Lässt sich ganz schön hängen: Coyote III beim Abseilen in eine Höhle.

Lässt sich ganz schön hängen: Coyote III beim Abseilen in eine Höhle. (Bild: Tom Becker / DFKI)

Das Basislager der Forschenden auf Lanzarote bei Nacht.
Das Zeltlager der Forschenden auf Lanzarote bei Nacht. (Bild: DFKI/Tobias Stark)

Als mögliche Standorte für zukünftige Basislager sind Lavahöhlen auf dem Mond von großem Interesse. Wie sie erreicht und erforscht werden können, hat ein europäisches Konsortium unter der Koordination des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) im Projekt CoRob-X untersucht. In abschließenden Feldtests auf Lanzarote konnten die Projektpartner die Machbarkeit ihres Explorationskonzepts unter Beweis stellen. Sie demonstrierten erfolgreich, wie ein Team aus drei autonomen Rovern den Eingang einer Lavahöhle erkundet und durch Abseilen eines Roboters in das Innere vordringt.

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Warum sind Höhlen auf dem Mond so interessant?

Eine feste Station auf dem Mond, die als Ausgangspunkt für die weitere Erkundung unseres Sonnensystems dienen kann, ist ein entscheidendes Ziel der internationalen Raumfahrt. Optimale Bedingungen dafür könnten vor allem schwer erreichbare Umgebungen wie Krater oder Lavahöhlen bieten, die nicht nur Schutz vor Strahlung, Meteoriten und Temperaturschwanken gewähren. Auch wichtige Ressourcen wie gefrorenes Wasser werden im lunaren Untergrund vermutet. Bevor sich jedoch Menschen in die Tiefen des Erdtrabanten wagen, sollen diese vielversprechenden Orte durch autonome Roboter untersucht werden.

Das Team aus drei Robotern umrundet das Skylight der Höhle.
Das Team aus drei Robotern umrundet das Skylight der Höhle: links SherpaTT, in der Mitte Coyote III und rechts LUVMI-X. (Bild: DFKI/Tobias Stark)

Wie kommen Roboter in eine Höhle?

Doch wie gelangen die Roboter in die Höhlen hinein? Während die heutige Raumfahrt noch auf ferngesteuerte Einzelgänger setzt, gehört die Zukunft der autonomen kollaborativen Robotik. Im  Projekt CoRob-X (Cooperative Robots for Extreme Environments) untersuchten neun europäische Partner seit März 2021 ein ambitioniertes Explorationskonzept, das auf der Zusammenarbeit heterogener Robotersysteme basiert.

Innerhalb der Projekte, den sogenannten Operational Grants, wurden grundlegende, für die robotische Exploration benötige Technologien entwickelt, die in zukünftigen Raumfahrtmissionen zum Einsatz kommen sollen:

  • Ein adaptives Autonomiesystem für einzelne und kollaborative Roboter,
  • Umweltsensoren für die Lokalisierung und 3D-Kartenerstellung,
  • ein allgemeines Software-Framework zur Sensordatenfusion,
  • eine elektromechanische Schnittstelle für die Kupplung von Robotern mit anderen Systemen oder Werkzeugen bei gleichzeitiger Übertragung von elektrischer Energie, Daten und Wärme.

Wie arbeiten die Roboter zusammen?

Das Szenario sieht vor, dass drei autonome Rover – zum Einsatz kamen die DFKI-Roboter „SherpaTT“ und „Coyote III“ sowie der Rover „LUVMI-X“ des belgischen Unternehmens Space Applications Services NV/SA – gemeinsam den Eingang einer Lavahöhle, das sogenannte Skylight, untersuchen. Mithilfe eines Sensorwürfels, den LUVMI-X in das Skylight schießt, erhält das Team erste Informationen aus dem Inneren der Höhle. Auf Basis dieser Daten ermitteln die Systeme eine geeignete Stelle, an welcher der robuste SherpaTT den kompakten Coyote III mithilfe eines Seilzugs hinablassen kann. Am Boden angekommen, entkoppelt sich der wendige Rover vom Seil- und Dockingmechanismus und erkundet die Höhle.

Nach einem Abseilversuch nehmen DFKI-Forscher technische Anpassungen an Coyote III vor.
Nach einem der Abseilversuche nehmen DFKI-Forscher technische Anpassungen an Coyote III vor. (Bild: DFKI/Meltem Fischer)

... und in der Praxis?

Um die Machbarkeit dieser komplexen Mission zu beweisen, reisten rund 25 Projektmitarbeitende im Februar 2023 nach Lanzarote. Die vulkanisch geprägte Kanareninsel bietet mit ihren ausgedehnten Lavatunneln ideale Bedingungen. Auf einem zuvor ausgewählten Testareal errichteten die Projektpartner ihre Zelte direkt neben einem Skylight, einem etwa fünf Meter breiten Loch im vulkanischen Boden, das den Zugang in eine etwa vier Meter tiefe Lavahöhle gewährt.

  • In der ersten Missionsphase näherte sich das Roboter-Team dem Höhleneingang, während es die Umgebung scannte und eine Karte davon erstellte.
  • In der zweiten Phase beförderte LUVMI-X den Sensorwürfel durch das Skylight ins Höhleninnere. Um die Fallgeschwindigkeiten auf dem Mond zu simulieren, wurde zum Hinablassen des Würfels eine elektrische Seilwinde mit Kabel verwendet. Die während dieses Vorgangs aufgenommen Daten lieferten eine präzise 3D-Karte des Höhleneingangs.
  • Ziel der dritten Missionsphase war das Erreichen des Höhleninneren durch Hinablassen von Coyote III. Dafür dockte der Rover über eine Schnittstelle an ein von SherpaTT bereitgestelltes Abseil- und Dockingsystem an. Ein daran befestigtes Kabel ermöglichte es ihm, sich langsam durch das Skylight hindurch abzuseilen und anschließend sicher am Höhlenboden zu landen.
  • Unten angekommen startete die vierte und letzte Phase der Mission: Coyote III erkundete das unbekannte Terrain und erstellte erfolgreich eine Karte des Höhleninneren.
Im Feldtest-Zelt werden Hardware- und Softwareoptimierungen vorgenommen.
Im Feldtest-Zelt werden Hardware- und Softwareoptimierungen vorgenommen. (Bild: DFKI/Tom Becker)

Wie geht es nun weiter?

Die Forschenden werteten die Feldtests als großen Erfolg und Meilenstein für zukünftige Langzeitmissionen auf dem Mond. Dr. Thomas Vögele vom DFKI, der das Projekt koordinierte, bezeichnete die Mission in Lanzarote als “eine wahre Herausforderung für Mensch und Material. Die Erforschung einer Lavahöhle mit drei autonomen Rovern ist vor CoRob-X in dieser Form noch nicht demonstriert worden. Wir haben gezeigt, dass es möglich ist und sind damit hoffentlich einer echten Mondmission ein Stück nähergekommen.”

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