Velco und die Maschinenbetreiber nutzen das Cloud-Dashboard für die Fernwartung

Der Sondermaschinenbauer Velco und die Maschinenbetreiber nutzen das Cloud-Dashboard für die Fernwartung im selbst gestalteten Design. Die Bildschirm-Oberfläche dieser Fernwartungslösung lässt sich einfach auf die Bedürfnisse der jeweiligen Anwender anpassen. (Bild: Turck/Velco)

„Auch als Traditionsunternehmen mit einer ausgereiften Maschinentechnik müssen wir den Fortschritt in der Kommunikationstechnik aufgreifen, wenn wir mit unserem technischem Service weiterhin Kundenzufriedenheit erzielen wollen“, beschreibt der Velco-Geschäftsführer Christian Wolf die Lage. Für ihn sind Bodenständigkeit und Digitalisierung sehr gut vereinbar, so lange der reale Nutzwert für seine Kunden im Mittelpunkt steht. Zudem war und ist eine Fernwartung auf dem Stand der heutigen Kommunikations- und Automatisierungstechnik für den Sondermaschinenbauer ein starkes Verkaufsargument im Vergleich zu seinen Wettbewerbern.

Die Sondermaschinen und wer sie einsetzt

Beispielsweise spritzen die Betreiber von Eisenhütten- und Stahlwerken mit Spritzmaschinen von Velco ihre Hochöfen, Pfannen oder Rinnen mit Feuerfestbeton aus. Diese Schicht aus Spezialbeton wird durch die Schlacken und die Hitze im Laufe der Zeit angegriffen und muss regelmäßig erneuert werden. Die Eisen- und Stahlhersteller schaffen dafür eine Feuerfestbeton-Spritzmaschine an oder vergeben die Reparaturen an externe Feuerfest-Dienstleister – das können Feuerfestbeton-Hersteller oder -Dienstleister sein. Die Spritzmaschinen stehen allerdings nicht nur in Duisburg oder Salzgitter, sondern auch in Abu Dhabi, Indien oder sonstwo auf der Welt. „Was die Kunden von ihren Velco-Maschinen wissen wollen, ist überall praktisch gleich“, erklärt Klaus Küster, Abteilungsleiter Elektrotechnik bei Velco: „Läuft die Spritzmaschine oder läuft sie nicht? Ist sie in Ordnung oder nicht? Und falls nicht, dann wünscht sich der Maschinenbetreiber eine gut funktionierende, schnelle Unterstützung bei der Fernwartung.“

Die Nutzerfreundlichkeit hat überzeugt

Die ersten Fernabfragemodule, die in den 1990er Jahren verbaut wurden, waren im Funktionsumfang begrenzt und stellenweise liefen die Kosten aus dem Ruder, weil die GSM-basierte Lösung fortwährend SMS-Nachrichten sendete und jede einzelne Nachricht berechnete – selbst wenn kein Netz vorhanden war. Zudem war die Verbindungsqualität oft nicht zufriedenstellend. Velco suchte daher 2018 nach einer zeitgemäßen Lösung für die Fernwartung, über die sich nicht nur Maschinendaten einsehen lassen, sondern mit der man auch Zugriff auf die Maschinen hat. „Die großen Cloud-Anbieter haben wir ausgeschlossen“, erklärt der Elektroingenieur Michael Sundmacher von Velco, „weil sie keine Industrie-relevanten Angebote haben. Die Lösung muss schließlich auch in extremen Umgebungen wie zum Beispiel in Stahlwerken funktionieren.“

Nach einem Auswahlverfahren entschied sich Velco für die Cloud-Lösung des Automatisierungsherstellers Turck (Turck Cloud Solutions). Sie konnte als einzige alle Anforderungen erfüllen. Und besonders gut gefiel die Nutzerfreundlichkeit dieser Lösung. Sundmacher weiter: „An der Turck-Cloud hat uns überzeugt, dass man auf einer Seite im Browser den Überblick über alle Maschinen hat und einfach draufklicken kann oder zwischen den Maschinen wechseln. Niemand muss sich Adressen merken. Es funktioniert auch vom Smartphone und man hat direkt alle Daten jeder Maschine im Blick. Das bestätigen auch unsere Kunden und so haben wir uns für die Turck-Lösung entschieden.“ Und Küster ergänzt: „Der entscheidende Vorteil liegt darin, dass wir direkt mit einem PC oder Smartphone auf die Steuerung der Maschine zugreifen und diese sogar über Modbus steuern könnten. Das haben andere so nicht.“

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Michael Sundmacher (l.) und Klaus Küster von Velco haben viele Cloud-Lösungen geprüft, bevor sie sich für die von Turck entschieden haben. Sie konnte als einzige alle Anforderungen des Maschinenbauers erfüllen. Turck/Velco

Click-and-Happy-Dashboard

Wenn die Maschinenbetreiber jetzt das Dashboard der Velco-Cloud beziehungsweise Velco-Fernwartung aufrufen, dann sehen sie in der Navigation ihre Maschinen aufgelistet. Eine Karte in Google-Maps-Optik zeigt an, wo die einzelnen Maschinen stehen. Klickt der Mitarbeiter auf einen der Einträge in der Liste, stellt das Dashboard übersichtlich alle relevanten Maschinendaten dar. Das sind neben etlichen Messwerten wie Wasserdruck oder Materialfüllstand auch Anzeigen wie Betriebszustand oder Status des Not-Halt-Tasters. Zudem sieht man einen Betriebsstundenzähler und andere numerische Anzeigen. Das Dashboard kann sich jeder Benutzer selbst zusammenstellen – mit ein paar Klicks und ganz ohne Programmierkenntnisse. „Das ist alles wirklich click and happy“, sagt Sundmacher. Auch Alarmmeldungen per SMS oder E-Mail für unterschiedliche Nutzer kann jeder Anwender selbst anlegen.

Die Velco-Maschinen lassen sich über das Dashboard auch fernsteuern, falls dies im Zuge einer Fehlersuche notwendig wird. Die Service-Techniker des Betreibers sowie – wenn es der Betreiber erlaubt – auch die des Maschinenherstellers können vom Schreibtisch aus sehen, ob die einfachsten Fehler wie ‚fehlende Wasserzufuhr‘ oder ‚Not-Halt gedrückt‘ ausgeschlossen werden können. Und mithilfe der vielen zusätzlichen Maschinendaten können sie bei der weiteren Ursachenforschung kompetent unterstützen

Nutzen oft größer als erwartet

Bei vielen Innovationen ist der erwartete Effekt und Nutzen oft nur die Spitze des Eisbergs. Der größere Teil des Nutzens zeigt sich erst im täglichen Gebrauch in den verschiedensten Einsatzszenarien. Ein willkommener Nebeneffekt der Daten-Cloud ist beispielsweise, dass sie Transparenz schafft. So wollen etwa die Feuerfest-Dienstleister, die ihre Velco-Anlagen oft verleasen, gerne sehen, wie lange eine Spritzmaschine im Einsatz war. Denn je nach Leasing-Vertrag sind beispielsweise die Stahlwerksbetreiber verpflichtet, den Spezial-Beton eines bestimmten Herstellers zu verwenden. Stimmen nun die Verbrauchswerte für den Beton nicht mit den Betriebsstunden der Maschine überein, dann hat der Anwender vermutlich mit Fremdmaterial gearbeitet. In solchen Fällen können die Feuerfest-Dienstleister in Zukunft reagieren.

Die Cloud-Lösung öffnet den Feuerfestbeton-Herstellern zudem neue Vertriebsmodelle. Sie könnten heute die Dienstleistung abhängig von der realen Nutzung anbieten und abrechnen. Ähnlich wie heute Drucker im dienstlichen Gebrauch selten gekauft, sondern als Komplett-Dienstleistung vermietet werden – einschließlich Verbrauchsmaterialien und Wartung.

Messwertaufzeichnung erleichtert Fehlersuche

Die Techniker beim Maschinenbetreiber stehen häufig vor dem Problem, dass Fehlfunktionen an der Maschine nur sporadisch und unsystematisch auftreten. In solchen Fällen kann die Fehlersuche besonders viel Zeit beanspruchen und manchmal auch den letzten Nerv rauben. Wenn das der Fall ist, dann zeichnen siezukünftig relevante Messwerte in einem definierten Zeitraum auf. Das System gibt die Werte per CSV-Datei aus. So kann der Velco-Service  zukünftig leichter erkennen, wo die Ursachen für Fehler liegen. Sogar Algorithmen zur vorausschauenden Instandhaltung können später über diese Schnittstelle genutzt werden; hier zeigt sich, wie eng die aktuellen Automatisierungstrends mit der Fernwartung über eine Daten-Cloud verknüpft sind. Cloud-Lösungen erleichtern die Zustandsüberwachung und die vorausschauende Instandhaltung, sind aber keine notwendige Bedingung dafür.

Auch Fremdmaschinen angeschlossen

Zurück zu den Herausforderungen des Alltags: Im Zuge der Fernwartungsintegration in die Velco-Spritzmaschinen wünschten sich einige Velco-Kunden, dass sie auf dem Dashboard der Velco-Fernwartung auch die Spritzmaschinen sehen konnten, die von anderen Herstellern stammen. Auch das war möglich: Mithilfe eines web-programmierbaren Edge-Gateways von Turck. Dieses Gateway lässt sich – weil es viele Schnittstellen und Protokolle unterstützt – leicht in bestehende Anlagen mit Steuerungen der verschiedensten Hersteller integrieren und überträgt dann die Maschinendaten in die Cloud. Das funktioniert sogar bidirektional. Die Velco-Kunden können so wirklich alle ihre Maschinen im Dashboard der Velco-Fernwartungslösung sehen, überwachen und sogar fernsteuern.

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Durch die Zugriffsmöglichkeit auf die Cloud-Lösung per Mobilfunk ist ein spezieller WLAN-Zugang zum Firmennetzwerk der Stahlwerksbetreiber nicht erforderlich. Die verstärkte Antenne rechts am Schaltschrank stellt die Erreichbarkeit der Velco-Maschine weltweit sicher – auch in einem Stahlwerk. Turck/Velco

Individuelle Nutzerrollen und -rechte vergeben

Beim Stichwort ‚Fernsteuern‘ sehen manche Maschinenbetreiber auch Risiken neben dem Nutzen – etwa wenn der Falsche in die Maschinensteuerung eingreifen kann. Turck hat deshalb ein Rollen- und Rechte-Management in die Fernwartungslösung integriert. Damit kann der Maschinenbetreiber bestimmen, welche Techniker sich mit welchen Befugnissen in der Fernwartung bewegen dürfen. Von reinen Leserechten über Schreibrechte bis hin zu Administratorrechten sind unterschiedliche Stufen individuell für jede Maschine und jeden Nutzer möglich. Die Kommunikation zwischen Turcks Cloud-Gateway TCG20 und dem Cloud Server ist zudem über das proprietäre Cloud-Protokoll Kolibri verschlüsselt, das den jüngsten Standard für Datentransport im Web erfüllt (TLS 1.3, AES256)

Mobilfunk-Anbindung erübrigt Zugang zum Firmennetzwerk

Trotz Verschlüsselung geben IT-Verantwortliche selten externen Teilnehmern Zugang zum Firmennetzwerk. Diese Anfrage kann man sich sparen, weil sich das Problem so nicht stellt. Das Cloud-Gateway kann die Verbindung zur Cloud auch über das Mobilfunknetz herstellen. Damit sind die Maschinen jederzeit und mobil erreichbar, praktisch überall. Und die Kosten für die Datenkommunikation über Mobilfunk sind dennoch überschaubar. „Wir setzen heute ganz normale, länderspezifische SIM-Karten ein und alles läuft. Das finanzielle Risiko ist minimal“, erklärt Sundmacher. Gleichwohl ist das Cloud-Gateway auch mit WLAN-Schnittstelle sowie als flexibel einsetzbares Kombigerät mit WLAN und Mobilfunk erhältlich. Gerade Kunden, die Ihre Cloud auf hauseigenen Servern hosten wollen, nutzen häufig die WLAN-Version.

Turck auf der SPS 2019: Halle 7, Stand 250

Sebastian Lindemann

ist Vertriebsspezialist bei Turck in Mülheim an der Ruhr

(dw)

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Hans Turck GmbH & Co. KG

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