Fast 93 % der Unternehmen im Bereich der elektrischen Ausrüstungen klagten in der Umfrage des ifo-Instituts über einen Mangel an Vorprodukten. Dabei sind die fortwährenden Materialengpässe für viele Unternehmen längst Alltag geworden; von einer zeitweisen Erscheinung geht kaum noch ein Betrieb aus. Im Gegenteil: Die Befragten aus der Elektroindustrie rechneten im Juni 2022 damit, dass die Knappheit bei den Vorprodukten noch fast elf Monate anhalten wird.
Die Lieferketten der Branche sind durch die Corona-Pandemie schon länger aus dem Takt geraten – noch mehr als beim Maschinenbau oder den Autoherstellern. Gerade die Staus und Ausfälle in der internationalen Containerschifffahrt machen den Import dringend benötigter Güter schwierig. Laut dem Kiel Trade Indicator stauen sich vor den Nordseehäfen Deutschlands, Hollands und Belgiens die Schiffe. Über zwei Prozent der globalen Frachtkapazitäten stecken hier mittlerweile fest und können nicht be- oder entladen werden. Auf der wichtigsten Handelsroute zwischen Europa und Asien, dem Roten Meer, verkehren zudem über 20 Prozent weniger Containerschiffe als normal. Andere Bezugsquellen und Handelsrouten bereiten kaum weniger Herausforderungen: So sind durch den Krieg in der Ukraine elektrische Bauteile wie Kabelbäume Mangelware – das Land ist als ein Hauptlieferant für diese Vorprodukte kurzfristig nur schwer zu ersetzen.
Führt die Energiepreis-Explosion in die Insolvenzfalle?
Auch die Beschaffung von Energie bereitet Unternehmen zusehends Herausforderungen. Bereits Ende 2021 zeichneten sich hier massive Kostensteigerungen ab, durch den bewaffneten Konflikt in Europa hat sich die Situation drastisch zugespitzt. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) liegt der durchschnittliche Strompreis für Unternehmen, Stand April 2022, bei 31,36 Cent je Kilowattstunde. Im Vorjahr betrugen die Kosten bei einem Neuabschluss hingegen durchschnittlich 21,38 Cent – eine Steigerung um knapp 10 Cent pro Kilowattstunde bzw. über 46 %!
Die Energiepreise sind somit ein zentraler Treiber der aktuell galoppierenden Inflation. Das ifo-Institut erwartet für dieses Jahr eine durchschnittliche Inflationsrate von 6,8 Prozent. Betriebe, die unter dieser Herausforderung leiden, können vermehrt in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Die Situation ist ein Teufelskreis für die Elektroindustrie: Aufgrund fehlender Teile stockt die Produktion oder steht teilweise still; entsprechend müssen Aufträge verschoben oder abgelehnt werden. Die jeweiligen Umsätze fehlen den Betrieben. Die zugleich explosionsartig gestiegenen Kosten sind immer schwerer zu tragen. Beobachter sehen angesichts der Lage mehr Insolvenzen auf die Wirtschaft zukommen. Einer Umfrage von Deloitte zufolge etwa rechnet ein Großteil der befragten Restrukturierungsexperten mit einer Zunahme der Pleiten schon ab Jahresmitte 2022.
KMUs auf der Suche nach Finanzierungsalternativen
Um die Insolvenzgefahr rechtzeitig abzuwehren, kommt es für Unternehmen auf einen zuverlässigen und schnellen Zugang zu Liquidität an. Dieser ist aber häufig erschwert, denn die Reserven vieler Firmen haben durch die Corona-Pandemie gelitten. Laut Erhebung der Creditreform Wirtschaftsforschung weisen fast 31 Prozent der Unternehmen eine zu geringe Eigenkapitalquote von unter zehn Prozent im Verhältnis zur Bilanzsumme auf. Dadurch ist nicht nur der direkte Zugriff auf eigene liquide Mittel gefährdet, auch die Fremdfinanzierung wird erschwert. Klassische Banken stehen durch die Unsicherheiten und immer strengere Regulierungen ebenfalls unter Druck und setzen bei Kreditanfragen eine optimale Bonität voraus. Je geringer jedoch die Eigenkapitalquote eines KMU ist, desto ungewisser sind auch die Kreditaussichten. Die Finanzierungskosten und einschränkende Bedingungen sowie Berichtspflichten der Kreditnehmer steigen, je schwächer deren Bonität. Entscheidungsprozesse können bei Banken zudem oft mehrere Monate dauern. Auch KfW-Hilfskredite für vom Ukraine-Krieg besonders betroffene Unternehmen greifen nicht in jedem Fall oder reichen allein aus, um die Lage zu meistern.
Als Überbrückungsmöglichkeit bieten sich allerdings sogenannte objektbasierte Finanzierungen an. Sie sind banken- sowie bonitätsunabhängig und weisen einen kurzen Finanzierungsprozess auf. Zu diesen Ansätzen gehören Modelle wie Sale & Lease Back oder Asset Based Credit. Sie eignen sich vor allem als Finanzierungsform in der allgemeinen oder unternehmensinternen Krise sowie für junge Unternehmen, an die eine klassische Kreditvergabe zu riskant erscheint. Objektbasierte Finanzierungen kommen meist zum Einsatz, wenn die Bankfinanzierung nicht oder nicht mehr greift.
Aber was genau versteckt sich hinter den Begriffen?
Sale & Lease Back: Was es ist, was man braucht, was die Vorteile sind
Bei Sale & Lease Back (SLB) handelt es sich um eine Form der reinen Innenfinanzierung: Verfügen Betriebe aus der Elektroindustrie über einen umfassenden Maschinen-, Anlagen oder Fuhrpark, können sie diesen an einen Finanzierungspartner verkaufen und direkt wieder zurückleasen. Dadurch wird innerhalb von meist drei bis sechs Wochen gebundenes Kapital frei. Mit SLB lässt sich so ein Liquiditätsbedarf zwischen 400 TEUR und 15 Mio. EUR decken. Durch das unmittelbare Zurückmieten der Maschinen läuft das operative Geschäft wie gewohnt weiter.
Sale & Lease Back verschafft KMU frische Liquidität ohne Einschränkungen bei der Verwendung. Die Mittel stehen zur Überbrückung von Umsatzflauten und selbst in Sondersituationen zur Verfügung, etwa bei Restrukturierungsmaßnahmen, Sanierungen oder in der Insolvenz. SLB erzielt oft auch nützliche Nebeneffekte. So sind die anfallenden Leasingraten teils steuerlich anrechenbar. Durch die Innenfinanzierung steigt die Eigenkapitalquote und damit die Bonität des Unternehmens. Meist wird so eine Hebelwirkung bei zusätzlichen Bankfinanzierungen erzeugt. Sind die Vermögensobjekte in der Firmenbilanz größtenteils abgeschrieben, können mit SLB oft auch stille Reserven gehoben werden.
Die Bonität spielt bei dieser Finanzierung zwar eine untergeordnete Rolle, dafür müssen Unternehmen andere Bedingungen erfüllen: SLB erfordert eine Reihe werthaltiger, mobiler und gängiger Assets. Gebrauchte Einzelmaschinen kommen für den Finanzierungsansatz nicht infrage. Auch Sonderanfertigungen, Prototypen oder kompliziert mit der Halle verbaute Objekte sind damit nicht kompatibel. Der Ansatz ist somit in der Hauptsache für Unternehmen geeignet, die maschinenlastig sind und die Herausforderung bei ihrer Unternehmensfinanzierung haben.
Asset Based Credit: Funktion, Vorzüge und Erfolgsbedingungen
Diese objektbasierten Kredite eignen sich für produzierende Unternehmen der Elektrobranche ebenso wie für Händler, Dienstleister oder Start-ups. Die Finanzierung ist auf einen kurz- bis mittelfristigen Zeitraum und einen Kapitalbedarf zwischen 250 TEUR und fünf Mio. EUR ausgelegt. Was sie dabei auch für wirtschaftlich angespannte Situationen prädestiniert, ist der Fokus auf das Anlage- und Umlaufvermögen eines Unternehmens im Rahmen der Besicherung. Bei Asset Based Credit könnten Unternehmen die ganze Bandbreite der Vermögenswerte nutzen. Dies reicht von Maschinen und Anlagen über das Handels- und Fertigwarenlager bis hin zu Sachwerten oder Immobilien. Der Ansatz weist zudem eine hohe Geschwindigkeit auf: Hier beträgt der Zeitraum vom Einholen eines ersten Angebots bis zur Auszahlung nur wenige Wochen. Dadurch kann ein KMU auch kurzfristig seine Überbrückungsfinanzierung sicherstellen.
Asset Based Credit unterstützt dabei, die gestiegenen Einkaufs- und Produktionskosten zu tragen oder die mittelfristige Versorgung durch eine Lagererweiterung zu gewährleisten. Aufgrund seiner Bonitätsunabhängigkeit steht das Modell selbst bei der Umsetzung von Restrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen oder in der Insolvenz bereit. Damit ein Unternehmen die Spezialkredite allerdings nutzen kann, muss das jeweilige Anlagevermögen fungibel und handelbar sowie werthaltig sein und in entsprechendem Umfang vorliegen Soll über Umlaufvermögen besichert werden, dann muss dieses wertbeständig und sekundärmarktfähig sein – halbfertige Produkte etwa scheiden aus.