Aufgrund einer schlechten Geschäftsentwicklung hält Leoni nicht mehr an seinem Ausblick für 2019 fest und startet ein Stabilisierungsprogramm.
In den ersten zwei Monaten des Jahres 2019 hat sich die „anhaltend schwierige Situation“ von Leoni nach Unternehmensangaben „in unerwartetem Umfang fortgesetzt“. Im Bordnetzbereich habe das das vor allem an weiterhin hohen Personal- und Frachtkosten im Zusammenhang mit den Anlaufschwierigkeiten in Merida sowie an Effizienz- und Kostendefiziten in einigen anderen Standorten gelegen. Basierend auf diesen Entwicklungen werde insbesondere für das erste Halbjahr eine erhebliche Ergebnisbelastung erwartet. Für das Gesamtjahr 2019 rechnet Leoni aktuell mit rund 50 Millionen Euro Belastungen aus Merida. Zudem seien erwartete Ergebnisverbesserungen aus anderen Werken nicht eingetreten.
Insgesamt sieht sich das Unternehmen mit einem zunehmend herausfordernden Marktumfeld unter anderem in China konfrontiert. Zudem haben einige OEM laut Leoni „ihre Abrufe für die nächsten Monate im Bereich WSD deutlich gekürzt“.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen hält der Vorstand nach aktueller Planung nicht länger an seinem am 7. Februar 2019 bekannt gemachten Ausblick für das Jahr 2019 fest. Damit sei auch die detaillierte Prognose aus dem Geschäftsbericht für das Jahr 2018 nicht mehr gültig. Aufgrund der aktuell im Bordnetzbereich an einigen Standorten bestehenden signifikanten Intransparenz hinsichtlich Kostenentwicklungen und künftiger Auftragslage sowie den Unsicherheiten im Automobilumfeld und der unsicheren Nachfrageentwicklung hält es der Vorstand für ratsam, zum jetzigen Zeitpunkt keinen überarbeiteten Ausblick für das Gesamtjahr 2019 abzugeben.
„Die Entwicklungen zum Ende des Geschäftsjahres 2018 und insbesondere in den ersten beiden Monaten 2019 haben deutlich gemacht, dass wir noch schneller und konsequenter handeln müssen, um Leoni wieder auf die Erfolgsspur zu bringen“, sagt Aldo Kamper, Vorstandsvorsitzender der Leoni AG. Sie hätten die Ineffizienzen identifiziert, konkrete Maßnahmen ergriffen und einen klaren Fahrplan, wie sie die Probleme adressieren. Seine Vorstandskollegen und er seien überzeugt, dass Leoni aufgrund seiner technologischen Kompetenz und seiner Marktpositionierung nach Umsetzung der Maßnahmen wieder zu nachhaltiger Profitabilität zurückkehren werde.
CEO Kamper leitet auch Bordnetz-Bereich
Kamper führt weiter aus: „Ein wichtiger Baustein hierfür wird auch sein, Leoni zu einem Systemanbieter weiterzuentwickeln und das Produkt- und Serviceangebot entsprechend auf zukunftsfähige und rentable Märkte sowie Technologien mit hohem Integrationsgrad auszurichten.“ Unabdingbare Voraussetzung dafür sei, dass sie jetzt mit Nachdruck alle erforderlichen Maßnahmen zur Stabilisierung des Geschäftes sowie zur Stärkung der operativen Performance einleiten.
Als Konsequenz aus den Anlaufschwierigkeiten in Merida hat der Vorstand die wichtigsten Projektanläufe mithilfe von externen Experten auf den Prüfstand gestellt. Diese Analyse ergab, dass nicht mit kritischen Risiken bei neuen Projektanläufen zu rechnen sei. Zudem wurde ein zentrales und unabhängiges Project Risk Office als Frühwarnsystem für mögliche Projektrisiken eingerichtet, das direkt an den Vorstandsvorsitzenden berichtet und zusätzlich eine zentrale Stelle zur Unterstützung von Projektanläufen geschaffen. Künftig soll es klarere Verantwortlichkeiten und eine Verbesserung bei der Projektsteuerung geben.
In diesem Zuge hat Karl Gadesmann sein Mandat als Finanzvorstand im Einvernehmen mit der Gesellschaft mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Die Neubesetzung soll umgehend in die Wege geleitet werden. Kurzfristig werden die Aufgaben dieses Ressorts interimistisch von Kamper übernommen. Ab dem 1. April wird Kamper zusätzlich den Bordnetz-Bereich leiten und damit diesem Segment, entsprechend seiner Komplexität und Bedeutung, deutlich mehr Aufmerksamkeit widmen.
500 Stellen sollen in Hochlohnländern wegfallen
Martin Stüttem wird künftig die Funktion als Chief Operating Officer (COO) der Bordnetzsparte übernehmen, um sich vorrangig auf die Verbesserung der operativen Performance in den Werken konzentrieren zu können. Der derzeitige Leiter Finanzen gibt seine Funktion ab und der Leiter des Produktionsverbundes des Bordnetzbereichs wird das Unternehmen kurzfristig verlassen. Auch in Leitungsfunktionen des mexikanischen Werks in Merida gab es bereits personelle Veränderungen.
Zu den weiteren kurzfristigen Maßnahmen gehören die geplante Reduzierung von rund 2000 Stellen weltweit, davon bis zu 500 in Hochlohnländern, vor allem in indirekten Funktionen, und weitere personalbezogene Maßnahmen, wie unter anderem ein konzernweiter Einstellungsstopp sowie die Aufschiebung von Gehaltserhöhungen für außertarifliche und leitende Angestellte. Die Arbeitnehmervertreter sollen in alle personalrelevanten Maßnahmen einbezogen werden.
(gk)