Auf der SPS – Smart Production Solutions wollten rund 750 Aussteller ihre Produkte und Lösungen für die smarte und digitale Automatisierung erstmals wieder live einem ausgesuchten Fachpublikum vorstellen. Doch die Corona-Krise machte auch diesmal dem Messeveranstalter Mesago und den hoffnungsfrohen Ausstellern einen Strich durch die Rechnung. Doch neue Produkte gab es trotzdem, wie unsere kleine Nachschau zeigt.
Der Begriff Revolution wird für tiefgreifende Veränderungen in den verschiedensten Bereichen verwendet und wurde aus dem spätlateinischen revolutio („Umdrehung“, wörtlich „das Zurückwälzen“) entlehnt. So steht es in Wikipedia. Aber warum erläutere ich diesen Begriff überhaupt? Eine Revolution im Schaltschrankbau verspricht Beckhoff im Rahmen der virtuellen Pressekonferenz zur SPS. Eine wahrlich ungewöhnliche Aussage, die wir sicherlich erst in einiger Zeit als Marketing-Buzzword oder greifbare Veränderung bewerten können.
Mit dem MX-System bietet Beckhoff eine flexible, bauraumoptimierte und intelligente Systemlösung, die den konventionellen Schaltschrank komplettieren soll. Das MX-System ist ein einheitlicher Automatisierungsbaukasten, basierend auf Module, wodurch sich die Aufwände für den Hersteller insbesondere in den Phasen Planung und Installation reduzieren. Für den Netzanschluss sowie sämtliche anderen Funktionen eines Schaltschranks stehen entsprechende Module zur Verfügung. Für den Anschluss der Feldebene verwenden die Module in der Automatisierungstechnik bereits langjährig bewährte Anschlussstecker. Der Systemverbund aus Baseplate und Modulen weist die Schutzart IP 67 auf und kann direkt an die Maschine montiert werden. Mit dem ganzheitlichen modularen und steckbaren System können so unterschiedlichste Anwendungen und Maschinenkonzepte realisiert werden.
Für besonders anspruchsvolle Machine-Learning- und Vision-Applikationen stellte Beckhoff noch den neuen Schaltschrank-Industrie-PC C6675 mit ATX-Motherboard vor. Mit Gehäuse und Netzteil des Industrie-Servers C6670 ist nun auch der Einsatz großer, leistungsstarker Grafikkarten möglich. Ausgestattet wird der neue Schaltschrank-Industrie-PC mit Komponenten der höchsten Leistungsklasse auf einer Intel-Celeron-, -Pentium- oder -Core-i3/i5/i7-Plattform der neuesten Generation auf einem ATX-Motherboard von Beckhoff.
Von Halle 11 in den virtuellen Raum
Unter dem Motto „Infinite opportunities from infinite data“ zeigte Siemens in einer eigenen virtuellen Veranstaltung neue Produkte, Services und Lösungen aus dem Digital-Enterprise-Portfolio damit Industrieunternehmen, durch Automatisierung, Elektrifizierung und Digitalisierung flexibel und nachhaltig die entstandenen Daten intensiver nutzen können.
Industrielle Kommunikation und Netzwerke, Identifikation und Lokalisierung bilden die Basis für die Digitalisierung der Industrie. Mit dem Scalance MUM853-1 stellte Siemens einen industriellen 5G-Router für den Schaltschrank vor. Das Gerät verbindet lokale Industrieanwendungen mit öffentlichen 5G-, 4G (LTE)- und 3G (UMTS)-Mobilfunknetzen. Mit dem Router können Anlagen, Maschinen, Steuerelemente und andere industrielle Geräte über ein öffentliches 5G-Netz flexibel und mit hohen Datenraten aus der Ferne überwacht und gewartet werden. Zudem lässt sich das Gerät in private 5G-Netze einbinden. Damit sind Anwendungen wie mobile Roboter in der Fertigung, autonome Fahrzeuge in der Logistik oder Augmented-Reality-Applikationen für Servicetechniker möglich.
Damit für das Kommunikationsnetzwerk kein erhöhtes Bedrohungspotential bei der OT-IT-Integration besteht, wurde das Security-Konzept „Defense-in-Depth“ der OT mit dem IT-Security-Konzept „Zero Trust“ erweitert und somit ein granulares Zugriffskonzept umgesetzt. Dafür arbeitet Siemens mit Zscaler Inc., ein Anbieter für Cloud-Sicherheit, zusammen. Umgesetzt wurde ein App-Connector des cloud-basierten Remote Access-Service Zscaler Private Access (ZPA) auf einem Docker-Container auf der lokalen Verarbeitungsplattform Scalance LPE von Siemens, wodurch eine sichere Zugriffslösung für industrielle Umgebungen möglich ist.
Smarte Lösung für die einfache Automatisierung
Turck präsentierte drei neue RFID-HF-Schreib-Lese-Geräte mit IO-Link in M18- und M30-Gewinderohr sowie in Q40-Quaderbauform. Bestehende IO-Link-Anwendungen lassen sich mit den neuen Geräten mühelos um RFID erweitern. Mit der schnellen COM3-Schnittstelle und 32 Byte-Prozessdatenbreite verbessern die HF-Reader die Performance von IO-Link-RFID-Systemen wesentlich. Darüber hinaus bieten die Geräte die Optionen, passwortgeschützt auf Datenträger zuzugreifen und die RSSI-Signalstärke zur permanenten Qualitätskontrolle zu erfassen. Die Schreib-Lese-Geräte können im IO-Link-Modus oder ohne IO-Link-Master im Standard-I/O-Modus (SIO) betrieben werden. Im SIO-Modus bieten die Geräte die Passwortschutz-Funktion zur Zugangskontrolle. Insbesondere für dezentrale oder autarke Anwendungen kann diese Funktion hilfreich sein, weil weder ein Master oder RFID-Interface noch eine Steuerung benötigt werden. So lässt sich beispielsweise bei Regalbediengeräten absichern, dass nur berechtigte Personen Zugang haben. Das permanente Erfassen der Signalstärke (RSSI) ermöglicht das Überwachen der Funktionsreserve einer RFID-Applikation. Wird ein definierter Schwellwert überschritten, schaltet der Alarmausgang, wodurch Reichweitenverlust von Datenträgern oder andere Störeinflüsse, zum Beispiel durch Metalle, frühzeitig erkannt werden. Diese Condition-Monitoring-Funktion kann auch leicht in bestehenden Applikationen nachgerüstet werden.
Der Komponenten- und Systemlieferant für individuelle Sensor- und Automatisierungslösungen JUMO stellte mit dem Varitron 300 eine smarte Lösung für einfache Automatisierungs-Applikationen zur Verfügung. Basis ist eine leistungsstarke CPU mit einem 800 MHz Single-Core-Prozessor. Die Software ist auf einer Linux-Plattform modular aufgebaut und nutzt die CODESYS V3.5 Programmierumgebung SP16. Eine weitere Besonderheit ist ein kundenspezifischer Konfigurations- und Prozess-Dateneditor. Individuelle Applikationen können außerdem mit der modernen Programmierumgebung Node-RED erstellt werden. Als Verbindungsmöglichkeiten verfügt die Zentraleinheit über einen USB-Host, zwei Ethernet-Schnittstellen und einen RS485-Anschluss. Über ein Funk-Gateway können bis zu 32 drahtlose JUMO Wtrans-Sensoren, beispielsweise zur Messung von Temperatur oder Druck, angeschlossen werden.
Wird eine Maschine oder Anlage mit den Sicherheitssensoren SRF und/oder den Not-Halt-Schaltern SEU von Bernstein ausgestattet, wird häufig eine reihenschaltbare Variante gewählt, um den Verdrahtungsaufwand und die Kosten des Systems zu reduzieren. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Retrofit älterer Anlagen gilt es jedoch, die häufig ebenfalls noch vorhandenen mechanischen Not-Halt Geräte in die Reihenschaltung zu integrieren. Der neue smarte T-Adapter löst diese Zwickmühle. Mit ihm ist eine Reihenschaltung möglich, um die Anzahl von Sicherheitsrelais zu reduzieren, ohne dass der TR24119 (Fehlermaskierung) beachtet werden muss. Dadurch wird der mechanische Not-Halt-Schalter auch DCD-fähig. Das heißt, wie auch die SRF-Sensoren und Not-Haltschalter der Baureihe SEU, werden Diagnosedaten zur Verfügung gestellt, die eine schnelle Inbetriebnahme und Fehlersuche ermöglichen. So wird selbst ein mechanischer Schalter Industrie 4.0 fähig.
Anforderungen ändern sich
Die Erfahrung zeigt, dass sich die Anforderungen während der Laufzeit eines Projekts oder im Lebenszyklus der Applikation ändern. Demzufolge bietet das offene Ecosystem PLCnext-Technologie von Phoenix Contact neben dem nachträglichen Laden von Funktionen aus dem PLCnext-Store nun auch eine steckbare Lösung an. Ein Linksanreihungssystem ergänzt die offene Ecosystem-Technologie um standardmäßig nicht in deren Leistungsspektrum enthaltene Funktionen. Dabei kann die Steuerung AXC F 2152 um ein und die Steuerung AXC F 3152 um zwei Expansion-Module ausgebaut werden. Sollte die unterstützte Menge an Erweiterungsmodulen nicht ausreichen, lassen sich durch das Expansion-Modul AXC F XT EXP an jeder Steuerung bis zu drei Erweiterungsmodule betreiben.
LAPP stellt für die vorausschauende Wartung den neuen Etherline-Guard vor, der in ethernetbasierten Netzwerken der Automatisierungstechnik die Lebensdauer einer ausfallgefährdeten Datenleitung überwacht. Dabei handelt es sich um ein stationäres Überwachungsgerät, das die aktuelle Leistungsfähigkeit einer Datenleitung auswertet und in Prozent angibt. Grundlage dafür sind Daten, die über eine Sensorik aus den physikalischen Eigenschaften der Datenübertragung ermittelt werden. Die Realzeit-Zustandsanzeige macht es möglich, die Verschleißgrenze einer Leitung zu erkennen und den optimalen Austauschzeitpunkt im Voraus zu planen. LAPP empfiehlt das Überwachungsgerät vor allem für Datenleitungen gemäß Übertragungsstandard 100BASE-TX (bis zu 100 Mbit/s) nach IEEE 802.3, aber auch für EtherCAT-, EtherNET/IP- und 2-paarige PROFINET-Anwendungen wie zum Beispiel den Etherline Torsion Cat. 5 oder den Etherline PN Cat. 5 FD. Diese Leitungen werden in vielen Branchen auf den letzten Metern beziehungsweise auf der Prozessebene einer Anwendung eingesetzt, sind also häufig Teil von Schleppketten oder torsionsbehafteten Kabelführungen, wie sie etwa in Roboterarmen vorkommen. (hw)
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