Die Automatica 2023, die vom 27. bis zum 30. Juni auf dem Münchner Messegelände stattfinden wird, ist eine ganz besondere Automatica - ganz einfach, weil die eigentlich zweijährig stattfindende Messe damit schon zum zweiten Mal innerhalb von 12 Monaten ihre Tore öffnet. Die "Sonderausgabe" der Automatica ist der Tatsache geschuldet, dass die Robotik-Messe künftig parallel zur Laser World of Photonics stattfinden soll und damit von den geraden in die ungeraden Jahre wechseln muss.
Die Messeveranstalter sehen in der Kombination von Robotik und Automatisierungstechnik auf der einen Seite und Komponenten, Systemen und Anwendungen der Photonik einen "Match made in Heaven", da zum Beispiel Robotersysteme immer öfter mit Vision-Systemen gekoppelt werden.
In Kürze:
- Die Automatica 2023 findet vom 27. bis 30. Juni auf dem Münchner Messegelände statt.
- Parallel dazu läuft dort die Laser World of Photonics, die mit dem Automatica-Ticket besucht werden kann.
- Die Automatica findet in den Hallen A4, A5, A6, B$, B5 und B6 statt. Die Laser World of Photonics umfasst die Hallen A1, A2, A3, B1, B2 und B3.
- Das Tagesticket für die Messen kostet 36 Euro (Online) bzw. 54 Euro (Vor Ort), ermäßigt jeweils 26 Euro.
Projektleiterin Anja Schneider blickt optimistisch auf die Veranstaltung im kommenden Sommer: „Unser Leben wird immer stärker von globalen Herausforderungen wie Lieferkettenproblematik oder Fachkräftemangel bestimmt. Robotik und Automation als Schlüsseltechnologien bieten hierfür die passenden Lösungen." Dementsprechend ist eine Vielzahl von wichtigen Unternehmen auf der Messe vertreten:
- Bei der Robotik haben unter anderem ABB, Fanuc, Kawasaki, Kuka, Stäubli, Universal Robotics und Yaskawa ihre Teilnahme zugesagt.
- Im Bereich Montage- und Handhabungstechnik sind Afag, Bosch Rexroth, Deprag, Festo, Hahn Group, Mikron, PIA Automation, Schaeffler, Schunk sowie Weber Schraubautomaten vertreten.
- Zu den Ausstellern der Industriellen Bildverarbeitung zählen unter anderem Basler, Carl Zeiss, Cognex, IDS, MVTec, VMT und auch Visio Nerf.
- Außerdem werden weitere namhafte Aussteller wie Beckhoff, Heidenhain, ifm sowie Murrelektronik und Siemens ihre Produkte und Lösungen in München präsentieren.
Laser World of Photonics / World of Quantum
Die Ausstellungsspektren der Automatica und der Laser World of Photonics passen nach Meinung der Messeveranstalter perfekt zueinander: Laser zum Schweißen, Schneiden, Kennzeichnen und Erfassen sind aus hochautomatisierten Produktionslinien nicht mehr wegzudenken. Und was wäre die Robotik ohne optische und laserbasierte Bildverarbeitung? Gleichzeitig spielen viele Laserapplikationen erst durch die Kombination mit Robotern ihre wirtschaftliche Stärke aus.
Somit ergibt sich aus Sicht beider Messen eine Win-win-Situation: eine Erweiterung des Angebotes, ein verbesserter Kosten-Nutzen-Effekt für Aussteller und Besucher sowie eine erhöhte Aufmerksamkeit und Attraktivität für die Kombination von zwei starken und auf zukunftsgerichtete Trendtechnologien ausgerichteten Leitmessen. Auf dem World of Photonics Congress werden zugleich alle Aspekte der Photonik-Forschung vorgestellt und diskutiert. Parallel zur Laser World of Photonics findet auf dem Münchner Messegelände auch noch die World of Quantum statt, die der internationalen Quantencommunity eine eigene Plattform bietet.
Problem Fachkräftemangel:
Mit dem Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge aus dem Berufsleben entsteht eine Lücke, die immer größer wird. Im 4. Quartal 2022, so das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung IAB, gab es in Deutschland 1,98 Millionen offene Stellen – eine Steigerung um 8,8 Prozent gegenüber dem dritten Quartal. Im Jahr 2025 könnten laut einer Studie von Prognos schon 2,9 Millionen Arbeitskräfte fehlen.
Das ist eine echte Wachstumsbremse, mehr noch: eine Bedrohung für das Bruttosozialprodukt und damit den Wohlstand in Deutschland. Die Herausforderung lautet: Wer kann und wird die dringend benötigte Arbeitsleistung von knapp drei Millionen Menschen übernehmen?
Hier kommen die Roboter ins Spiel – nicht an jedem Arbeitsplatz, aber an vielen. Denn einfache, monotone Aufgaben sind in den Hochlohnländern heute schon weitgehend automatisiert. Das gilt insbesondere für die Industrie, während in vielen anderen Bereichen wie Logistik oder Gesundheitswesen noch erhebliches Automatisierungspotenzial besteht.
Aber können Roboter den tatsächlich die Lücke füllen, die durch die Überalterung und sinkende Geburtenraten immer weiter offen klafft? Die Wirtschaftsforschung sagt ja. Eine Studie der Wirtschaftsuniversität Wien vom Herbst 2022 sieht einen klaren Zusammenhang zwischen dem demografischen Wandel und der Automatisierung: Länder mit besonders niedrigem Bevölkerungswachstum haben nämlich gleichzeitig die höchste Dichte an Industrierobotern pro Arbeitskraft, wie sich herausgestellt hat.
Südkorea: wenig Babys, viele Roboter
An der Spitze steht Südkorea mit einer Roboterdichte von 1000 Robotersystemen pro 10.000 Mitarbeitern - und einer besonders niedrigen Geburtenrate von 0,8 Kindern pro Frau. Auf den Plätzen 2 und 3 liegen Singapur und Japan mit 1,1 und 1,3 Geburten. Mit Hong Kong auf Platz sieben gibt es in den Top Twelve ein zweites Land, das mit einer Geburtenrate von 0,9 sogar unter der Marke von 1 bleibt. Weltweit betrachtet, lag die Geburtenrate 2021 bei 2,3.
Klaus Prettner und Ana Lucia Abeliansky vom WU Department of Economics kommen in ihrer Studie jedenfalls zu der Erkenntnis, dass jeder Rückgang des Bevölkerungswachstums um ein Prozent das Wachstum der Roboterdichte um zwei Prozent erhöht. "Die Automatisierung trägt also zumindest in dieser Dimension zur Lösung eines Problems bei und sollte daher nicht per se selbst als Problem gesehen werden", so das Fazit der Forschenden.
Ziel Nachhaltigkeit:
Intelligente Automation kann entscheidend dazu beitragen, die angestrebten Klimaziele zu erreichen, indem sie die Energieeffizienz der Produktion verbessert oder auch durch die Reduktion von Ausschuss für ressourcenschonende Fertigungsprozesse sorgt. Die Vereinten Nationen haben 17 globale nachhaltige Entwicklungsziele definiert. Bei 13 davon können Roboter eine wichtige Rolle spielen, so der Robotik-Verband IFR. Beispiele dafür gibt es genug, auch auf der Automatica sind etliche zu sehen.
Volker Spanier, Leiter Industrierobotik bei Epson: „In jüngster Zeit mehren sich die Anfragen aus den Bereichen Batterie- und Brennstoffzellenfertigung. Hier wird es bald um ähnlich hohe Stückzahlen wie in der Photovoltaikindustrie gehen. Entscheidend für Europa wird sein, wo sich dieses Geschäft künftig abspielt. Noch kommen nahezu alle Ausrüster der Gigafactories aus Asien. Vielleicht liefert die automatica hier vielversprechende Ansätze, insbesondere für die erst jetzt aufkommende Brennstoffzellenfertigung.“
Ein weiterer Zukunftsmarkt für die Robotik und Automation ist das Elektro- und Batterierecycling. Hier ist beispielsweise Kuka mit einem Projekt in Irland aktiv, bei dem Elektroschrott – ohne Gefährdung von Personal durch Gase und scharfkantige Teile – getrennt und als Wertstoff für das „second life“ in der Kreislaufwirtschaft aufbereitet wird.
munich_i zum dritten Mal im Rahmen der Automatica
Mit bisher zwei Veranstaltungen hat sich die Hightech-Plattform munich_i zu einem der führenden Formate für Robotik und KI entwickelt. „Wir sind sehr froh, gemeinsam mit unserem Partner MIRMI (Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence) der Technischen Universität München auch in diesem Jahr Orientierung auf dem Gebiet Künstliche Intelligenz und Robotik zu geben und gleichzeitig diese Entwicklungen in den ethisch-gesellschaftlichen Kontext zu setzen“, erklärt Automatica-Projektleiterin Anja Schneider. munich_i besteht aus dem Hightech-Summit am Mittwoch, den 28. Juni 2023, der Robotik- und KI-Sonderschau AI.Society mit seinem umfangreichen Rahmenprogramm, bestehend aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, sowie dem hybriden Robotik- Wettbewerb namens Robothon. Mehr dazu unter: automatica-munich.com/de/munich-i/.
Trend Reshoring:
Die Corona-Pandemie hat der ganzen Welt gezeigt, wie fragil die globalen Lieferketten sind. Die Folge ist eine - zumindest teilweise - Rückholung von Produktionsstätten wenn schon nicht "nach Hause", so doch zumindest in die Nähe der Hauptquartiere und Heimatmärkte. Durch die Möglichkeit, mit einem verstärkten Robotereinsatz die Personalkosten niedrig zu halten, bietet Automatisierung, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz einen wichtigen Hebel für dieses Reshoring.
„Betrachtet man den Entwicklungssprung, den diese Zukunftstechnologien innerhalb nur eines Jahres vollzogen haben, wird schnell klar, mit welcher Dimension wir es hier zu tun haben. Es geht um eine neue Ära der Automation mit gewaltigem Impact auf die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen“, betont Patrick Schwarzkopf, Geschäftsführer VDMA-Fachverband Robotik + Automation.