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(Bild: Alfred Vollmer)

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Herr Kraus, wie laufen die Geschäfte?

Robert Kraus: Mittlerweile fahren rund 50 Millionen APIX-Nodes auf den Straßen. Dabei handelt es sich ausschließlich um APIX-Produkte der ersten und zweiten Generation. Mit APIX 3 liegt dann noch mehr Potenzial vor uns. Die Nachfrage nach unserer Technologie zur schnellen Anbindung von Displays an Infotainment-Plattformen, Instrumentierung und Fahrerassistenzsysteme ist nicht nur bei unserem Erstkunden BMW sehr groß. Auch Jaguar Land Rover, Volvo und weitere acht OEMs setzen mittlerweile auf APIX.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Seit 2008 fahren Autos mit APIX-Knoten auf den Straßen der Welt. Wie hat Inova es als kleines Fabless-Startup geschafft, binnen kürzester Zeit ein Design-In bei einem OEM zu bekommen?

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Robert Kraus (links) im hochsommerlichen Gespräch mit Alfred Vollmer, Chefredakteur AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: „Indem wir neben den Halbleitern auch für das passende Ecosystem sorgen, sind wir gerade auf dem Weg, mit APIX einen weltweiten De-facto-Standard zu etablieren.“ Alfred Vollmer

Robert Kraus: Auf Initiative von BMW hin ist die IP der APIX-Schnittstelle nicht nur in unseren eigenen ICs enthalten sondern durch Lizenzierung auch in Grafik-Controllern, Grafikprozessoren aber auch in Schnittstellenprodukten von Socionext – ehemals Fujitsu Semiconductor – sowie von Toshiba, Analog Devices und Cypress. So hatte BMW eine ganz andere Planungssicherheit.

Indem wir neben den Halbleitern auch für das passende Ecosystem sorgen, sind wir gerade auf dem Weg, mit APIX einen weltweiten De-facto-Standard zu etablieren. Wir sehen uns bei APIX nicht nur als reinen Chiphersteller, sondern auch in der Verantwortung für das gesamte Ecosystem rund um APIX. Nur so können wir unseren Kunden zusichern, dass nicht nur die Chips selbst sondern alle Komponenten voll miteinander harmonieren und so die gesamte Übertragung stabil und zuverlässig funktioniert. Das ist sicher sehr ungewöhnlich, denn kein üblicher Standard kann das in dieser Form leisten. Aber dieses Rundumpaket in Verbindung mit der für Automotive-Designs so wichtigen Rückwärtskompatibilität ist es schließlich, was unsere Kunden schätzen und was auch den Erfolg von APIX erklärt.

Und für die Pflege und ständige Erweiterung dieses Ecosystems treiben wir, aber auch unsere Partner einen erheblichen Aufwand. So bieten beispielsweise die Firmen Ruetz, Telemotive, Göpel und Alfamation auf der Testseite passende APIX-Messgeräte für Entwicklung und Feldtest an; die großen Oszilloskophersteller Keysight und Tektronix haben mittlerweile sogar Modelle mit integrierter APIX-Compliance-Messung im Programm. Für Unternehmen wie Leoni und Rosenberger, die in den Bereichen Kabel und Steckverbinder tätig sind, geben wir klare Kanalspezifikationen vor – ähnlich wie wir es bei unseren Lizenznehmern mit der APIX-Compliance-Spezifikation tun. So können wir unseren Kunden zusichern, dass die Übertragung mit APIX auch über die Lebensdauer hinweg zuverlässig funktioniert.

Zusätzlich überwachen wir die Strecke während des Betriebs ständig und können so auch eine schleichende Degradation von Kabeln feststellen und anzeigen sowie zum Teil sogar kompensieren – und zwar noch lange bevor es zu Ausfällen kommt. Und last but not least bieten wir unseren Kunden noch einen umfassenden Design-In-Support mit Board-Level-Simulation, EMV-Evaluierung und vielem mehr. Datenübertragung mit diesen sehr hohen Datenraten ist ein anspruchsvolles Thema, wo wir auf viele Jahre Erfahrung zurückgreifen können und bei dem wir unsere Kunden nicht alleine lassen. APIX ist eben mehr als nur ein Produkt, sondern ein ganzes Systemkonzept, ja schon fast eine Philosophie. Diese Philosophie wird gerade beim Thema hochautomatisiertes Fahren praktisch zur Notwendigkeit.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wie gehen Sie das Thema Second-Source an?

Roland Neumann Robert Kraus Inova und Robert Isele BMW neue 7er-Architektur mit APIX neue digitale LED-Technologie

Roland Neumann (Inova, links), Robert Kraus (Inova, Mitte) und Robert Isele (BMW, sitzend) in einer Sitzkiste von BMW, die nicht nur die neue 7er-Architektur mit APIX sondern auch die neue LED-Technologie enthält. Inova Semiconductors

Robert Kraus: Weder für unsere Halbleiter noch für die Produkte unserer Lizenznehmer gibt es eine direkte Second-Source. Da APIX aber von Beginn an als portierbare Technologie konzipiert wurde, gibt es APIX mittlerweile in vier Technologieknoten – 180, 90, 65 und 55 nm – und die Chips werden sowohl in OEM-Fabs als auch bei den beiden weltweit größten Foundries – TSMC und Globalfoundries – gefertigt. Über die Jahre haben wir auch dem wachsenden Volumen entsprechend kontinuierlich in ein ausgefeiltes Risikomanagement investiert: Wir und unser Partner fertigen in unterschiedlichen Fabs und haben unsere Waren an verschiedenen Stellen der Welt auf Lager. Selbst wenn eine Fab eine gewisse Zeit ausfallen würde, können wir so noch den Materialfluss sicherstellen. Anfangs haben wir alle unsere eigenen Produkte noch ausschließlich bei Rood Microtec in Nördlingen getestet, mittlerweile testen wir auch bei unserem langjährigen Partner ASE in Taiwan und haben gerade ein weiteres Testhaus in Europa qualifiziert. Damit sind wir für unser weiteres Wachstum und eine noch stärkere Marktdurchdringung dann mit APIX 3 bestens gerüstet.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Welche Vorteile hat APIX 3 gegenüber APIX 2?

Robert Kraus: APIX 3 hat im Gegensatz zu APIX 2 mächtige Grafik-Schnittstellen wie HDMI bereits integriert, sodass APIX 3 ohne weitere Companion-Chips direkt an moderne SoCs andocken kann. Dadurch können die Tier-1s Kosten sparen. APIX 3 überträgt über STP- und jetzt auch über Koaxkabel gleichzeitig mehrere Video-Audio- und Datenformate und, wie schon bei APIX 2, 100-MBit-Ethernet über einen Link: bidirektional, in Echtzeit und mit bis zu 12 Gbit/s. APIX 3 ist viermal so schnell wie APIX 2 und voll abwärtskompatibel dazu; damit ist er zukunftssicher und für künftige Infotainment-Plattformen mit 4k-Displays, Touch- und Gestensteuerung bis weit ins nächste Jahrzehnt bestens gerüstet. Diese Kontinuität ist es auch, die viele Kunden trotz APIX 3 am Horizont dazu veranlasst, auch bei neuen Designs weiterhin APIX 2 einzusetzen, wo dessen 3-Gbit/s-Bandbreite noch völlig ausreichend ist. Und selbst bei unserem ersten APIX-1-Produkt mit 1 Gbit/s, das immerhin seit zehn Jahren auf dem Markt ist, steigen die Umsätze gerade wieder leicht an.

Vor wenigen Wochen konnten wir jetzt mit Socionext auch den ersten Lizenznehmer für APIX 3 bekanntgeben – übrigens der gleiche japanische Halbleiterhersteller, der damals im Jahre 2007 als erster Partner APIX 1 lizenziert hat, damals noch als Fujitsu Semiconductor.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wie funktioniert APIX 3 ganz grob?

Robert Kraus: Bei APIX 3 wird die im Fahrzeug zwischen Steuergerät und Display verlegte Leitung vollautomatisch eingemessen, sodass jegliche manuelle Einmessung überflüssig wird. Ein echtes Plug-and-Play also wie in der Consumer-Welt, das bei der Inbetriebnahme erhebliche Kosten einspart. Weil der Link zudem kontinuierlich die gesamte Übertragungsstrecke überwacht, erkennt er auch frühzeitig Schäden am Kabel – und zwar lange bevor der Fahrer überhaupt eine eventuelle Beeinträchtigung der Performance wahrnimmt. Daher ist APIX 3 auch für den Einsatz in sicherheitsrelevanten Anwendungen gemäß ISO 26262 interessant. Diese Diagnosefunktionalität können die OEMs in vielfältiger Weise nutzen – und zwar auch im Rahmen ihrer Service- und Diagnoseprogramme.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Vor einem Jahr haben Sie im Gespräch mit AUTOMOBIL-ELEKTRONIK der Öffentlichkeit erstmals über die neue Generation APIX 3 berichtet; welche heißen News haben Sie zur Messe Electronica 2016?

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Robert Kraus: „Wir sorgen somit dafür, dass aus dem quasi-analogen Bauelement LED praktisch eine digitale LED wird, die ausschließlich digital angesteuert wird. Um die Themen Kalibrierung, Temperaturdrift, Farbänderung, Alterung und so weiter muss sich der Anwender nicht mehr kümmern. Selbst das Thema Binning gehört damit der Vergangenheit an.“ Alfred Vollmer

Robert Kraus: Auf der Electronica wird es tatsächlich wieder spannend, denn neben vielen interessanten Anwendungen rund um APIX auch jenseits des Fahrzeugs präsentieren wir dort ein völlig neues Produkt, das auf den ersten Blick so gar nichts mit unseren bisherigen APIX-Aktivitäten zu tun haben scheint. Zusammen mit einem asiatischen LED-Hersteller stellen wir dort ein völlig neues Konzept für eine LED für das Ambiente-Licht im Fahrzeug vor.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wie funktioniert diese neue Ambiente-Beleuchtung auf LED-Basis?

Robert Kraus: Dieser asiatische Hersteller – genaue Einzelheiten geben wir dann auf der Electronica bekannt – fertigt ein superkompaktes LED-Modul, das bei kleinsten Abmessungen nicht nur drei verschiedenfarbige LEDs enthält sondern auch einen Mini-Controller-Chip von Inova, und der hat es in sich: Nachdem ein externer Mikrocontroller ein serielles Hochgeschwindigkeits-Protokoll ausgegeben hat, laufen die Signale im Daisy-Chain-Modus durch jede der in Reihe geschalteten LEDs. Dabei lässt sich jede LED in der Kette einzeln ansteuern, und auch deren Zustand ist auslesbar. Die LEDs werden so diagnosefähig. Zur Anzahl der möglichen anreihbaren LEDs werden wir mehr auf der Electronica sagen, aber es sind wirklich viele.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Was ist das Besondere daran?

Robert Kraus: Unser Miniatur-Controller unterstützt den Wunsch der Automobilhersteller, über die gesamte Lebensdauer des Fahrzeugs hinweg eine stets gleichförmige und exakte Farbwiedergabe und Helligkeit zu erzielen. Ein Weiß soll immer weiß sein, und die durch die Corporate-Identity bestimmte Spezialfarbe eines Herstellers muss die Beleuchtung in jeder einzelnen LED natürlich auch immer besonders exakt wiedergeben. Das Besondere an dieser neuen, quasi digitalen LED ist folgendes: Im Rahmen des Endtests kalibriert unser Partner das kleine Modul präzise und speichert die Kalibrierungsdaten im internen Controller ab. Damit erübrigt sich die aufwendige Kalibrierung beim Tier-1, was erhebliche Kosten spart.

Aber auch die Alterung der LEDs sowie die Helligkeitsunterschiede bekommen wir mit unserem Chip in den Griff. Auf Basis des LED-Stroms und der Daten des ebenfalls auf dem Chip integrierten Temperatursensors können wir die einzelnen LEDs im Modul während ihrer gesamten Nutzungszeit sehr genau ansteuern. Den passenden Stromtreiber hierfür haben wir auch gleich integriert, und weil der Temperatursensor direkt an den LEDs im Modul sitzt, bekommen wir sehr genaue Basisdaten, mit denen wir dafür sorgen, dass die LEDs nicht nur stets in der richtigen Farbe sondern durch die Einstellung des jeweils adäquaten Pulsbreitenverhältnisses auch in der richtigen Helligkeit leuchten. Ein LED-Streifen, der auf der einen Seite intensiv von der Sonne beschienen wird und auf der anderen Seite im Schatten unmittelbar der Kaltluft aus der Klimaanlage ausgesetzt ist, stellt bei diesem Konzept kein Problem mehr dar. Auch für die Tier-1s sinkt damit der Aufwand in beachtlichem Umfang. Wir sorgen somit dafür, dass aus dem quasi-analogen Bauelement LED praktisch eine digitale LED wird, die ausschließlich digital angesteuert wird. Um die Themen Kalibrierung, Temperaturdrift, Farbänderung, Alterung und ähnliches muss sich der Anwender nicht mehr kümmern. Selbst das Thema Binning gehört damit der Vergangenheit an.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wie sind diese LED-Module organisiert?

Robert Kraus: Zunächst sprechen wir von 100 bis 150 LEDs pro Fahrzeug, aber wenn es gilt, etwa die Aufmerksamkeit des Fahrers nach einer Phase des hochautomatisierten Fahrens wieder nach vorn auf die Straße zu lenken, dann bieten entsprechende LED-Anordnungen exzellente Möglichkeiten hierzu, wodurch sich die Anzahl der LEDs pro Fahrzeug beachtlich erhöhen dürfte. 2018 läuft dann voraussichtlich die erste Serienproduktion an.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Welche Auswirkungen haben die neuen LEDs auf die Preise für die Beleuchtung?

Robert Kraus: Das ganze LED-Konzept ist natürlich auf maximale Kostenoptimierung getrimmt. Beim Design des Controllers etwa kämpfen wir mit eigenen Mini-Padzellen und zahlreichen anderen Design-Kniffen buchstäblich um jeden Quadratmikrometer Chipfläche. Durch die Fähigkeit unseres Chips, auch LEDs mit einer größeren Streuung der Wellenlänge praktisch auf den Punkt zu kalibrieren, kann der LED-Hersteller seine Ausbeute erhöhen, während gleichzeitig die Farb- und Helligkeitswiedergabe in hoher Automotive-Qualität erfolgt. Mit dieser Lösung wird die doch etwas mimosenhafte analoge LED zu einer rein digital ansteuerbaren Komponente, und damit werden die Preise auf Systemebene deutlich sinken.

AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Wie erfolgt die Fertigung?

Robert Kraus: Wir lassen unseren Controller-Chip bei unserem langjährigen Foundry-Partner Globalfoundries in Singapur fertigen und liefern ihn anschließend an unseren Partner in Asien. Der verbaut ihn dann zusammen mit den drei LEDs (rot, grün, blau) in einem Gehäuse und ist dank seines speziellen Know-hows in der Lage, das gesamte Modul besonders schnell und ökonomisch zu testen und zu kalibrieren.

Zwei große Tier-1s und ein führender Mikrocontroller-Hersteller haben bereits großes Interesse an dieser Lösung gezeigt, und BMW dürfen wir sogar als ersten potenziellen OEM-Kunden für diese neue LED nennen. Genau wie bei APIX legen wir auch bei diesem LED-Projekt wieder Wert darauf, zusammen mit den Partnern von Beginn an ein aufeinander abgestimmtes Ecosystem anzubieten und zwar inklusive erster Treiber für Basis-Lichtszenarien.

Alfred Vollmer

Chefredakteur AUTOMOBIL-ELEKTRONIK

(av)

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