schaltarchitektur

Der Switch Path Manager legt ein virtuelles Abbild der Schaltarchitektur ab, das zur Laufzeit zum Schalten der Signalpfade verarbeitet wird. Eine Plattform-unabhängige Bibliothek bietet Modelle für alle Pickering-Schaltsysteme sowie Modelle für unterschiedliche Hersteller. Es werden die physikalischen Verbindungen sowie die Endpunkte definiert. Als Endpunkte gelten hier die Knoten an der äußeren Schnittstelle des Systems, mit denen Mess- und Stimulusgeräte sowie der Prüfling verbunden sind. Mit dem Aufruf einer Punkt-zu-Punkt- beziehungsweise einer Punkt-zu-Multipunkt-Verbindung werden ein Signalpfad errechnet und die dazu benötigten Relais angesteuert und somit der gewünschte Signalpfad zwischen den Endpunkten erstellt. Der Router vermeidet immer Konflikte mit bereits existierenden Pfaden und ermittelt einen alternativen Weg oder bricht im Fall einer erfolglosen Suche den Vorgang mit einer entsprechenden Fehlermeldung ab.

In Fortführung des beschriebenen Beispiels sind für eine Vier-Drahtmessung (DMM nach R2) insgesamt vier Routen aufzusetzen und damit vier Connect-Befehle aufzurufen – im Gegensatz zu 18 Close-Befehlen direkt über den Treiber. Neben der steigenden Anzahl von Befehlen ist auch ein gutes Verständnis der Systemarchitektur nötig, um zu wissen, welche Kreuzungspunkte auf den Schaltsystemen geschlossen werden müssen.

Switch Path Manager über Auto-Routing

  • Connect Endpoints (DMM+, R2a) – zum Öffnen: Disconnect Endpoints (DMM+, R2a), und so weiter
  • Connect Endpoints (s+, R2b)
  • Connect Endpoints (DMM-, R2c)
  • Connect Endpoints (s-, R2d)

Klassischer Treiber

  • Close Crosspoints (module1, y1, x1) – zum Öffnen: Open Crosspoints (module1, y1, x1), und so weiter
  • Close Crosspoints (module1, y2, x2)
  • Close Crosspoints (module1, y3, x5)
  • Close Crosspoints (module1, y4, x6)
  • Close Crosspoints (module1, y1, x29)
  • Close Crosspoints (module1, y2, x31)
  • Close Crosspoints (module1, y3, x30)
  • Close Crosspoints (module1, y4, x28)
  • Close Channel (module2, ch3) – zum Öffnen: Open Channel (module2, ch3) , und so weiter
  • Close Channel (module2, ch4)
  • Close Crosspoints (module3, y1, x4)
  • Close Crosspoints (module3, y6, x3)
  • Close Crosspoints (module3, y7, x1)
  • Close Crosspoints (module3, y8, x2)
  • Close Crosspoints (module3, y1, x14)
  • Close Crosspoints (module3, y6, x6)
  • Close Crosspoints (module3, y7, x8)
  • Close Crosspoints (module3, y8, x12)
Bild 4: In dieser Anordnung sind zwei Schaltsysteme über einen Öffner verbunden. Wird eine Route zwischen den Punkten A und B geschaltet, würde eine weitere Route von C nach D einen ungewollten Kurzschluss der beiden Schaltsysteme hervorrufen.

Bild 4: In dieser Anordnung sind zwei Schaltsysteme über einen Öffner verbunden. Wird eine Route zwischen den Punkten A und B geschaltet, würde eine weitere Route von C nach D einen ungewollten Kurzschluss der beiden Schaltsysteme hervorrufen. Pickering Interfaces

Sind stets wiederkehrende Routen notwendig, können, anstatt Endpunktverbindungen aufzurufen, auch feste Routen vordefiniert werden. Es ist möglich, diese Routen zusätzlich zu gruppieren und somit das Schließen und Öffnen von Verbindungsgruppen zu erleichtern. Jede einzelne Route besitzt das Attribut Auto-Route oder Static-Route, das von vornherein festlegt, ob ein unabhängiger Pfad basierend auf der aktuellen Schaltsituation gewählt wird oder ein fest vorgegebener Pfad geschaltet werden soll, der sich möglicherweise aber nicht ausführen lässt, wenn er mit einem bereits existierende Pfad in Konflikt steht.

Für die Messung an R2 werden vier Einzelrouten (R2_DMM-, R2_DMM+, R2_DMMs+, R2_DMMs-) zu einer Gruppe zusammengefasst (GRP_DMM_R2) und über einen Connect-Route-Group-Befehl geschaltet. Einzelne Relais schaltet der Switch Path Manager ebenfalls: eine Relaisgruppe, die aus einem oder mehreren Relais im Schaltsystem besteht, wird dazu über folgenden Befehl angesprochen:

  • ConnectRelayGroup (RELAYGRP)
    zum Öffnen:
  • DisconnectRelayGroup (RELAYGRP)

Im Beispiel in Bild 3 besteht die Relaisgruppe RELAYGRP aus Einzelrelais der Kreuzungspunkte Y2/X10, Y2/X11, Y3/X10, Y3/X11.

Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt bei der Auswahl einer Switching & Routing Software ist die Fähigkeit der Kurzschlusserkennung. Bei nicht korrekter Ausführung könnte das Routing Kurzschlüsse im System erzeugen. Und zwar aus folgendem Grund: In der in Bild 4 dargestellten Anordnung sind zwei Schaltsysteme über einen Öffner verbunden. Wird eine Route zwischen den Punkten A und B geschaltet, würde eine weitere Route von C nach D einen ungewollten Kurzschluss der beiden Schaltsysteme hervorrufen. Die Switch Path Manager Kurzschlusserkennung (SCD) vermeidet dies, meldet einen Fehler zurück und schaltet die zweite Route nicht.

Kurzschlusserkennung

Bild 5: Kurzschlusserkennung beim Einsatz mehrpoliger Relais: zwei Matrizen sind jeweils über Y1 und Y2 über einen zweipoligen Schließer miteinander verbunden. Die blaue und die grüne Route wurden bereits geschaltet. Eine Verbindung von X1 mit X3 würde eine Route über den zweiten Pol des Schließers ermöglichen , doch der Switch Path Manager verhindert ein Schließen, da über den ersten Pol die grüne und die blaue Verbindung ungewollt kurzgeschlossen würden.

Bild 5: Kurzschlusserkennung beim Einsatz mehrpoliger Relais: zwei Matrizen sind jeweils über Y1 und Y2 über einen zweipoligen Schließer miteinander verbunden. Die blaue und die grüne Route wurden bereits geschaltet. Eine Verbindung von X1 mit X3 würde eine Route über den zweiten Pol des Schließers ermöglichen , doch der Switch Path Manager verhindert ein Schließen, da über den ersten Pol die grüne und die blaue Verbindung ungewollt kurzgeschlossen würden. Pickering Interfaces

Ein weiteres, offensichtliches Beispiel veranschaulicht die Kurzschlusserkennung beim Einsatz mehrpoliger Relais (Bild 5): zwei Matrizen sind jeweils über Y1 und Y2 über einen zweipoligen Schließer miteinander verbunden. Die blaue und die grüne Route wurden bereits geschaltet. Eine Verbindung von X1 (links) mit X3 (rechts) würde eine Route über den zweiten Pol des Schließers ermöglichen, doch der Switch Path Manager verhindert ein Schließen, da über den ersten Pol die grüne und die blaue Verbindung ungewollt kurzgeschlossen würden.

Sind die Anschlüsse im Schaltsystem nicht als isoliert gekennzeichnet, können sie für das Routing verwendet werden, was unter bestimmten Umständen zu unerwünschten Verbindungen und somit zu Kurzschlüssen führen kann. Die Darstellung in Bild 6 zeigt zwei Blöcke, für die folgende Schaltaufgabe zu realisieren ist:

Schalte zwei unabhängige Verbindungen Y1-Y4 und Y2-Y3

Der Router sucht den besten freien Pfad und schaltet ohne Rücksicht auf angeschlossene Geräte. Bild 6b zeigt eine ungewollte Verbindung zu den DMM-Anschlüssen DMM+ und s+. Im Gegensatz dazu findet der Router in Bild 6a die nächsten freien Pfade in den Spalten X3 und X4, wenn in der Systemkonfiguration bestimmte Anschlüsse für das Routing isoliert wurden (in diesem Fall X1, X2, X5 und X6, die durch das DMM belegt sind).

Softwareunterstützung

Bild 6a: Der Router findet die nächsten freien Pfade in den Spalten X3 und X4, wenn in der Systemkonfiguration bestimmte Anschlüsse für das Routing isoliert wurden.

Bild 6a: Der Router findet die nächsten freien Pfade in den Spalten X3 und X4, wenn in der Systemkonfiguration bestimmte Anschlüsse für das Routing isoliert wurden. Pickering Interfaces

Bei der Softwareunterstützung ist darauf zu achten, dass eine Switching & Routing Software Treiber für alle spezifizierten Schaltmodule zur Verfügung stellen sollte. Falls das nicht der Fall ist, gilt es zu klären, woher diese zu beziehen sind. Eine Switching & Routing Software sollte leicht in die hauptsächlich zur Testprogrammerstellung verwendete Programmierumgebung einzubinden sein. Wichtig ist also die Möglichkeit zur Einbindung in C, C++, Labview und andere Programmiersprachen.

Die Leistung einer Switching & Routing Software sollte separat betrachtet werden. Derartige Softwaretools werden erfahrungsgemäß im Vergleich zu optimierter und direkter Programmierung immer langsamer sein, speziell im Hinblick auf die Verwendung für kleine Schaltarchitekturen oder nur wenige Schaltmodule. Jedoch liegen die zu erwartenden Verzögerungen in der Größenordnung von Millisekunden und sind damit gering.

Kurze Programmerstellungszeit

Bild 6b: Dargestellt ist eine ungewollte Verbindung zu den DMM-Anschlüssen DMM  und s .

Bild 6b: Dargestellt ist eine ungewollte Verbindung zu den DMM-Anschlüssen DMM+ und s+. Pickering Interfaces

Für viele Elektronikprodukte werden heutzutage komplexe Testsysteme benötigt. Das Fehlerrisiko bei der Prüfprogrammerstellung für diese Tester steigt besonders beim Einsatz einer komplexen Schaltarchitektur. In diesen Fällen sollte eine Switching & Routing Software als wichtiges Element der Programmierwerkzeuge in Betracht gezogen werden. Es gibt eine Menge Kriterien zu berücksichtigen vor der endgültigen Auswahl. Letztlich wird sich der Einsatz einer Switching-&-Routing-Software mit kürzerer Programmerstellungszeit und minimalem Risiko bezüglich Schaltfehler bezahlt machen.

Zur reibungslosen Umsetzung von Schaltapplikationen mit minimalem Programmieraufwand ist der Switch Path Manager gegenüber einer Low-Level-Programmierung unschlagbar. Die Software bietet auch eine einfache Bedienoberfläche zur Konfiguration, die den Programmerstellungsprozess weiter beschleunigt.

Matthias von Bassenheim

Geschäftsführer Deutschland bei Pickering Interfaces

(ah)

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