1. Süddeutsches Lötforum

Punktlandung: Mit der Premierenveranstaltung „1. Süddeutsches Lötforum“ von Productronic und Smarttec gelang es, insgesamt 60 Teilnehmer für die Qualitätssicherung im Lötprozess zu sensibilisieren. (Bild: Marisa Robles)

Am Ende steht eine zuverlässig funktionierende elektronische Baugruppe. Der Weg dorthin kann steinig sein: Wer elektronische Baugruppen fertigen will, muss alle Prozessparameter exakt aufeinander abstimmen. Gerade die hiesige Automobil- und Industrieelektronik-Branche treibt die Anforderungen in der Elektronikfertigung und damit auch in der Löttechnik voran.

Zuverlässigkeitsaspekte analysiert

Daher ist der Informationsbedarf nach wie vor groß. Die Premierenveranstaltung des von Productronic und Smarttec organisierten und durchgeführten 1. Süddeutsches Lötforum, das am 11. und 12. September 2019 in Feldkirchen bei München stattfand, ist Beleg hierfür: Insgesamt 60 Teilnehmer zählte die Veranstaltung, die eine betriebswirtschaftliche Betrachtung von Lötprozessen, die Qualitätssicherung durch prozessoptimierte Lötmaterial-Auswahl und Testverfahren zur Qualitätsüberwachung und Qualitätssicherung als Kernthemen hatte.

1. Süddeutsches Lötfourm

Joachim Dentler von Smarttec referierte über die „Betriebswirtschaftliche Betrachtung von Fertigungsprozessen“ und erläuterte, wie sich „Hochintegrierte Baugruppen zerstörungsfrei testen – X-Ray-Analyse“ lassen. Marisa Robles

Die Qualitätssicherung im Lötprozess ist ein wesentlicher Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg und die Kundenzufriedenheit in der Elektronikfertigung. Daher deckten die Referenzen mit ihren Vorträgen die gesamte Wertschöpfungskette entlang der elektronischen Baugruppenfertigung ab.

Den Auftakt bildete Joachim Dentler, Area Sales Manager von Smarttec, der für seinen Chef, Uwe Geisler Geschäftsführer von Smarttec, einsprang. In seinem Vortrag „Betriebswirtschaftliche Betrachtung von Fertigungsprozessen“ analysierte er, welche Vorgehensweisen für eine kostengünstige Elektronikproduktion sinnvoll und notwendig sind – vor allem im Hinblick auf direkte und indirekte Kostenfaktoren. Dabei sensibilisierte er die Teilnehmer dahingehend, dass von den 8760 Stunden, die das Jahr hat, lediglich 1992 Stunden auf die effektive Produktionszeit entfallen. Da gelte es, die zur Verfügung stehende Zeit gut auszunutzen. Hand in Hand gingen hier die Prozessbetrachtung und der Durchsatz, genauso wie die Qualität. Und letzteres setzt sich gerade im Lötprozess aus den fünf „M“ zusammen: Mensch, Maschine, Material, Methode und schließlich auch Management.

Lötfehlern auf der Spur

Der thermische Lötprozess macht aus Basismaterialien, Leiterbahnen und verschiedensten Bauteilen ein Produkt. Es ist der Moment, in dem eine Schaltung sozusagen lebensfähig wird. Gerade diese Lötverbindung jedoch ist es, die dem Produkt sehr häufig das Leben in Form von Lötfehlern wieder nimmt. Daher sind Lötfehler mit großem Abstand die häufigste Fehlerursache und meist verantwortlich für mangelnde Produktionsqualität, Kundenreklamationen oder kostspielige Rückholaktionen.

Philipp Große, Area Sales Manager DACH von Nordson Select erläuterte in seinem Vortrag „Der geregelte Selektivlötprozess“, worauf bei der Steuerung des Selektivprozesses zu achten ist. Wie herausfordernd Selektivlöten sein kann, stellte er an den zwei Beispielen flexible Leiterplatten und Displays vor. Beide sind temperaturempfindlich und benötigen daher sehr präzise Prozessparameter, damit sie später zuverlässig an ihrem Einsatzort funktionieren können. Überhaupt gibt es sehr viele Einflussfaktoren, die für ein sehr kleines Prozessfenster sorgen. Neben dem Leiterplattenlayout, das hier einen Löwenanteil einnimmt, nennt er auch die Programmierung als herausforderndes Element. Deshalb ging Nordson Select nun dazu über, eine Liniensteuerung via Barcode und RFID zu ermöglichen. Ein Augenmerk legte er auch auf das Flussmittel: „Der Flussmittelauftrag am richtigen Ort und in der richtigen Dosierung ist schon halb gelötet.“

1. Süddeutsches Lötfourm

Philipp Große von Nordson Select hatte „Der geregelte Selektivlötprozess“ als Top-Thema seines Vortrags. Marisa Robles

Seinen Vortrag „Qualitätssicherung durch prozessoptimierte Lötmaterial-Auswahl“ bestritt Alan Plant, Regional Applications Manager Europe von Alpha Assembly Solutions, in englischer Sprache. Dabei konzentrierte er sich auf die zwei Schwerpunktthemen elektrochemische Migration und Voids. Elektrochemische Migration, eine Form der Korrosion, vermindert als feuchtebedingte Fehlfunktion die Zuverlässigkeit und Lebensdauer elektronischer Baugruppen und ist häufig für klimabedingte Ausfälle verantwortlich. Begünstigt wird dies durch die ständig steigenden Anforderungen hinsichtlich der durch die steigende Miniaturisierung bedingten höheren Packungsdichten. Aber auch wechselnde Umwelteinflüsse sowie Feuchte und Verunreinigungen begünstigen den Dentritenwachstum und damit Fehlfunktionen bis hin zum Komplettausfall der Baugruppe. Typische Fehlerbilder sind bleibende und temporäre Kurzschlüsse.

1. Süddeutsches Lötfourm

Zum Thema „Qualitätssicherung durch prozessoptimierte Lötmaterial-Auswahl“ hatte Alan Plant von Alpha Assembly Solutions einiges zu sagen. Marisa Robles

Voids spielen vor allem in der Leistungselektronik eine große Rolle. Um für diese Leistungsmodule eine hohe Zuverlässigkeit und lange Lebensdauer zu gewährleisten, ist beginnend von dem aufgelöteten Dies bis zum Kühlkörper eine optimale Wärmeabfuhr sicherzustellen. Einen ganz entscheidenden Anteil an diesem Qualitätskriterium haben dabei Lufteinschlüsse (Voids) innerhalb dieser Lötverbindungen. Speziell in großflächigen Lötstellen wird das Austreten der eingeschlossenen Gase während des Aufschmelzprozesses erschwert, wodurch oftmals Lufteinschlüsse unterschiedlicher Ausdehnung und Lage innerhalb dieser Verbindung zurückbleiben. Hinsichtlich der thermischen Anbindung können diese nun im Betriebszustand des Moduls zu einem Fehlverhalten bis hin zu dessen Zerstörung führen. Eine Qualitätskontrolle während des Fertigungsprozesses ist somit unablässig. Alan Plant stellte einige Lötpasten und die Vorzüge von Preforms vor.

Fehlerfindung und Fehlervermeidung

Der zweite Teil konzentrierte sich auf Methoden der Inspektion. Das ursprünglich von Uwe Geisler gehaltene Referat „Hochintegrierte Baugruppen zerstörungsfrei testen – X-Ray-Analyse“ wurde abermals von Joachim Dentler, Area Sales Manager von Smarttec, vorgetragen. Durch die zunehmenden „hidden errors“ reichen AOIs alleine nicht mehr aus, weshalb die Nachfrage nach AXIs zunehme, erläutert Dentler, der auch die Kriterien für eine Systemauswahl vorstellte. Auch machte er darauf aufmerksam, dass es immer mehr Dienstleister gebe, die Röntgeninspektion als Dienstleistung anbieten.

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Worauf es bei der „Inline Prozesskontrolle durch optische Mess-Systeme – AOI“ ankommt, darüber berichtete Sean Langbridge von Cyber Optics. Marisa Robles

Sean Langbridge, European Sales Director von Cyber Optics stellte mit „Inline Prozesskontrolle durch optische Mess-Systeme – AOI“ in englischer Sprache vor, was sich hinter einem 3D-CMM verbirgt. Viele Kunden fordern zunehmend auch schnelle und genaue X-, Y- und Z-Messungen für die verschiedenen Funktionen in ihren Platinen und Geräten. Daher hat der Hersteller von hochpräzisen 3D-Sensortechnologielösungen das MRS-basierte SQ3000-System mit Multiprozessfähigkeiten einschließlich 3D-AOI-, 3D-SPI- und CMM-Anwendungen entwickelt. Laut Langbridge ist es weltweit das erste CMM, das jedes beliebige Objekt messen und hunderttausende von Dimensionen gleichzeitig in weniger als zehn Sekunden abbilden kann.

CMM steht für coordinated measuring machine, also für koordinierte Messmaschine. Das System vereint eine einzigartige Genauigkeit und Geschwindigkeit mit der branchenführenden MRS-Sensortechnologie (Multi-Reflection Suppression), die Reflexionen durch glänzende Komponenten und Oberflächen exakt identifiziert und eliminiert. Die effektive Unterdrückung von Mehrfachspiegelungen ist für hochgenaue Messungen unerlässlich, wodurch die proprietäre MRS-Technologie eine ideale Lösung für eine breite Palette von Anwendungen mit höchsten Anforderungen darstellt.

Ungeliebt, aber notwendig: Handlöten und Schutzbeschichtung

1. Süddeutsches Lötfourm

„Qualitätssicherung beim Handlöten“ war das Thema von Norbert Weide von OK International. Marisa Robles

Wie lässt sich eine „Qualitätssicherung beim Handlöten“ sicherstellen? Norbert Weide, Regional Manager Germany, Austria & Poland von OK International, hatte viel zu erzählen. Gängige Praxis bei Elektronikfertigern sei es, mit veralteten und/oder übergroßen Lötspitzen zu arbeiten. Dabei habe sich gerade in den letzten Jahren sehr viel auf diesem Gebiet getan, denn: „Handlöten lässt sich nicht wegdiskutieren. Fehlerhafte Boards gehören immer noch zum Produktionsprozess und spätestens im Reworbereich gewinnt das Handlöten an Attraktivität“, bekräftigt der Experte, der auf die neuen „intelligenten“ Lötspitzen mit integrierten Prozessor verweist: Dadurch ist eine lückenlose Tracability im Handlöten möglich, die so weit reichen kann, dass ungeeignete Lötspitzen für den zu handlötenden Bauteil gesperrt werden können. Diese intelligenten Lötspitzen sind auch für den aktuellen Standard IPC CFX geeignet.

Metcal hat sich mit der Smartheat-Technologie im Handlötbereich erfolgreich positioniert: Smartheat erkennt die thermische Last und liefert sofort die richtige Wärmemenge direkt an die Lötspitze. Das sich selbst regulierende Heizelement liefert die richtige Wärmemenge, abhängig vom Wärmebedarf der Lötstelle. Dies stellt einen schnellen und wiederholbaren Prozess sicher. Ein Kalibrieren ist nicht erforderlich.

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Kenntnisreich und fundiert referierte Gerd Schulze von Nordson Asymtek zum Thema „Nachhaltiger Schutz der Lötstelle durch Selective Coating“. Marisa Robles

Den Abschluss bildete Gerd Schulze, Key Account Manager von Nordson Asymtek. In seinem Vortrag „Nachhaltiger Schutz der Lötstelle durch Selective Coating“ machte er deutlich, warum eine Schutzlackierung notwendig ist, welche Unterschiede und welche Sprühverfahren es hierbei gibt. Dabei machte er auch auf die Qualität der einzusetzenden Lacke aufmerksam. Immer mehr kämen 2K-Schutzlacke zum Einsatz. Das hat seinen Grund: Sie lassen sich gut auf die Applikation abstimmen, sind lösemittelfrei und weisen eine höhere Temperaturverträglichkeit als einkomponentige Lacke auf.

Wie diffizil die Beschichtung sein kann, erläutert er so: „Die Beschichtung steht am Ende der Baugruppen-Wertschöpfung und ist ein fertiges Produkt, weshalb konstruktiv meist eine Beschichtung nicht vorgesehen ist. Passiert während des Beschichtungsprozess allerdings ein Fehler, kann das erhebliche Folgen nach sich ziehen.“ Mit der Vorstellung des durchdachten, modularen Lackierlinienkonzept rundete Gerd Schulze seinen kurzweiligen Vortrag ab.

 

Marisa Robles

Chefredakteurin productronic