Positionssensoren und Drehgeber (Encoder) sind in der Automobilindustrie sowie in industriellen Anwendungen allgegenwärtig und stets dort zu finden, wo die aktuelle Position eines Systems jederzeit bekannt sein muss. Herkömmliche Positionssensoren und Encoder können jedoch nur eine einzige Umdrehung oder 360°-TPO-Positionsinformationen liefern.
TPO-Positionsdaten über mehrere Umdrehungen
Systeme, die TPO-Positionsdaten über mehrere Umdrehungen oder einen größeren Messbereich benötigen, verfügen beispielsweise über eine Backup-Stromversorgung durch eine zusätzliche Batterie. Diese stellt sicher, dass die Zahl der Umdrehungen eines Systems mithilfe eines Singleturn-Sensors nach einem unerwarteten Stromausfall verfolgt und gespeichert oder Bewegungen über mehrere Umdrehungen im ausgeschalteten Zustand mitgezählt werden können.
Alternativ lassen sich solche Systeme mit einer Getriebeuntersetzung erweitern, um mehrere Umdrehungen auf nur eine Umdrehung zu reduzieren und in Kombination mit einem Singleturn-Sensor die TPO-Multiturn-Positionsdaten zu ermitteln.
Datenverfügbarkeit nach Stromausfall
Drehgeber und Linear-Encoder sind wichtige Bauteile für Anwendungen, bei denen Systementwickler sicherstellen müssen, dass die Position eines mechanischen Systems für die Regelung stets bekannt ist. Dies gilt auch nach einem Stromausfall, der entweder Teil des normalen Betriebszyklus ist oder zufällig auftritt. Als Herausforderung muss die TPO-Position auch nach einem Stromausfall verfügbar sein. Wenn der Systemzustand verloren geht, ist ein langwieriges und oft kompliziertes Verfahren erforderlich, um das System in einen bekannten Zustand zu bringen.
Der magnetische Multiturn-Positionssensors ADMT4000 enthält eine Spirale aus GMR-Material (Giant Magneto Resistance), dank der die Zahl der Umdrehungen im stromlosen Zustand ohne zusätzliche Backup-Stromversorgung oder Energy-Harvesting-Technik gezählt werden kann. Zusätzlich besteht die Einchip-Lösung aus einem hochgenauen AMR-Winkelsensor sowie einer interne Signalaufbereitungsschaltung. Sie kann 46 Umdrehungen beziehungsweise Drehwinkel von 0 bis 16.560° mit einer typischen Genauigkeit von ± 0,25° über den gesamten Messbereich erfassen. Ein magnetisches Referenzdesign soll Anwender mit wenig Erfahrung bei magnetischen Designs dabei unterstützt, den neuen Sensor problemlos in die Anwendung einzubinden.
In modernen Fabriken verursachen beispielsweise Roboter und Cobots sowie andere automatisierte Montageanlagen hohe Kosten und Ineffizienzen infolge von Ausfallzeiten, die nach einem plötzlichen Stromausfall im Betrieb für das Rehoming und die Initialisierung der Stromversorgung entstehen.
Etablierte Lösungen
Die Lösung dieser Problematik im Zusammenhang mit Ausfallzeiten durch Pufferbatterien, Speicher oder Getriebe mit Singleturn-Sensoren weist Grenzen auf. So sind durch die begrenzte Lebensdauer von Batteriepacks oft Wartungs- und Serviceverträge erforderlich, die deren Austausch sicherstellen.
In explosionsgefährdeten Umgebungen ist die maximale Energie, die im Batteriepack gespeichert werden darf, begrenzt. Dadurch verkürzen sich die Wartungszyklen, und die Batterien müssen häufiger ausgetauscht werden.
Eine Alternative zum Batterie-Backup sind Energy-Harvesting-Module mit Wiegand-Draht. Bei diesen Modulen ist ein speziell behandelter Draht, bei dem die magnetische Koerzitivfeldstärke der äußeren Hülle wesentlich höher ist als die des inneren Kerns, in eine Kupferspule im Sensorgehäuse eingebettet. Wird der Wiegand-Draht dem Magnetfeld eines rotierenden Permanentmagneten ausgesetzt, erzeugen plötzliche Änderungen der Magnetisierung des Drahtes Spannungsimpulse in der Spule.
Diese Spannungsimpulse können zur kurzzeitigen Versorgung externer Schaltungen und zur Aufzeichnung der Anzahl der Umdrehungen in nicht-flüchtigen FRAMs verwendet werden.
Magnetischer Multiturn-Sensor
Der von Analog Devices entwickelte magnetische Multiturn-Speicher benötigt keine externe Energie, um die Anzahl der Umdrehungen eines externen Magnetfeldes aufzuzeichnen. Dies verringert die Systemabmessungen sowie die Kosten.
Das Herzstück des magnetischen Multiturn-Sensors ist eine Spirale aus GMR-Material (Giant Magneto Resistance), die aus mehreren Nanodrähten von GMR-Elementen besteht. Das Funktionsprinzip basiert auf der Formanisotropie und der Erzeugung von Domänenwänden in einem Domänenwandgenerator in Gegenwart eines externen Magnetfeldes. Wenn das äußere Magnetfeld rotiert, bewegen sich die Domänenwände durch die schmalen spiralförmigen Bahnen (Nanodrähte) (Bild 1).
Während sich die Domänenwände durch die Struktur bewegen, ändert sich der magnetische Zustand der einzelnen Spiralarme. Da die Elemente aus GMR-Material hergestellt sind, lässt sich der Zustand jedes Elements durch Messung des elektrischen Widerstands bestimmen. Der Sensor arbeitet lediglich mit dem externen Magnetfeld. Um die Zahl der Umdrehungen im stromlosen Zustand zu zählen, ist keine zusätzliche Backup-Stromversorgung oder Energy-Harvesting-Technik erforderlich. Sobald die Versorgungsspannung am Sensor wiederhergestellt ist, kann die entsprechende Winkelinformation ohne weitere Benutzeraktionen oder ohne Zurücksetzung des Systems ausgelesen werden.
Kombinierte Technologien
Bild 2 zeigt das Blockschaltbild des Multiturn-Positionssensors ADMT4000. Das Bauteil enthält den bereits beschriebenen GMR-Multiturn-Sensor, einen hochgenauen AMR-Winkelsensor sowie eine interne Signalaufbereitungsschaltung.
Die Einchip-Lösung kann 46 Umdrehungen beziehungsweise Drehwinkel von 0 bis 16.560° mit einer typischen Genauigkeit von ± 0,25° über den gesamten Messbereich erfassen.
Die integrierte Signalaufbereitungsschaltung ermöglicht weitere Systemoptimierungen, die harmonische Fehler aufgrund magnetischer und mechanischer Toleranzen aus der Anwendung entfernen kann. Der Sensor verfügt über einen Digitalausgang für 46 ganze Umdrehungen (0° bis 16.560°) über eine SPI- oder SENT-Schnittstelle. Positioniert wird er gegenüber einem Dipolmagneten, der an einer rotierenden Welle befestigt ist (Bild 3).
Magnetisches Referenzdesign
Das Unternehmen entwickelt aktuell ein magnetisches Referenzdesign, welches Anwender mit wenig Erfahrung bei magnetischen Designs dabei unterstützt, den neuen Sensor problemlos in die Anwendung einzubinden. Zusätzlich ist das Magnetdesign robust gegenüber magnetischen Streufeldern. Solche magnetischen Streufelder werden beispielsweise von stromdurchflossenen Leitern verursacht, die sich in der Anwendung in unmittelbarer Umgebung des Sensors befinden können.
Anwendungsmöglichkeiten
Verwendung findet die neue Technik in der Positionsverfolgung von Roboter- und Cobot-Armgelenken bei einem Stromausfall oder im ausgeschalteten Zustand der Anlage (Bild 4).
Weitere industrielle Anwendungsbereiche sind die absolute und die TPO-Nachführung von XY-Positioniertischen in der Automatisierung, bei Werkzeugmaschinen oder in der Medizintechnik (Bild 5).
Andere rotierende oder lineare Anwendungen umfassen unter anderem das Zählen der Umdrehungen von Spulen, Trommeln, Bandspulen, Rollen, Hebezeugen, Winden und Aufzügen (Bild 6), nicht nur wenn diese versorgt sind, sondern auch die Verfolgung von Drehbewegungen im ausgeschalteten Zustand oder bei Stromausfällen.
Darüber hinaus ist die TPO-Positionserfassung für Automobilanwendungen nützlich, wie für Aktuatoren zur Steuerung von Getrieben (Bild 5), elektrischen Servolenkungen (EPS) einschließlich Steer-by-Wire (Bild 7).
Weitere Einsatzbereiche sind Steuereinrichtungen für Parksperren sowie andere Allzweck-Aktuatoren und Aufrollvorrichtungen für Sicherheitsgurte (Bild 8).
Für sicherheitskritische Anwendungen für den Automobilbereich erfüllen sie die Norm ISO 26262 und ein bestimmtes Sicherheitslevel (ASIL).
Der Sensor wird entweder als nach ASIL-QM oder ASIL-B(D) zertifiziertes Bauteil geliefert und kann somit auch Anwendungen gerecht werden, welche eine erweiterte ASIL- oder SIL-Funktionalität benötigen.
Fazit
Mit dem integrierten TPO-Multiturn-Positionssensor lässt sich die Komplexität und der Aufwand beim Systemdesign erheblich reduzieren, woraus letztlich kleinere, leichtere und kostengünstigere Lösungen entstehen.
Die einfache Handhabung zusammen mit dem Referenzdesign ermöglicht es Entwicklern mit und ohne Erfahrung bei magnetischen Designs, aktuelle Anwendungen mit neuen und verbesserten Funktionen zu erweitern und die Tür zu vielen neuen Anwendungen zu öffnen. (bs)