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(Bild: Tom @ AdobeStock)

In der Zukunft werden zunehmend autonom fahrende LKW auf den Straßen unterwegs sein. Stellt sich die Frage, wer den technisch einwandfreien Zustand des Trailers vor Fahrtantritt überprüft, wenn es keinen Fahrer mehr gibt. Dies betrifft besonders alle Komponenten, die für Verkehrssicherheit und fahrdynamische Stabilität verantwortlich sind. Auch die Fahreigenschaften des Gespanns, die Fahrer üblicherweise während der Fahrt erfühlen und die Fahrweise darauf einstellen, muss der Autopilot in der Zukunft automatisiert erfassen und berücksichtigen. Im Forschungsprojekt „IdenT - Identifikation dynamik- und sicherheitsrelevanter Trailerzustände für automatisiert fahrende Lastkraftwagen“ unter Federführung der BPW Bergische Achsen haben Forscherteams eine Lösung für diese Fragestellungen erarbeitet.

Kern der Lösung ist ein Edge Device auf dem Trailer, der mithilfe eines Sensornetzwerks verschiedene Messgrößen wie Beschleunigungen, Drücke, oder Kamerabilder erfasst. Auf dem Rechner läuft ein digitaler Online-Zwilling, der die Daten in Echtzeit in einem Fahrdynamikmodell des Trailers verarbeitet. Besondere Fahrsituationen, die umfassenderer Analyse bedürfen, werden erkannt und automatisch an einen Cloud-basierenden Offline-Zwilling zur detaillierten Auswertung übergeben.

MKS-Modelle für digitalen Offline-Zwilling

Forschende aus dem Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF haben Mehrkörpersimulation-Modelle (MKS) für einen digitalen Offline-Zwilling entwickelt und implementiert. Er dient zur numerischen Simulation betriebsfestigkeitsrelevanter Fahrsequenzen, die der Online-Zwilling während der Fahrt auf Basis spezifischer Messsignale identifiziert. Gemessene und vom Online-Zwilling identifizierte Zeitreihen und Parameter gehen an ein Cloud-System, auf dem der gesamte Prozess des Offline-Zwillings getriggert wird. Dieser besteht aus verschiedenen Funktionen, die die Projektpartner entwickelt und zusammen in einer Prozesskette integriert haben. Zentrales Element ist ein detailliertes MKS-Modell des LKW-Trailers, das für die Simulation jedes Abschnittes automatisiert an den aktuellen identifizierten Zustand des realen Fahrzeugs mit entsprechenden Funktionen angepasst wird. Im Anschluss jeder Simulation berechnen zusätzliche Funktionen die Prognose des Betriebsfestigkeitszustandes ausgewählter Komponenten.

Wesentliche Größen für die Validierung des digitalen Zwillings sind die Kopplungskräfte am King Pin, über den der Trailer an die Zugmaschine angehängt ist. Die Modelle wurden mit diesen Messdaten abgeglichen, sodass sich diese Schnittkräfte zukünftig durch Modelle zuverlässig bestimmen lassen.

Im Rahmen von IdenT-Projekts entstand eine Messplattform, die die angreifenden Kräfte und Momente am King Pin im Fahrbetrieb erfasst. Die Messplattform besteht aus Kraftmesszellen und ist für den Einsatz im Entwicklungsprozess oder zu Validierungszwecken vorgesehen. So kann der Messaufbau etwa Belastungsdaten ermitteln oder genaue Daten zur Abstimmung der Bremssysteme des Trailers erfassen.

KI-Algorithmen überwachen Elastomerlager

Die Wissenschaftler aus dem Fraunhofer LBF befassten sich auch mit der Identifikation des Zustands der Fahrwerk-Elastomerlager und verfolgten zwei parallele Ansätze. Auf einer Seite wurden Physik-basierende Identifikationsalgorithmen entwickelt, die ein vereinfachtes mechanisches Modell der Achse mit Algorithmen zur Parameter-Identifikation kombinieren. Das ermöglicht die Schätzung der mechanischen Eigenschaften der Elastomerlager, die im Zusammenhang mit dem Zustand der Elastomerlager stehen. Auf der anderen Seite wurden KI-basierende Identifikationsalgorithmen implementiert, die einen direkten Zusammenhang zwischen verfügbaren Messdaten und dem Elastomerlager-Zustand bilden. Beide Ansätze lieferten im Projekt die gewünschten Informationen.

Ein Teil des Sensornetzwerkes ist ein Modul, das als Achskapsel eines Trailer-Rades installiert ist. Ein kleiner Generator, gespeist durch die Raddrehung, liefert genug Energie für die Versorgung von Sensoren, einem leistungsstarken Controller und verschiedenen Funkschnittstellen wie Bluetooth oder LoRaWAN. Der Achskapselsensor kann als Teil des Sensornetzes Daten für die digitalen Zwillinge sammeln oder als Standalone-Einheit Sensordaten erfassen, auswerten und per Funk verschicken.

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