Unterschiedliche Versionen von Tastköpfen mit den jeweiligen Bandbreiten und verschiedenen Kapazitäten, um eine Vielzahl an Applikationen erfüllen zu können.

Unterschiedliche Versionen von Tastköpfen mit den jeweiligen Bandbreiten und verschiedenen Kapazitäten, um eine Vielzahl an Applikationen erfüllen zu können. (Bild: Rigol)

Um das Oszilloskop mit dem Messobjekt zu verbinden, gelten Tastköpfe – auch Probes oder Messsonden genannt – als die praktischsten Hilfsmittel. Für viele Aufgaben können die bereits mit den neuen Rigol-Oszilloskopen mitgelieferten Standard-Tastköpfe genutzt werden. Nach der ersten Inbetriebnahme stellt sich nun die Frage: Wofür genau benötige ich den Tastkopf, kann die mitgelieferte Mess-Sonde für alle Messungen genutzt werden und welche Vorteile bringt dieses Hilfsmittel? Aber auch die vertikale Auflösung und das Rauschverhalten eines Oszilloskops sind in Betracht zu ziehen. Zum Beispiel kann ein Oszilloskop der Serie DHO4000 mit einer vertikalen Auflösung von 12 Bit und einem sehr geringen Rauschverhalten genutzt werden, um dynamische Signale zu vermessen. Wenn aber beispielsweise bei einer Stromzange der minimal aufzunehmende Strom deutlich größer ist als das Rauschverhalten und die Auflösung des Oszilloskops, dann hilft die verbesserte vertikale Auflösung nicht wirklich. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist es, zu verstehen, dass ein Oszilloskop ausschließlich Spannungen erfassen kann. Wenn jedoch ein Strom gemessen werden soll, muss dieser vorher auf irgendeine Weise in eine Spannung umgesetzt werden.

Das generelle Ziel besteht darin, eine geeignete Kontaktierung zwischen Messgerät und Messobjekt herzustellen. Zusätzlich soll eine sehr hohe Signalgenauigkeit erreicht werden. Jeder Tastkopf beeinflusst auch den Testaufbau, und es gilt, diesen Einfluss so gering wie möglich zu halten, um die Signalquelle, also das Messobjekt, im besten Fall nicht zu belasten. Beim Messaufbau ist es allerdings auch wichtig zu wissen, was man nicht messen möchte: Es soll die Erfassung von unerwünschten Einstrahlungen minimiert oder ganz vermieden werden. Es gibt unterschiedliche Tastköpfe für diverse Tests. Zum Beispiel lassen sich Ströme mit einer Stromzange messen, oder digitale Signale lassen sich mit einem Logiktastkopf und der notwendigen Schnittstelle an einem MSO (z. B. beim 2-GHz-Oszilloskop MSO8204) erfassen und darstellen.

Hoher Messwiderstand ermöglicht eine optimale Spannungsaufnahme am Tastkopf bzw. am Oszilloskop

Um die Eigenschaften des Tastkopfes zu verstehen, wird zunächst die Verwendung eines einfachen Testkabels betrachtet. Hier stellt sich die Frage nach der Anbindung. Wenn das Messobjekt einen geeigneten Gegenstecker hat, lässt sich das einfach umsetzen, was allerdings selten der Fall ist. Hinzu kommt, dass ein Kabel eine frequenzabhängige Dämpfung aufweist, die nicht zu vernachlässigen ist. Tastköpfe hingegen sind nicht nur ein Messkabel mit einer komfortablen Anschlussmöglichkeit, sondern bilden eine hochqualitative Verbindung, mit der über einen hohen Messwiderstand vermieden wird, unerwünschte Störeinstrahlung oder Netzrauschen einzufangen. Der hohe Messwiderstand ermöglicht eine optimale Spannungsaufnahme am Tastkopf bzw. am Oszilloskop.

Als erstes Beispiel wird hier ein passiver Tastkopf beschrieben. Solche Tastköpfe haben zwei Kontaktpunkte, nämlich den Heißleiter und die Masseverbindung (engl. Ground, [GND]). Für die Kontaktierung des Heißleiters besitzen sie einen Tastkopfabschluss mit einem Haken, der sich leicht am Testobjekt befestigen lässt, sowie eine Masseanbindung über eine kurze Leitung mit einer Krokodilklemme. Neben dem komfortablen Anschlusskopf besteht der Tastkopf aus einem Koaxialkabel mit BNC-Anschluss. Der Tastkopf bildet zusammen mit dem Oszilloskop den Eingangswiderstand der Messung. Das Oszilloskop weist für Bandbreiten bis 350 bzw. bis 500 MHz eine Eingangsimpedanz von 1 MΩ sowie eine Kapazität auf (z. B. 17 pF beim MSO5000 von Rigol). Diese Kapazität belastet bei einer Direktverbindung das Messobjekt. Daher sollte ein Tastkopf wenig Kapazität beitragen, um diese Belastung klein zu halten.

Messwerte werden eins zu eins an das Oszilloskop weitergegeben

Zur Herstellung eines Spannungsteilers besitzt ein passiver Tastkopf zwei Einstellungen. Für die normale Einstellung x1 wird mit dem Tastkopf das Signal ohne den Spannungsteiler an das Oszilloskop mit 1 MΩ angelegt. Somit werden die Messwerte eins zu eins an das Oszilloskop weitergegeben. In diesem Fall ist nicht nur der maximale Spannungsbereich, sondern auch die Bandbreite eingeschränkt. Das heißt, es können zwar Signale mit einer sehr hohen Genauigkeit gemessen werden, aber diese Einstellung eignet sich nicht für größere Spannungswerte oder Datensignale, die eine erhöhte Geschwindigkeit aufweisen oder durch ihre Flankensteilheit im Zeitbereich einen höheren Bandbreitenbedarf haben. Eine höhere Spannung und Bandbreite können mit der Teilung 10:1 erreicht werden. Hierbei muss man aber das Oszilloskop ebenfalls in der vertikalen Einstellung auf 10:1 stellen, damit die richtige Amplitude angezeigt wird. In der Einstellung 1:1 ergibt sich zusammen mit dem Oszilloskop folgender Messwiderstand ZM:

Formel 1: Messwiderstand Probe (x1) zusammen mit dem Oszilloskop.
Formel 1: Messwiderstand Probe (x1) zusammen mit dem Oszilloskop. (Bild: Rigol)

Hier ist zu erkennen, dass die Masseleitung induktiv wirkt. Je länger diese Leitung ist, desto mehr Induktivität hat diese. In der Formel ist auch sichtbar, dass wenn sich ω erhöht (also die Bandbreite), steigt der Widerstand an und der Einfluss vergrößert sich (siehe Bild 1). Außerdem zeigt Formel 1, dass sich durch die Kapazität ein Resonator bildet. Als Resultat sieht man bei Messungen mit höherer Bandbreite ein Überschwingen, das sich reduzieren lässt, wenn die Masseverbindung möglichst kurz ist.

Bild 1: Eingangsimpedanz Messsystem
Bild 1: Impedanzverhalten eines Tastkopfes in Abhängigkeit der Frequenz. (Bild: Rigol)

Tastköpfe

Tastköpfe, auch Probes oder Messsonden genannt, verbinden das Oszilloskop mit dem Messobjekt. Wofür wird ein Tastkopf benutzt, welche unterschiedlichen Arten gibt es und welche Vorteile bietet er? Der Artikel gibt Antworten.

Pro Millimeter GND-Kabel wird eine Induktion von ca. 1 nH erzeugt. Je kürzer die GND-Verbindung bei höheren Frequenzen ist, desto besser. Bei den Standardtastköpfen von Rigol ist deshalb auch unter anderem eine Masse-Feder dabei, mit der sich sehr kurze GND-Wege realisieren lassen, um diese Effekte zu minimieren. Der Verstärkungsfaktor x1 lässt sich verwenden für Messungen, bei denen wenig Bandbreite und wenig Spannung erfasst werden müssen. Für die meisten Messanforderungen im normalen Spannungs- und Bandbreitenbereich wird deshalb der Verstärkungsfaktor x10 bevorzugt.

Am Beispiel des PVP2350 (Standardtastkopf bei der Oszilloskop-Serie MSO5000) lassen sich beide Verstärkungsfaktoren einstellen. Hier können bei x1 Spannungen bis 30 VRMS und im Bereich x10 Spannungen bis 300 VRMS gemessen werden. Der Spannungsbereich erhöht sich also um das 10-fache. Durch die kleinere Kapazität im Tastkopf erhöht sich auch die Bandbreite von 35 auf 350 MHz.

Bild 2: Vereinfachte Schaltung passiver Tastkopf an DUT und Oszilloskop.
Bild 2: Vereinfachte Schaltung passiver Tastkopf an DUT und Oszilloskop. Hier ist sowohl der Spannungsteiler also auch die Nachkompensierung über den Kondensator Ccomp dargestellt. (Bild: Rigol)

In Bild 2 ist auch ein Pfad für x10 skizziert. Unter Vernachlässigung des Koaxialkabelwiderstandes (da << als RO und RP) entsteht jetzt der Spannungsteiler nach Formel 2.

Formel 2: Spannungsteiler bei x10, Kapazitäten werden gekürzt unter Verwendung der Zeitkonstante in Formel 3
Formel 2: Spannungsteiler bei x10, Kapazitäten werden gekürzt unter Verwendung der Zeitkonstante in Formel 3. (Bild: Rigol)

Der Spannungsteiler entsteht nach Formel 2 sobald die Zeitkonstante nach Formel 3 berücksichtigt wird.

Formel 3: Zeitkonstante für Spannungsteiler x10
Formel 3: Zeitkonstante für Spannungsteiler x10 (Bild: Rigol)

Mit dieser Bandbreite und den Spannungswerten bei x10 können die meisten Applikationen vermessen werden. Hierbei muss am Oszilloskop bei der vertikalen Einstellung ebenfalls x10 eingestellt werden. Bei der Verwendung eines Tastkopfes mit einem Oszilloskop muss immer die Bandbreite beider Elemente (Tastkopf und Oszilloskop) betrachtet werden. Die 3-dB-Bandbreite wird durch den Tastkopf erheblich beeinflusst und sollte deshalb beim Kauf des Oszilloskops beachtet werden. Falls die Systembandbreite zu niedrig ausfällt für die Applikation, sollte ein Tastkopf mit höherer Bandbreite verwendet werden.

In Bild 2 ist auch eine Kompensation dargestellt. Eine abstimmbare Kapazität im Tastkopf lässt sich zum Beispiel beim Tastkopf PVP2350 durch einen mitgelieferten Schraubendreher zwischen 10 und 25 pF nachjustieren (Bild 3).

Bild 3: Kompensation an einem passiven Tastkopf (Beispiel PVP2350).
Bild 3: Kompensation an einem passiven Tastkopf (Beispiel PVP2350). Eine abstimmbare Kapazität lässt sich durch einen mitgelieferten Schraubendreher zwischen 10 pF und 25 pF nachjustieren. (Bild: Rigol)

Für Applikationen mit höherer Bandbreite wird nicht mehr mit einer hohen Impedanz gemessen. Hier gilt als Ziel, eine Anpassung an die Schaltung zu erreichen (meist 50 Ω), um unerwünschte Reflektionen zu vermeiden. Diese Impedanz kann z. B. bei dem 2-GHz-Oszilloskop MSO8204 in der vertikalen Einstellung eingestellt werden. Falls für HF-Anwendungen ein Tastkopf benötigt wird, können anstatt passiven auch aktive Tastköpfe verwendet werden. Ziel ist es, den Verstärkungsfaktor über eine gewisse Bandbreite zu ermöglichen und nebenbei die Schaltung nicht zu sehr zu beeinflussen. Aktive Tastköpfe haben einen linearen breitbandigen Verstärker integriert, der versorgt werden muss. Die aktiven Tastköpfe von Rigol werden direkt vom jeweiligen Oszilloskop über den analogen Anschluss versorgt. Durch den aktiven Teil wird neben der Bandbreite eine sehr hohe Signalgenauigkeit mit einer niedrigen Eingangskapazität erreicht. Nachteilig ist die Limitierung der maximal messbaren Eingangsspannung (z. B. PVA8000: max. 30 Vpeak).

Für beide Oszilloskop-Modelle DS70304 (3 GHz) und DS70504 (5 GHz) wird jeweils ein aktiver Tastkopf mit der jeweiligen Bandbreite angeboten. Diese Tastkopf-Serie beinhaltet den eigens entwickelten ASIC γ-Phoenics für Tastköpfe und verfügt über die Bandbreiten 3,5 GHz oder 7 GHz und bietet für diesen Frequenzbereich eine hohe Linearität (siehe Bild 4).

Mit dieser Bandbreite lassen sich sehr geringe Anstiegszeiten von 70 psek (typ.) messen. Der Eingangswiderstand beträgt bei dem differenziellen Abschluss 50 kΩ und bei dem Single-ended-Abschluss 25 kΩ.

Einseitige als auch differenzielle Messungen lassen sich durchführen

Diese Serie enthält unterschiedliche Abschlüsse. Zum Beispiel lassen sich sowohl einseitige (single-ended) als auch differenzielle Messungen durchführen. Bei der differenziellen Version kann man den Abstand der Spitzen schnell und präzise automatisch einstellen sowie drei unterschiedliche Positionen abspeichern und später wieder aufrufen. Ebenfalls enthalten sind Tastköpfe, bei denen die Drähte an die Schaltung gelötet werden können.

Wenn ein Tastkopf wie z. B. die PVA8000-Serie mit dem Oszilloskop DS70000 verbunden wird, dann wird dieser Tastkopf vom Oszilloskop automatisch erkannt und eine Kalibrierung abgefragt, die am Oszilloskop durchgeführt werden kann. Das Oszilloskop kalibriert dann u. a. die Offsetgenauigkeit.

Eine weitere Anschlussmöglichkeit bieten Stromzangen, um Ströme messen zu können. Da ein Oszilloskop ein Spannungsmessgerät ist, müssen diese Ströme in einen Spannungswert übersetzt werden. Da in den Stromzangen die Übersetzung Spannung/Strom aus dem Datenblatt bekannt ist, kann man mittels der Verstärkung und der Einheit [Ampère] dann den Strom im Oszilloskop anzeigen lassen und messen. Das Prinzip der Stromzangen erfolgt über einen Transformator, wobei die Messleitung die Primärwicklung und die Stromzange die Sekundärwicklung darstellt. Wechselströme können so gemessen werden. Gleichströme werden über eine Hall-Sonde erfasst. Rigol bietet eine Vielzahl an Stromzangen an, die sich in ihrer Bandbreite und maximalen Stromstärke unterscheiden. Zum Beispiel kann die RP1004C bis 100 MHz und max. 30 A oder die Version PCA1500 für max. 2 MHz und 500 A eingesetzt werden. Wie bereits angedeutet, ist hier aber zu beachten, dass die Auflösung und das Rauschverhalten gering sein sollten, wenn sehr große dynamische Signale mit einem hochauflösenden 12-Bit-Oszilloskop wie dem 800-MHz-Gerät DHO4804 von Rigol gemessen werden. Der Rauschanteil bei einigen Versionen der PCA1000-Serie liegt hier zum Beispiel bei 2,5 mArms.

Bild 4: Hohe Linearität des aktiven Tastkopfes PVA8700 (bis 7 GHz).
Bild 4: Hohe Linearität des aktiven Tastkopfes PVA8700 (bis 7 GHz). (Bild: Rigol)

Wie bereits schon bei den aktiven Tastköpfen beschrieben, gibt es auch differenzielle Tastköpfe. Differenzielle Messungen werden benötigt, wenn zwischen zwei potenzialen Spannungswerten gemessen werden muss. Hierfür sind zwei Varianten verfügbar. Einmal wie bereits beschrieben für schnelle differenzielle Datensignale wie z. B. Ethernet oder LVDS. Hier ist ein differenzieller HF-Tastkopf notwendig. Zum anderen gibt es für den Bereich Hochspannungsmessung einen Bedarf an differenziellen Tastköpfen, wenn man Spannungsunterschiede von zwei Spannungswerten messen muss, die beide keinen Bezug zu GND haben. Solche Messungen lassen sich für kleinere Frequenzen auch mit zwei passiven Tastköpfen (Kanal 1: Potential 1, Kanal 2: Potential 2) und über eine Mathematikfunktion (Kanal 2 – Kanal 1) darstellen. Allerdings sind diese Messungen rauschbehaftet, es können Laufzeitfehler zwischen den Probes entstehen, und die maximale Eingangsspannung der passiven Tastköpfe muss beachtet werden.

Optimale Auflösung erreichen

Ein wesentlicher Aspekt bei differenziellen Tastköpfen ist das Gleichtaktunterdrückungsverhältnis (Common Mode Rejection Ratio, [CMRR]). Gleichtaktveränderungen sind unerwünschte gleichzeitige Veränderungen an Potential 1 und 2 gegenüber Masse, die am Ausgang sichtbar sind, da am Ausgang nur die Veränderung zwischen Potential 1 und 2 gemessen werden soll. Hierbei geht es um den Verstärkungsfaktor des Gegentaktes gegenüber dem Gleichtakt, welcher gewünscht wesentlich höher sein sollte. Dieser Wert ist bandbreitenabhängig. Bei dem differenziellen Hochspannungstastkopf PHA2150 geht die Bandbreite bis 200 MHz und die maximale differenzielle Spannung, die gemessen werden kann, liegt bei 1500 V. CMRRDC liegt bei >80 dB bzw. CMRR1MHz bei >50 dB. Auch hier gilt: wenn ein hochauflösendes 12-Bit-Oszilloskop verwendet wird, ist die Verwendung eines Tastkopfes mit einem hohen CMMR-Wert wichtig, um die optimale Auflösung zu erreichen.

Rigol bietet für jede der beschriebenen Varianten unterschiedliche Versionen mit den jeweiligen Bandbreiten und verschiedenen Kapazitäten an, um eine Vielzahl an Applikationen erfüllen zu können. Es gibt noch weitere Tastköpfe wie beispielsweise die Hochspannungs-Tastköpfe oder die digitalen Probes. Die Oszilloskope in Kombination mit den passenden Tastköpfen stellen eine sehr flexible umfängliche Lösung dar, die in verschiedenen Bereichen wie Forschung und Entwicklung, Industrie oder für den Schulgebrauch eingesetzt werden können. (neu)

 

Autor

Autor Boris Adlung
(Bild: Rigol)

Boris Adlung ist Vertriebsingenieur bei Rigol Technologies.

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