Das Augendiagramm ist vor allem den Nutzern von Oszilloskopen vertraut. Doch Messungen im Zeitbereich können bei den heutigen Datenraten und den damit einhergehenden hohen Frequenzen zunehmend aufwändig und fehlerbehaftet sein. Insbesondere Reflexionen und Störstellen innerhalb des Messaufbaus lassen sich mit den Zeitbereichsmethoden kaum ermitteln. Als Alternative bietet sich der Einsatz vektorieller Netzwerkanalysatoren an, für die solche Messungen zum Standard-Repertoire gehören. Mit der Erweiterung der Analysatoren um Zeitbereichsanalysen und mit der Augendiagramm-Funktion verbindet man die Vorteile beider Welten, denn der Nutzer kann damit das Übertragungsverhalten von Komponenten für analoge und digitale Systeme simultan charakterisieren.
EckDaten
Mit einer neuen Option können die Netzwerkanalysatoren R&S ZNB und R&S ZNBT von Rohde & Schwarz Augendiagramme darstellen und somit umfassende und präzise Signalintegritätsmessungen im Zeit- und Frequenzbereich durchführen. So ist es möglich, das Übertragungsverhalten von Komponenten für analoge und digitale Systeme simultan zu charakterisieren.
Die Netzwerkanalysatoren von Rohde & Schwarz sind für HF-Messungen bis 40 GHz bei einer Messdynamik bis 140 dB ausgelegt, und die integrierten schnellen Synthesizer ermöglichen eine hohe Messgeschwindigkeit. So dauert ein Sweep bei einem R&S ZNB zum Beispiel bei 401 Punkten nur 4 ms. Für die Signalanalyse im Zeitbereich benötigt der Anwender die Zeitbereichsoption R&S ZNB / T-K2 sowie die neue Softwareoption R&S ZNB / T-K20 für die Darstellung von Augendiagrammen. Dazu transformiert man die im Frequenzbereich aufgenommenen Streuparameter zuerst in den Zeitbereich und faltet sie anschließend rechnerisch mit einer synthetischen, das heißt vordefinierten Bitfolge.
Signalintegrität auf einen Blick prüfen
Die wiederholte Überlagerung der logischen Übergänge liefert die für den Zeitbereich typische Augenform. Gängige Störeinflüsse wie Jitter, Rauschen und Einschwingeffekte erschweren die Auswertung der logischen Zustände und manifestieren sich in einem mehr oder weniger stark geschlossenen Auge. Durch die Darstellung als Augendiagramm erkennt man sowohl den Einfluss des Messobjekts als auch die Auswirkungen zusätzlicher Störgrößen auf das Übertragungssystem auf einen Blick – ein entscheidender Grund für die Beliebtheit dieser Darstellung.
Liegt die Übertragungsqualität eines Systems an der Grenze des Toleranzbereichs, so lässt sich durch Hinzufügen synthetisch erzeugter Störfaktoren wie Jitter oder Rauschen herausfinden, wie robust das System auf solche auch in der Praxis zu erwartenden Einflüsse reagiert und ob es auch dann noch die Performance-Anforderungen erfüllt. Die anschauliche grafische Darstellung in Form des Augendiagramms erleichtert die Analyse.
Vorverzerrung und Entzerrung verbessert die Signalqualität
Aus der Systemtheorie sind verschiedene Verfahren bekannt, mit denen sich die Übertragungsqualität in Signalpfaden auch unter Störeinfluss verbessern lässt, beispielsweise die Vorverzerrung (Emphasis) und die Entzerrung (Equalization). Bei der Vorverzerrung wirkt der Anwender einer potenziell unerwünschten Signalveränderung durch das Messobjekt entgegen, indem er das Datensignal generatorseitig so verzerrt, dass es die Charakteristik des Messobjekts gerade ausgleicht. Die Entzerrung kompensiert die typischerweise bei höheren Frequenzen auftretende Dämpfung der Signalanteile durch eine entsprechende Anhebung des Frequenzgangs auf Empfängerseite. Die Augendiagramm-Funktion kann zusätzlich zur Störsignalsimulation auch diese beiden Verfahren rechnerisch berücksichtigen, so dass die Wirksamkeit entsprechender Maßnahmen am Augendiagramm sofort ablesbar ist.
Pass/Fail-Analyse mit konfigurierbarem Maskentest
Ergänzend zur klassischen Pass/Fail-Analyse durch Überprüfen von Grenzwerten kann der Anwender in einem Augendiagramm auch einen Maskentest konfigurieren. Dann kontrolliert der Netzwerkanalysator, ob die Messwerte im zulässigen Bereich liegen und zeigt Maskenverletzungen durch eine Pass/Fail-Kennzeichnung an.
Standardisierte Schnittstellen wie USB, HDMI, DVI und andere müssen die in den Normen festgelegten Spezifikationen einhalten. Die Masken sind individuell konfigurierbar, wodurch die Option eine entsprechende Überprüfung der Signalqualität in der Entwicklung erleichtert.
Die Zeitbereichsanalyse mit der Erstellung von Augendiagrammen ist komplett in die Bedienoberfläche der Netzwerkanalysatoren integriert. In wenigen Schritten ist das Augendiagramm konfiguriert, das Umschalten auf eine externe Software oder ein Neustart des Geräts ist nicht erforderlich, und alle Einstellungen sind einfach erreichbar. Der Nutzer behält zudem durch eine übersichtliche Darstellung des Signalflusses stets den Überblick. Er kann relevante Parameter über das Menü schnell ein- oder ausschalten.
Vorteile des Netzwerkanalysators
Für die Verwendung eines Netzwerkanalysators für Signalintegritätsmessungen spricht einiges, denn das Gerät kann gleichzeitig im Frequenz- und Zeitbereich messen. Die Netzwerkanalysatoren von Rohde & Schwarz sind für große Bandbreiten ausgelegt und bieten eine hohe Messdynamik. Sie bieten außerdem eine hohe Messgenauigkeit durch vektorielle Systemfehlerkorrektur, um beispielsweise Reflexionen und Dämpfungen zu berücksichtigen. Der Anwender kann im Frequenzbereich typische Netzwerkanalysatorfunktionen wie Embedding/De-Embedding und Impedanzanpassung über virtuelle Anpassnetzwerke nutzen. Zudem hat er die Möglichkeit, über Zeittore Einflüsse von Störstellen wie Steckern, Adaptern und Übergängen aus dem Messsignal zu entfernen. Die Analysatoren können für einen Abgleich auch Echtzeitmessungen durchführen.
(pet/jwa)