Immer mehr Unternehmen bauen auf Supercomputing und High-Performance-Computing HPC zur Verarbeitung immer größerer Datenmengen. Sie setzen zunehmend künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML) ein. Die Rechenleistung kann nie groß genug sein. Dafür muss fast immer die Anzahl der Prozessoren und Prozessorkerne erhöht werden. Supercomputer verbrauchen bereits große Mengen an elektrischer Energie und erzeugen erhebliche Wärmemengen. Eine höhere Anzahl an Prozessoren hat Konsequenzen wie höheren Stromverbrauch und mehr abgeleitete Wärme.
Laut einer Studie des Uptime Institute aus dem Jahr 2020 ist die durchschnittliche Leistungsdichte von Server-Racks in den letzten 10 Jahren um das 3,5-fache auf 8,4 kW pro Rack gestiegen, und zehn Prozent der Anwendungen benötigen inzwischen mehr als 30 kW pro Rack. Diese höhere Leistungsdichte erfordert nicht nur hocheffiziente Netzteile, um die Wärmeabgabe abzuschwächen, sondern oft auch anwendungsspezifische Anpassungen zur Optimierung der Leistung und Erhöhung der Zuverlässigkeit.
Ein geeignetes Netzteil muss nicht zwangsläufig eine Sonderanfertigung sein. Oftmals ist es sinnvoller, ein vorhandenes Standardprodukt zu modifizieren, dessen Leistung sich bereits bewährt hat.
Warum ist Stromversorgungseffizienz von Bedeutung?
Mit zunehmender Rack-Leistungsdichte steigt auch die Bedeutung der Stromversorgungseffizienz. Wenn das System eingeschaltet ist und Strom verbraucht, wandelt das Netzteil die Wechselstrom- (AC) in eine Gleichstromversorgung (DC) um. Der Haken an der Sache ist allerdings, dass das Netzteil dabei Strom verbraucht. An dieser Stelle kommt die Effizienz (auch Wirkungsgrad genannt) ins Spiel. Der Wirkungsgrad ist das Verhältnis zwischen der an die Last abgegebenen Ausgangsleistung und der dem Netzteil zugeführten Eingangsleistung. Die Energiemenge, die als Wärme im Netzteil abgeführt wird, ist die Differenz zwischen Eingangsleistung und Ausgangsleistung.
Der Aufbau der internen Schaltung und die Komponenten bestimmen, wie viel Leistung das Netzteil vergeudet. Ein geringerer Wirkungsgrad bedeutet, dass das Netzteil intern mehr Strom verbraucht und daher mehr Wärme produziert.
Das Zertifizierungsprogramm 80 PLUS kategorisiert Netzteile auf Grundlage ihrer Effizienz
Um ein vollständiges Bild der Effizienz eines Netzteils zu erhalten, ist mehr als ein Datenpunkt erforderlich. Netzteile werden während ihrer gesamten Lebensdauer nicht zu 100 Prozent ausgelastet, sondern funktionieren in der Regel eher im mittleren oder unteren Bereich der Nennleistung. Aus diesem Grund ist es wichtig, den Wirkungsgrad bei verschiedenen Leistungsstufen zu messen.
Das freiwillige nordamerikanische 80-PLUS-Zertifizierungsprogramm berücksichtigt die Belastung und kategorisiert Netzteile auf Grundlage ihrer Effizienz unter verschiedenen festgelegten Lastbedingungen. Als das Programm 2004 entwickelt wurde, gab es nur eine Stufe, die einen Mindestwirkungsgrad von 80 Prozent bei einer Eingangsleistung von 115 VAC für 20, 50 und 100 Prozent Last vorschrieb. Seitdem sind weitere Stufen hinzugekommen, die durch die Namen von Elementarmetallen gekennzeichnet sind. Zusätzlich zu den Effizienzstufen gibt es auch Produktkategorien, die für jede Stufe ihre eigenen spezifischen Grenzwerte haben. Dazu gehören industrielle Stromversorgungen, interne redundante Netzteile und Netzteile, die mit 380 VDC-Eingängen arbeiten.
Am oberen Ende der Bewertungsskala stehen 80-PLUS-Platinum und -Titanium. Für einen Supercomputer oder eine Hochleistungsrechenanwendung ist wahrscheinlich mindestens ein Netzteil der Platinum-Kategorie erforderlich. Platinum-Netzteile erhöhen den Mindestwirkungsgrad auf 90 Prozent oder mehr bei allen getesteten Lastbedingungen und steigern den erforderlichen Leistungsfaktor von 0,9 auf 0,95. Titanium verschiebt die Grenzen noch weiter, indem es nicht nur die Wirkungsgradgrenzen bei 20 Prozent und 50 Prozent Last erhöht, sondern auch eine Lastanforderung von zehn Prozent hinzufügt und die Last, bei der das Netzteil einen Leistungsfaktor von 0,95 einhalten muss, auf 20 Prozent reduziert.
Was ist der Unterscheid zwischen Titanium- und Platinum-Effizienz?
Mit dem zunehmenden Energiebedarf von Supercomputern, Rechenzentren und HPC-Anwendungen steigt auch der Nutzen der Titanium-Effizienz der Spitzenklasse. Der Unterschied von ein bis zwei Prozent zwischen der Platinum- und der Titanium-Bewertung mag nicht viel erscheinen, aber bei zahlreichen Anwendungen, die von Front-End-Netzteilen versorgt werden, kommt es auf jeden Bruchteil eines Prozents an.
Bei einer 2-kW-Anwendung mit 50 Prozent Last beträgt die Verlustleistung beispielsweise 63,8 W für Platinum und 41,6 W für Titanium. Die Differenz von 22,2 W entspricht einer Verringerung der Verlustleistung um 35 Prozent beim Wechsel von einem Platinum-Netzteil zu einem Titanium-Netzteil. Bei Rechenzentren, die Hunderte oder sogar Tausende von Racks beherbergen, können sich die Kosteneinsparungen schnell aufsummieren. Deshalb richtet Bel die Aufmerksamkeit auf die Entwicklung von Front-End-Netzteilen mit Titanium-Bewertung.
Breites Spektrum für Änderungen an Standardprodukte
Bel verfügt über ein breites Angebot an Front-End-Netzteilen und setzt aktuelle integrierte Schaltungen (ICs) ein, um möglichst hohe Wirkungsgrade und Leistungsdichten zu erreichen. Hohe Wirkungsgrade sind jedoch nicht die einzige Anforderung an Spitzenanwendungen. Diese Anwendungen haben in der Regel einzigartige und anwendungsspezifische Anforderungen, die bei handelsüblichen Geräten nicht verfügbar sind und oft Anpassungen erforderlich machen.
Um Netzteile für Anwendungen mit speziellen Anforderungen zugänglich zu machen, haben die Ingenieure von Bel ein breites Produktportfolio an Designs zusammen mit hauseigenen Prototyping-Fähigkeiten genutzt, um einen effizienten Prozess für die Modifizierung bestehender Designs zur Erfüllung spezifischer Kundenanforderungen zu entwickeln. Das Unternehmen kann jedes seiner Standardprodukte modifizieren, um schnell technische Muster für Tests und Qualifizierungen herzustellen. Diese Fähigkeiten verkürzen die Entwicklungszeit und verringern das Risiko, das mit der Entwicklung vollständig angepasster Designs verbunden ist.
Was mechanische Änderungen bewirken können
Viele gängige Änderungen haben nichts mit der elektrischen Leistung zu tun. Es kann sich um ganz einfache Modifikationen handeln, wie die Änderung der Farbe zur Anpassung an einen Markenstandard oder andere Geräte im Rack. Die Modifikation könnte auch einfach hinzugefügte Frontblenden oder die Anpassung der mechanischen Größe oder Form an spezielle Formfaktoren umfassen.
Das Aussehen eines Geräts lässt sich leicht ändern, so dass der Endbenutzer andere Produkte im Rack mischen und anpassen kann (Bild 2). Bel richtet die Aufmerksamkeit auch auf kundenspezifische Eingangs- und Ausgangsstecker, mechanische Kodierung, spezifische Teilenummern und spezifische Verpackungen.
Modefikationen für Anwendungen mit hohem Gegendruck
Modifikationen können auch für Anwendungen mit hohem Gegendruck eingesetzt werden. Was bedeutet das genau? Beim Betrieb in realen Systemen können Benutzer des Netzteils seine Kühlung beeinflussen. Diese Fälle treten auf, wenn der/die Systemlüfter mit der Kühlung des Netzteils, dem Lufteintritt mit hohem Widerstand oder der Abluft wettstreiten. Dadurch wird der Nettoluftstrom durch das Netzteil verringert, was zu einem teuren Gegendruck-Problem führt. Zu Beginn des Designs muss man das Netzteil verstehen und sich über die erforderliche Luftstrommenge im Klaren sein und darüber, wie sich dies auf den Betrieb der endgültigen Anwendung auswirken kann.
Was Änderungen der elektrischen Leistung bewirken
Zu den weiteren möglichen Modifikationen eines Standardmodells gehören Änderungen der elektrischen Spezifikationen wie Ausgangsspannungs-Sollwert, Ausgangsstromgrenze, Überbrückungszeit und Spitzenleistung. Die Betriebstemperatur kann auch für Anwendungen in weniger geregelten Umgebungen erhöht werden.
Mit handelsüblichen Netzteilen Spitzenleistungen zu erzielen, kann ein schwieriges Unterfangen sein. Durch die digitale Steuerung der Bel-Front-Ends können wichtige Spezifikationen angepasst werden, um sie für bestimmte Anwendungen zu optimieren. Punkte wie die Wahl der Ausgangsspannung hängen von vielen Faktoren ab und beeinflussen die Systemleistung mitunter erheblich. Handelsübliche Netzteile sind in der Regel auf einige wenige, diskrete Spannungsoptionen beschränkt. Das ist vermeidbar, denn die Sollwertspannung eines vorhandenen Standardprodukts lässt sich schnell ändern, um eine optimale Systemleistung zu erzielen.
Bei anspruchsvolleren Anwendungen reicht eine angepasste Ausgangsspannung möglicherweise nicht aus, um die gewünschte Leistung zu erzielen. Für diese Anwendungen kann die Ausgangsspannung weiter optimiert werden, indem die Ingenieure die Spannung der einzelnen Geräte während der Herstellung messen und anpassen. Dadurch kann der Anwender die Ausgangsspannung genau einstellen, und zwar unter spezifischen Lastbedingungen. Zum Beispiel kann die Ausgangsspannung auf 12 V +/- 0,05 V bei halber Last eingestellt werden im Gegensatz zur normalen Sollwertgenauigkeit von 12 V +/- 0,12 V.
Bei hohem Spitzenstrombedarf kann es vorkommen, dass ein überdimensioniertes Netzteil eingesetzt wird. In einigen Fällen lässt sich stattdessen ein modifiziertes Netzteil verwenden, das dann Platz einspart. Viele Anwendungen haben nämlich hohe Spitzenlasten, die nur selten auftreten. Die Spezifikation einiger Netzteile lässt für kurze Zeit eine deutlich höhere Ausgangsleistung als die Nennleistung zu. In der Regel gibt es genau definierte Grenzen für die Dauer und das Tastverhältnis dieser Leistungsspitzen, die Bel an die Anforderungen des Endsystems anpassen kann. Ohne diese Funktion wäre ein deutlich größeres Netzteil erforderlich, das für den Dauerbetrieb bei Spitzenlasten ausgelegt ist.
Andere Modifikationen tragen zu einem zuverlässigen Betrieb bei. Die Schutzfunktionen, wie z. B. der Überstromschutz, können an die spezifischen Anforderungen der Anwendung angepasst werden und sicherstellen, dass das Netzteil bei einem Fehler geschützt ist und nicht zu früh oder zu spät für die jeweilige Anwendung auslöst.
Wenn eine Störung auftritt und die Eingangsleistung ausfällt, ist es für viele Anwendungen wichtig, dass der Ausgang für eine bestimmte Zeit geregelt bleibt, während das System auf eine Ersatzquelle umschaltet. Diese Überbrückungszeit (Hold-up Time), kann auch für die Sicherung wichtiger Daten genutzt werden. Eine Änderung der Überbrückungszeit kann erforderlich sein, um die Fortsetzung des Betriebs während einer Störung auf der Grundlage bestimmter Systemreaktionszeiten sicherzustellen.
Firmware- / PROM-Änderungen
Zusätzlich zur Speicherung der Geräteeinstellungen in der Firmware enthalten diese Netzteile auch einen programmierbaren Nur-Lese-Speicher (PROM). Der PROM kann kunden- und/oder anwendungsspezifische Informationen speichern, auf die während des Betriebs zugegriffen werden kann. Diese und andere Modifizierungsoptionen können schnell auf Bels Liste vorhandener und bewährter Designs angewandt werden, ohne den Zeitaufwand oder das Risiko, das mit einem von Grund auf maßgeschneiderten Design verbunden ist.
Fazit
Bel Power Solutions stellt ein umfassendes Produktportfolio für verschiedene Anwendungen bereit, wie z. B. für die Speicher-, Netzwerk-, Industriegüter- und Telekommunikationsbranche, sowie für die Stromversorgung von Platinen bis hin zu Systemarchitekturen für Server. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, gibt es zusätzlich die Möglichkeit, die mechanische und elektrische Leistung sowie die Firmware/PROM auf Bestellung zu modifizieren. Darüber hinaus bietet das Engineering Team des Unternehmens eine breite Palette von Modellierungs-, Test- und Zertifizierungsdienstleistungen an, um die Markteinführung des Produkts zu beschleunigen. All diese Merkmale erhöhen den Wettbewerbsvorteil des jeweiligen Produkts erheblich. (bs)
Dieser Beitrag basiert auf Unterlagen von Bel Power Solution