Entwicklungsboards bestehen aus einer Vielzahl von Bauteilen verschiedener Hersteller. Distributoren können bei der Entwicklung auf ihr ganzes Sortiment zurückgreifen.

Entwicklungsboards bestehen aus einer Vielzahl von Bauteilen verschiedener Hersteller. Distributoren können bei der Entwicklung auf ihr ganzes Sortiment zurückgreifen. (Bild: Future Electronics)

Hersteller in nahezu allen Teilen der industriellen Welt stehen vor der dringenden Notwendigkeit, ihren Ansatz zur Produktentwicklung zu überarbeiten. Bis in die jüngste Zeit konnten Hersteller mit Elektronikprodukten durchaus verdienen, obwohl diese mit keinem Netzwerk verbunden waren, kaum Sicherheitsfunktionen enthielten, nur wenige Möglichkeiten zur Interaktion mit dem Anwender boten und zur Steuerung allenfalls einige mechanische Tasten oder Hebel hatten.

Sämtliche Trends in der Industrie zwingen die OEMs heute, dieses Modell aufzugeben und sich hin zur Entwicklung von Produkten zu orientieren, die ständig mit dem Internet verbunden sind, verschlüsselte Datenströme zu anderen Geräten oder einem Cloud-Server übertragen und für die Bedienung eine ansprechende Grafikoberfläche bieten, die sich über Touchscreens und Spracherkennung bedienen lässt.

Eckdaten

Aufgrund einer großen Produktpalette und einem vielseitigen Entwicklerteams können Distributoren eigene Entwicklungsboard produzieren. Viele Unternehmen greifen auf diese zurück, da sie immer auf dem aktuellen Stand sind und individuell angepasst werden können.

Dieser Trend hat sowohl dramatische Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Entwicklerteams bei den Herstellern als auch auf deren Management des Entwicklungsprozesses. Die Unternehmen erkennen zunehmend, dass sie erstmals Know-how zu Hardware- und Softwarefunktionen wie etwa der drahtlosen Konnektivität, der Verschlüsselung und der Authentifizierung sowie zu Grafikdisplays und Touchscreens benötigen. Hinzu kommt noch, dass es nicht einfach ist, Entwickler mit Erfahrung auf diesen Gebieten zu finden und in bestehende Entwicklerteams zu integrieren. Eine andere Option, nämlich die vorhandenen Mitglieder des Entwicklerteams mit Know-how in diesen neuen Bereichen zu versehen, erfordert viel Zeit und Investitionen in Schulung und Kompetenzentwicklung. Die dritte Option besteht darin, das Know-how von Partnerunternehmen zu nutzen, über das sie in bestimmten Anwendungsbereichen verfügen. Auch hier ist Zeit erforderlich, um sorgfältig ein vertrauenswürdiges Netzwerk aus externen Unternehmen mit dem benötigten Know-how aufzubauen.

Nun kommt Hilfe zur Lösung dieses Problems aus einer unerwarteten Ecke: dem Bauteiledistributor.

Unerwartet deshalb, weil sowohl die Produktentwicklung als auch das Management von Entwicklungsressourcen nicht als Kernkompetenzen von Distributoren wahrgenommen werden. Das Know-how der Distributoren lag in der Vergangenheit vorrangig bei der Lagerung und dem Versand von Bauteilen sowie deren Marketing, wozu auch die entwicklungsorientierter Produktpromotion sowie der technische Support zählte. Diese Funktionen auf Bauteileebene erfordern kein Know-how zur Systementwicklung.

Was also macht einen Distributor zu einer nützlichen Ressource, um die heutigen Schwierigkeiten bei der Produktentwicklung zu lösen?

Gemeinsame Funktionsblöcke

Entwicklungsboards bestehen aus einer Vielzahl von Bauteilen verschiedener Hersteller. Distributoren können bei der Entwicklung auf ihr ganzes Sortiment zurückgreifen.

Entwicklungsboards bestehen aus einer Vielzahl von Bauteilen verschiedener Hersteller. Distributoren können bei der Entwicklung auf ihr ganzes Sortiment zurückgreifen. Future Electronics

Für die Hersteller besteht das Problem darin, dass sie ihr bisheriges Kernprodukt mit einer Reihe komplexer neuer Funktionen ausstatten müssen, für die sie jedoch bisher keine Entwicklerkompetenzen haben mussten. Zu diesen Funktionen gehören etwa

  • die drahtlose Konnektivität – Bluetooth-Low-Energy oder Wi-Fi-Funkmodule für die Konnektivität über kurze Entfernungen sowie LoRaWAN, Sigfox oder NB-IoT für die Vernetzung über große Distanzen
  • die drahtgebundene Konnektivität – typischerweise Ethernet für die Anbindung an das Internet oder USB für lokale Verbindungen sowie industrielle Feldbusse wie Profibus und CAN
  • die Sicherheit – Funktionen zur Authentifizierung und Verschlüsselung, einschließlich Hardware zur Authentifizierung, um sensible Informationen oder den Datenverkehr zu sichern, sowie Einrichtungen zur Verhinderung von Sabotage, um das Gerät selbst, das System und damit die Marke des Herstellers zu schützen
  • Mensch-Maschine-Schnittstelle (HMI) – Benutzereingaben über berührungsempfindliche Einrichtungen wie Touchscreens und Grafikdisplays
  • Normgemäße digitale Spannungsversorgungen mit hohem Wirkungsgrad, optimierter Leistungsdichte und der Fähigkeit, den Betrieb an die Betriebsbedingungen anzupassen

Das interessante Merkmal all dieser Funktionsblöcke ist, dass sie in vielen Endprodukten und Branchen in gleicher Form vorkommen. In der Praxis heißt das, dass ein Drittunternehmen wie ein Bauteiledistributor möglicherweise eine gemeinsame Entwicklungsplattform oder eine Vorlage für jede Funktion anbieten könnte, die sich in Prototypen für Hunderte verschiedener Endprodukte einsetzen lässt.

Hierbei kann das Drittunternehmen spezielles Know-how zu diesen gemeinsamen Funktionen dazu einsetzen, das Know-how zur Anwendung, das weiterhin beim Hersteller des Endprodukts verbleibt, zu ergänzen. Dies war die Absicht hinter der Einrichtung der Centres of Excellence bei Future Electronics. Dabei handelt es sich um Entwicklungslabore, in denen Fachleute aus verschiedenen Bereichen die Kunden bei ihren Entwicklungsprojekten unterstützen können. In einigen Fällen leistet ein solches Centre of Excellence umfangreichen Support bei der Systementwicklung, damit der Kunde einen bestimmten Funktionsblock schneller und mit geringerem Entwicklungsrisiko implementieren kann, als er allein dazu in der Lage wäre.

Future Electronics betreibt in Europa vier solcher sogenannten Centres of Excellence. Jedes von ihnen ist auf ein spezielles Anwendungsgebiet spezialisiert. In Paris spezialisieren sich die Fachleute auf Sensoren und Konnektivität, in München auf Motorsteuerungen und industrielle Systeme, im polnischen Danzig auf Embedded-Systeme und in London auf Leistungselektronik.

Die von den Centres of Excellence angebotenen Leistungen ermöglichen es den Kunden, sich auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren und neue intelligente Produkte schneller, häufig auch mit der Option der Internet-Konnektivität auf den Markt zu bringen und gleichzeitig Entwicklungsrisiken zu vermeiden.

Diese Dienstleistung schließt die Bereitstellung funktionsspezifischer Entwicklungsboards ein, die ein Centre of Excellence entwickelt und herstellt. Dazu gehören Boards für viele Arten von Motoren, Mensch-Maschine-Schnittstellen und Sensoren, AC/DC- und DC/DC-Spannungsversorgungen, mit oder ohne Korrektur des Leistungsfaktors, und Umrichter, Verbindung zum IoT sowie High-End-Operationen im Bereich Embedded Computing mit FPGAs.

Diese Boards sind eine Plattform zur schnelleren Entwicklung von Prototypen. Sie sind anwendungsspezifisch und lassen sich leicht modifizieren und anpassen, um die besonderen Anforderungen der Anwendung zu erfüllen. Ein Future Electronics Centre of Excellence kann auch ein Ökosystem aufbauen, um dem Kunden qualifizierte Partner für bestimmte Technologien zur Verfügung zu stellen. Diese Partner können beispielsweise IP-Provider, Entwickler von Softwarebausteinen oder auch Dienstleister für professionelle Schulungen sein.

Warum Distributoren eine gute Basis für die Herstellung von Entwicklungsboards haben, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Gute Ausgangsbasis dank großem Portfolio

Bild 1: Amber HMI-Entwicklungsplattform von Future Electronics

Bild 1: Amber HMI-Entwicklungsplattform von Future Electronics Future Electronics

Auch wenn es auf den ersten Blick überraschen mag, dass ein Distributor die Rolle eines Herstellers von Entwicklungsboards übernimmt, hat er dafür eine gute Ausgangsbasis. Zuerst einmal können die Entwickler der Boards von Future Electronics auf die aktuellen Komponenten mit den passenden Features und der höchsten Leistung zurückgreifen, denn Distributoren haben privilegierten Zugang zu den Roadmaps der Bauteilehersteller und können neue Komponenten in die Boards aufnehmen, bevor sie der Produzent offiziell vorstellt.

Zum Zweiten kann ein Distributor gewährleisten, dass jedes Bauteil auf dem Board hinsichtlich seiner Leistung, seiner Verfügbarkeit und des Preises optimal ausgewählt wird. Im Unterschied zu einem Bauteilehersteller, der auf einem Entwicklungsboard nur Teile aus seiner eigenen Herstellung einsetzen wird, können bei der Board-Entwicklung eines Distributors die am besten geeigneten Teile aus dem gesamten Markt zur Verwendung kommen. Als Distributor mit einem umfangreichen Programm kann Future Electronics bei der Auswahl der Bauteile für seine Boards auf eine Vielzahl verschiedener Lieferanten zurückgreifen.

Und Drittens kann ein Distributor die Spezifikation des Boards auf eine bestimmte Funktion oder Anwendung ausrichten, während das Board eines Bauteilelieferanten einen anderen Zweck hat, nämlich die Features und Leistung der Hauptkomponente möglichst vorteilhaft herauszustellen. Ein Funktionsboard enthält daher die verschiedenen analogen und digitalen Peripherien, die Schnittstellen und die Software, die für eine Anwendung nötig sind. Das sind oftmals Features, die bei einem kostenoptimierten Evaluationsboard eines Herstellers nicht enthalten sind.

Plattformentwicklung für Grafikdisplays

Die jüngste Ergänzung des Future Electronics Portfolios an Funktionsboards ist die Amber-Plattform zur Entwicklung von Mensch-Maschine-Schnittstellen (HMI). Zentrale Bestandteile der Amber-Plattform sind drei Display-Controller-Boards, jeweils mit einem Mikrocontroller mit speziellen Grafikfähigkeiten. Die MCUs stammen von ST Microelectronics, NXP Semiconductors und Microchip. Die Controller-Karten steuern ein LC-Display von Tianma mit 4,3 oder 7 Zoll, das entweder mit oder ohne kapazitiver Berührungserkennung und erweitertem Betrachtungswinkel ausgestattet ist.

Entscheidend ist, dass der Anwender mit der Amber-Plattform sofort nach dem Auspacken mit der Arbeit an der Entwicklung seiner grafischen Benutzerschnittstelle beginnen kann. Hierzu wird mit Touch-GFX ein kompletter Satz von Werkzeugen zur Grafikentwicklung unterstützt (siehe Abbildung 2). Die Plattform ermöglicht die praxisnahe Demonstration der Unterschiede zwischen verschiedenen Displaykonfigurationen und der Fähigkeiten von Touch-GFX. Außerdem erlaubt sie eine sehr viel intuitivere Evaluierung der Leistung des Displays, als dies allein anhand der veröffentlichten Daten des Displays möglich wäre.

Wie jedes Funktionsboard wird auch die Amber-Plattform durch verschiedene Schulungsressourcen von Future Electronics, den Informationsaustausch bei der Einführung neuer Produkte sowie technischen Supportleistungen unterstützt.

Bild 2: Grafisches Entwickler-Tool Touch-GFX

Bild 2: Grafisches Entwickler-Tool Touch-GFX Future Electronics

Optimierung des Entwicklungsprozesses

In den letzten Jahren haben sich die Hersteller von Elektronik an die Vorstellung gewöhnt, dass sich der Distributor aus einer Rolle des reinen Versenders von Bauteilen zu einer Position entwickelt hat, wo er für die produzierenden Kunden zu einem Partner in der Lieferkette geworden ist. Mit dem Angebot von Dienstleistungen wie Zolllagern, Vorhersagen des Materialbedarfs und Mehrwertlogistik ist der Distributor heute für einige Kunden zum Dienstleister geworden, der die Optimierung der Lieferkette als Leistung anbietet.

Mit der Einführung spezieller, funktionsspezifischer Entwicklungsleistungen und Entwicklungsplattformen könnte es passieren, dass die Distributoren ihre Rolle in einer neuen Dimension ausbauen und zu Dienstleistern werden, die die Optimierung des Entwicklungsprozesses anbieten. Vor dem Hintergrund, dass viele OEMs bestimmte identische Funktionen benötigen, können die Distributoren Funktionsboards und spezialisiertes Know-how anbieten, damit die einzelnen Kunden nicht immer wieder das Rad neu erfinden müssen.

Das spart Entwicklungsaufwand, gibt den Kunden Zugang zu speziellen Fähigkeiten über ein standardisiertes Board-Format und beschleunigt so die Markteinführung neuer intelligenter und vernetzter Produkte für das IoT und eine neue Generation anspruchsvoller und technikaffiner Endanwender.

Etienne Lanoy

Centre-of-Excellence-Manager (EMEA) bei Future Electronics

(prm)

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