Die Qualitätsbeurteilung spanend gefertigter Werkstücke oder Bauteile erfolgt meist mit Hilfe optischer oder taktiler Messtechniken, die in der Regel kostenintensiv sind – und vor allem bei komplexen Bauteilen fallen lange Messzeiten an. Je nach Branche entfallen bis zu 20 % der Durchlaufzeit und bis zu 25 % der Herstellungskosten spanend gefertigter Bauteile auf die Qualitätssicherung.
Bei dem Verfahren des Fraunhofer IPT werden die internen Daten der Produktionsmaschinen und Sensoren durch die Software direkt in verwertbare Informationen zur Qualität des gefertigten Bauteils übersetzt. Der digitale Zwilling des gefertigten Bauteils kann mit dem vorab erstellten CAD-Modell abgeglichen werden, sodass sich Abweichungen zwischen Modell und Bauteil einfach und schnell erkennen lassen. Gleichzeitig erleichtert die Software auch die herkömmliche Qualitätssicherung, weil der Blick zielgerichtet auf kritische Bauteilbereiche gelenkt werden kann. Das kann dazu beitragen, Prüf- und Produktkosten weiter zu senken.
Das Projekt-Team will die Software bis zur Marktreife weiterentwickeln und noch in diesem Jahr mithilfe einer Unternehmens-Ausgründung der Industrie anbieten. Nach der Entwicklung einer ersten Stand-Alone-Lösung für die Qualitätsprognose in der Fertigung sollen ein Plug-in für CAM-Systeme entwickelt und standardisierte Schnittstellen zu den Softwaresystemen der Qualitätssicherung bereitgestellt werden. Die Software lässt sich so künftig in gängige Industrial-Internet-of-Things (IIoT)-Plattformen integrieren.
Ausgereifte technische Modelle ermöglichen gute Qualitätsprognosen
Die Software des Fraunhofer IPT verfügt über ausgereifte technische Modelle, die die Übersetzung der erfassten Maschinen- und Sensordaten in konkrete Informationen über den Bauteilzustand möglich machen: Diese Modelle bilden komplexe Wechselwirkungen im Zerspanungsprozess ab und berücksichtigen beispielsweise Positionsabweichungen der Maschine, Prozesskräfte, den Werkzeugverschleiß sowie die Bauteil- und Werkzeug-Abdrängung. Die aufbereiteten Informationen werden in der Maschinensteuerung, auf einem Tablet oder anderen Devices anhand des digitalen Zwillings dargestellt. Die Software ermöglicht so eine Bewertung der Bauteil-Genauigkeit des gefertigten Werkstücks direkt nach der Bearbeitung. Sie stellt außerdem Werkzeuge zur Datenanalyse bereit und bietet konfigurierbare Workflows zur Automatisierung sich wiederholender Analyseaufgaben. Zusätzlich können geeignete Korrekturmaßnahmen abgeleitet und an die Produktionsmaschine zurück übertragen werden.