mart Factories sind heute ­bereits realisierbar – mit OPC UA und RFID.

mart Factories sind heute ­bereits realisierbar – mit OPC UA und RFID.Harting

Die Produktion muss immer flexibler werden. Immer kleinere Losgrößen, deren Fertigung erst mit der Bestellung angestoßen wird, sind ein klares Indiz dieser Tendenz. Auch Tätigkeiten wie die Durchführung von Wartungsarbeiten lassen sich mit RFID effizienter gestalten. Der Maschinenbauer ­Arburg spart beispielsweise nach der Umstellung von papiergebundenen Wartungs-Checklisten auf ein RFID-System mit Handlesegeräten Zeit, Geld und vermeidet Fehler. Für die Programmierung dieses Szenarios kommt die neue Ha-VIS Application-Suite zum Einsatz. Mit dieser speziellen Software-Plattform lassen sich plattform­unabhängige Applikationen erstellen und auf beliebigen, unterstützten Endgeräten nutzen. Dazu wurde die Software durch spezielle Zwischenschichten von der eigentlichen Hardware und dem Betriebssystem des Zielsystems entkoppelt. Die Applikationen lassen sich über eine Client-Server-Architektur von einem Server aus zentral verwalten. Und auch die Anbindung an Drittsysteme wie SAP erfolgt darüber. Grundlage einer Applikation ist immer ein Prozessabbild in BPMN (Business Process Model and Notation). Dieser grafische Beschreibungsansatz erhöht die Flexibilität, da fertige Teilprozesse einfach aus einer grafischen Oberfläche heraus neu arrangiert werden können. Gleichzeitig verbessert die grafische Prozessdarstellung die Übersicht. So bleiben auch komplexe, immer wieder zu variierende Fertigungsabläufe beherrschbar und auf Dauer wartbar.

Die Zukunft gehört der selbstständigen Anlage

Doch damit sind die Möglichkeiten von RFID längst nicht ausgeschöpft. Noch effizienter ist es, wenn Anlagen selbständig erkennen, dass sie demnächst eine Wartung brauchen. Allerdings darf das nicht auf Basis von festen Zeitplänen oder Betriebsstunden geschehen, sondern anhand aktueller Sensordaten. Am Beispiel eines Wasser-Pumpwerks mit zwei Pumpen-Kreisläufen haben Harting und SAP die Machbarkeit bereits demonstriert. Verschiedene Sensoren, erfassen zyklisch den Durchfluss, Wasserdruck und die Leistungsdaten der Wasserpumpen. Diese Daten werden online mithilfe der Hana-­Datenbank von SAP ausgewertet. Wird eine Abweichung vom Normalverhalten in einem der Pumpen-Kreisläufe erkannt übernimmt der andere Wasserkreislauf. Gleichzeitig wird ein Wartungsauftrag direkt aus SAP heraus generiert.

Nicht nur die Produktionsprozesse müssen flexibel anpassbar sein, die Geschäftsprozesse müssen ebenso schnell anzupassen sein. Harting hat dazu eine ­Application Suite auf Basis der BPMN (Business Process Model and Notation) entwickelt.

Nicht nur die Produktionsprozesse müssen flexibel anpassbar sein, die Geschäftsprozesse müssen ebenso schnell anzupassen sein. Harting hat dazu eine ­Application Suite auf Basis der BPMN (Business Process Model and Notation) entwickelt.Harting

Darüber hinaus zeigte Harting auf der Hannover Messe 2014 das Ergebnis eines laufenden Forschungsprojektes, bei dem es um die Modularisierung von künftigen vollautomatischen Fertigungsanlagen geht. Hierbei wird jede Teilkomponente einer Fertigungsanlage funktional bis in die SPS hinein beschrieben. Die Funktionen der Teilkomponenten – etwa Bohren oder Gewindeschneiden – stehen dann auf der Planungsebene zur Verfügung und lassen sich grafisch bei der Modulierung der Fertigungsprozesse nutzen. Muss die Fertigung aufgrund eines Produktwechsels umgestellt werden, kann dies ohne Programmieraufwand durch Anpassung des Prozessabbilds erfolgen. Die Identifikation von Werkstücken erfolgt auch hier via UHF RFID.

Diese Beispiele skizzieren die Herausforderungen bei der Umsetzung des Industrie-4.0-Gedankens: In Zukunft sind vollkommen verschiedene Einzelsysteme miteinander zu verknüpfen, um Sensordaten und aktuelle Zustände auszutauschen. Dies ist die Voraussetzung, eigenständig agierende Systeme zu schaffen. Systeme, die nicht mehr zentral gesteuert werden, sondern durch die Kommunikation mit ihrem Umfeld entsprechende Aktionen ableiten. In solchen Szenarien ist es unabdingbar, dass Objekte eindeutig identifizierbar sein müssen und zusätzlich Daten über sich und die notwendigen Arbeitsprozesse bereitstellen. Hierfür sind UHF-RFID-Systeme mit ihrer eindeutigen ID und variablen Speichergrößen prädestiniert.

Der Maschinenbauer Arburg spart nach der Umstellung von papiergebundenen Wartungs-Checklisten auf ein RFID-System mit Handlese­geräten nicht nur Zeit und Geld, auch die Fehlerrate sinkt.

Der Maschinenbauer Arburg spart nach der Umstellung von papiergebundenen Wartungs-Checklisten auf ein RFID-System mit Handlese­geräten nicht nur Zeit und Geld, auch die Fehlerrate sinkt.

Interoperabel per RFID und OPC-UA

Doch wie sollen Auto-ID-Systeme über ihre Grenzen hinweg mit anderen Teilsystemen gekoppelt werden? Wie können Sensoren, SPS, Embedded-Steuerungen und ERP-Systeme als Gesamtsystem kommunizieren? Im Rahmen eines Arbeitskreises des Verbands AIM (Automatische Identifikation, Datenerfassung und Mobile Datenkommunikation) arbeiten Harting, andere Auto-ID-Hersteller und Systemintegratoren in Kooperation mit der OPC Foundation an der Vereinfachung der Interoperabilität ihrer Auto-ID-Systeme. Das Ziel ist eine Companion Specification die das OPC Unified Architecture (OPC-UA) Informationsmodell für die Kommunikation mit Auto-ID-Geräten definiert. OPC-UA wird von vielen Automatisierungsherstellern unterstützt. Nahezu alle großen SPS Hersteller, SAP und Leittechnik-Anbieter engagieren sich in der OPC Foundation. Die Vorteile von OPC-UA sprechen für sich: Die Unified Architecture standardisiert wie kommuniziert wird, aber nicht was. Zudem stellt OPC-UA bereits Mechanismen zur Gewährleistung einer sicheren Datenübertragung bereit. OPC-UA ist plattform- und programmiersprachenunabhängig. Außerdem lässt sie sich vom Server-System bis zu einer minimalistischen Chip-Implementierung skalieren.

Eckpfeiler flexibler Produktionsszenarien: RFID-Reader, die Werkstücke identifizieren und den Datenaustausch mit der Maschinensteuerung und der übergeordneten Produktionssteuerung sicherstellen – mit OPC UA über Hersteller- und Systemgrenzen hinweg.

Eckpfeiler flexibler Produktionsszenarien: RFID-Reader, die Werkstücke identifizieren und den Datenaustausch mit der Maschinensteuerung und der übergeordneten Produktionssteuerung sicherstellen – mit OPC UA über Hersteller- und Systemgrenzen hinweg.

Trotz Standard individuell bleiben

Bereits zur Hannover Messe 2015 soll der Entwurf der Companion Specification für Auto-ID-Geräte vorliegen. Die Specifiaction beschreibt ein komplettes Informationsmodell mit allen verfügbaren Funktionen, Events und Variablen.

Aktuell erarbeitet die AIM-Arbeitsgruppe gemeinsam mit der OPC Foundation das Informationsmodell für die einzelnen Auto-ID-Geräte­typen wie RFID, OCR oder Barcode. Gemeinsamkeiten dieser verschiedenen Auto-ID-Techniken werden hierbei zusammengefasst, während die Besonderheiten Dank des objektorientierten Ansatzes von OPC-UA berücksichtigt werden können.

Ist dieses Modell definiert, können alle Kommunikationsteilnehmer, die diese Implementierung umsetzen, nahezu ohne Aufwand via OPC-UA mit Auto-ID-­Geräten verschiedener Hersteller kommunizieren. Aufgrund des objektorientierten Ansatzes kann dennoch jeder Auto-­ID-Hersteller seine Hersteller- und Produkt-bezogenen Besonderheiten in die Kommunikationsstruktur integrieren.

Mit der Möglichkeit, die Client- und auch die Serverfunktion in einem Gerät zu kombinieren, können die Kommunikationsteilnehmer sowohl als Datenlieferant agieren als auch Daten anfordern. Somit können Geräte und Teilsysteme einer Netzstruktur direkt kommunizieren – per Internet beziehungsweise IP-basierte Techniken. Die bisher oft notwendige hierarchische Kommunikationsstruktur entfällt.

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Babylon lässt Grüßen: Jeder versteht jeden

Von Vorteil beim Austausch von Informationen ist auch, dass nicht nur die Daten übermittelt werden, sondern jeder Teilnehmer zusätzlich das komplette Informationsmodell abfragen kann. Somit können Kommunikationsteilnehmer zur Laufzeit abfragen, welche Variablen und Funktionen bereit stehen und wie diese zu interpretieren sind. Mithilfe der Companion Specification lässt sich dies bereits im Vorfeld definieren. In Zukunft werden alle Auto-ID-Geräte, die den Companion Specification der AIM folgen, die gemeinsame Grundfunktionalität in einem identischen Datenmodell zur Verfügung stellen. Dieses Datenmodell kann von anderen Kommunikationsteilnehmern (SPS oder Server) bereits im Vorfeld berücksichtigt und getestet werden. Dieser Ansatz wird insbesondere die Arbeit von Systemintegratoren effizienter gestalten und dazu beitragen, spezielle Kundenanforderungen in Projekten schneller umzusetzen.

Die Verfolgung von Standards und deren Verbesserung und Verbreitung sind schon aus der Historie heraus ein besonderes Anliegen von Harting. Wann immer sinnvoll setzt die Firma auf Standards und vermeidet proprietäre Lösungen. Diese Philosophie findet sich auch in der eigens entwickelten Ha-VIS Middleware. Die Ha-VIS-Middleware basiert auf dem frei zugänglichen EPCglobal Standard ALE 1.1. Mit ihr können unterschiedliche RFID-Geräte zentral von einem Server aus verwaltet und angesprochen werden. Die gesamte RFID-Anbindung und Datenverarbeitung bis zu einer definierten Schnittstelle, zum Beispiel einer Datenbank, wird komplett von der Ha-VIS Middleware übernommen. Viele Funktionen stehen vorgetestet zur Verfügung, etwa die Rohdaten-Aufbereitung, das Ausblenden von Mehrfachlesungen, die SAP-Anbindung oder das Beschreiben der Transponder. Auch komplexere Operationen, wie die Konfiguration von logischen Lesestationen, die aus mehreren physikalischen Readern bestehen, sind mit der Middleware einfach umzusetzen. Beispielsweise lassen sich zwei Wareneingangstore zu einem einzigen logischem Lesepunkt ‚Wareneingang‘ kombinieren. All diese Funktionen dienen einem Ziel: RFID kann zuverlässig im Gesamtprozess genutzt werden.

RFID-Antenne 4.0: dünn und flexibel

Die Anforderungen des Markts führen immer wieder zu interessanten Lösungen. Jüngstes Beispiel ist die laut Harting längste UHF RFID-Antenne der Welt. In Verbindung mit leistungsstarken (4 W ERP) und robusten (bahntauglich gemäß EN 50155) RFID-Reader RF-R500 sind mehrere Meter lange Antennen realisierbar. Auch lange Zuleitungen (>15 m) stellen kein Problem dar. Dabei ist die Antenne standardkonform und kann somit auch mit anderen UHF RFID-Readern kombiniert werden. Mit dem Durchmesser einer Coax-Leitung und ihrer Flexibilität ermöglicht die Antenne die Bildung nahezu jedes dreidimensionalen Antennenfeldes. Beispielsweise lässt sich damit die Hardware in Serverschränken eines Rechenzentrums überwachen. Direkt in die Türrahmen der Schränke eingebaut, entstehen Gates, die alle verbauten, nachgerüsteten oder ausgetauschten Geräte detektieren. So behält der Administrator den Überblick über sein IT-Inventar. In Kombination mit dem RFID-Reader von Harting erreicht die Antenne Lesereichweiten von mehreren Metern. Auch für Hochgeschwindigkeitsanwendungen bietet diese Antenne neue Möglichkeiten. Aufgrund des sehr langen Lese­bereiches entlang der Coaxialleitung können UHF-RFID-Transponder nun einfacher und zuverlässiger erfasst werden.

Als Abrundung des Reader-Portfolios hat Harting zusätzlich Midrange UHF Reader im Programm, die auch als platzsparende Platinenvariante, zum Beispiel für die Integration in Maschinen, erhältlich ist. Harting wird sich auch in Zukunft den Herausforderungen und Veränderungen wie Industrie 4.0 oder embedded Systemen stellen und aktiv mitgestallten.

Olaf Wilmsmeier

ist Product Manager Software bei der Harting KGaA und im AIM-Arbeitskreis OPC-UA aktiv.

(sk)

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