Bei Batteriesystemen für Elektrofahrzeuge kann ein Kurzschluss zu Feuer oder sogar Explosion führen. Damit das nicht passiert, sind umfangreiche Tests nötig.

Bei Batteriesystemen für Elektrofahrzeuge kann ein Kurzschluss zu Feuer oder sogar Explosion führen. Damit das nicht passiert, sind umfangreiche Tests nötig. (Bild: stock.adobe.com - on Tony Baggett)

Batteriesysteme für Elektrofahrzeuge sind potenziell gefährlich. Führt eine Fehlfunktion zu einem Kurzschluss, kann das zum thermischen Durchgehen führen. Feuer oder sogar Explosion sind die Folge. Sicherheitseinrichtungen, die im Kurzschlussfall den Stromfluss im System unterbrechen, sollen das verhindern. Damit diese im Fahrzeug zuverlässig funktionieren, sind umfassende Tests notwendig. Ein Teststand in Braunschweig ermöglicht diese Erprobungen.

Sicherheitselemente im Batteriesystem

Wird durch den Kurzschluss einer Batterie im Energiespeicher eine chemische Kettenreaktion in Gang gesetzt, bei der unkontrolliert Wärme frei wird, lässt sich das thermische Durchgehen der Batterie kaum noch verhindern. Die Sicherheitselemente im Batteriesystem sorgen daher dafür, dass der Stromfluss im System im Falle eines Defekts sofort unterbrochen wird. Die Kettenreaktion wird so verhindert.

E-Mobility: Batterie und Sicherheit

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Wie entstehen bessere E-Auto-Batterien und sind sie sicher? Bewährte und neue Batterietechnologien von Entwicklung bis Recycling, Brandschutz von Simulation über Materialien bis Batteriemanagement und Safety-Konzepten, sowie Testverfahren von EMV bis Sicherheit. Die Technologien dahinter finden Sie hier.  

Batteriesysteme für Elektrofahrzeuge Erkennt das Batteriemanagementsystem eine Fehlfunktion und schaltet dann zuverlässig ab? Funktionieren der Hochvolt-Schutz und weitere Sicherungen wie Schmelz- und Pyro-Sicherungen? – Diese Fragen stellen sich nicht nur beim Endprodukt, sondern während des gesamten Entwicklungsprozesses immer wieder. Auf der anderen Seite gilt es Fehlabschaltungen durch fehlerhafte Sicherheitseinrichtungen zu vermeiden. Angesichts einer stetig wachsenden Zahl an Elektrofahrzeug-Varianten nimmt auch die Zahl der Batterievarianten zu und ebenso die Zahl der verschiedenen Sicherheitselemente. Jedes einzelne muss intensiv getestet werden.

Geeignete Testeinrichtungen

Das Problem: Testeinrichtungen mit geeigneten Eigenschaften sind kaum zu finden. Das gilt insbesondere für zerstörende Tests. Umlaut, ein auf Beratungs- und Engineering-Dienstleistungen spezialisiertes Full-Service-Unternehmen, hat sich daher im vergangenen Jahr entschlossen, selbst Testkapazitäten aufzubauen. Das Testequipment lieferte der Stuttgarter Spezialist für Mess- und Testsysteme Smart Testsolutions.

Aus Sicherheitsgründen muss der Prüfling unter Schutzbedingungen für die Umwelt und natürlich die Versuchsingenieure betrieben werden. Schließlich geht es um potenziell gefährliche Versuche, bei denen Explosionen und Feuer nicht ausgeschlossen sind. Bei dem Teststand in Braunschweig dient daher eine alte Lagerhalle als Testumgebung. Um das Testpersonal und das Equipment zu schützen, befinden sich die Prüflinge – also die Fahrzeugbatterie mit dem jeweils zu prüfenden Sicherheitssystem – während der Tests in verschlossenen Containern, zum Teil sogar über einem Wasserbecken schwebend, so dass im Ernstfall schnell gekühlt werden kann.

Container des Testsystems von innen.
Container des Testsystems von innen. (Bild: Smart Testsolutions)

Lediglich ein abgedichtetes Loch in der Containerwand dient der Durchführung der Kabelverbindungen zum Kurzschluss-Schalter und zur Messtechnik.

Anforderungen an den Kurzschlussschalter

Das Testsystem ist modular aufgebaut. In einem etwas kleineren Schrank befindet sich der Kurzschlussschalter, der den Kurzschluss für eine definierte Zeit anschaltet. Um einen möglichst realitätsnahen Fehlerfall für die Abschaltvorrichtungen abzubilden, muss der Schalter prellfrei reale Batteriesysteme bei einem möglichst geringen ohmschen Widerstand kurzschließen. Die Unterbringung in einem separaten Gehäuse hat den Vorteil, dass die Anschlusswege zum Prüfling kurz und damit die Leitungswiderstände gering gehalten werden können. Dadurch ist es bei Bedarf möglich, den Schalter mit dem Batteriesystem im Container zu platzieren. Der Gesamtwiderstand des Kurzschlusselements im Prüfstand liegt bei kleiner 1 mΩ – ein Wert, der den maximalen Strom im Kurzschlussfall zulässt.

Schaltbild des Kurzschluss-Testers.
Schaltbild des Kurzschluss-Testers. (Bild: Smart Testsolutions)

Eine weitere Anforderung an den Kurzschlussschalter ist, dass Spannungen von bis zu 800 V und Ströme von bis zu 13 kA sicher zu- und abgeschaltet werden können. Der verwendete Schalter ist für sehr viel höhere Ströme ausgelegt, kurzzeitig kann er bis zu 45.000 A tragen und das auch mehrmals hintereinander. Außerdem ist der Schalter für einen erweiterten Temperaturbereich ausgelegt, sodass er auch in einer Klimakammer betrieben werden kann. Allerdings gibt es mit dem verwendeten Motorantrieb des Kurzschlussschalters das Problem, dass kurze Schaltzeiten unter 1 s nicht darstellbar sind. Die verwendete Schalter-Komponente ist ursprünglich für Erdschluss-Anwendungen gedacht. Im Test-Setting für Batterie-Sicherheitseinrichtungen arbeitet sie zwar elektrisch sehr gut, aber nicht ideal. Gründe dafür sind neben den Problemen mit kurzen Schaltzeiten die mit Störsignalen verbundenen Eigenschaften des Antriebs.

Smart Testsolutions arbeitet daher an verschiedenen Lösungsvarianten, welche die Anforderungen der jeweiligen Anwendungen in Bezug auf Schalt- und Ansteuerzeiten des Teststandes erfüllen. Das ist bei Spitzenströmen bis zu 70 kA Gleichstrom und bis zu 1000 V Systemspannung keine leichte Aufgabe. Vor allem ein prellfreies Schalten und gute Standzeiten stehen auf der Kriterienliste.

Bereits erfüllt sind ein sicheres Trennen des Schalters bei Netzspannungsunterbrechungen oder Not-Aus-Bedienung. Sicherheitskritische Größen werden laufend überwacht. So ist ein Isolationswächter integriert und eine Warnlampe signalisiert Spannungen größer 60 V.

Alle Versorgungs- und Steuerungskomponenten im Schalter sind auf eine Betriebstemperatur von -25 bis +65 °C ausgelegt, damit der Kurzschlussschalter mit dem Prüfling in einer Klimakammer betrieben werden kann und damit sehr kurze Verbindungswege für den Kurzschluss möglich sind. Ein abgedichtetes Gehäuse stellt sicher, das im Fall eines Batterieabbrandes kein Schmutz eindringen kann.

Messtechnik

Die Messtechnik im größeren Schrank des Kurzschluss-Testsystems umfasst 16 hochauflösende analoge Messkanäle mit synchroner Abtastung bei einer Abtastrate je Kanal von 1 Megasample sowie einen Datenlogger, der bei der höchsten Abtastrate 32 Sekunden Aufzeichnungslänge bereitstellt. Damit können Spannungs- und Stromverläufe an allen Sicherungselementen und relevanten Stellen der Batterie erfasst werden. Ergänzend stehen noch zehn Temperaturmesskanäle für Thermoelemente zur Verfügung. Neben der Batterie mit ihren Sicherungseinrichtungen ist auch für den im kleineren Schrank untergebrachten Zwischenkreis-Kondensator eine Anschlussmöglichkeit vorhanden, dessen Spannungs- und Stromverlauf ebenfalls miterfasst werden. Dieser kann zudem über eine integrierte Ladeeinheit auf bis zu 800 VDC vorgeladen werden.

Beobachtungsgrößen

Die Unterbringung in einem eigenen Schrank hat den Vorteil, dass die Messtechnik in sicherer Entfernung vom Prüfling betrieben werden kann. Gemessen wird zum Beispiel die Batteriespannung, denn die weist bei einem Kurzschluss einen charakteristischen Verlauf auf: sie bricht kurzfristig ein. Durch den Nachweis der Charakteristik wird gezeigt, dass der Kurzschlussschalter einen Kurzschluss auslöst, wie er auch im batterieelektrischen Fahrzeug vorkommen kann, und dass der entsprechende Test sauber durchgelaufen ist. Weitere Beobachtungsgrößen sind das Auslösesignal für die Pyrosicherung und die Höhe des Kurzschlussstroms. Die Pyrosicherung sorgt im Falle eines Kurzschlusses dafür, dass die stromführenden Leitungen durch eine kleine Sprengung vom Energiespeicher abgetrennt werden.

Messung des Kurzschlussstroms

Der Kurzschlussstrom wird auf zwei Wegen gemessen: zum einen mit einer Rogowski-Spule und zum anderen mittels eines hochleistungsfähigen, sehr genauen Mess-Shunts. Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile. Eine Rogowski-Spule besteht aus einem Leiterdraht, der gleichmäßig um einen nicht-magnetischen Kern gewickelt wird. Sie wird um den Leiter oder Anlagenteil gelegt, der den zu messenden Strom führt. Durch den Wechselstrom in der zu messenden Leitung wird in die Rogowski-Spule eine Spannung induziert, die proportional zum Leiterstrom ist. Hohe Kurzschlussströme in der Energieverteilung verursachen bei Rogowski-Spulen im Gegensatz zu Stromwandlern keine hohen Kräfte und Verluste. Es können auch keine für die Messung nachteilige Sättigungs- oder Remanenzeffekte auftreten, die bei normalen Stromwandlern eine aufwändige Entmagnetisierung erfordern. Allerdings kann es bereits bei geringsten Inhomogenitäten der Spule zu hohen Abweichungen bei der Messgenauigkeit kommen. Der hier gewählte Typ ist sehr schnell und lässt Anstiegszeiten < 5 µs/V zu, was selbst sehr schnelle Änderungen von Stromwerten zulässt.

Der Mess-Shunt hingegen wird in den Strompfad integriert. An dem Widerstand fällt eine Spannung ab, die proportional zum Strom ist, der durch den Widerstand fließt. Durch die parallele Messung des Kurzschlussstroms mit beiden Methoden wird sichergestellt, dass der Prüfstand tatsächlich einen realistischen Wert abbildet. Zudem können sowohl das statische als auch das dynamische Verhalten der Stromflüsse im Batteriesystem aufgezeichnet werden.

Fazit

Die ersten Erfahrungen mit dem Testaufbau sind durchweg positiv. Inzwischen wurden die Kapazitäten erweitert. Neben dem Test der Sicherheitseinrichtungen lässt sich der Batterie-Kurzschluss-Tester auch für andere Batterietests einsetzen. Er liefert beispielsweise Antworten auf die Fragen, welchen Spitzenstrom eine Batterie liefern kann, wie schnell sich die Batterie als Ganzes oder ihre einzelnen Zellen entladen, oder welches Kurzschluss- und welches thermische Verhalten die Batterie aufweist. Möglich ist auch das Entladen des Energiespeichers über einen definierten Übergangswiderstand. Für solche und weitere Zwecke sind in dem Tester Anschlüsse für die Integration zusätzlicher Leistungswiderstände und Induktivitäten vorgesehen. (bs)

 

Wolfgang Neu, Smart Testsolutions
(Bild: Smart Testsolutions)

Wolfgang Neu

Geschäftsführer bei Smart Testsolutions

Dr. Christian Neidel, Umlaut
(Bild: Umlaut)

Dr. Christian Neidel

Senior Manager eMobility bei Umlaut

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