Lieferketten zu beobachten und punktgenaue Bestellungen von Bauteilen und Komponenten bei Distributoren abzusetzen, ist in turbulenten Zeiten wie derzeit nicht immer einfach. Kommt es zu Lieferengpässen oder Beschaffungsproblemen, ist die Second Source als alternative Bauteilquelle gefragt. Manchmal sind sogar noch weitere Quellen nötig, um die elektronische Baugruppe fristgerecht an den Kunden ausliefern zu können. Vor allem, wenn es sich um bereits abgekündigte Bauelemente handelt, die über die Standard-Einkaufsquellen nur noch schwer oder gar nicht mehr erhältlich sind. Auf die Suche nach weiteren Bezugsquellen müssen sich Einkäufer auch bei geringen Stückzahlen eines Bauteils machen. Spätestens hier rücken Online-Beschaffungs- und Ersatzbauelemente-Suchmaschinen in den besonderen Fokus. Hier stellt sich auch die Frage, inwiefern die Komponenten beinhalten, was der Aufdruck verspricht.
Zuverlässigkeits- und Funktionskiller
Dass das Wissen um die Herkunft der Bauelemente essenziell ist, dürfte jedem Elektronikfertiger klar sein. Die Suche nach alternativen Quellen ist alles andere als trivial. Suchmaschine Google spuckt beim Begriff „Semiconductor Broker“ sagenhafte 13.300.000 Ergebnisse aus. Geschätzt gibt es etwa 35.000 Online-Broker, die sich darauf spezialisiert haben, Bauteile günstig aufzukaufen und weltweit zu vertreiben. Vorsicht ist jedoch bei besonders preisgünstigen Angeboten geboten. Allerdings – und das wird oft verkannt – können selbst Non-Franchise-Distributoren zu Opfern dubioser Anbieter werden und dadurch unwissentlich gefälschte Ware in ihr Sortiment aufnehmen. Besonders bitter: Nur wenige schwarze Schafe genügen, um die ganze Branche der freien Händler in Verruf zu bringen.
Nicht nur gefälschte Bauteile sind gefährliche Zuverlässigkeits- und Funktionskiller. Fremde Lagerware gleichwohl wie überlagerte Bauelemente im eigenen Warenlager können die Zuverlässigkeit der elektronischen Baugruppe empfindlich beeinträchtigen und durchaus zu Feldausfällen führen. Gemeinsam mit dem schottischen Partner Retronix hat Factronix ein umfangreiches Dienstleistungsprogramm rund um die Bauteile und Komponenten aufgesetzt. Ziel hierbei ist es, einerseits Komponenten zu „reaktivieren“ und andererseits Bauelemente unbekannter Herkunft auf Herz und Nieren zu prüfen. Zu den Reaktivierungsmaßnahmen zählen unter anderem sowohl das Laser-Reballing als auch das Wiederaufbereiten überlagerter Komponenten sowie weitere Performance-Upgrades.
Obsoleszenz-Support I: Laser-Reballing ohne Wärmestress
Wertvolle Bauelemente wie Prozessoren oder Speicher-ICs vorm Elektroschrott zu bewahren, kann bares Geld sparen. Wurden sie von veralteten Baugruppen abgetragen, gilt es, die Bauteilanschlüsse wiederherzustellen. Das BGA-Laser-Reballing stellt dabei ein sehr schonendes Verfahren dar, das die Vorgaben der IPC deutlich übertrifft, da der BGA beim Reballing keinerlei Wärmestress ausgesetzt ist. Die Herstellervorgaben für das Bauteil-Rework von maximal drei Reflow-Zyklen, denen ein Bauteil ausgesetzt werden darf, erfüllt das Laser-Reballing ebenfalls. Die Vorgehensweise folgt festgelegten Schritten: Zunächst wird ein Prebake gemäß Jedec vorgenommen, um der Baugruppe mögliche Feuchtigkeit zu entziehen. Anschließend erfolgt ein schonendes Ablöten des Bauteils von der Leiterplatte. Da hierbei ausschließlich mit Unterhitze gearbeitet und der IC somit „just in time“ abgehoben wird, ist die Temperaturbelastung für das Bauteil deutlich minimiert. Das Restlot der BGA-Pads wird kontrolliert und automatisiert entfernt. Auf der planen Fläche erfolgt anschließend das Laser-Reballing. Ball für Ball – also einzelne vorgefertigte BGA-Kugeln von exakter Größe – werden mittels einem Infrarot-Lasersystem präzise, koplanar und vollautomatisch angebunden. Dies dauert pro Ball nur wenige Millisekunden, weshalb kein relevanter Temperatureintrag am Die zu messen ist.
Je nach Anforderungen ist auch ein BGA-Columning möglich, indem mehrere Balls übereinander zu einer Säule appliziert werden. Bei diesem so genannten Solder Stacking auf BGAs oder auch CSPs wird das Bauteil auf die Beine gestellt. Dieses Verfahren trägt dazu bei, die unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten (CTE-Mismatch) zwischen Bauteil und Leiterplatte zu kompensieren, insbesondere wenn es sich um Keramik-Bauteile der Leistungselektronik handelt. Auch minimiert sich die Lunkerbildung, da entstehende Gase im Reflowprozess durch die Stackbildung ausweichen können. Schließlich ermöglichen die Säulen eine bessere Reinigung unter dem Bauteil. Alle Prozesse erfolgen reproduzierbar, maschinell und ohne thermischen Stress für die Bauteile. Das Laser-Reballing-Verfahren ist zudem für CLCCs, CSPs und Flip Chips geeignet.
Laser-Reballing von BGA
Obsoleszenz-Support II: Refreshing zur Verbesserung der Lötbarkeit
Zur Sicherung der Bauteilqualität gehört es, regelmäßig das Bauteillager zu überprüfen: Überlagerte Bauteile weisen oftmals einen Oxidationsschaden oder organische Verunreinigungen auf, die eine schlechte Lötbarkeit zur Folge haben. Diese Beeinträchtigungen stellen ein Prozessrisiko dar, da sie die Benetzungsfähigkeit deutlich herabsetzen. Ein Refreshing schafft bei diesem Problem rasch Abhilfe. Darunter ist eine Neuverzinnung der Bauteilanschlüsse zu verstehen, die die Lötbarkeit der Anschlüsse wiederherstellt. Dem bauteilschonenden Prozess mit vollautomatischem Fluxen und entsprechender Vorwärme folgt die Neuverzinnung der Anschlüsse mittels Wellenlöten unter Stickstoffatmosphäre. Im Anschluss da-ran wird die Bauteilgeometrie überprüft und ein automatischer Koplanaritätstest durchgeführt sowie gegebenenfalls die Pins maschinell ausgerichtet. Der Prozess kann sowohl manuell als auch vollautomatisch nach GEIA-STD-0006 erfolgen.
Um die Zuverlässigkeit weiter zu erhöhen, ist auch ein Double- Dip-Verfahren möglich. Geeignet sind Bauteilanschlüsse von QFPs, TSOPs, MSOPs und Steckerleisten. Dass sich selbst passive Bauelemente mit Baugrößen bis hinab zu 0201 ebenfalls verzinnen lassen, stellt laut Factronix ein Alleinstellungsmerkmal von Dienstleister Retronix dar.
Das Refresh-Verfahren ist auch für Bauelemente interessant, deren Anschluss-flächen umlegiert werden müssen. Oftmals sind abgekündigte Bauelemente nur mehr mit bleihaltigen Anschlüssen erhältlich. Es gibt auch den umgekehrten Fall, in dem die Applikationsanforderung unbedingt bleihaltige Anschlüsse vorschreibt, die benötigten Bauteile aber zwischenzeitlich ausschließlich in einer RoHS-konformen Variante erhältlich sind. In beiden Fällen ist die Umlegierung eine attraktive Lösung und wird mittels des Refreshing-Verfahrens realisiert. Wichtig ist die anschließende automatische, optische Koplanaritätsprüfung, die dafür sorgt, dass gängige Anschlusslösungen wie Balls, Pins sowie Gull-Wings im richtigen Abstand und im akkuraten Winkel zueinander stehen.
Obsoleszenz-Support III: Bauteil-Search-Plattform
Um Elektronikfertigern die Suche nach obsoleten und schwer zu beschaffenden Bauteilen zu erleichtern, hat Factronix die Online-Plattform bauteilsearch.de aus der Taufe gehoben. Dabei handelt es sich um einen für den Kunden kostenlosen Online-Service zur komfortablen Preis- und Angebots-Abfrage speziell für obsolete und schwer zu beschaffende Elektronik-Bauteile aller Art. Der Vorteil liegt auf der Hand: Der Kunde kann mehrere Anbieter mit einer einzigen Suchanfrage ansprechen. Da er diese anonym absetzt, bleibt er vor lästigen Anrufen verschont. Bei den Anbietern handelt es sich um qualifizierte Lieferanten, mit denen der Systempartner Factronix selbst im direkten Kontakt steht. Zudem sind weitere Dienstleistungen wie etwa Test, Refreshing, Ausrichten oder Umlegieren zubuchbar. Jederzeit einsehbar ist eine Liste, die aktuelle Bauteilfälschungen aufzeigt. Leider schickt das COG-UK dahingehend nichts mehr, weshalb die Liste eigentlich veraltet ist.
Der Prozessablauf ist denkbar einfach: Die Anfrage des Kunden wird vom System anonym an mehrere Verkaufspartner verschickt. Diese von Factronix ausgewählten Lieferanten geben über das System ein oder mehrere Angebote ab. Per E-Mail erhält der Kunde schließlich die entsprechenden Angebote mit den Kontaktdaten der jeweiligen Verkäufer. Somit kann der Kunde das für ihn attraktivste Angebot ohne Zeitdruck und in aller Ruhe auswählen, direkt mit dem Händler in Kontakt treten und schließlich den Kauf abwickeln.
Sinnvollerweise sollten Komponenten, die aus unsicherer Herkunft beschafft wurden, vor ihrem Einsatz einer ausführlichen Kontrolle unterzogen werden. Unkalkulierbare Risiken und Kosten für das Unternehmen durch möglicherweise minderwertige und gefälschte Bauteile und Baugruppen lassen sich so vermeiden. Deshalb bietet Factronix gemeinsam mit Retronix umfangreiche Test- und Analysemethoden an, die sich auf die jeweiligen kundenspezifischen Anforderungen adaptieren lassen.
Diese Übersichtstabelle zeigt die aktuellen Teststrategien. Diese sorgen für eine einwandfreie Funktion und Qualität elektronischer Bauteile. Die Tests und Analysen unterstützen schließlich ein erfolgreiches Obsoleszenzmanagement.
Übersicht der Dienstleistungen
Das umfangreiche Dienstleistungsportfolio des schottischen Partners Retronix kann Elektronikfertigern helfen, ihr Obsoleszenzmanagement zu verbessern (oder zu ergänzen). Darüber hinaus gibt es noch weitere interessante Features:
- Neuverzinnen von überlagerten und oxidierten Bauteilen
- Umlegieren von Bauteilen (bleihaltig auf bleifrei und umgekehrt)
- Laser-Reballing von BGAs und QFNs (ohne thermischen Stress)
- Herstellung von Column Grid Arrays (CCGA)
- Micro Coil Attach
- Ausrichten von Anschlussbeinchen
- Optische Vermessung der Bauteilgeometrie gemäß Jedec
- IC-Recovery von der Baugruppe
- Elektrischer Bauteiltest
- Programmierservice
- Rework von Baugruppen
- Pad- und Leiterbahn-Reparaturen
- Neuvergolden
- Auf- und Umgurten
- Trocknen von Bauteilen
- Fehleranalysen und Fehlerberichte
- Lohnröntgen
(pg)