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Lean – aber wie?

Lean-Development muss in kleinen, erreichbaren Schritten erfolgen.
Nach der Umsetzung von Zielen heißt es, die Früchte der Maßnahme zu ernten und sofort mit dem nächsten Schritt zu beginnen.
Auf dem „Vector Forum“ am 30. Juni 2011 in Stuttgart berichten BMW, Bosch, EADS, Siemens und Thales zu ihren Erfahrungen mit „Lean“ und „Agil“. Details finden Sie unter www.vector.com/vectorforum.

Für die Automobilindustrie ist „Lean“ altbekannt – könnte man meinen. Die Grundprinzipien dessen, was heute als Lean-Management umgesetzt wird, kommen aus der Produktion. Dort wurde bereits in den siebziger Jahren erkannt, dass fragmentierte Prozessschritte und unklare Arbeitsweisen viele unnötige Kosten verursachen. „Lean“ heißt vereinfacht, dass der eingesetzte Aufwand immer den erreichbaren Wert maximieren muss. Zu oft bewegt man sich weit weg vom Optimum – und wundert sich über zu hohe Kosten, zu lange Reaktionszeiten und fehlende Innovationen. Verschlankung ist das Leitmotiv.

Die Grundprinzipien von Lean-Development klingen zunächst einfach, denn sie lauten gemäß Bild 1 Kundenwert schaffen, Verschwendung vermeiden, Wertflüsse optimieren, Eigenverantwortung stärken sowie Kontinuierlich verbessern.

Bild 1: Die Grundprinzipien von Lean-Development.

Bild 1: Die Grundprinzipien von Lean-Development.Alle Grafiken: Vector Consulting Services GmbH

Lean-Development hilft dabei, die eigenen Strukturen, Prozesse und Werkzeuge in der Entwicklung schlank zu gestalten. Die bei Vector Consulting Services gewonnenen Erfahrungen bei der Umsetzung von ‚Lean-Development‘ zeigen, dass in Entwicklungsprozessen 20 bis 30 % der Kapazität durch Verschwendung gebunden sind. Ziel von Lean-Development ist es, diese neu gewonnene Kapazität so in wertschöpfende Tätigkeiten zu investieren, dass beispielsweise mehr Projekte mit gleicher Mannschaft möglich werden, Durchlaufzeiten verkürzt werden, Produktionsanläufe abgesichert werden und eine bessere Produktqualität frühzeitig in der Entwicklung erreicht wird.

Ansatzpunkte für ‚Lean‘ finden

‚Lean‘ hat verschiedene Ausprägungen – beispielsweise für Forschung und Entwicklung, für Lieferantenmanagement, oder für Software-Teams, wo ‚Lean‘ die agile Entwicklung unterstützt. Die Grundprinzipien ähneln sich, werden aber immer für die konkrete Umsetzung angepasst und justiert. Betrachten wir also die Prinzipien von ‚Lean-Development‘.

Kundenwert schaffen.

Kundenorientierung heißt, dass eine Tätigkeit immer auf einen externen oder internen Kunden und Nutzen ausgerichtet sein muss. Betrachten Sie die Entwicklung mit den Augen ihrer Kunden. Wo wird wirklich Wert geschaffen, und wo entsteht Blindlast? Identifizieren Sie wenige kritische Kostentreiber. Ganz wichtig: Nehmen Sie nichts als gegeben hin, nur weil heute so gearbeitet wird. Effizienzverbesserung beginnt damit, seine eigene Position in Frage zu stellen. Wie würde ein Wettbewerber arbeiten, der auf der grünen Wiese beginnt und schnell Produkte auf den Markt bringen will?

Verschwendung vermeiden.

Verschwendung wird vermieden, wenn Tätigkeiten konsequent an der Wertschöpfung ausgerichtet werden. Konzentration auf die wertschöpfenden Prozesse bedeutet, das organisch gewachsene Verhalten rigoros und systematisch abzuspecken, beispielsweise durch weniger Nacharbeit und Reibungsverluste. Die Wertstromanalyse entdeckt die versteckten Unwirtschaftlichkeiten, zum Beispiel Nacharbeiten aufgrund mangelnder Qualität, komplexe Entscheidungsprozesse oder Verschwendung durch Aktivitäten, die keinen Beitrag zur Wertschöpfung leisten. Analysieren Sie gezielt die Kostentreiber in der Entwicklung. Anknüpfungspunkte sind aus unserer Erfahrung eine durchgängige Plattform- und Variantenstrategie, gezielte Wiederverwendung (Komponenten, Testfälle, Testumgebungen, etc.) sowie frühzeitiges Entdecken von Fehlern.

Wertflüsse optimieren.

‚Lean‘ fordert den kontinuierlichen Ablauf von Prozessen. Tätigkeiten müssen im Fluss bleiben. In vielen Unternehmen erfolgt die Optimierung nur innerhalb der Abteilungsgrenzen, während es an den Schnittstellen zu Missverständnissen und Abstimmungsproblemen kommt. Der Wertfluss in der Entwicklung beginnt mit der Produktstrategie und endet mit der Produktion, Evolution und Pflege. Wir entdecken viele Verbesserungspotenziale beispielsweise in nicht ausgerichteten Roadmaps, zu späten Anforderungsänderungen oder fehlender Abstimmung über Bereichs- und Landesgrenzen (bei verteilter Entwicklung) hinweg. Zu oft werden Konzepte, Spezifikationen und Anforderungen nur über den Zaun geworfen, ohne einen durchgängigen Eigentümer zu haben, der am erreichten Wert gemessen wird. Standardisieren Sie Ihre Technologien, Prozesse und Werkzeuge. Überlappende Aktivitäten, unklare Aufgaben, heterogene Werkzeuglandschaften und ständig neue Ideen, die nie umgesetzt werden, verschwenden Energie und demotivieren die Mitarbeiter.

Eigenverantwortung stärken.

Wert in der Entwicklung entsteht durch engagierte und motivierte Mitarbeiter. Doch viel zu oft werden Aufgaben kleinteilig bearbeitet, und Teams haben kaum Entscheidungsspielräume. Ständige Unterbrechungen sowie neue Aufgaben stören die Kreativität und führen zu Fehlern. Mit dem ‚Pull‘-Prinzip (japanisch: Kanban) ziehen Teams die Projekte oder Teilaufgaben termingesteuert selbständig. Sie legen fest, wer was wann macht und fordern die gemachten Vereinbarungen im Team ein. Verspätung gilt nicht, denn das Team hat es untereinander vereinbart. Der aus der agilen Entwicklung bekannte Scrum unterstützt dieses Vorgehen im Kleinen sowie auf Projektebene. Beachten Sie, dass Verantwortung nur dann delegiert werden kann, wenn die Teams befähigt werden. Bauen Sie Kompetenzen gezielt auf und stimulieren Sie das Lernen aus gemachten Erfahrungen. Fehler gibt es, aber sie sollten sich nicht wiederholen.

Kontinuierlich verbessern.

Der so genannte kontinuierliche Verbesserungsprozess (KVP) fordert die Mitarbeiter ständig dazu auf, die Abläufe zu hinterfragen und neue Ideen einzubringen, denn sie haben ihre Arbeitsplätze und die alltäglichen Prozesse am besten im Blick. Stimulieren Sie die Teams, mit Kennzahlen zu arbeiten, daraus kontinuierliche Verbesserungen abzuleiten und deren Umsetzung zu messen.

‚Lean‘ erfolgreich umsetzen

Vector Consulting Services führte bereits einige solcher Projekte mit messbaren Erfolgen durch. Mit einem OEM verbesserte VCS die Termineinhaltung der Lieferungen auf über 90 % und reduzierte die Fehler auf die Hälfte. Im Produktmanagement lässt sich durch eine bessere Abstimmung von Produktstrategie, Roadmaps und wiederverwendbaren Komponenten eine Verschlankung um 20 bis 40 % erreichen. Ein frühzeitiges Entdecken von Fehlern schafft 10 bis 20 % Potenzial zum Abspecken.

Der nachhaltige Abbau von Verschwendungen braucht Systematik. Wir haben

Bild 2

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Bild 2: Nachhaltige Umsetzung von Lean-Development in drei Schritten.

Bild 2: Nachhaltige Umsetzung von Lean-Development in drei Schritten.

drei wesentliche Schritte ausgemacht, die eine nachhaltige Umsetzung von „Lean“ schaffen (Bild 2):

 

  • Klare und verbindliche Zielvorgaben,
  • Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung sowie
  • Systematische Verankerung und Kapitalisierung der Ergebnisse.

Zunächst gilt es, Effizienzpotenziale zu finden und daraus konkrete Ziele abzuleiten. Hier hilft eine systematische Bewertung der Kostentreiber im Vergleich zu Industrie-Benchmarks. Dabei geht es um fokussierte und machbare Ansätze wie „innerhalb von zwei Monaten 30 % mehr Fehler im Design durch Reviews entdecken“. Außenstehende entdecken Effizienzpotenziale schneller, denn sie sehen neue Lösungen für alte Fragen.

Sind die Ziele definiert, heißt es im zweiten Schritt, konkrete Maßnahmen zu definieren und systematisch umzusetzen. Setzen Sie das Verbesserungsprojekt inkrementell auf. Meilensteine im Raster von zwei bis drei Monaten müssen jeweils eine messbare und nachhaltige Verbesserung bringen. Beginnen Sie mit Folgeaktivitäten und -projekten nur, wenn die Ergebnisse der Vorgängerschritte erfolgreich abgeschlossen und kapitalisiert sind.

Im dritten Schritt geht es um die nachhaltige Kapitalisierung der beschlossenen Maßnahmen. Ein systematisches Veränderungsmanagement verankert sie in der Organisation und sichert einen konkreten Ergebnisbeitrag. Wichtig: Die Veränderung muss zu einem greifbaren Spareffekt führen, der sich direkt als Kostenreduzierung bemerkbar macht.

Lean-Development erfordert nicht nur einige Grundprinzipien und Checks, sondern auch eine methodische und systematische Umsetzung. Der konsequente Einsatz von Methoden wie Kostenstrukturanalyse und Wertstromanalyse schafft Transparenz, wo Optimierungen den größten Einfluss haben. Nachhaltigkeit der Maßnahmen wird durch gutes Veränderungsmanagement erreicht. Die Change Coach Methodik der VCS ist ein solcher Methodenbaukasten und sichert fokussierte Verbesserungen. ?

 

Dr. Christof Ebert und Dr. Dieter Lederer

: sind Geschäftsführer der Vector Consulting Services GmbH.

(av)

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