Auf der SPS Connect hat Microsoft seinen Azure Metrics Advisor vorgestellt, der eine ML-gesteuerte Sensordatenüberwachung in der Cloud ermöglicht. Diese Technologie war schon länger verfügbar, doch jetzt sollen auch Unternehmen ohne Data Scientist einen Nutzen daraus ziehen können. Im Interview spricht Dr. Josef Waltl, Principal Group Program Manager – Industrial IoT/Manufacturing bei Microsoft, über die Hintergründe des Metrics Advisors, ob es Hardware von Microsoft geben wird und was die Pläne für die Zukunft sind.
Herr Dr. Waltl, wie kam es dazu, dass sich Microsoft mit dem Thema KI/ML in der Industrie beschäftigt?
Jedes Industrieunternehmen möchte wissen, wann Produktionsausfälle auftreten können. Und sie wollen es wissen, bevor das überhaupt passiert. Damit der Austausch von Verschleißkomponenten bereits stattfinden kann, wenn alles noch reibungslos läuft und bevor es zu teuren Unterbrechungen im Produktionsprozess kommt – kurz Predictive Maintenance. Künstliche Intelligenz ist die Schlüsseltechnologie zur Vorhersage von Anomalien und Produktionsausfällen, und Microsoft ist führend in dem Gebiet. Der nächste Schritt ist, diese Technologien breitflächig für Industrieunternehmen nutzbar zu machen.
Wie funktioniert der Metrics Advisor?
Azure Metrics Advisor ist eine sofort einsatzbereite intelligente Metriküberwachungsplattform. Sie vereinfacht den Überwachungslebenszyklus mit einem webbasierten Arbeitsbereich zur Überwachung von Sensordaten. Ein vorab geschultes KI-Modell erkennt Anomalien, ohne dass detaillierte datenwissenschaftliche Fähigkeiten für die Anwendung erforderlich sind. Metrics Advisor überprüft jeden Datensatz und wählt automatisch den besten Algorithmus aus dem Modellpool aus, um eine hohe Genauigkeit zu erzielen. Basierend auf identifizierten Anomalien können Aktionen ausgelöst werden, die beispielsweise einen Hersteller über die Verschlechterung der Leistung eines Motors in der Produktion informieren. Diese Information kann Produktionsausfälle verhindern.
Der Vortrag von Microsoft zum Metrics Advisor auf der SPS Connect
Wie unterscheidet sich Ihre Lösung von anderen?
Zusammen mit unseren Partnern Cloudrail, B&R / ABB sowie Softing haben wir ein einfach zu implementierendes Framework für die industrielle Anomalieerkennung für Schwingungsdaten entwickelt. Unsere Partner implementierten domänenspezifische Lösungen basierend auf Vibrationssensoren auf ihren branchenerprobten Industrial Gateways und speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) mit Azure IoT Edge und integrierten OPC-Diensten für die Datenerfassung und -übertragung in die Cloud. Metrics Advisor, erweitert um Funktionen zur Erfassung industrieller Daten, erkennt Anomalien und löst Aktionen aus. Damit profitieren Fertigungsunternehmen von End-to-End-Lösungen von Microsoft-Azure-Industriepartnern, die vom ersten Tag an skaliert werden können.
Für welche Anwendungsfälle eignet sich der Metrics Advisor, für welche weniger?
Metrics Advisor ist für Zeitreihen-Daten aller Art optimiert. Sehr verbreitet sind Vibrations-, Temperatur-, sowie Strom und Energiedaten.
Wie hoch ist die Akzeptanz der Anwender beim Thema KI?
Nach dem anfänglichen Hype ist künstliche Intelligenz jetzt bei vielen Fertigungsunternehmen angekommen, die bereits erste Projekte umgesetzt haben. Die zentrale Herausforderung ist die Verfügbarkeit von Talenten. Laut McKinseys Cloud-Umfrage im Jahr 2019 sehen 58 Prozent der CIOs Talentlücken als Hauptherausforderung für die digitale Cloud-Transformation. Besonders schwierig ist dies häufig für Industrieunternehmen mit verteilten Produktionsstandorten. Microsoft unterstützt Partner und Kunden mit speziellen Industrie-Lösungen, um KI-Applikationen global für Industrieanwender zur Verfügung zu stellen.
Im Video haben Sie drei Partner vorgestellt, kann ich aber meine Daten nicht auch mit jedem anderen passenden Gateway in die Cloud bringen?
Die drei Partner haben bereits eine Vorintegration unserer Technologie vorgenommen, was den Aufwand für Kunden minimiert. Natürlich können ähnliche Applikationen auch mit anderen Gateways implementiert werden.
Wird es auch eigene Hardware von Microsoft geben, etwa Sensoren oder Gateways? Industriekunden sind auf spezifische Hardware und ein breites Spektrum an Lieferanten angewiesen, unser Focus liegt auf der Arbeit mit Partnern.
Was sind die nächsten Schritte?
Wir arbeiten derzeit intensiv mit Partnern an der Implementierung weiterer Industrie-spezifischer Funktionalitäten zur Anomalieerkennung.
So entwickelte sich die Künstliche Intelligenz
In einem Erklärfilm illustriert die Plattform Lernende Systeme die Entwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) seit ihren Anfängen 1956: die verschiedenen Phasen der Technologieentwicklung, Meilensteine bei KI-Anwendungen sowie Herausforderungen, die sich künftig stellen.
Martin Large
(ml)