54869.jpg

Bild 1: Der TLE4966V ist laut Infineon der weltweit erste vertikale duale Hall-Sensor zur Drehrichtungs- und Drehzahlerfassung.

Bild 1: Der TLE4966V ist laut Infineon der weltweit erste vertikale duale Hall-Sensor zur Drehrichtungs- und Drehzahlerfassung.Infineon

Soll ein Sensor sowohl Drehrichtung als auch Drehzahl eines magnetischen Polrads erfassen, dann benötigt er zwei Hall-Elemente. Wegen ihres Abstands zueinander erfassen die beiden Hall-Platten zu einem bestimmten Zeitpunkt aber immer geringfügig unterschiedliche Signale. Diese Phasendifferenz ändert bei einem Wechsel der Drehrichtung ihre Polarität. Der TLE4966V (Bild 1) erfasst diese Änderung und liefert ein entsprechendes Signal. Die Drehzahl eines magnetischen Polrads lässt sich mit dem zweiten Sensor-Ausgangsignal berechnen. Dieses Signal wird durch jede Änderung der Polarität des Mag­netfelds getriggert.

Die beiden auf einem Silizium integrierten vertikalen Hall-Platten im TLE4966V weisen das gleiche Temperatur- und Belastungsverhalten auf und haben keine Sensitivitätsabweichungen über ihre gesamte Lebensdauer. Zudem verfügt der TLE4966V über zwei Signalausgänge: ein Signal für die Polrad-Drehrichtung und ein Signal für die Drehzahl des Polrads. Damit liefert der TLE4966V die Informationen, für die bisher zwei Sensoren erforderlich waren. Im Vergleich zu Systemen mit zwei Sensoren sinken laut Hersteller die Sensorkosten um durchschnittlich 30 Prozent und der Aufwand für Test und Produktion um bis zu 50 Prozent. Der TLE4966V kann auch zwei Hall-Sensoren im bedrahteten Gehäuse ersetzen. Dies erspart aufwändige, mechanische Stabilisierungsvorrichtungen gegen das Verbiegen der bedrahteten Gehäuse. Durch das Kippen der Sensorflächen um 90° können Systemingenieure außerdem bisher nicht mögliche Systemanordnungen realisieren. Diese sind insbesondere für Anwendungen interessant, die mit nur sehr kleinem Bauraum auskommen müssen, beispielsweise elektrische Kofferraumklappen und elektrische Fensterheber.

Auf einen Blick

Infineon Technologies hat einen vertikalen dualen Hall-Sensor zur Drehrichtungs- und Drehzahlerfassung auf den Markt gebracht. Im Beitrag sind die physikalischen Hintergründe erklärt, speziell der Mechanismus der Richtungserkennung und dessen Leistungsfähigkeit. Mit einer Stromaufnahme zwischen 4 und 7 mA eignet sich der Hall-Sensor für energiesensible, elektrische Fahrzeugsysteme wie Kofferraumklappe, Fensterheber, Schiebedach und Sitzverstellung. Neben Automobilanwendungen lässt er sich aber auch in Rolltreppen, elektrischen Rollläden und Jalousien einsetzen.

Der TLE4966V besitzt eine On-Chip-Signalverarbeitung, die wesentliche Vorteile für Systemdesigner bietet: schnelle Verfügbarkeit des Sensorsignals, keine Mikrocontroller-Programmierung und damit auch keine Programmierfehler, was eine höhere Systemqualität zur Folge hat. Der Hall-Sensor kann mit einer ungeregelten Stromversorgung betrieben werden und ist mit Systemen von 3,5 bis 32 V kompatibel. Er wird in einem TSOP-Chipgehäuse (Thin Small Outline Package) mit 6 Pins (TSOP-6) geliefert.

Bild 2: Konfiguration mit Polrad und Doppel-Hall-Sensor: Beim TLE4966V-1K beträgt der Abstand d zwischen beiden Hall-Platten 1,25 mm.

Bild 2: Konfiguration mit Polrad und Doppel-Hall-Sensor: Beim TLE4966V-1K beträgt der Abstand d zwischen beiden Hall-Platten 1,25 mm.Infineon

Zuverlässige Richtungsinformation

In vielen Anwendungsfällen müssen Drehzahl und Drehrichtung eines Motors bekannt sein. Diese Parameter können sehr komfortabel kontaktlos erfasst werden: mit einem Hall-Schalter und einem magnetisierten Polrad, das auf der Welle des Motors befestigt ist. Zur Bestimmung der Drehrichtung kommen üblicherweise zwei Sensoren zum Einsatz, die sich in einem bestimmten Abstand zueinander befinden. Die Richtungsinformation wird dann aus der Phasendifferenz der zwei Ausgangssignale der Hall-Elemente S1 und S2 ermittelt. Der TLE4966V-1K besteht aus zwei integrierten Hall-Elementen mit einem Abstand von d = 1,25 mm und berechnet diese Information intern (Bild 2).

An einem Ausgangskontakt liegt die Richtungsinformation (HI/LO) an, was „links“ beziehungsweise „rechts“ entspricht, während die Geschwindigkeit über einen zweiten Ausgangskontakt ausgegeben wird. Mit dem Geschwindigkeitssignal kann der Mikrocont­roller einen Index hoch und runter zählen, um exakte Stellpositionen – wie bei Fensterhebern – zu realisieren.

Bild 3: Blockschaltbild des TLE4966V-1K: Die Signale der beiden Hall-Platten (links unten) speisen nach Verstärkung und Filterung die Drehrichtungs- und Drehzahl-Erfassungseinheit.

Bild 3: Blockschaltbild des TLE4966V-1K: Die Signale der beiden Hall-Platten (links unten) speisen nach Verstärkung und Filterung die Drehrichtungs- und Drehzahl-Erfassungseinheit.Infineon

Anwendungen im Automobilbereich stellen sehr hohe Anforderungen an Produktqualität und Funktionsweise bei extremen Temperaturen (-40 bis +150 °C). Um in jeder Situation ein gültiges Richtungssignal zu erhalten, empfiehlt sich eine robuste, großzügige Auslegung des Magnetkreises. Die Geometrie des Polrads, der Abstand zum Sensor und die Magnetfeldstärke sind Parameter, mit denen ein Magnetkreis beeinflusst werden kann. Im Folgenden wird anhand des Blockschaltbildes (Bild 3) kurz die interne Funktionsweise des TLE4966V beschrieben, um dann Berechnungen für einen Magnetkreis zu erläutern.

Mechanismus der Richtungserkennung

Der Chopped-Doppel-Hall-Schalter umfasst neben den zwei Hall-Platten S1 und S2 einen Bias-Generator, Kompensationsschaltungen, einen Oszillator und Ausgangstransistoren. Der Bias-Generator liefert den Strom für die Hall-Platten und die aktiven Schaltkreise. Kompensationsschaltungen stabilisieren das Temperaturverhalten und verringern technisch bedingte Schwankungen.

Bild 4: Aus den internen, phasenverschobenen Signalen von S1 und S2 kann der Sensor unter anderem die Drehrichtung bestimmen: S2 erreicht in diesem Beispiel den Betriebspunkt Bop2 vor dem Hall-Sensor S1.

Bild 4: Aus den internen, phasenverschobenen Signalen von S1 und S2 kann der Sensor unter anderem die Drehrichtung bestimmen: S2 erreicht in diesem Beispiel den Betriebspunkt Bop2 vor dem Hall-Sensor S1.Infineon

Die aktive Fehlerkompensation verhindert, dass Abweichungen in Signalstufen auftreten und die Hall-Platten durch mechanische Spannungen im Gehäuse beeinflusst werden, die durch das Umspritzen, Löten und andere thermische Beanspruchungen verursacht werden. Diese Chopper-Technik gewährleistet zusammen mit dem Schwellwertgenerator und dem Komparator, dass die Mag­net­schalt­punkte eine hohe Genauigkeit aufweisen. Der Algorithmus der Richtungserkennung berücksichtigt die Schaltvorgänge der zwei Komparatoren der zwei Sensorelemente S1 und S2 und bestimmt daraus die Drehrichtung. In Bild 4 sind die zwei internen, phasenverschobenen Signale von S1 und S2 dargestellt.

Im Idealfall sind die Magnetparameter (Bop, Brp) der zwei Hall-Platten S1 und S2 gleich. Wegen der Phasenverschiebung der Signale erreicht S2 im Beispiel in Bild 4 den Betriebspunkt Bop2 vor dem Hall-Sensor S1. Daraus bestimmt der Baustein die Richtungsinformation. In der Praxis existiert allerdings aufgrund von Prozess- und Fertigungstoleranzen stets eine Diskrepanz zwischen den Magnetparametern von S1 und S2. Der Abgleich der magnetischen Eigenschaften wird als Magnetabgleich BMatch bezeichnet (BMatch = Bop1 – Bop2). Beim TLE4966V beträgt der Magnetabgleich BMatch bei Raumtemperatur allerdings nur weniger als ±1 mT.

Bild 5: Wenn Sensor S1 die Schwelle Bop1 erreicht, bevor der Sensor S2 an Bop2 ankommt, dann stimmt die Richtungsinformation nicht. Der Idealfall ist in Bild 4 zu sehen.

Bild 5: Wenn Sensor S1 die Schwelle Bop1 erreicht, bevor der Sensor S2 an Bop2 ankommt, dann stimmt die Richtungsinformation nicht. Der Idealfall ist in Bild 4 zu sehen.Infineon

Wenn der Magnetkreis schwach ausgelegt wird, kann es vorkommen, dass die gelieferte Richtungsinformation des Sensors nicht korrekt ist. Dies hängt ab von der magnetischen Feldstärke, der Magnetkreis-Geometrie und dem Wert von BMatch. Bild 5 zeigt ein Beispiel, in dem der Sensor S1 die Schwelle Bop1 erreicht, bevor der Sensor S2 die Schwelle Bop2 erreicht. Das führt, verglichen mit dem korrekten Signal (Bild 4: S2 vor S1), zu einem nicht korrekten Signal der Drehrichtung. Rechnerisch kann man jedoch abschätzen, ob der Magnetkreis robust genug ist, um stets eine korrekte Drehrichtungsinformation zu liefern. Bei bekannter Geometrie des Polrads und bekanntem Aufbau lässt sich in Verbindung mit den ungünstigsten Werten aus dem Datenblatt (Bop, BMatch) die mindestens erforderliche magnetische Flussdichte B0min an der Position der Sensorelemente berechnen.

Wenn dieser Wert geringer ist als die magnetische Flussdichte des verwendeten Polrads, kann eine nicht korrekte Richtungsinformation auftreten. In diesem Fall wird empfohlen, den Magnetkreis so zu verändern, dass die Robustheit steigt. Da bei der Herleitung der entsprechenden Gleichung Näherungen angewandt wurden, sollte man einen Sicherheitszuschlag vorsehen, damit die korrekte Funktionsweise unter allen Bedingungen gewährleistet ist. Es gilt die Näherungsgleichung in Bild 6.

Bild 6: Näherungsgleichung für die robuste Auslegung des Magnetkreises.

Bild 6: Näherungsgleichung für die robuste Auslegung des Magnetkreises.Infineon

In dieser Gleichung bezeichnet Bop1 den Betriebspunkt des Sensors, B0 ist die Amplitude des Magnetfelds am Sensorelement, BMatch beschreibt den Magnetabgleich, N und R stehen für die Anzahl der Polpaare und den Radius des Polrads, s ist der Abstand zwischen dem Polrad und dem Sensorelement und d = 1,25 mm ist der Abstand der Sensorelemente im TLE4966V. Diese Gleichung lässt sich numerisch lösen und es kann die Mindestamplitude B0 des Magnetfelds bestimmt werden, die erforderlich ist, um bei gegebenem Polrad und gegebener Geometrie des Magnetkreises eine korrekte Informationen über die Drehrichtung zu liefern. Die aufgelöste Gleichung zeigt zudem, dass zum Beispiel ein Polrad mit drei Polpaaren einen robusteren Magnetkreis liefert als ein Polrad mit einem Polpaar.

Umfassendes Portfolio

Neben dem neuen vertikalen dualen Hall-Sensor umfasst das Hall-Schalter-Portfolio von Infineon unipolare und omnipolare Schalter sowie bipolare Latches für eine breite Palette von Anwendungen, wie zum Beispiel BLDC-Motorsteuerung, Positionserfassung und Indexzählung. Die Hall-Schalter bieten eine hervorragende magnetische Genauigkeit und sind gegen elektrische Störungen gesichert. Sie sind mit Spannungsschnittstelle (Open Drain) oder Zweidraht-Stromschnittstellen verfügbar. Die Sensoren gibt es in besonders Platz sparenden SMD-Gehäusen oder bedrahteten Gehäusen.

Hannes Birk

ist Marketing-Manager für das Thema Hall-Sensoren bei Infineon Technologies in Neubiberg bei München.

(lei)

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Infineon Technologies AG

Am Campeon 1-12
85579 Neubiberg
Germany