Als der Autor diesen Bericht Ende Juni 2016 schrieb, war gerade die Hölle los. Entgegen den Erwartungen der meisten Menschen weltweit entschloss sich England mit knapper Mehrheit, aus der EU auszutreten. Der Brexit ist nun Tatsache geworden, und sehr viele Engländer sind echt geschockt. Das Land ist politisch in zwei Hälften geteilt. Man gibt nicht zuletzt den „Alten“ im Lande die Schuld. Die Jungen protestierten anschließend massiv auf der Straße gegen den EU-Austritt, da es in erster Linie um ihre Zukunft geht. Wenn man jedoch liest, dass die 18- bis 24-jährigen Personen lediglich zu 36 % (!) an die Wahlurnen gingen, erstaunt dies sehr. „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ ist ein bekannter Spruch von Michail Gorbatschow.

Was bedeutet dieser Brexit-Entscheid nun für die Schweiz, und wie ist die generelle Wirtschaftslage zurzeit? Wie heißt es so schön: Prognosen sind schwierig, vor allem wenn es um die Zukunft geht. Der Leiter der Konjunkturforschungsstelle (KOF) rechnete für dieses Jahr mit 1 % realem Wirtschaftswachstum und mit rund 2 % im nächsten Jahr. Generell befürchtet man nun, dass die unsichere Lage zu weniger Investitionen aller Art führt. Dies betrifft nicht zuletzt die wichtigen Exportfirmen im Bereich Maschinenbau/Elektrotechnik/Elektronik/Mechanik und dergleichen. Es ist deshalb mit einer Senkung der BIP-Prognosen zu rechnen.

Zu starker Schweizer Franken als Damokles-Schwert

Unsicherheit ist Gift für alle Marktteilnehmer! Es besteht neben den zu erwartenden geringeren Investitionen zudem die Gefahr, dass der bereits vor dem Brexit schon zu hohe Schweizer Franken mittelfristig nochmals stärker wird, was viele Exportgüter schlichtweg zu teuer macht. Die EU ist schließlich der wichtigste Exportraum für die Schweiz und hat deshalb große Auswirkungen auf das Marktgeschehen. Unzählige kleinere und mittelgroße Unternehmen sind beispielsweise wichtige Zulieferanten für die mächtige Autoindustrie, wo um jeden Cent gefeilscht wird. Auch der Tourismus leidet schon seit einiger Zeit am zu starken Schweizer Franken. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) musste kürzlich mit riesigen Milliardenbeträgen in den Währungshandel eingreifen, sonst wäre der Franken regelrecht in den Himmel geschossen. Sie könnte zwar theoretisch wieder einen Euromindestkurs einführen, aber damit ist nun wirklich nicht zu rechnen. Der Bestand an risikoreichen Fremdwährungen bei der SNB beträgt jetzt schon hunderte von Milliarden. Nochmals erhöhte Negativ-Zinsen wären notfalls ein anderes Mittel, um die Schweizer Währung in Schach zu halten – Risikofaktoren allerorten. Hätten die Deutschen noch ihre DM, wäre diese sicherlich ebenfalls markant stärker als der heutige Euro, und mit dem Export ginge es bestimmt nach unten. Fazit: Eine superstarke Währung hat eben nicht nur Vorteile.

Welche Auswirkungen hat die Industrie 4.0 auf die Arbeitsplätze?

Weltweit sind Hard- und Software-Entwickler dabei, Einzelteile eines Systems mit anderen Einzelteilen zu integrieren und zu automatisieren. Bringt bald der Roboter das Frühstück ins Altersheim und pflegt erst noch die Bewohner? Bestellt der Kühlschrank selbstständig Milch und Butter, wenn dort die Vorräte zur Neige gehen? Werden die Verkäuferinnen in den Detailhandelsgeschäften durch innovativere Scanner-Systeme ersetzt, wie dies nun immer mehr anzutreffen ist? Der Kunde ist dann nicht mehr König sondern Knecht, weil er im Laden alles selbst einscannen muss. Fährt der Lkw bald autonom und ersetzt die unzähligen Chauffeure weltweit? In Europa und den USA gehören Lastwagen- und Taxi-Chauffeure zu den häufigsten Berufen überhaupt. In den Büros wird ebenfalls massiv automatisiert. Wenn nun automatisierte Systeme (Stichwort: Digitalisierung) den Menschen an immer mehr Stellen wegrationalisieren, wie sieht es dann auf dem zukünftigen Arbeitsmarkt aus?

Kürzlich war in einer Schweizer Zeitschrift mit Millionenauflage ausführlich zu lesen, welche Stellen bald durch die Digitalisierung ersetzt werden könnten. Richtig erschreckend für den normalen Arbeitnehmer. Natürlich entstehen auch neue Jobs, aber werden die vielen neuen Arbeitslosen diese auch ausführen können? Es braucht eventuell ganz andere Fähigkeiten und Ausbildungen.

Noch intelligentere Maschinen werden Menschen ersetzen

Die Maschinen „denken“ selber und lernen stets mehr dazu. Kurzum: Die künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch. Selbst hochqualifizierte Jobs sind mancherorts in Gefahr. Gerade im Technikbereich wird der Produktlebenszyklus immer kürzer. Was heute nicht entwickelt wird, steht morgen nicht zur Verfügung. Die Leute sind stets heiß auf die allerneusten Technik-Gags. Starke Anbieter von heute sind morgen vielleicht schon auf der Verliererseite. Es ist noch keine Ewigkeit her, als Nokia das A und O der mobilen Telefongeräte war. Und wo ist dieses Unternehmen heute? Heutzutage dominieren US-Unternehmen auf der ganzen Linie. Google, Facebook, Apple, Microsoft, Internet-Hosts und viele andere Innovatoren stammen aus den USA und sind echte Marktleader. Wo sind eigentlich die europäischen Unternehmen, die im Digitalisierungsmarkt weltweit die Leader sind? Ausnahmen bestätigen die Regel.

Weitere Konkurrenten für Europa: Die Chinesen/Südkoreaner holen immer mehr auf und konzentrieren sich längst nicht mehr nur aufs Kopieren. Asiatische Anbieter wie Huawei positionieren sich immer besser. Samsung-Smartphones sind zuoberst auf der Einkaufsliste der Europäer. Die sehr interessante deutsche Automations-Firma Kuka ist bereits im chinesischen Warenkorb. Fehlendes Know-how und was es sonst noch gibt wird einfach eingekauft.

Häcker können IT-Systeme ausspionieren oder zum Absturz bringen

Wie sieht es denn mit der Sicherheit im Datendschungel/Netzverbund aus? Die Maschinen und Bauteile, die im Internet miteinander vernetzt sind, können, wie wir aus Erfahrung wissen, gehackt werden. Unerwünschte Eindringlinge sind somit in der Lage, sich Einblicke in Entwicklungs- und Produktionsprozesse zu verschaffen, was katastrophale Folgen haben kann. Die Anforderungen bezüglich Sicherheit sind in Produktionsstellen viel komplexer und zeitkritischer als im Bürobereich. Schlussfolgerung: Die Entwickler sind dringend aufgerufen, der IT-Sicherheit im Zeitalter von Industrie 4.0 höchste Aufmerksamkeit zu zollen. Vorbeugen ist besser als heilen.

Jürg Fehlbaum

Freier Journalist aus der Schweiz

(hag)

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