Vor fast zehn Jahren hatten Branchenexperten prognostiziert, das Internet of Things (IoT) würde bis heute große Verbreitung erlangen und praktisch überall verfügbar sein. Tatsächlich zweifelt niemand daran, dass die IoT-Technologie bei der Digitalisierung eine entscheidende Rolle spielen wird. Bevor es aber so weit ist, müssen noch einige Probleme aus dem Weg geräumt werden. Hätten sich die frühen Prognosen bezüglich der Verbreitung des IoT erfüllt, müsste die Zahl der in Betrieb befindlichen Knoten in der aktuellen Phase im Bereich von 50 bis 65 Milliarden liegen. In Wirklichkeit aber ist bis heute nur ein Bruchteil dieser Zahl erreicht: die meisten Schätzungen (unter anderem von IoT Analytics und Statista) setzen die Gesamtzahl bei etwa 12 bis 13 Milliarden an.
Welche Faktoren beeinflussen die Akzeptanz des IoT?
Eine Reihe verschiedener dynamischer Einflüsse kann für die schleppende Verbreitung der IoT-Technologie, also den hinter den Erwartungen zurückbleibenden Einsatz entsprechender Knoten im Feld, verantwortlich gemacht werden. Besonders hervorzuheben sind dabei die folgenden Faktoren:
- Die Tatsache, dass für jeden IoT-Knoten in der Regel ein erheblicher Bauteileaufwand entsteht, kann sich überall dort als problematisch erweisen, wo beengte Platzverhältnisse herrschen. Es ist notwendig, die Knoten so kompakt wie möglich zu implementieren, ohne dass dies zulasten der Leistungsfähigkeit, der Funktionalität oder der Betriebsdauer geht.
- Als nächster Faktor spielt der Kapitaleinsatz eine Rolle. Auch wenn die Materialkosten eines einzelnen IoT-Knotens auf den ersten Blick nicht übermäßig hoch erscheinen mögen, werden sie doch zu einem wichtigen Thema, wenn Netzwerke aus einer großen Zahl dieser Knoten bestehen. Aus all diesen Gründen müssen die Designs möglichst schlank sein und mit möglichst wenigen Bauelementen auskommen.
- Neben dem Kapitalaufwand sind auch die Betriebskosten zu berücksichtigen. Sind die Knoten, aus denen sich ein IoT-Netzwerk zusammensetzt, erst einmal installiert, können sich erhebliche Kosten für den laufenden Betrieb ergeben, wenn es erforderlich wird, technisches Personal für irgendwelche Instandhaltungsarbeiten zu entsenden.
- Als großes Problem wurde mittlerweile auch das Thema Elektroschrott erkannt, und wenn die Zahl der weltweit installierten IoT-Knoten in den zweistelligen Milliardenbereich geht, könnte sich dieses Problem entscheidend verschärfen. Deshalb müssen Maßnahmen getroffen werden, um das durch IoT-Knoten entstehende Aufkommen an Elektroschrott zu reduzieren.
Umsetzung eines neuen Stromversorgungs-Paradigmas
Bei der Stromversorgung von IoT-Knoten sind alle vier soeben aufgezählten Faktoren zu berücksichtigen. Unter anderem geht ein erheblicher Teil der Leiterplattenfläche auf das Konto der Lithium-Ionen-Batterien, für die außerdem Kapitalaufwendungen und Betriebskosten anfallen. Die Betriebskosten dürften hier normalerweise sogar die größte Tragweite haben. Abhängig davon, wie oft am Tag ein Sensor Daten erfasst und in welchen Intervallen der Funk-Transceiver mit seinem zuständigen Hub kommuniziert, dürfte die Batterie eines IoT-Knotens 18 bis 24 Monate halten, während die Lebensdauer des Knotens selbst zwischen zehn und bis zu 15 Jahren liegen kann. Hieraus folgt, dass die Batterien eines IoT-Knotens während seiner Nutzungszeit mehrere Male zu tauschen sind.
Da Netzwerke aber aus vielen tausend Knoten bestehen können, bringt die Notwendigkeit des Batterietauschs einen immensen logistischen und personellen Aufwand mit sich, was potenzielle Interessenten durchaus von der Einführung einer IoT-Lösung abhalten kann. Wenn die Batterien infolge intensiver Nutzung immer nur kurze Zeit halten, kommen zu den Betriebskosten auch noch Kapitalkosten hinzu, die ebenfalls einen Hinderungsgrund darstellen können. Zu berücksichtigen ist nicht zuletzt, dass die Batterien bei nicht fachgerechter Entsorgung eine Gefahr für die Umwelt darstellen können. Gelangen sie in den Boden oder das Grundwasser, können Tiere und Pflanzen geschädigt werden.
Nachhaltiges IoT durch Energy Harvesting
Auf Batterien angewiesene IoT-Lösungen weisen somit klare Nachteile auf, und zwar sowohl hinsichtlich der Kosten als auch bezüglich der Auswirkungen auf empfindliche Ökosysteme. Als eine bessere Grundlage für den Betrieb von IoT-Netzwerken wird aus diesem Grund das Energy Harvesting angesehen, denn hierbei wird die benötigte Energie aus der Umgebung bezogen.
Wird bei der Stromversorgung von IoT-Knoten auf das Energy Harvesting gesetzt, lassen sich die Batterien in der Tat komplett aus den Überlegungen herausnehmen. Insbesondere die auf den Batterietausch entfallenden Kapital- und Betriebskosten fallen gänzlich weg, und darüber hinaus entsteht deutlich weniger Elektroschrott. Damit dieses Konzept seine Effektivität jedoch vollständig entfalten kann, sind verschiedene Dinge zu beachten.
PMIC-Herausforderungen beim Energy Harvesting
Wenn das „Ernten“ von Energie aus nachhaltigen Quellen in der Umgebung von IoT-Knoten zu allgemeiner Verbreitung gelangen soll, wird es unumgänglich sein, bestimmte Verbesserungen an der Hardware selbst vorzunehmen. Das Hauptaugenmerk muss dabei auf die Optimierung der verwendeten Power-Management-ICs (PMICs) gerichtet werden, die das gesamte Energy Harvesting koordinieren. Die PMICs legen beispielsweise fest, wieviel Energie den IoT-Knoten zugeführt werden muss, damit diese ihre Funktionen zum jeweiligen Zeitpunkt ausführen können, und welche Menge an Energie für den späteren Gebrauch zu speichern ist. Mehrere Besonderheiten von PMICs sind jedoch verantwortlich dafür, dass diese Bausteine in einem IoT-Kontext alles andere als ideal sind. Zwei dieser Merkmale, die besonders hervorstechen, sind der mangelhafte Umwandlungs-Wirkungsgrad und die Tatsache, dass die PMICs eine große Zahl passiver Bauelemente benötigen.
Als weiterer Aspekt kommt hinzu, dass die in IoT-Knoten eingebauten Funkmodule in aller Regel zu sperrig sind, zu viel Strom verbrauchen und außerdem zu teuer sind, um wirklich praxisgerecht zu sein. Hinzu kommen Probleme im Zusammenhang mit den für die Mobilfunk-Anbindung benötigten SIMs (Subscriber Identity Modules). Traditionelle SIMs benötigen nicht nur viel Platz und verbrauchen wertvolle Energiereserven, sondern sind auch bezüglich des Umweltschutzes als nachteilig zu bewerten. Immerhin sind die kreditkartengroßen Träger der SIMs nichts anderes als Elektroschrott, sobald sie nicht mehr benötigt werden. Aus diesem Grund werden derzeit andere Möglichkeiten sondiert, die in SIMs enthaltenen Informationen zu hinterlegen.
Welche Wege führen aus der IoT-Zwickmühle?
Im Rahmen einer gemeinschaftlichen Initiative von Entwicklungs-Teams von Murata, der Deutschen Telekom und Nowi ist es gelungen, eine Plattform einzuführen, die einen Wandel bei der IoT-Entwicklung herbeiführen wird. Insbesondere wird sie die Entwicklung von Knoten erleichtern, die einerseits energieautonom sind, andererseits aber nicht zu viel Strom verbrauchen, in ihrer Leistungsfähigkeit nicht eingeschränkt sind, keine übermäßig hohen Materialkosten verursachen und nicht so groß sind, dass sie für ihre vorgesehenen Einsatzumgebungen nur eingeschränkt geeignet sind.
Die ACDS-Plattform (Autonomous Cellular LPWAN Development Solution – vormals Autonomous NB-IoT Development Solution) besteht aus drei Hauptelementen. Der erste dieser Bestandteile ist ein kompaktes, Dual-Mode-fähiges IoT-Funkmodul von Murata. Dieses kommt auf Downlink-Datenraten von 26,15 kBit/s (bei NB-IoT) bzw. 1 MBit/s (bei Cat.M1) und verbindet dies mit einem hohen Grad an Energieeffizienz. Das Modul unterstützt die Betriebsarten eDRX (Extended Discontinuous Reception) und PSM (Power Saving Mode), um den Energiebedarf auf ein absolutes Minimum zu drücken.
Ergänzt wird dieses Element durch die nuSIM-Technologie der Deutschen Telekom. Diese reduziert den Platzbedarf auf der Leiterplatte und vermeidet das Entstehen von Elektroschrott, indem die Teilnehmer-Informationen direkt im Funkmodul hinterlegt werden. Abgesehen von der Platzersparnis und der Abwendung negativer Einflüsse auf die Umwelt, buchen sich nuSIMs um etwa 35 Prozent schneller in das Netzwerk ein als konventionelle SIMs, wodurch sich der Stromverbrauch noch weiter reduziert. Günstig auf den Strombedarf wirkt sich nicht zuletzt die Tatsache aus, dass das Vorhandensein des SIM nicht fortlaufend überprüft werden muss.
Den letzten Puzzlestein bildet der PMIC des Typs NH2 von Nowi, der eigens für den Einsatz in IoT-Deployments optimiert ist, die anstelle von Batterien per Energy Harvesting gespeist wird. Dieser Baustein ist dafür zuständig, den Energietransfer von der erneuerbaren Energiequelle (meist einem kleinen PV-Panel) an die ACDS-Plattform zu koordinieren. Die Schwelle, von der an die eingangsseitig anstehende Energie genutzt werden kann, ist mit rund 10 µW sehr niedrig, sodass schon bei sehr geringer Helligkeit Energie geerntet werden kann. Dank der nicht mehr als 1 s betragenden Einschwingzeit für das Maximum Power Point Tracking (MPPT) bringt es der PMIC des Typs NH2 bei der Energieumwandlung auf einen durchschnittlichen Wirkungsgrad von 80 Prozent. Da eine kapazitive Umwandlungstechnik zum Einsatz kommt, sind überdies deutlich weniger passive Bauelemente notwendig als für andere Energy-Harvesting-PMICs. Auch dies trägt dazu bei, die Leiterplattenfläche zu verringern, um die Knoten kleiner konstruieren zu können.
Die Energieautonomie im Blick
Wenn das ACDS-Solarpanel sechs Stunden lang mit einer Beleuchtungsstärke von nur 3000 lux beleuchtet wird, was bereits an einem eher wolkigen Tag zu erwarten ist, wird ein Ladestrom von durchschnittlich 1,1 mA erzeugt. Dies wiederum reicht für bis zu 60 NB-IoT-Übertragungen pro Tag. Auf der ACDS-Plattform basierende IoT-Knoten besitzen deshalb hinreichend Kapazität für die überwiegende Mehrzahl potenzieller Einsatz-Szenarien.
Zusammenfassung
Die Kapital- und Betriebskosten von IoT-Implementierungen dürfen ebenso wenig außer Acht gelassen werden wie die Umgebungseinflüsse. Werden diese Aspekte nicht hinreichend berücksichtigt, kann sich die Situation sogar noch verschärfen, je umfangreicher die Netzwerke sind. Der vorliegende Artikel hat deshalb ein Konzept zur Entwicklung von IoT-Knoten skizziert, das nicht mehr durch die Verwendung von Batterien eingeschränkt wird, sondern stattdessen auf Energy Harvesting beruht und zusätzlich von der Verwendung kleinerer Funk-Hardware sowie von der zweckmäßigen SIM-Integration profitiert. Hieraus ergeben sich zahlreiche Vorteile, wie etwa die Möglichkeit zur Rationalisierung des Bauteileaufwands, insgesamt niedrigere Netzwerk-Betriebskosten sowie ein erhebliches Plus an Nachhaltigkeit durch die Vermeidung von Elektroschrott. Hinzu kommt die Perspektive, dass der Einsatz von IoT-Netzwerken für ein deutlich größeres Anwendungsspektrum interessant wird. Die notwendigen Investitionen werden somit für noch mehr Unternehmen, Versorgungsbetriebe, Gemeinden und weitere potenzielle Nutzer zu einer realistischen Option. (na)