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Vollkommen automatisiert und in Sekundenschnelle stecken zwei Deltaroboter eine Brennstoffzelle. (Bild: Fraunhofer IPA/Rainer Bez)

Bislang werden Brennstoffzellenstacks manufakturartig gefertigt, also mit viel Handarbeit und entsprechend zeitaufwendig. Um im Schwerlastverkehr den Verbrenner abzulösen, müssen Brennstoffzellen aber in industrieller Massenproduktion, weitgehend automatisiert und entsprechend kostengünstig herstellbar sein. Genau das ist einem Forschungsteam vom Fraunhofer IPA und vom Centrum für Digitalisierung, Führung und Nachhaltigkeit Schwarzwald (Campus Schwarzwald) im Projekt H2FastCell gelungen.

Ein Fließband befördert Bipolarplatten ins Sichtfeld eines Roboters. Dessen Bildverarbeitungssoftware erkennt das Bauteil, das in Brennstoffzellen verbaut wird. Mit einem Sauggreifer nimmt der Roboter die Bipolarplatte auf und hält sie kurz in eine weitere Kamera. Diese scannt die Bipolarplatte von unten ab, erfasst die genauen Abmessungen und erkennt die Beschaffenheit der feinen Strukturen auf der Unterseite – ein wichtiges Qualitätsmerkmal. Dann legt der Roboter die Bipolarplatte auf einem Stapel ab. Zwei Sekunden dauert der gesamte Arbeitsablauf.

Um eine Sekunde zeitversetzt erkennt, greift und legt ein zweiter Roboter Membran-Elektrodeneinheiten ab. Bipolarplatte und Membran-Elektrodeneinheiten – aus diesen beiden Schichten besteht eine Brennstoffzelle. Über die Bipolarplatte werden Wasserstoff und Sauerstoff eingeleitet. Die beiden chemischen Elemente reagieren in der Membran-Elektrodeneinheit miteinander. Weil dabei nur eine Spannung von maximal einem Volt entsteht, müssen für einen Brennstoffzellenmotor, der beispielsweise einen Lastwagen antreiben soll, ungefähr 400 Brennstoffzellen zu einem sogenannten Brennstoffzellenstack gestapelt werden.

Roboter-Duo stapelt Brennstoffzellen in Sekunden

Pro Sekunde legt das Roboter-Duo also eine Bipolarplatte oder Membran-Elektrodeneinheit auf dem Brennstoffzellenstack ab. Ein Stack aus 400 einzelnen Brennstoffzellen ist damit schon nach etwa 13 Minuten fertig. Die manuelle Produktion würde dafür ein Vielfaches der Zeit benötigen.

Ein weiteres Kriterium für die industrielle Massenproduktion von Brennstoffzellenstacks ist Präzision. Denn jede Abweichung – und sei es im Mikrometerbereich – kann die Leistung des Brennstoffzellensystems mindern. Deshalb schichten die beiden Roboter parallel zwei Brennstoffzellenstacks auf. Registrieren ihre Kameras bei der Qualitätskontrolle winzige Abweichungen bei Form und Größe, ordnen sie die Bipolarplatte oder Membran-Elektrodeneinheit dem jeweils passenden Stack zu. Dieser Best-Fit-Ansatz reduziert den Ausschuss, den Hersteller bisher beklagen.

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Die fertige Roboterzelle auf einem Versuchsfeld des Campus Schwarzwald soll vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen als Prüfstand dienen. (Bild: Fraunhofer IPA/Rainer Bez)

Digitaler Zwilling dokumentiert Montage in Echtzeit

Geschwindigkeit und Präzision stellen besondere Anforderungen an die Hardware der beiden Roboter und den Aufbau der gesamten Zelle. So bestehen die eigens für das Forschungsprojekt entwickelten Sauggreifer aus carbonfaserverstärktem Kunststoff, damit die Masse, die beschleunigt und abgebremst werden muss, möglichst gering ist. Um zu verhindern, dass die schnellen Bewegungen die Roboter oder die Einhausung in Schwingungen versetzen, stabilisiert eine schwere Bodenplatte die Roboterzelle. Denn jede Schwingung beeinträchtigt die Bildgebung und erschwert das präzise Greifen und Ablegen. Aus diesem Grund sind die Kameras separat befestigt und nicht mit der Einhausung verbunden.

Ein Digitaler Zwilling, also ein virtuelles Abbild der Produktion, dokumentiert die Hochgeschwindigkeitsmontage der Brennstoffzellenstacks in Echtzeit. Mit diesen Daten lässt sich einerseits simulieren, wie sich die fertigen Stacks später verhalten. Anderseits kann mit den Daten eine Simulation durchgeführt werden, die bei der Qualitätskontrolle der Bipolarplatten und Membran-Elektrodeneinheiten zum Einsatz kommt.

Die fertige Roboterzelle befindet sich auf einem Versuchsfeld des Campus Schwarzwald in Freudenstadt und ist der Grundstein für ein zukünftiges Forschungszentrum für biointelligente Wasserstoff-Kreislaufwirtschaft. Sie soll künftig vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen als Prüfstand dienen, um ihre Produkte zu testen.

Schwerpunktthema: E-Mobility

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(Bild: Adobe Stock, Hüthig)

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Forschungsprojekt H2FastCell

Am Forschungsprojekt H2FastCell, das nun zu Ende gegangen ist, waren neben dem Fraunhofer IPA und dem Campus Schwarzwald fünf Unternehmen aus Baden-Württemberg beteiligt: der Softwareentwickler ISG Industrielle Steuerungstechnik aus Stuttgart, der Vakuumtechnikhersteller J. Schmalz aus Glatten im Nordschwarzwald, der Sensorproduzent i-mation aus Rottweil, der Maschinen- und Anlagenbauer teamtechnik Maschinen und Anlagen aus Freiberg am Neckar und der Automatisierungstechniker Weiss aus Buchen im Odenwald. Erwin Groß von der Abteilung Unternehmensstrategie und -entwicklung am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA leitet das Projekt gemeinsam mit Friedrich-Wilhelm Speckmann vom Zentrum für Digitalisierte Batteriezellenproduktion am Fraunhofer IPA. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Baden-Württemberg hat H2FastCell mit rund 2,3 Millionen Euro gefördert.

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