Besonders für E-Auto-Start-ups ist die Entwicklung präziser HIL-Prüfstände eine Herausforderung, besonders wenn eine HV-Batterie Teil des Systems ist.

Besonders für E-Auto-Start-ups ist die Entwicklung präziser HIL-Prüfstände eine Herausforderung, vor allem wenn eine HV-Batterie Teil des Systems ist. (Bild: Shutterstock_1489717889)

Ein HIL-Prüfstand für ein Steuergerät (ECU), das mit EV-Batterien verbaut ist muss für eine gründliche Prüfung diese Systeme weit über deren Nennwerte hinaus belasten. Da das Testumfeld durch die Hochvolt-Batterie recht gefährlich sein kann, ist praktisch ein explosionsgeschützter Schutzraum notwendig. Alles in allem ist dies eine Dynamik mit hohem Risikopotenzial. Gerade weil es ein Start-up ist, gibt es auch sehr ehrgeizige Zeitvorgaben, aber ohne gewährte Produkt-Roadmap, anhand der sich die Prüfstandsanforderungen bereits zwei bis drei Jahre im Voraus präzise vorhersagen lassen. Der momentane Horizont liegt hier höchsten bei sechs Monaten und deshalb wird auch ein sehr flexibles und skalierbares System benötigt.

HIL-Simulation für ECUs

Steuergeräte (ECUs) sind das Herzstück vieler Produkte. In der Entwicklungsphase werden HIL-Simulationssysteme zur Prüfung des Betriebsverhaltens von ECUs in einer simulierten Umgebung eingesetzt, die der späteren realen Betriebsumgebung signaltechnisch 1:1 entspricht. Ansteuer- und Messgeräte simulieren die Sensoreingänge der ECU bzw. erfassen und prüfen die Antwortsteuersignale der ECU. Sicherheitsrelevante Steuerungen erfordern eine Zertifizierung, bei der Fehler wie Leitungsbruch und Kurzschluss simuliert werden und das Antwortverhalten der ECU, ob sie vorhersehbar und vor allem sicher reagiert, analysiert wird. Dank automatisierter Fehlersimulationssysteme lassen sich solche Verifizierungsverfahren effizient, wiederholbar und kontrolliert durchführen (Bild 1).

Bild 1: Dank automatisierter Fehlersimulationssysteme lassen sich durch HILS Verifizierungsverfahren effizient, wiederholbar und kontrolliert durchführen.
Bild 1: Dank automatisierter Fehlersimulationssysteme lassen sich durch HILS Verifizierungsverfahren effizient, wiederholbar und kontrolliert durchführen. (Bild: Pickering)

Die Umgebungsbedingungen in einem Fahrzeug können oft äußerst rau sein, insbesondere für Sensoren, die einem sehr großen Temperaturspektrum ausgesetzt sind. Fehler können auftreten durch Korrosion, Alterung, Beschädigung oder sogar fehlerhaftem Einbau. Aufgrund vieler Funktionen und Optionen, die in Fahrzeugen verfügbar sind, insbesondere durch mehr elektronische Systeme wie autonomes Fahren, Infotainment, KI und Sicherheit, sind ECUs zunehmend komplexer, sodass die Genauigkeit von HILS von entscheidender Bedeutung ist.

Bei E-Fahrzeugen kommt eine weitere Herausforderung dazu: Während bei einem Verbrenner die Batterie ein relativ einfaches Bauteil ist, ist sie beim E-Auto eine der Hauptbaugruppen, deren Steuereinheit für einen sicheren Betrieb sehr präzise, effizient und unbedingt zuverlässig funktionieren muss.

Softwarebasiertes Testen einer Batterie-ECU

Im konkreten Fall wollte ein softwarebasiertes Prüfsystem für Batterie-ECUs in einem Start-up entstehen. Notwendig war ein vollständiger HIL-Prüfstand als auch eine kompakte Tischanlage. Drei Aspekte waren dabei zu beachten: Die Start-up-Welt ist hochdynamisch. Das Produktanagebot befindet sich noch im Aufbau, während gleichzeitig ständig neue Anforderungen hinzukommen.

Daher gestaltete sich die Planung und Umsetzung langfristiger Teststrategien unter Nutzung derselben Testbausteine als schwierig. Zweitens war alles neu: Software, Hardware und die Sensorik. Sowohl bei Hardware als auch Software mussten Fehler behoben werden und manchmal war nicht ganz klar, ob der Fehler in der Hardware oder Software zu suchen war. Die Batteriekonfiguration war ebenfalls neu. Und selbst das Testteam war neu – zumindest in dieser Zusammenstellung, auch wenn alle Mitglieder sehr erfahrene Fachleute waren. Und drittens war die Testumgebung potenziell gefährlich. Zur Gewährleistung der notwendigen Funktions- und Betriebssicherheit mussten die Batterien weit über deren Nennwerte geprüft werden. Hierzu waren Ströme bis 50 A und hohe Spannungen erforderlich. Daher war eine ausreichende Redundanz äußerst wichtig. Vor diesem Hintergrund war immer zu gewährleisten, dass das Prüfsystem funktionssicher, präzise und wiederholbar arbeitete und gleichzeitig auf dynamische Entwicklungen in der Hardware und Software reagieren konnte.

Erweiterbare Plattform

Also musste die Software-Prüfplattform erweiterbar und sehr flexibel sein. Die Entscheidung für Prüf- und Messtechnik auf Basis der De-facto-Standardformate PXI und LXI war hier nur logisch (Bild 2). Das E-Fahrzeug-Startup wollte nicht darauf verzichten, neben dem voll funktionsfähigen HIL-Prüfstand auch eine flexible Tischausführung in seiner Softwareteststrategie einzusetzen.

Für den Aufbau einer erweiterbaren Software-Prüfplattform eignen sich Standardformate wie PXI und LXI.
Für den Aufbau einer erweiterbaren Software-Prüfplattform eignen sich Standardformate wie PXI und LXI. (Bild: Pickering)

HIL-Simulationssysteme müssen die zukünftige Betriebsumgebung der Prüflinge nachbilden. Dies lässt sich durch den Einsatz von Modellen oder durch konstruktive, physische Mittel erreichen. Hier kommt es vor allem auf Genauigkeit und Wiederholbarkeit an. Modelle können zwar sehr platz- und kosteneffektiv sein, aber die Genauigkeit kann leiden.

Über 100 Thermistoren simulieren

Bei Batterien ist die Temperaturregelung sehr wichtig, um eine thermische Zerstörung zu verhindern. Bei Batterien für E-Fahrzeuge können ohne weiteres mehr als 100 Thermistoren zum Einsatz kommen. Das Entwicklungsteam entschied sich für die Verwendung programmierbarer Widerstände für die Simulation der Thermistoren (sie sind schließlich auch eine Art Widerstand). Die programmierbaren Widerstände decken darüber hinaus die gesamte Charakteristik der tatsächlichen Sensoren ab, inklusive der Schwankungen und Abweichungen im Temperaturverlauf. Die Simulation von mehr als 100 Sensoren lässt sich allerdings nur mit Hilfe programmierbarer Widerstandskarten mit möglichst vielen Kanälen realisieren, damit die Prüfsysteme nicht zu groß werden. Damit wurde das Prüfsystem komplexer als das eigentliche System, um alle möglichen Eventualitäten simulieren und testen zu können.

Die Fehlersimulation ist ein weiterer Aspekt: wie wird ein Kabelbruch nachgebildet und wie sieht die Reaktion darauf aus? Bei der Ansteuerung großer Relais fließen Ströme bis zu 50 A, die so einiges verschweißen können, also muss die gesamte Konfiguration bis 50 A strombelastbar sein und in vorgegebener Zeit reagieren und wirksam abschalten bzw. trennen können.

Der Entwurf nimmt Gestalt an

Da die vorhandenen HIL-Simulationssysteme nicht flexibel genug waren, alle Prüfanforderungen zu erfüllen, griff das Start-up auf die Lösungen von Pickering zurück (Bild 3). Pickering hat in der Zusammenarbeit eine Roadmap für ein HIL-Simulationssystem erstellt, das auf die hohen Anforderungen zugeschnitten war. Dabei kamen folgende Lösungen zum Einsatz: PXI-Batteriezellensimulator (Modell 41-752), PXI-programmierbare Widerstandsmodule (anwendungsspezifische Ausführung des Modells 40-295), PXI-Fehlersimulationsschaltmodul (Modell 40-190B), PXI-Multiplexer mit hoher Kontaktdichte (Modelle 40-614C und 40-615A) sowie PXI-14-Slot-Chassis (Modell 40-914).

Bild 3: PXI-Module, wie sie im HIL-Prüfstand und auch im Tisch-Simulationsgerät zum Einsatz kamen.
Bild 3: PXI-Module, wie sie im HIL-Prüfstand und auch im Tisch-Simulationsgerät zum Einsatz kamen. (Bild: Pickering)

Das Ergebnis

Auf dieser Basis wurde ein HIL-Simulationssystem konzipiert, das vollständig automatisch arbeitet und die Durchführung physischer Funktionsprüfungen über Nacht und ohne Personal durchführt. Für spezifischere und detailliertere Prüfungen griff das Start-up auf Tischprüfanlagen zurück, die mit ähnlichen Lösungen von Pickering aufgebaut wurden und im LXI/USB-Chassis (Modell 60-104-001) mit zwei Slots untergebracht sind. Während beim HIL-Prüfstand das Augenmerk auf Leistung, Skalierbarkeit und Flexibilität der Lösungen von Pickering lag, stand beim Tischprüfgerät die Kompaktheit klar im Vordergrund. (na)

Bob Stasonis, Pickering
Bob Stasonis, Pickering (Bild: Pickering)

Bob Stasonis

Marketing Manager bei Pickering

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