Bild 3: Gehäusedichtungen in verschiedenen Ausführungen. Die Dichtungen sind auch in Flammbeständigkeitsklassen UL94 HB und UL94 V-0 erhältlich.

Bild 3: Gehäusedichtungen in verschiedenen Ausführungen. Die Dichtungen sind auch in Flammbeständigkeitsklassen UL94 HB und UL94 V-0 erhältlich. (Bild: FST)

Bild 1: Die hohen Anforderungen an die Dichtung der Hochvolt-Batterie in Elektrofahrzeugen.

Bild 1: Die hohen Anforderungen an die Dichtung der Hochvolt-Batterie in Elektrofahrzeugen. FST

Erstmals wurden von den OEMs Elektrofahrzeuge entwickelt, die keine Umrüstung oder Adaption eines Verbrennungsmotor-Fahrzeugs darstellen, sondern extra für den Elektroantrieb entwickelt wurden. Bezogen auf das Batteriesystem hat dies wesentliche Auswirkungen. Die Batterie befindet sich komplett im Unterboden und nimmt einen wesentlichen Platz des hier verfügbaren Bauraums ein (Skateboard-Design). In das Batteriegehäuse sind Karosserie-Sicherheitsfunktionen, wie zum Beispiel Crash-Schutz, integriert. Der nutzbare vertikale Raum wird kleiner, besonders bei Batterien in Limousinen. Auch dem Leichtbau kommt eine stärkere Gewichtung zu, denn die Gewichtsreduktion trägt direkt zu einer erhöhten Reichweite des Fahrzeugs bei gleicher Batteriekapazität bei.

Herausforderung Skateboard-Design

Allerdings führen diese neuen Gegebenheiten zu neuen Herausforderungen bezüglich Abdichtungskonzepten (Bild 1). Die großen, auf Leichtbau ausgerichteten Batteriegehäuse unterliegen gegenüber den vergleichsweise starren Gehäusen der ersten EV-Generation einer viel höheren mechanischen Bewegung. Die hierbei auftretenden Spalte sind dabei sowohl statischer Natur, zum Beispiel entsteht beim Parken eines Fahrzeugs mit dem Rad auf dem Randstein eine Verdrillung des Batteriegehäuses.

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Bild 2: Grunsätzliche Eigenschaften einer gut geeigneten Gehäusedichtung einschließlich schneller Reaktion auf mechanische Vibrationen und Flammschutz. FST

Viel kritischer sind hingegen dynamische Bewegungen des Gehäuses im Fahrbetrieb, die ebenfalls zu – in diesem Fall dynamisch auftretenden – Spalten zwischen Batteriegehäuse und Gehäusedeckel führen können. In beiden Fällen muss die Gehäusedichtung diese auftretenden Spalte sicher und über die Lebensdauer abdichten können. Zu den oben genannten Trends kommen die folgenden Herausforderungen hinzu. Das Skateboard-Design platziert die Batterie und somit auch die Dichtung immer näher an die Straße. Sie sind daher direkter Umgebungs-Kontamination ausgesetzt. Leichtbaukonzepte und ggfs. Materialkombinationen, bei denen Gehäuse und Deckel aus unterschiedlichen Werkstoffen bestehen, führen zu abermals erhöhten Toleranzen (z.B. wegen unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten).

Der kleinere vertikale Raum erfordert Dichtkonzepte, die diese erhöhten Anforderungen auf immer geringer ausfallendem vertikalem Raum erfüllen können. Hinzu kommen weitere Parameter wie z.B. die Abschirmung elektromagnetischer Strahlung durch die Gehäusedichtung sowie Anforderungen hinsichtlich des Flammschutzes. Ein weiterer relevanter Parameter ist die Batterie-Wartung. Hierbei sind Dichtkonzepte, die von Deckel und Gehäuse leicht trennbar sind, zu bevorzugen. Verklebte Dichtungen benötigen im Servicefall einen komplett neuen Gehäusedeckel. Darüber hinaus sollen die Konzepte am Ende der Nutzung leicht recyclebar sein.

Die überraschende Dynamik der statischen Dichtung

Generell gelten Batterie-Gehäusedichtungen als typisch statische Dichtungen. Durch die Leichtbau-Batteriekonzepte zusammen mit den großflächigen Gehäuseabmessungen unterliegt die Batteriegehäusedichtung allerdings im Fahrbetrieb einer beträchtlichen dynamischen Beanspruchung. So können bei einer Gehäusedichtung, die diese dynamischen Anteile unberücksichtigt lässt, beim Fahren zum Beispiel auf holprigen Straßen temporäre Spalte auftreten, durch welche Kontamination von außen ins Gehäuseinnere gelangt. Zudem können Dichtungen in diesen dynamischen Prozessen Walkphänomenen unterliegen, die zum einen eine Förderwirkung von Kontamination in das Gehäuse ermöglichen (Pumpeffekt), als auch durch das mechanische Walken selbst zerstört werden. Tritt dadurch z.B. Salzwasser ins Batteriegehäuse, können langfristig Korrosions- und Kurzschluss-Probleme auftreten.

Serienkonzpete für Batterie-Gehäusedichtungen

Bild 3: Gehäusedichtungen in verschiedenen Ausführungen. Die Dichtungen sind auch in Flammbeständigkeitsklassen UL94 HB und UL94 V-0 erhältlich.

Bild 3: Gehäusedichtungen in verschiedenen Ausführungen. Die Dichtungen sind auch in Flammbeständigkeitsklassen UL94 HB und UL94 V-0 erhältlich. FST

Freundenberg Sealing Technologies (FST) hat für Batteriesysteme für die nächste Generation von Elektrofahrzeugen eine Reihe diverser Dichtungen entwickelt. Diese werden zusammen mit dem Batteriesystemhersteller – in der Regel dem Fahrzeughersteller – an die vorliegende Applikation angepasst. Jede Dichtung ist hierbei eine gemeinsame Entwicklung, denn so lassen sich die hohen Anforderungen an die spezielle Applikation meistern.

Wesentlich für alle Dichtungen ist deren Ausführung als Elastomerbauteil. Nur Elastomere können die oben genannten hohen Anforderungen an Toleranzausgleich und dynamischer Abdichtung (Dichtung muss schnell reagieren) erfüllen. Hierbei ist zu beachten, dass das Dichtverhalten auch am Lebensende eines Elektrofahrzeuges noch akzeptabel sein muss; die Batterie speichert ja weiterhin eine erhebliche Energiemenge und ist vor Kontamination zu schützen. Weist die Dichtung ein zu hohes Setzverhalten auf, kann sie diese dynamische Abdichtung nicht über die Lebensdauer hinweg erfüllen.

Weiterhin ist zu beachten, dass die Dichtung in ihrer Anwendung so ausgelegt ist, dass sie im Kraftnebenschluss platziert ist. Dadurch lässt sich eine maximale Verpressung einstellen, die unterhalb der einer mechanischen Schädigung des Werkstoffs liegt. Die wesentlichen Anforderungen an eine Dichtung, die einer lebenslangen Batterieabdichtung gerecht wird, sind in Bild 2 dargestellt. Bild 3 zeigt eine Übersicht über gängige Dichtkonzepte für Batteriegehäusedichtungen. Diese Konzepte sind allesamt im automobilen Serieneinsatz.

Das PIP-Konzept für kleinen radialen Bauraum

Bei der Press-in-place-Dichtung (PIP) wird die Dichtung in eine definierte Nut eingepresst. Durch Anpassung des Dichtungsquerschnittes an die Nut (und umgekehrt) lassen sich bauraumoptimierte Abdichtungskonzepte realisieren. Für eine redundante Abdichtung ist eine dopelllippige Ausführung möglich; die Dichtung hat in diesem Fall einen Querschnitt ähnlich einem X-Chromosom.

Elastomerdichtung mit metallischen Stoppern

Dieses universelle Dichtungskonzept vereint die Vorteile eines werkzeuggebundenen Konzeptes. Hierdurch lassen sich Dichtungen herstellen, die exakt auf die jeweilige Anwendung / die jeweiligen Gegenflächen abgestimmt sind. Mehrlippige Designs sind ebenso möglich wie Fixierzapfen zur verlässlichen Anbringung der Dichtung. Eine mehrfache Verwendung der Dichtung nach einer Öffnung des Gehäuses ist möglich. Metallische Stopper lassen sich direkt in die Dichtung integrieren. Diese haben zweierlei Funktion. Zum einen bestimmen sie den Endanschlag und setzen so die Dichtung in den Kraftnebenschluss, zum anderen stellen sie den elektrischen Kontakt zwischen Gehäuse und Gehäusedeckel her und tragen somit zu den Anforderungen eines elektromagnetisch verträglichen (EMV) Gehäusekonzepts bei.

Robuste Feststoff-Dichtungen mit Metall-Trägern

Bild 4: Großformatige Dichtung (Umfang etwa 6 m) im Fertigungs- und Transportzustand (pink) sowie im montierten Zustand (grün).

Bild 4: Großformatige Dichtung (Umfang etwa 6 m) im Fertigungs- und Transportzustand (pink) sowie im montierten Zustand (grün). FST

Bild 5: Detailaufnahme der flexiblen Verbindungsstelle bei Feststoff-Dichtungen mit Metall-Trägern.

Bild 5: Detailaufnahme der flexiblen Verbindungsstelle bei Feststoff-Dichtungen mit Metall-Trägern. FST

In diesem Konzept wird die Feststoffdichtung seitlich an ein metallisches Trägerblech angebracht, wodurch wiederum eine redundante Dichtung resultiert. Neben den Funktionen Endanschlag sowie EMV erlaubt der umfängliche Träger eine schnelle und verlässliche Montage der Dichtung. Die so resultierende Dichtung stellt für plane Batteriesysteme die technisch beste Lösung dar.

Ihr wesentlicher Nachteil ist die Notwendigkeit großformatiger Werkzeuge. Um diese Herausforderung zu lösen, ohne die Vorteile des Dichtkonzeptes zu verlieren, hat FST das Konzept der „De-foldable Gasket“ erstellt. Hierbei wechseln sich starre Metallträgerbleche mit flexiblen, ungeträgerten Elastomersegmenten ab. Die Produktion im Werkzeug sowie der Transport der fertigen Dichtung können in gefaltetem Zustand, kleinen Zustand erfolgen. Die Montage auf das große Gehäuse erfolgt dann automatisch mit Robotern.

Bild 4 zeigt die Abmessungen einer typischen großformatigen Dichtung im Fertigungs- / Transportzustand sowie in der finalen Applikation. In Bild 5 ist das Detail der flexiblen Verbindungsstelle dargestellt. Auch in diesem Bereich ist die Redundanz durch eine doppelte Dichtungsführung umgesetzt.

Fazit und Ausblick

In zukünftigen Elektrofahrzeugen wird die Batterie mehr und mehr eine zentrale Rolle spielen. Zunehmende Forderungen nach Reichweite führen zu einer Steigerung der Kapazität des Hochvolt-Energiespeichers. Dies wird durch Erhöhung der Energie sowohl auf Zell- als auf Systemebene erzielt. Gleichzeitig werden starke Anstrengungen unternommen, Leichtbaukonzepte auf Elektrofahrzeug-Aggregate umzusetzen. Über die Lebensdauer des Fahrzeugs verlässliche Dichtungen sind essenziell für die Sicherheit des Batteriesystems. Letztlich müssen alle neuen Konzepte bereit sein, eine hochvolumige Serienfertigung zu unterstützen.

Die in diesem Artikel vorgestellten Dichtkonzepte tragen durch ihre Funktionalität dazu bei, über die Lebensdauer des Fahrzeugs eine verlässliche Abdichtung des Hochvoltspeichers sicherzustellen. Diese müssen den dynamischen Anforderungen an die statische Dichtung erfüllen. Die vorgestellten Dichtungskonzepte erlauben eine vollautomatisierte Montage der Dichtung, die im Vergleich zu aufgetragenen Flüssigdichtungen zeitsparender zu realisieren ist. Darüber hinaus unterstützen sie sowohl Instandhaltungsarbeiten als auch End-of-Life-Konzepte.

Generell ist jede dieser Dichtungen eine Gemeinschaftsentwicklung zusammen mit dem Batteriesystemhersteller, denn nur in einem gemeinsamen Projekt lassen sich alle genannten Herausforderungen berücksichtigen und lösen.

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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(Bild: AdobeStock_277540900)

Wie entstehen bessere E-Auto-Batterien und sind sie sicher? Bewährte und neue Batterietechnologien von Entwicklung bis Recycling, Brandschutz von Simulation über Materialien bis Batteriemanagement und Safety-Konzepten, sowie Testverfahren von EMV bis Sicherheit. Die Technologien dahinter finden Sie hier.  

Christian Favetto

Strategy Gaskets E-Mobility bei Freudenberg Sealing Technologies

Marina Nussko

Projektmanager bei Freudenberg Sealing Technologies

Peter Kritzer

Senior Application Manager E-mobility & Batteries bei Freudenberg Sealing Technologies

(na)

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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