Eckdaten

Technische Anwendungen befinden sich häufig im Spannungsfeld ökonomischer Erwägung auf der einen, und funktioneller Anforderungen auf der anderen Seite. Wie ein ausgeklügeltes Systemdesign dazu beitragen kann, beide Gesichtspunkte geschickt zu vereinen von der Systemkonzeption über das Design und die Fertigung bis hin zu Implementierung und Wartbarkeit, zeigt dieser Beitrag.

Meist erweist sich die Konzeption einer Baugruppe sehr viel komplexer als es zuerst erscheinen mag. Anhand eines Systems, das Electronic-Packaging- und Gehäusespezialist Heitec für Viscom, Hersteller von Inspektionssystemen, umgesetzt hat, wird erläutert, wie sich mit kleinen Modifikationen an einem 19-Zoll-Standard-Industriegehäuse und durchdachten Details große Wirkung erzielen lässt.

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Optimiertes IPC-Gehäuse für High-End-Prüfsysteme. Heitec

Durchdachte Details

Viscom kontaktierte Heitec bezüglich eines 3-HE-IPC-Rechnergehäuses, das in das AOI/AXI-Inspektionssystem integriert werden sollte. Dieses System prüft bestückte Baugruppen optisch und mit Röntgenuntersuchungen. Durch die steigenden und zum Teil streng regulierten Qualitätsanforderungen nimmt die Nachfrage nach diesen Inspektionssystemen für ein breites Applikationsspektrum stetig zu. Insbesondere Hersteller mit miniaturisierten Komponenten wie BGAs, μBGAs, CSPs und Flipchips benötigen einen kostengünstigen Qualitätsprüfungsprozess, der auch kleinste Mängel identifiziert. Einsatzbereiche sind zum Beispiel Inspektionssysteme für die SMT-Linie in der Elektronikindustrie im Bereich Automobil-, Halbleiter-, Luft- und Raumfahrtindustrie sowie Antriebssysteme.

Tausende von Lötstellen, die Bestückung oder auch den Pastendruck kontrollieren die Inspektionssysteme in Sekundenschnelle. Außerdem archivieren sie die Inspektionsdaten und -bilder und werten diese statistisch aus, um dadurch den gesamten Prozess zu optimieren. Zudem wird die Produktionszeit erheblich beschleunigt und die Kosten reduzieren sich, da eine zeit- und personalintensive manuelle Überprüfung entfällt. Fehler in Material und Produktion können große wirtschaftliche Nachteile für den Hersteller nach sich ziehen. Insbesondere in stark reglementierten Anwendungsbereichen ist es sehr wichtig, dass der Prototyp absolut fehlerfrei ist, bevor er in Serie gefertigt wird.

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Von Heitec konzipiertes und gefertigtes Gehäuse für den Einsatz in Viscom Test-Equipment inklusive anwendungsspezifischer Elektronik (Vorderansicht). Heitec

Großer Durchsatz, einfache Implementierung, hohe Präzision und Inspektionstiefe sowie die einfache Adaptionsfähigkeit an die jeweilige Zielapplikation stellen nicht nur hohe Anforderungen an die Elektronik des Testequipments, sondern an jeden Teilbereich des Systems.

Im Zuge der Projektübertragung wurde die Produktion nach Deutschland verlagert. Durch das jederzeit zugängliche, enge lokale Kunden- und Lieferantennetz konnten die benötigten Teile zuverlässig, flexibel und schnell geliefert werden. Änderungswünsche bei der Entwicklung an der Serie ließen sich ebenfalls durch die enge Zusammenarbeit von Projektmanagement und Kunde schnell in die laufende Serie integrieren.

Geändertes Lüfterkonzept

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Die neue Anordnung der Lüfter im Heitec-Gehäuse ermöglichte ein intelligentes Wärmemanagement (Rückansicht). Heitec

Durch die hohe Prozessorleistung des mittig im Gehäuse angebrachten Motherboards entstand an dieser Stelle die größte Hitzeentwicklung. Aus diesem Grund änderte Heitec das Lüfterkonzept und verlagerte die Lüfter von außen in die Mitte. Die davor angebrachten Filtermatten sind leicht zu erreichen und einfach zu reinigen. Ein intelligentes Wärmemanagement und die Gruppierung der Kühlung um die „Hot Spots“ ist äußerst wichtig insbesondere im Hinblick auf zukünftige Erweiterungen. Immer schnellere Prozessoren benötigen auch mehr Energie. Für die Befestigung der Lüfterklappen verwendete man Randall-Schrauben, die händisch bedienbar sind, was bei der Wartung des Systems von Vorteil ist. Die Kabelführung wurde entsprechend angepasst. Für die benötigten SSD-Karten konzipierte das Projektteam spezielle Halterungen, die sich ebenfalls per Hand, ohne Zuhilfenahme von Werkzeug, herausnehmen lassen, ein Vorteil bei der Wartung und Upgrades.

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Das AOI/AXI-Inspektionssystem. Heitec

Die Erfahrung und das Wissen, wie ein System effektiv konstruiert sowie schnell und kostengünstig montiert werden kann, ist ein entscheidender Faktor für Service, Aufrüstbarkeit und für die Beschleunigung der Herstellung. Dazu ließ sich das Team für Gehäusetechnik bei Heitec folgendes einfallen: Die Montageplatte mit dem montierten Mainboard wird nun von unten, also durch das Bodenblech des Gehäuses verschraubt, und nicht wie beim Vorgängermodell von der Gehäuseinnenseite. Der Kunde kann damit die Endmontage mit Motherboard, eigener I/O und PCI-X-Karten selbst durchführen, parallel zur Gehäusemontage. Dies gilt im Umkehrfall auch für die Demontage des Gehäuses und für nötige Wartungsarbeiten.

Aufteilung in Einheiten

Um das neu geschaffene 3HE hohe Standardsystem für eine Sonderapplikation verwenden zu können, die sehr viel Rechenleistung und damit eine effizientere Kühlung benötigt, entwarf das Projektteam eine zusätzliche 1HE hohe Abdeckhaube, die oben aufgesetzt das System 45 mm höher machte. Somit passte der spezielle Kühlkörper sehr gut in das Gehäuse. Die Aufteilung in Montage-Teileinheiten wie Gehäusevormontage mit Stromversorgung und Lüfter auf der einen Seite und die komplette PC-Peripherie mit Grafikkarte und so weiter auf der anderen Seite ermöglicht parallele Arbeitsabläufe. Daraus resultieren reduzierte Herstellungskosten und größere Flexibilität sowie eine schnellere Auslieferung und damit Wettbewerbsvorteile am Markt. Die Produktionszeit in dieser Phase ließ sich durch diese Maßnahmen um die Hälfte reduzieren.

Roland Chochoiek

Geschäftsgebietsleiter Elektronik bei Heitec.

(ah)

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