Wohin entwickelt sich zukünftig die Branche der Elektronikfertigung? Antworten auf diese Frage hat die productronica vom 14. bis zum 17. November 2017 auf dem Münchner Messegelände gegeben. 1.200 Aussteller aus 42 Ländern präsentierten Neuheiten aus den Bereichen Fertigung und Entwicklung von Elektronik. Den Anteil an internationalen Ausstellern beziffert Falk Senger mit 48 Prozent. Der Geschäftsführer der Messe München blickt auf vier erfolgreiche Messetage zurück: „Die productronica hat in diesem Jahr ihre Position als Weltleitmesse und globale Innovationsplattform beeindruckend unter Beweis gestellt. Mit einem enormen Besucherwachstum und dem deutlichen Anstieg der internationalen Gästezahlen zeigt die productronica 2017, dass München der weltweite Hotspot der Elektronikfertigung ist.“
Die Zufriedenheit der Besucher ist in diesem Jahr laut Umfrage des Marktforschungsinstitutes Gelszus erneut gestiegen. 97 Prozent bewerten die productronica mit ausgezeichnet bis gut. Darüber hinaus gaben 96 Prozent der Befragten an, dass ihre Erwartungen an Innovationen auf der productronica 2017 erfüllt wurden. 44.000 Besucher aus 85 Ländern kamen nach München. Dies entspricht einem Wachstum von fast 20 Prozent im Vergleich zur Vorveranstaltung. Die stärksten Besucherzuwächse gab es aus Taiwan und den USA sowie aus Frankreich und den Niederlanden. Die Top-Besucherländer waren neben Deutschland (in dieser Reihenfolge): Italien, Österreich, die Schweiz, Frankreich, die Russische Föderation, die Tschechische Republik und Großbritannien.
Positiver Branchentrend überträgt sich auf productronica 2017
Im Mittelpunkt standen neben Themen wie Internet of Things auch Big Data und Miniaturisierung. Unter anderem zeigten die Sonderschauen „Smart Data – Future Manufacturing“ und „Hardware Data Mining“ von VDMA beziehungsweise Fraunhofer IZM verschiedene Szenarien: Vom Einfluss von Sensoren auf Fertigungsmaschinen bis hin zur Nutzung von großen Datenmengen für neue Geschäftsmodelle.
Rainer Kurtz, Fachbeiratsvorsitzender der productronica und VDMA Productronic sowie Geschäftsführender Gesellschafter von Kurtz Ersa, ist optimistisch: „Die productronica hat die positive Wachstumsprognose für die Branche bestätigt. Das große Interesse an Smart-Technologies zeigt, dass die Digitalisierung in der Elektronikfertigung endgültig angekommen ist. Diesen Schwung heißt es jetzt mitzunehmen.“ Das heizt auch die Stimmung im deutschen Maschinenbau an, denn der deutsche Maschinenbau befindet sich seiner Ansicht nach, in einer sehr guten konjunkturellen Phase: „Was jetzt nach vielen Jahren der Stagnation in der Summe passiert, ist dass der Maschinenbau – hauptsächlich durch das Auslandsgeschäft getragen – im Moment doch ein ziemliches Wachstum erfährt. Und davon profitiert unsere Branche überdurchschnittlich.“
Kein Zweifel: die Auftragsbücher sind mehr denn voll. So manch ein Messeaussteller „beklagte“ sich freudevoll, dass man wegen der übervollen Auftragsbücher eigentlich gar nicht auf der productronica ausstellen dürfe, weil neue Kundenaufträge kaum zu berücksichtigen seien. Das ist freilich Jammern auf hohem Niveau, zeigt aber deutlich, dass die Branche im Grunde mehr als im Aufwind ist. Die Zahlen zu den Auftragseingängen, die Rainer Kurtz präsentierte sprechen für sich und lassen keinen Zweifel darüber, dass es dem deutschen Maschinenbau derzeit recht gut geht: So lag der Auftragseingang September 2017 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 12 Prozent höher. Sowohl mit der Inlandsorder, die der VDMA mit +10 Prozent beziffert, als auch mit der Auslandsorder (+13 Prozent) hebt sich der September 2017 mit zweistelligem Wachstumsraten ab. Der Auftragseingang der ersten neun Monate stieg damit um insgesamt +7 Prozent zum Vorjahr, deren Zuwachs Rainer Kurtz mit Exportmärkten (+10 Prozent) und mit einer Steigerung der Inlandsbestellungen von 2 Prozent begründet.
Dadurch konnte die Branche in den ersten acht Monaten des Jahres eine Steigerung der Maschinenproduktion von 3 Prozent über Vorjahresniveau erzielen. Für kommendes Jahr blickt der VDMA ebenfalls zuversichtlich in die Zukunft: auch hier wird die Maschinenproduktion bei Plus 3 Prozent liegen. Die erwartete Entschleunigung der Exporte nach China und ein erwarteter Rückgang an Lieferungen nach Großbritannien in 2018, werde durch ein Plus auf dem heimischen Markt kompensiert werden, prognostiziert Kurtz. „Hingegen entwickeln sich Exporte in die EU und USA mit bleibendem Wachstumstempo.“
Wohin wurden die Maschinen exportiert? Auf internationalem Parkett am stärksten nachgefragt waren Maschinen deutscher Provenienz in Ostasien mit einem Anteil von 15 Prozent am Gesamtexport. Den Löwenanteil des Exports nahmen hingegen die 28 EU-Mitgliedsstaaten mit 45,6 Prozent ein. Kumuliert ergeben die ersten acht Monate ein durchschnittliches Wachstum von 6,6 Prozent zum Vorjahr, wobei der August 2017 nominal mit einer Exportsteigerung von 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu Buche schlägt. Das hat auch Auswirkungen auf die Zahl der Beschäftigten, die derzeit im deutschen Maschinenbau bei 1.024.000 Mitarbeitern liegen und einen Zuwachs von 1,8 Prozent zum Vorjahresvergleich darstellen. „Wir sind deutlich über 1 Mio. Beschäftigten und damit ist der Maschinenbau in Deutschland der wichtigste Arbeitgeber, vor der Autoindustrie und vor der Elektroindustrie“, betont Kurtz.
Automobilelektronik und Digitalisierung bilden Wachstumstreiber
Für 2018 liegen die durchschnittlichen Umsatzerwartungen der Firmen bei einem Plus von 6,7 Prozent. Wachstumsmotor ist der steigende Anteil an Elektronik im Automobil, ist sich Rainer Kurtz sicher: „Unsere Unternehmensgruppe ist mit über 50 Prozent vom Automobilbau getragen. Und ich denke, das geht hier ganz vielen Ausstellern ebenso.“ Auch weiterhin bleibt die Automobilindustrie ein Zugpferd für Halbleiter und elektronische Bauteile: „Immer mehr Elektronik wird in den Autos verbaut, so dass Marktforscher schätzen, dass der Wertschöpfungsanteil an Elektronik im Auto bis zum Jahr 2030 voraussichtlich auf mehr als 50 Prozent steigen wird. Das sind natürlich hervorragende Zahlen für unsere Branche.“ Wachstumstreiber sieht er hierbei im autonomen Fahren, Elektromobilität und in Assistenz- und Mediensystemen. Diese Anwendungen bilden ein großes Marktpotenzial für eine Vielzahl elektronischer Bauteile wie etwa Sensoren. Durch innovative Kombinationen von Produktsystemen und Software entstehen für die deutsche Elektronikproduktion neue Möglichkeiten, Marktanteile zu gewinnen und auszubauen.
Die Digitalisierung stellt für Kurtz einen weiteren Treiber dar: „Ganz allgemein in den Fertigungsbetrieben nimmt die Digitalisierung zu. Lösungsbeispiele für Datenerfassungen sind auf den Spezialständen der productronica zu sehen.“ Wenngleich stetige zweistellige Wachstumsraten prognostiziert würden, zeichne sich eine leicht sinkende Tendenz für die nächsten Jahre ab. „Nichtsdestotrotz ist der Maschinenbau ein Profiteur auf zwei Weisen – als Anwender und als Zulieferer“, resümiert er.
Ebenfalls sehr zufrieden äußert sich Thilo Brückner, Geschäftsführer VDMA EMINT: „Für den VDMA und seine Mitgliedsfirmen war die productronica 2017 wieder einmal eine sehr erfolgreiche Messe. Die Aussteller haben uns von zahlreichen Erfolg versprechenden und qualitativ hochwertigen Kontakten berichtet und bestätigen die positive Grundstimmung in der Branche.“
ZVEI bestätigt Sektlaune
Geht es nach Christoph Stoppok, Geschäftsführer des ZVEI, dann spiegeln die Zahlen für den Marktbereich für elektronische Bauteile diese positive Stimmung im Vorfeld der productronica 2017 wieder: „Wenn es den Bauelementen gut geht, geht es sowohl der productronica und auch der Fertigungsindustrie gut. Die Fertigungsindustrie liefert ja quasi dort hinein und in vielen Bereichen wir sind Bestandteil der productronica.“ Wenngleich von 2015 auf 2016 die Branche noch einige Minus-Zahlen auswies, reiben sich die Auguren nun verwundert die Augen ob der derzeitigen Marktentwicklung: „Alle Bereiche außer den Schichtschaltungen wachsen, ob Leiterplatten oder elektromechanischen Bauelemente, die passiven aber auch die Halbleiter – und zwar weit im zweistelligen Bereich. Das ist in den letzten 10 Jahren auch nicht immer so vorgekommen.“ Selbst im Segment der elektronischen Baugruppen – der nächsten Wertschöpfungsstufe, auf dem alle Bauelemente zusammengekommen und assembliert werden – zeichnete sich „im letzten Jahr bereits ein leichtes Wachstum ab, aber dieses Jahr ist der Zuwachs mit 11 Prozent noch viel stärker“, bestätigt Christoph Stoppok.
Die vom ZVEI im Oktober 2017 angestellte Hochrechnung zeigt anschaulich, dass die Fahnen auf Wachstum stehen: So wird demnach der Leiterplattenumsatz in Deutschland von 2016 auf 2017 laut ZVEI um 6 Prozent auf 1,54 Mrd. Euro klettern, der Umsatz für elektromechanische Bauelemente im gleichen Zeitraum um 4,7 Prozent auf 3,51 Mrd. Euro und jener für passive Bauelemente sogar um 13,5 Prozent auf 2,48 Mrd. Euro steigen. Der deutsche Halbleitermarkt wird von 2016 auf 2017 um 14,3 Prozent auf 12,70 Mrd. Euro anwachsen. Parallel dazu geht der ZVEI davon aus, dass sich der deutsche Markt für elektronische Baugruppen von 27.619 Mio. Euro im Jahr 2016 um 11 auf 30.657 Mio. Euro bis Ende dieses Jahres entwickeln wird.
„Wenn man sich das gesamte wirtschaftliche Umfeld ansieht – hier ein Blick auf den Elektromarkt und die Prognosen – dann geht es steil nach oben und der Weltmarkt für Bauelementen ist sogar noch ein bisschen besser“, setzt Stoppok seine Prognosen fort. Dabei beruft er sich auf Zahlen der nationalen statistischen Ämter und auf ZVEI-eigenen Berechnungen. Zugrunde gelegt an einen 4.008 Mrd. Euro schweren Welt-Elektromarkt in 2016, hält Europa einen Anteil von 17 Prozent in 2016, der sich jeweils um 2 Prozent in den Jahren 2017 und 2018 steigern wird. Eine gleiche Entwicklung wird auch für Deutschland erwartet: Demnach wird sich der 2016 generierte Umsatz von 125 Mrd. Euro – das entspricht 3 Prozent des Weltmarktanteils der Elektroproduktion – ebenfalls in den nächsten zwei Jahren kontinuierlich erhöhen, weshalb Stoppok argumentiert: „Wenn man sich die gesamte konjunkturelle Lage der Elektroindustrie insgesamt in Deutschland anschaut, können wir sehen, dass wir die Prognosen vor kurzem nochmals angehoben haben, ähnlich wie viele andere Wirtschaftsinstitute auch. Für die Elektroindustrie können wir jetzt für dieses Jahr nicht von 2 Prozent ausgehen, sondern von 2,5 Prozent.“
Semicon Europa 2017
Ihre Premiere feierte in diesem Jahr die Semicon Europa auf dem Münchner Messegelände. Parallel zur productronica zeigte sie in Halle B1 Lösungen und Produkte aus dem Bereich der Halbleiterfertigung. Ajit Manocha, CEO und Präsident des Branchenverbandes SEMI, zieht eine positive Bilanz: „Vor einem Jahr haben wir uns entschlossen, die Semicon Europa gemeinsam mit der productronica in München zu veranstalten. Die erwarteten Ergebnisse sind sehr gut, wie die positiven Rückmeldungen von Ausstellern und die hohe Zufriedenheit der Konferenzteilnehmer bestätigt. Wir freuen uns jetzt auf die nächste gemeinsame Veranstaltung mit der electronica im Jahr 2018 und sind glücklich über bereits zahlreich erfolgte Anmeldungen.“ Die Semicon Europa wird von nun an jährlich im Rahmen der productronica und electronica in München stattfinden.
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