Prof. Dr. Gerrit Sames, Fachbereich Wirtschaft der THM: Das Angebot von IT-Services wird noch unzureichend ausgeschöpft. Potenziale für das Geschäftsmodell, die sich aus der Nutzung anfallender Daten ergeben könnten, bleiben weitgehend liegen.

Prof. Dr. Gerrit Sames, Fachbereich Wirtschaft der THM: „Das Angebot von IT-Services wird noch unzureichend ausgeschöpft. Potenziale für das Geschäftsmodell, die sich aus der Nutzung anfallender Daten ergeben könnten, bleiben weitgehend liegen.“ (Bild: THM)

Der Industrie-4.0-Verein SEF Smart Electronic Factory und die Technische Hochschule Mittelhessen (THM) haben in einer Online-Umfrage den Stand der „Digitalisierung von Geschäftsmodellen in der Industrie 4.0 im Mittelstand“ – so der Titel der Studie – untersucht. 107 Unternehmen haben an der Befragung teilgenommen; der Maschinen- und Anlagenbau hat mit 37,4 % der Teilnehmer den prozentual größten Anteil. „Aufgrund der Vielfalt der Branchen, Größenverteilung und Struktur entsteht hier ein repräsentatives Bild“, erklärte Prof. Dr. Gerrit Sames, Fachbereich Wirtschaft der THM.

Demnach sei der Digitalisierungsgrad in den befragten Unternehmen – unabhängig von der Größe und Branche – niedrig. Im Branchenvergleich nehmen Ausrüster für elektrische/elektronische Baugruppen und Produkte sowie der Maschinen- und Anlagenbau eine führende Position ein.

Produkte werden zunehmend digitalisiert

Die Ergebnisse zeigen, dass der Mittelstand nach wie vor das physische Produkt in den Mittelpunkt des Geschäftsmodells stellt. Die Monetarisierung liegt noch immer im Wesentlichen im Verkauf der Produkte. Vielfach sind die Produkte bereits konnektiv und auch mit Sensoren sowie Verarbeitungs- und Rechenleistung ausgestattet. Im Hinblick auf die Digitalisierung ihres Produktportfolios sind die Unternehmen weit fortgeschritten: 36 % der Befragten haben ihre Produkte mit einer Industrial Ethernet-Schnittstelle oder einem Zugang zum Internet ausgerüstet. Service als Geschäftsmodell-Erweiterung wird angeboten, nicht aber als eigene Geschäftseinheit geführt. Online-Shops und digitale Showrooms sind noch kaum verbreitet.

Geschäftsmodellmöglichkeiten in Verbindung mit Plattformen spielen noch keine große Rolle. Condition Monitoring und Predictive Maintenance für Maschinen/Anlagen bei den Kunden stecken noch in den Anfängen, während klassische Remote-Services weit fortgeschritten sind. Potenziale für das Geschäftsmodell, die sich aus der Nutzung anfallender Daten ergeben könnten, bleiben weitgehend liegen.

Was hält mittelständische Unternehmen von einer (weiteren) Digitalisierung und Erweiterung ihres Geschäftsmodells ab? Eine ablehnende Haltung bei den Kunden der befragten Unternehmen spielt dabei auch eine gewisse Rolle.

Was hält mittelständische Unternehmen von einer (weiteren) Digitalisierung und Erweiterung ihres Geschäftsmodells ab? Eine ablehnende Haltung bei den Kunden der befragten Unternehmen spielt dabei auch eine gewisse Rolle. THM

Zu wenig digitaler Service

„Ein immenses Potenzial für digitale Wertschöpfung befindet sich auch in digitalen Services. Hier gibt es hohen Handlungsbedarf“, erklärt Prof. Sames. Digitale Services stellen bei einem Großteil der teilnehmenden Unternehmen (79 %) noch immer keine beziehungsweise keine wesentliche Einnahmequelle dar. Beispielsweise zu den Produkten korrespondierende IT-Services werden gemäß der Umfrage zu wenig angeboten. So gaben 57 % der befragten Teilnehmer an, keine speziellen IT-Services zu ihren Produkten anzubieten.

Lediglich bei 28 % der Unternehmen gibt es in geringem Umfang produktbezogene IT-Services für die Kunden. Zudem bieten 2/3 der befragten Unternehmen ihren Kunden keine Apps für mobile Geräte zu den Produkten. Auch digitale Schulungen/Webinare werden von 75 % der teilnehmenden Unternehmen bisher nicht angeboten.

Hinderungsgründe für die Digitalisierung

Sehr interessant sind die Hinderungsgründe der Unternehmen für eine weitere Digitalisierung und Erweiterung ihres Geschäftsmodells. Zwei Drittel der Unternehmen geben einen Mangel an Kapazität für die Umsetzung an. Ebenfalls zwei Drittel der Unternehmen sehen keinen Handlungsbedarf zur digitalen Erweiterung des Geschäftsmodells. Über 60 % sehen keinen wirtschaftlichen Nutzen dafür. Fehlendes Know-how im Unternehmen stellt ebenfalls einen wesentlichen Hinderungsgrund (56 %) dar.

Die Unternehmen gaben weiterhin (in einem Freitextfeld) an, dass teilweise eine ausdrückliche Ablehnung seitens der Kunden hinsichtlich einer Geschäftsmodell-Erweiterung besteht. Teilweise fürchten Kunden der befragten Unternehmen einen Datendiebstahl. In der Auswertung der Befragung wird zudem deutlich, dass eine Ablehnung im Gesellschafterkreis (Zustimmung 15 %) sowie die Angst vor dem Wettbewerb (Zustimmung 12 %) keine wesentlichen Hinderungsgründe darstellen.

(dw)

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