Auto SIR2+ von Gen 3 Systems

Das Auto SIR2+ von Gen 3 Systems bietet ein einfaches und zuverlässiges Mess-System, mit dem SIR-Tests entsprechend aller gängigen Normen durchgeführt werden können.Es können bis zu 256 Kanäle gleichzeitig getestet und dabei bis zu drei verschiedene Messspannungen auf die Prüflinge verteilt werden. (Bild: Stannol)

Vor der aktuellen Revision war laut der Norm nur der Rose-Test verpflichtend, um ionische Rückstände auf Leiterplatten zu bestimmen. Rose bedeutet Resistivity of solvent Extract, also der Widerstand eines Lösungsmittelextrakts der Rückstände. Bei diesem Test durfte der Grenzwert von 1,56 µg/cm² NaCl-Äquivalent auf der Leiterplatte nicht überschritten werden. Das Problem: Der Grenzwert für den Rose-Test wurde vor rund 50 Jahren etabliert und in der Norm festgeschrieben. Seitdem ist in der Elektronikbranche viel geschehen. Unterschiedliche Prozesse, eine Vielzahl an Materialien und eine immer weiter fortschreitende Miniaturisierung sind dabei nur die wichtigsten Veränderungen. Aufgrund dessen entspricht dieser Grenzwert heute in keiner Weise mehr den komplexen Anforderungen der Elektronikindustrie. Zudem ist der Wert wenig aussagekräftig, wenn es um das tatsächliche Risiko elektrochemischer Migration auf Leiterplatten geht.

Nicolas Wiacker
Nicolas Wiacker, Junior-Produktmanager bei Stannol (Bild: Stannol)

„Bei Objective Evidence müssen Elektronikbaugruppen sauber genug sein, um während der erwarteten Lebensdauer und den vorgesehenen klimatischen Einsatzbedingungen zu funktionieren.“

Was bedeutet Objective Evidence?

Mit der Änderung der Norm wurde ein wichtiger Schritt in Richtung messbarer Sicherheit unternommen, indem ein individueller, objektiver Nachweis zur Sicherheit der ionischen Rückstände erbracht werden muss.

„Objective Evidence umfasst, dass Elektronikbaugruppen sauber genug sein müssen, um verlässlich während der erwarteten Lebensdauer und der vorgesehenen klimatischen Einsatzbedingungen zu funktionieren. Einen allgemeinen festen Grenzwert gibt es nicht mehr“, betont Wiacker. Was „sauber genug“ bedeutet, hängt dabei individuell von der jeweiligen Baugruppe und deren Einsatzgebiet ab und muss für jeden Fertigungsprozess separat bestimmt werden.

SIR-Test als simulierter Fertigungsprozess

Erreichen lässt sich Objective Evidence primär durch SIR-Tests, bei denen die eingesetzten Teststrukturen den gesamten Produktionszyklus inklusive aller genutzten Prozessmaterialien durchlaufen müssen. Das heißt, der Prozess selbst, die eingesetzten Anlagen und sämtliche Materialien wie Lotpasten, Flussmittel und Schutzlacke müssen in die Betrachtung einbezogen werden. „Wird der SIR-Test unter diesen Bedingungen bestanden, ist die Norm bezüglich der geforderten Objective Evidence erfüllt“, so Wiacker. Die Teststruktur muss dabei die zu prüfende Baugruppe möglichst fertigungsnah repräsentieren – etwa in Bezug auf die verwendeten Komponenten und die Abstände zwischen den Leiterbahnen. Standardmäßig fordert der SIR-Test nach IPC J-STD-004C 168 Stunden, in denen ein Oberflächenisolationswiderstand von 108 Ohm nicht unterschritten werden darf. Bei besonders sicherheitskritischen Elementen, etwa im Bereich E-Automobile, wird die Testdauer im Rahmen von „End-of-live“-Tests häufig auf bis zu über 1.000 Stunden ausgedehnt.

Neuer Test bei Prozessänderungen nötig

Um nach dem bestandenen SIR-Test die Sauberkeit der Leiterplatte zu prüfen, wird im Anschluss ebenfalls eine Rose-Testung durchgeführt. Das Ergebnis ist wiederum die Grundlage für einen neuen Grenzwert, der dann spezifisch für diesen individuellen Fertigungsprozess festgelegt werden kann. Der dabei erzielte Wert kann höher oder niedriger sein als der alte Grenzwert von 1,56 µg/cm² NaCl-Äquivalent – je nach Einsatzgebiet der Baugruppe. „Sobald im Prozess Änderungen vorgenommen werden, zum Beispiel wenn Bauteile, Lotpasten, Flussmittel oder Schutzlacke ausgetauscht werden, sich das Temperaturprofil signifikant verändert oder die Anlage an einen anderen, externen Standort verlegt wird, muss der objektive Nachweis laut der Norm erneut erbracht und der Test wiederholt werden“, betont der Experte.

Ionenchromatografie zur qualitativen Bestimmung von Rückständen

Als Alternative zur Bestimmung des objektiven Nachweises kann auch eine Ionenchromatografie in Betracht gezogen werden. Dabei werden die ionischen Rückstände auf der zu testenden Baugruppe in einer Flüssigkeit aufgelöst und mittels Ionenchromatografie identifiziert. Der Unterschied zum SIR-Test besteht darin, dass bei der Ionenchromatografie qualitative Verunreinigungen festgestellt werden, während der SIR-Test auf quantitative Verunreinigungen abzielt. „Grundsätzlich ist ein SIR-Test zur Bestimmung der Objective Evidence gut geeignet. Eine Ionenchromatografie kann aber Sinn machen, wenn es beim SIR-Test zu Problemen kommt, zum Beispiel, wenn der Test nicht bestanden wird. Mit Hilfe der Ionenchromatografie kann dann überprüft werden, welche Verunreinigungen konkret vorliegen. Daraus lassen sich dann eventuell Rückschlüsse auf die Quelle der Rückstände schließen, sodass man diese beseitigen kann“, kommentiert Nicolas Wiacker.

Contaminometer-Serie von Gen 3 Systems
Mit der Contaminometer-Serie von Gen 3 Systems lassen sich Baugruppen und Leiterplatten auf ionische Verunreinigungen prüfen –auch im Rahmen von Objective Evidence. Die hochgenauen Messsysteme eignen sich besonders zur Überprüfung von Bauteilen und Leiterplatten während und nach der Herstellung, beim Wareneingang, nach dem Löten und bei der Endmontage. (Bild: Stannol)

Testen: intern oder extern?

SIR-Messungen sind aufwändig: Die Tests müssen sorgfältig vorbereitet und über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden. Die reine Laufzeit eines SIR-Tests im Klimaschrank beträgt mindestens 168 Stunden, häufig aber auch mehrere Wochen. Zusätzlich kommt die komplexe Vorbereitung der Teststrukturen hinzu, die zunächst prozessnah nachgebaut werden müssen. Ob die Tests intern oder extern durchgeführt werden, hängt unter anderem von der Menge der benötigten Tests ab. Beides bietet Vor- und Nachteile. „Bei internen Tests stehen erst einmal hohe Investitionskosten für das Testequipment an. Außerdem benötigt man erfahrenes und gut geschultes Fachpersonal, das den Test zuverlässig durchführen kann. Gleichzeitig kann man aber Prozesse schneller anpassen oder Tests wiederholen und hat die volle Kontrolle über die Tests, ohne interne Informationen an Dritte weitergeben zu müssen“, erklärt Nicolas Wiacker.

Externe Labore bieten den Vorteil, dass erfahrene Anwender für die Tests verantwortlich sind. Nachteile können sein, dass man weniger flexibel ist und auch die Logistik berücksichtigt werden muss: Beim Transport oder längerer Lagerung können die empfindlichen Teststrukturen schnell beschädigt bzw. verunreinigt werden. Die Kosten für ein externes Labor hängen von der Anzahl der zu testenden Strukturen ab. Nicolas Wiacker: „Größere Unternehmen mit vielen oder sich häufig ändernden Prozessen sollten eine interne Testung in Betracht ziehen, während sich für kleinere Unternehmen oftmals aus Kostengründen eher eine externe Prüfung anbietet.“

Equipment zur Bestimmung der Objective Evidence durch SIR-Tests

  • SIR-Messgerät
  • Klimakammer
  • Prozessnahe Teststrukturen
  • Alle eingesetzten Prozessmaterialien

Simone Bauer

Fachredakteurin Stannol GmbH & Co. KG

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