Pneumatische Antriebe haben ihre Vorzüge: niedrige Anschaffungskosten, Robustheit gegenüber äußeren Einflüssen wie Temperaturschwankungen und Staub sowie hohe Überlastfestigkeit. Außerdem sind sie einfach zu handhaben und benötigen bei vertikaler Einbaulage keinen Haltestrom. Druckluft findet zudem in vielen Werkstatt- und Industrieumgebungen für Transport- und Reinigungsaufgaben Verwendung, sodass Kompressoranlagen ohnehin bereit stehen.
Dennoch zählt die Druckluft zu den teuersten Energieträgern, weil Kompressoren die eingesetzte Energie nur zu einem geringen Teil in Nutzleistung umwandeln können – der wesentlich größere Teil geht als Verlustwärme verloren. Eine Steigerung des Wirkungsgrads über 30 % ist physikalisch kaum möglich. Zu den ohnehin hohen Motor-, Kompressor-, Anlauf- und Nachlaufverlusten sowie denen aus der Druckluftaufbereitung kommen noch Verluste durch Lecks in den Verteilungsanlagen hinzu. Somit stehen nach weiteren Umwandlungsverlusten im Aktor in der Realität nur rund 5 % der eingesetzten Energie als Nutzleistung zur Verfügung. Eine gezielte Auslegung des Rohrleitungssystems und der Aktoren, das konsequente Aufspüren von Leckagen sowie Wärmerückgewinnung steigern die Effizienz. Das Bundesumweltministerium geht von einem Energieeinsparpotenzial von 20 bis 40 % aus, andere Experten beziffern dieses noch höher.
Hoher Anteil der Energie an den Gesamtbetriebskosten
Selbst bei Nutzung all dieser Einsparmöglichkeiten gehen Druckluftanlagen mit einem erreichbaren Gesamtwirkungsgrad von maximal 10 % weiterhin ineffizient mit der eingesetzten Energie um. Dies kommt auch in der Gesamtkostenrechnung (TCO, Total Cost of Ownership) eines Kompressors zum Tragen: Während etwa 10 % der Gesamtkosten für die Anschaffung und weitere 10 % für die Wartung einer Anlage anfallen, schlagen die Energiekosten über die Lebensdauer mit typischerweise 70 bis 80 % zu Buche. Es verwundert nicht, dass immer mehr Unternehmen in Zeiten steigender Energiepreise danach streben, die Druckluftnutzung zu reduzieren.
Zu druckluftgetriebenen Antrieben stehen heute fast ausnahmslos elektrische Alternativen zur Verfügung. Für Linearbewegungen kommen in vielen Anwendungen elektrische Linearmotoren in tubularer Bauweise als Ersatz in Frage. Diese bietet LinMot in den unterschiedlichsten Ausführungen und Leistungsklassen an.
Kostenvergleich am Praxisbeispiel
Die im Vergleich zu Pneumatikzylindern höheren Anschaffungskosten machen elektrische Antriebe schnell wett: Eine Analyse der Gesamtkosten über einen Lebenszyklus zeigt, dass die Amortisationszeit für industrielle Linearmotoren selbst in einfachen Punkt-zu-Punkt-Bewegungen mit zwei anzufahrenden Positionen nur wenige Monate beträgt. Wenn die Bewegungen im zyklischen Betrieb erfolgen und die Geschwindigkeits- und Lastverhältnisse eine großzügige Dimensionierung des Pneumatikzylinders erfordern, beträgt die Amortisationszeit des elektrischen Linearantriebs nur wenige Wochen.
Dies zeigt das folgende Beispiel einer horizontalen Punkt-zu-Punkt Bewegung mit 400 mm Hub und 15 kg bewegter Masse mit 30 Takten pro Minute und 50 % Einschaltdauer (eine Zykluszeit von 2000 ms). Die geforderte Positionierzeit von 500 ms für diese Aufgabe zu erreichen, erfordert eine Beschleunigung von 10 m/s² und eine Verfahrgeschwindigkeit von 1m/s. Die Beschleunigungszeit, während der der Linearmotor effektiv Arbeit verrichtet, beträgt dann 100 ms. Dies bedeutet, dass die effektive Leistungsaufnahme lediglich während einem Fünftel der Positionierzeit erfolgt. Während des Stillstands nimmt der Motor keine und beim Verfahren mit konstanter Geschwindigkeit nur die zur Kompensation der Reibung erforderliche Leistung auf. Die kinetische Energie, die beim Bremsen anfällt, wandelt er in elektrische Energie um und speichert sie in den Zwischenkreiskondensatoren des Servo-Controllers, um sie für den nächsten Zyklus zu nutzen. Realisieren lässt sich die Anwendung beispielsweise mit einem LinMot-Linearmotor der Baugröße P01-48x240F in Kombination mit einem Servo Drive vom Typ E1100-XC/B1100-XC bei einer Dauerleistungsaufnahme unter 100 W.
Mit einer angenommenen Jahresbetriebsdauer von 8000 h im Dreischichtbetrieb und einem Strompreis von 0,12 €/kWh für industrielle Großverbraucher belaufen sich die jährlichen Energiekosten auf 96 €.
Energiekosten bei Lösung mit Pneumatikzylinder
Soll die gleiche Masse mit der gleichen Geschwindigkeit pneumatisch verfahren werden, erfordert dies laut der entsprechenden Kennlinien einen Pneumatikzylinder mit 50 mm Kolbendurchmesser.
Im Gegensatz zum Linearmotor benötigt die Pneumatik während der gesamten Bewegung Energiezufuhr in Form der Pressluft. Dämpfer absorbieren die kinetische Energie beim Bremsen, was das Zwischenspeichern verhindert. Der gewählte Zylinder verbraucht nach Datenblatt bei einem Doppelhub pro Millimeter Verfahrstrecke 0,02529 dm³ Luft mit 6 bar. Bei einem Hub von 400 mm ergibt sich pro Zyklus ein Verbrauch von 10,37 dm³. Bei 30 Takten pro Minute benötigt der Pneumatikzylinder im Dauerbetrieb (ebenfalls 8000 h/Jahr) damit in Summe 150000 Nm³ (Normkubikmeter) Pressluft pro Jahr. Unter Berücksichtigung der Druck-, Reduzier- und Leckageverluste in der Größenordnung von 25 % muss der Kompressor insgesamt etwa 190000 Nm³ Luft komprimieren und ins Rohrnetz einspeisen. Ein Kompressor mit 750 kW Motorleistung und 7500 Nm³/h Luftleistung kann einschließlich der Verluste durch Anlauf und Nachlauf sowie Druckluftaufbereitung (zusammen rund 25 %) mit 0,130 kWh elektrischer Energie 1 Nm³ Luft auf 6 bar verdichten. An Energiekosten somit pro Jahr rund 3000 € (0,12 €/kWh · 0,130 kWh/m³ · 190000 m³) zusammen – mehr als 30-fache des elektrischen Pendants. Bei höherer Taktzahl würde sich das Verhältnis sogar noch weiter zu Ungunsten des Pneumatikzylinders verschieben.
Gesamtkostenrechnung
Zu den reinen Energiekosten sind in einer Gesamtkostenrechnung die Investitions- und Wartungskosten hinzuzurechnen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sie zusammen etwa 20 % der Gesamtbetriebskosten ausmachen – im hier untersuchten Beispiel folglich pro Jahr rund 750 €. Somit fallen Gesamtbetriebskosten von 3750 € an. Hersteller von Pneumatiklösungen beziffern die Gesamtkosten mit 0,025 € pro Normkubikmeter Druckluft. Dies ergibt für das Beispiel jährliche Gesamtbetriebskosten von 3750 € für die von einem Zylinder benötigte Druckluftmenge und untermauert das obenstehende Rechenbeispiel.
Ein Linearantrieb kostet demgegenüber inklusive aller für den Betrieb notwenigen Komponenten (Kabel, Umrichter) zwar mehr als ein Pneumatikantrieb (inklusive Ventile, Schläuche). Die geringeren Energiekosten ermöglichen eine Amortisation des elektrischen Antriebs in weniger als einem halben Jahr, danach kommt es zu spürbaren Entlastungen. So übersteigen die Energiekosten im Anwendungsbeispiel die Investitionskosten für den Pneumatikzylinder bereits nach drei Wochen.
In der Analyse der Investitions- und Energiekosten ergeben sich beim Einsatz eines industriellen Linearmotors gegenüber dem eines Pneumatikzylinders Einsparungen von 2300 € bereits nach 12 Monaten beziehungsweise 5900 € nach 24 Monaten. Auch der CO2-Ausstoß sinkt durch den Wechsel zu einem elektrischen Linearantrieb. Im Jahr 2011 lag der CO2-Emissionsfaktor für den Strommix in Deutschland bei 559 g/kWh. Die 25000 kWh, die der Pneumatikzylinder in der Beispielrechnung gegenüber dem elektrischen Linearantrieb zusätzlich benötigt, entsprechen also einem jährlichen Mehrausstoß von 13360 kg CO2.
Grenzen der Pneumatik
Aufgrund der steigenden Energiepreise und der Forderung nach einer Reduktion des CO2-Ausstoßes laufen bei verschiedenen Anbietern Projekte zur Effizienzsteigerung der Pneumatik. In Anbetracht eines 30-fach höheren Energiebedarfs im Anwendungsbeispiel scheint es jedoch auch für die Zukunft kaum realisierbar, an die Energieeffizienz linearer Direktantriebe heranzukommen. Beim Kompresser sind noch Verbesserungen von rund 10 bis 15 % möglich, dann sind die physikalischen Grenzen erreicht. Die Leckage auf unter 10 % zu bringen, ist aufwendig. Selbst beim Einsatz eines kleineren 32er-Pneumatikzylinders wären der Energiebedarf und der CO2-Ausstoß immer noch um den Faktor 12,5 beziehungsweise 1,25 % höher als mit einem Linearmotor. Im Vergleich mit den 2011 in Kraft getretenen gesetzlichen Vorgaben zur Energieeffizienz bei Asynchronmotoren werden die Unterschiede zwischen Pneumatik und Linearmotor in puncto Energieeffizienz deutlich.
Für die elektrische Variante sprechen zudem ihre größere Flexibilität bei der Gestaltung von Produktionsabläufen und -überwachungssystemen. So können elektrische Linearantriebe die Bewegungsabläufe geregelt, dynamischer und mit höherer Wiederholgenauigkeit ausführen. Das frei programmierbare Bewegungsprofil erlaubt es, selbst komplexe Abläufe zu implementieren und bei Bedarf an neue Anforderungen anpassen – auch während des Betriebs. Linearantriebe arbeiten leiser, ermöglichen ruckfreies Anfahren und Anhalten und sind unempfindlich gegenüber Lastschwankungen. Die Auswertung der im Umrichter anfallenden Daten erlaubt zudem die Überwachung diverser Prozessgrößen ohne zusätzliche Sensorik. Nicht zuletzt werden weniger Einzelkomponenten benötigt. Deren Wartung und Austausch gestaltet sich zudem im Vergleich zur Pneumatik einfacher.
Beim Anfahren von mehr als zwei Positionen oder Bewegungen synchron zu einer Königswelle greifen der Konstrukteure seit Jahren zu linearen Direktantrieben. Dies vor allem bei regelmäßigen Bewegungen im zyklischen Betrieb mit aufgrund der Geschwindigkeits- und Lastverhältnisse großzügig dimensionierten Pneumatikzylindern.
Ernst Blumer
(am)