Die Nachfrage nach flexiblen und anpassungsfähigen PMICs zur Versorgung von Applikationsprozessoren (APs) und SoCs steigt. Automotive-Anwendungen wie ADAS, Infotainment, virtuelle Realität, Fußgänger- und Gestenerkennung, die mehr Komfort und Sicherheit bieten, forcieren die Nachfrage nach leistungsfähigen SoC-Lösungen. APs und SoCs müssen äußerst flexibel und konfigurierbar sein, um die aktuellsten Algorithmen zu implementieren und bei Bedarf neue Funktionen hinzuzufügen. Solche Systeme verlangen nach einer anspruchsvollen Stromversorgung, die neben einer Vielzahl von Spannungen und Strömen eine hohe Zuverlässigkeit und verschiedenste Sicherheitsfunktionen aufweisen muss. Doch werden diese bestmöglich mit Energie versorgt?
Das sind die Herausforderungen bei der Entwicklung von Stromversorgungen
Das Design einer Stromversorgung ist für den Entwickler oft eine Herausforderung: SoCs benötigen eine Vielzahl an unterschiedlichen präzisen Versorgungsspannungen, die zum Starten oder Abschalten des Prozessors einer genauen Abfolge unterliegen. Zudem benötigen die flüchtigen und nichtflüchtigen Speicher und eventuelle Peripheriegeräte weitere Spannungsversorgungen, die in die Power-up und Power-down Sequenz des Prozessors mit eingebunden werden müssen. Natürlich ließe sich mit einer Vielzahl von einzelnen Spannungsreglern arbeiten. Doch der zur Verfügung stehende Leiterplattenplatz ist begrenzt und die Anforderungen der Spannungssequenzen können sehr komplex sein.
All dies herauszufinden ist keine leichte Aufgabe, denn die SoC-Stromversorgungen werden immer komplexer: Bisher mussten Entwickler die Anforderungen des SoC an die Stromversorgung in den Datenblättern nachvollziehen, um die vermeintlich optimale Lösung zu entwickeln. Dazu mussten geeignete Spannungsregler selektiert und auf Verwendbarkeit überprüft werden. Weiterhin waren die SoC-Anforderungen bezüglich Handshake-Leitungen und Power-Sequenz-Timings zu eruieren und zu analysieren. Die Ergebnisse wurden dann in Steuersoftware überführt, um die Spannungsregler zu den geforderten Zeiten über einen Mikrocontroller an- bzw. abzuschalten. In diese Steuersoftware wurden häufig Zusatzfunktionen zur Messung der Ausgangsspannungen der einzelnen Regler sowie Watchdog-Funktionen implementiert. Schließlich musste das Design gemäß der SoC-Spezifikation für alle SoC-Powermodi und -Übergänge überprüft werden. Die aktuellen Systeme stellen die Entwickler jedoch vor weitere Herausforderungen. Dazu gehören:
- die Skalierbarkeit von oben nach unten bis zur einzelnen Modulebene,
- die Forderung nach schnellen und kosteneffizienten Stromversorgungsentwicklungen und Verifikationen,
- ein modularer, flexibler Power-Tree, der Anwendungsvarianten und Designanpassungen unterstützt,
- anspruchsvolle Qualitätsanforderungen bei zuverlässigen Terminen und
- schnelle Designanpassungen an sich ändernde Produktanforderungen.
- Außerdem bedingt die Forderung nach agiler Hardware-Entwicklung mit beweglichen Zielen neue Stromversorgungs-ICs.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, bietet Rohm Semiconductor bereits eine große Auswahl an Power Management ICs (PMIC), die spezifische Prozessoren unterstützen. Die Vorteile einer PMIC-basierten Lösung sind ein für das SoC optimiertes Versorgungsspannungskonzept und maßgeschneiderte Handshake- und Schnittstellenarchitekturen, welche zu einer Verkürzung des Produktentwicklungszyklus führen.
Auf der anderen Seite birgt diese Lösung eine Reihe an Herausforderungen. Dazu gehören die geringe bzw. nicht vorhandene Flexibilität zur Anpassung an andere SoCs sowie die immer anspruchsvoller werdende thermische Problematik (Verlustleistung), mit der sich Entwickler auseinandersetzen müssen. Außerdem sind die Stromversorgungen nur auf das spezifische SoC und die nähere Umgebung beschränkt. Bei sich ändernden Anforderungen an die Stromversorgung ist oft ein aufwendiges Re-Design erforderlich.
Der Trend nach wenigen, zentralen Fahrzeugsteuergeräten erfordert Prozessoren mit immer höheren Rechenleistungen. Trotz abnehmender Halbleiter-Geometrien steigen die benötigten Ströme der Versorgungsspannungen und damit auch die Anforderungen an die thermischen Designs. Applikationen wie ADAS, Cluster und Infotainment wachsen in Zukunft immer stärker zusammen. Somit wird ein hohes Maß an funktionaler Sicherheit an die verwendeten Komponenten gestellt. Bei Betrachtung der Entwicklung der Prozessor-Core-Spannungen wird ein Trend für die Zukunft in Richtung von 0,5 V und darunter sichtbar.
Unter Berücksichtigung dieser Annahme und den zukünftigen Anforderungen der Softwarealgorithmen ist davon auszugehen, dass in Zukunft die Rechenkerne Ströme in der Größenordnung von 100 A und mehr benötigen werden. Aufgrund der für das autonome Fahren wichtigen Bildverarbeitung wird sich die Größe der Speicher weiter vergrößern. Die notwendige Spannungsversorgung wird sich im Bereich von geschätzt 1 V einpendeln. Die notwendigen Ströme steigen an, jedoch nicht in einem Maß wie bei den Rechenkernen. Die I/O Spannungen werden sich typischerweise zwischen 1,2 V und 3,3 V einpendeln, wobei die 3,3 V in Zukunft durch niedrigere Spannungen wie zum Beispiel 2,5 V ersetzt werden.
So ermöglichen PMICs flexible Stromversorgung für Prozessoren und Peripherie
Die aktuellen PMIC-Lösungen für Prozessoren sind flexibel einsetzbar, liefern hohe Ströme und genügen anspruchsvollen Sicherheitsanforderungen. Der BD96340MFF-C ist eine Halbbrücken-Leistungsstufe mit einem kontinuierlichen Ausgangsstrom von 20 A bzw. einem Spitzenausgangsstrom von 30 A. Untergebracht im FCQFN-Gehäuse mit Abmessungen von 5,0 mm × 3,0 mm × 1,0 mm benötigt der Baustein eine Eingangsspannung von 2,7 V bis 5,5 V. Das AEC-Q100-qualifizierte IC arbeitet im Temperaturbereich von –40 °C bis +125 °C. Es bietet ebenfalls umfangreiche Sicherheitsfunktionen wie Unterspannungs-/Überspannungssperre, Überstromschutz, thermische Abschaltung etc.
Neue SoC/Applikations-PMIC-Strategie
Um dieser Anforderung gerecht zu werden, bietet Rohm nun eine dezentralisierte Lösung zur Stromversorgung an. Der neue Ansatz sieht die Möglichkeit einer Kombination von mehreren PMICs für verschiedene SoCs und Applikationen vor:
- PMICs mit einer unterschiedlichen Anzahl an Spannungsreglern bieten applikationsoptimierte Powerlösungen an,
- mehrere PMICs können zu einer Stromversorgung zusammengeschaltet werden und operieren als eine Einheit,
- mit den neuen PMICs lassen sich dezentrale Stromversorgungen realisieren und somit die thermischen Herausforderungen lösen,
- Driver-MOS-Stufen unterstützen hohe Ausgangsströme die für die Rechenkerne moderner Prozessoren notwendig sind.
Die Vorteile dieses Ansatzes sind eine bessere Skalierbarkeit, mehr Flexibilität und eine stärkere Optimierung. Außerdem zeichnen sich die PMICs durch eine integrierte funktionale Sicherheit aus, die hohe Sicherheits-Integritätslevel unterstützt.
Integrierte funktionale Sicherheit
Generell müssen die Anwendungen von Fahrzeugherstellern speziellen Sicherheitsanforderungen genügen. Besonders Funktionen im Bereich des autonomen Fahrens unterliegen höchsten Zuverlässigkeits- und Sicherheitsanforderungen. Um diese Anforderungen abdecken zu können, müssen kritische Komponenten/Funktionen dupliziert und Methoden zur frühzeitigen Detektion von eventuellen Fehlerereignissen implementiert werden. Diese Redundanzanforderungen und Überwachungsfunktionen treiben die Systemkosten in die Höhe. Durch die Integration dieser funktionalen Sicherheitsmerkmale in den Power-Management-ICs lassen sich die System-Kosten reduzierten (Bild 1).
Konfigurierbares PMIC für Automobil- und Industrieanwendungen
BD96801Qxx-C ist ein konfigurierbares PMIC für Prozessoren, SoCs, FPGAs und Applikationen mit hohen Sicherheitsanforderungen. Es verfügt über sieben skalierbare Spannungsregler, die in einem UQFN48-Gehäuse mit Abmessungen von 6,0 mm × 6,0 mm × 1,0 mm (B × T × H) untergebracht sind. Der Baustein benötigt eine Eingangsspannung von 2,7 V bis 5,5 V und liefert Ausgangsspannungen mit einer spezifizierten Genauigkeit von ±1,2 Prozent. Das gemäß ISO26262(2018.3) entwickelte, nach AECQ100 qualifizierte PMIC arbeitet im Umgebungstemperaturbereich von –40 °C bis +125 °C.
Das PMIC integriert eine Vielzahl für die Applikationsprozessoren/SoCs erforderlichen Spannungsversorgungen sowie die Versorgungen für DDR-Memory und gemeinsame System-I/Os: vier Schaltregler mit Ausgangsspannungen von 0,5 V bis 3,3 V sowie drei LDOs mit Spannungen von je 0,3 V bis 3,3 V und 0,3 A Ausgangsstrom. Die Buck-Regler 1/2 liefern Ausgangsströme von bis zu 2,0 A beziehungsweise 20 A via externer Treiber-MOS-Stufen. Buck-Regler 3/4 stellen Ausgangsströme bis zu 4,0 A zur Verfügung. Die Buck-Regler 1/2 und Buck-Regler 3/4 lassen sich für doppelten Strom im Zweiphasenbetrieb betreiben. Die Frequenz der Schaltregler beträgt 2,25 MHz oder 4 MHz (Bild 2).
Daneben verfügt der Baustein über einen in einem weiten Bereich programmierbaren Power-Control-Sequenzer, der verschiedene Applikationen und Anwendungsfälle unterstützen kann und auf mehrere PMICs erweiterbar ist. Viele Betriebsparameter wie Ausgangsspannung, Strombegrenzungen, Slew-Rates, Entladewiderstände, Überspannungsschutz, Reset-Verhalten etc. sind per OTP konfigurierbar und/oder per Software programmierbar. Ein weiteres Merkmal ist das Remote-Differential-Sensing für jeden einzelnen Schaltregler. Dies ist besonders wichtig, um die Spannungen an der Last bei den zunehmenden Strömen stabil zu halten, und den Spannungsabfällen auf den Leiterplatten entgegenzuwirken.
Überwachungs- und Schutzfunktionen
Umfangreiche Überwachungs- und Schutzschaltungen sind der Garant für die funktionale Sicherheit des PMICs. Dazu gehört der konfigurierbare Über- und Unterspannungsschutz, das Überwachen des Maximalstroms der Regler und die Detektion von Kurzschlüssen, sowie die Überwachung der Ausgangsspannungen mittels präziser, konfigurierbarer Schwellen, um dem Prozessor Abnormalitäten mitzuteilen. Weiterhin implementiert ist eine zweistufige thermische Überwachung mit Selbstschutzabschaltung, zwei redundante Spannungsreferenzen und eine selbstüberwachte doppelte Taktung sowie analoge und digitale BIST-Funktionen. Die I2C-Schnittstelle zwischen PMIC und MCU ermöglicht eine flexible, einfache Steuerung der PMIC-Register und einen Informationsaustausch der Schutz- und Diagnosefunktionen, der über einen CRC-Code gesichert werden kann. Der Baustein ist ab Q2/2022 in Musterstückzahlen erhältlich. Eine Entwicklungsumgebung, mit der Anwender den BD96801xxx-C einfach evaluieren können, wird dann ebenfalls zur Verfügung stehen.
Buck1 und Buck2 konfigurieren
Um größtmögliche Flexibilität im Stromdesign zu erhalten, ist es möglich, Buck1 und Buck2 unterschiedlich zu konfigurieren. Sie lassen sich sowohl einzeln beschalten als auch im Zweiphasenbetrieb betreiben. Bei höherem Strombedarf kann optional ein externer Driver-MOS (20 A) wahlweise für einen oder beide Buck Regler zugeschaltet werden. Daraus ergibt sich eine Vielzahl an flexiblen Beschaltungsmöglichkeiten. Bild 3 zeigt eine Konfiguration ohne externen Driver-MOS, die maximal 2 × 2 A Ausgangsströme oder im Dual-Phasenbetrieb 1 × 4 A liefert.
Aber auch andere Kombinationen sind möglich: zum Beispiel Buck1 mit einem Driver-MOS bestücken und Buck2 mit der internen Halbbrücke betreiben. Das führt dann zu 1 × 20 A und 1 × 2 A Ausgangsströmen (Bild 4).
Maximale Ströme werden bei Beschaltung beider Bucks mit je einem Driver-MOS entweder im Single-Phasen- oder Dual-Phasenbetrieb erreicht (2 × 20 A oder 1 × 40 A Ausgangsstrom, Bild 5).
Für Buck3 und Buck4 sind die Kombinationsmöglichkeiten etwas limitierter, da sie nicht für den Anschluss an einen externen Driver-MOS ausgelegt sind. Daher ist es möglich, sie entweder einzeln zu beschalten, um jeweils bis zu 4 A Ausgangstrom zu erzielen, oder sie werden im Zweiphasenbetrieb beschaltet, womit ein maximaler Ausgangsstrom von 1 × 8 A möglich ist.
Fazit
Das Portfolio an Stromversorgungs-ICs für Automotive- und Industrieanwendungen von Rohm bietet eine große Auswahl an linearen/schaltenden Reglern sowie PMICs. Das Main-PMIC BD96801Qxx-C und der Driver-MOS BD96340MFF-C sind aktuell in der Evaluierungsphase. Entwicklungsumgebungen und Samples, mit denen Anwender die Bausteine einfach testen können, stehen zur Verfügung (Bild 6). Der Sub-PMIC BD96802Qxx-C und eine 10-A-Variante des Driver-MOS BD96320MFF-C wird in diesem Jahr (2022) entwickelt und in den Markt gebracht. Die Bausteine liefern skalierbare und flexibel einsetzbare PMIC-Lösungen für Prozessoren und Applikationen, die durch integrierte funktionale Sicherheit hohen Sicherheitsanforderungen gerecht werden. (na)