Digitale Zwillinge helfen dabei, elektrische, mechanische und thermische Parameter zu erhalten.

Digitale Zwillinge helfen dabei, elektrische, mechanische und thermische Parameter zu erhalten. Das hilft auch Steckverbindern (Bild: Molex)

Die Kunst der Verbindungstechnik

Einen Steckverbinder zu entwickeln, der mehr Strom oder Daten transportieren kann, mag einfach erscheinen. Doch wie bei jedem anderen Design-Problem müssen auch in der Verbindungstechnologie Kompromisse zwischen Variablen eingegangen werden, die sich oft widersprechen. Die wichtigsten Variablen für jeden Steckverbinder sind:

  • Signalintegrität und Leistungsqualität
  • Datenübertragungsrate und/oder Nennleistung
  • Wärmemanagement
  • Formfaktor, Größe und Gewicht

Die Betonung einer Variablen geht dabei oft zulasten anderer. Bei Anwendungen mit höherer Leistung müssen Ingenieure z. B. die hierdurch zusätzlich erzeugte Wärmeenergie berücksichtigen. Höhere Geschwindigkeiten über ein Kabel oder ein drahtloses Gerät können zu mehr Rauschen und weniger Signal führen. Einen Eindruck von der Zukunft des Steckverbinder-Designs gewinnt man schon, wenn man die Bemühungen im Bereich Miniaturisierung betrachtet. Ingenieure sind hier gefragt, Wärme, Gewicht, Leistung und Daten in immer kleineren Formfaktoren in Einklang zu bringen.

Vorhersage der elektrischen Performance

Wie wird die Entwicklung neuer Hardware-Komponenten im Jahr 2030 aussehen? Das Team für Predictive-Engineering-Simulationen bei Molex hat vor Kurzem an einem Pilotprojekt zur Entwicklung von MX-DaSH-Steckverbindern mitgearbeitet. Dieser Ansatz bietet eine Vorschau auf die enormen Veränderungen, die in der Produktentwicklung bevorstehen. Das Team unterstützt Kunden aus der Transportbranche, bei den Variablen in ihren kundenspezifischen Komponenten das richtige Gleichgewicht zu finden.

Der Ansatz des prädiktiven Engineerings hat seinen Ursprung in Transportanwendungen, bei denen Baugruppen von Fahrzeugteilsystemen in einem virtuellen Raum zusammengefügt werden. Diese 3D-Teile, die als „digitale Zwillinge“ bezeichnet werden, sind mit der gesamten simulierten Physik des physischen Objekts ausgestattet. Die Software-Simulation kann dabei Einblicke in die elektrische, mechanische und thermische Performance eines Produkts geben – lange bevor ein physischer Prototyp hergestellt wird.

Bei der prädiktiven Analyse können verschiedene Stressfaktoren aufgrund von Umwelteinflüssen eingeführt oder die Abnutzung über die gesamte Lebensdauer nachgestellt werden. Das Team hat Fortschritte dabei gemacht, einen einzelnen Steckverbinder zu simulieren, der die Auswirkungen dieser Stimuli auf die Leistungs- und Signalqualität demonstrieren kann. Ebenso können Ingenieure an einem Steckverbinder-Design eine Dimensionsänderung vornehmen und messen, wie diese sich auf das thermische Profil oder die mechanische Langlebigkeit des Produkts auswirken würde.

Was sind die nächsten Entwicklungen bei digitalen Zwillingen?

Durch die weitere Entwicklung der digitalen Zwillinge wird es möglich sein, mit dem Konzept die Performance einer größeren Zahl von Faktoren zu validieren, darunter die strukturelle Integrität, das Gewicht, die Optimierung der Gehäusegröße, den Nennstrom, elektromagnetische Störungen (EMI), die Hochspannungssicherheit, ergonomische Montage und die Wartungsfreundlichkeit.

Obwohl sich das prädiktive Engineering noch in einem frühen Entwicklungs-Stadium befindet, hat es das Potenzial, alle derzeitigen Vorstellungen von Produktentwicklung zu verändern. Für innovative Verbindungstechnik-Designer ist vollfunktionelles prädiktives Engineering die ultimative Lösung.

In naher Zukunft werden digitale Zwillinge wahrscheinlich die gesamte Baugruppe eines Anwendungsprodukts umfassen, sodass Ingenieure die Interaktionen in der gesamten Anwendung verfolgen können. Ingenieure können die Performance-Fähigkeiten genau bestimmen, können vor der Produktion Probleme erkennen und beheben, und erhalten während der gesamten Lebensdauer eines elektronischen Produkts wertvolles Feedback über die Nutzung. Künstliche Intelligenz (KI) kann neuartige Strategien entwickeln und ein präzises Gleichgewicht zwischen Wärmemanagement, Performance, Gewicht und Formfaktor ermitteln.

Kontaktlose Konnektivität bietet hohe Zuverlässigkeit und große Robustheit.
Kontaktlose Konnektivität bietet hohe Zuverlässigkeit und große Robustheit. (Bild: Molex)

Digitale Zwillinge können bei deren Fehlersuche vor Ort Techniker begleiten, die mithilfe von Augmented-Reality (AR-) -Brillen ein „Röntgenbild“ komplexer Maschinen betrachten können. Ebenso wird die virtuelle Realität (VR) es Konstrukteuren ermöglichen, die örtliche Infrastruktur zu verstehen und Fehleranalysen durchzuführen, indem diese aus der Ferne einen virtuellen Standort „betreten“. Ob wir dies im künftigen Design von Steckverbindern erleben werden, wird die Zeit zeigen.

Im Laufe der Zeit könnten sich digitale Zwillinge auch als so realitätsgetreu erweisen, dass die Simulationen zum Gewährleisten der Produktkonformität physische Prototypen ersetzen können. Man stelle sich vor, eine 15-minütige Demonstration eines Steckverbinders in einer Simulation würde einen 6-wöchigen Prozess mechanischen Prüfens und Prototypenbaus ersetzen.

Das Endergebnis könnte eine erhebliche Verkürzung der Design-Zyklen sein. Wissen Produktentwickler, wie die verschiedenen Variablen eines Steckverbinders zusammenwirken, können sie im Hinblick auf Miniaturisierung, Stromqualität und Kosteneffizienz neue Durchbrüche erzielen.

Trends, die den Steckverbinder der Zukunft bestimmen

Wie werden sich Steckverbinder in den verbleibenden Jahren des Jahrzehnts verändern? Hier einige Markttriebkräfte, die die Variablen des Steckverbinder-Designs unter Druck setzen – mit Beispielen von Molex-Innovationen, die schon in der Entwicklungs-Pipeline warten:

1. Höhere Datenraten

Die steigenden Datenraten werden sich aus den steigenden Erwartungen der Verbraucher und aus der Ausweitung von KI- und Internet-of-Things (IoT-) -Anwendungen ergeben. Der Innovationsdruck in Bezug auf die Datenübertragungsraten wird anhalten und dort zum Tragen kommen, wo der Engpass am größten ist – sei es im Rechenzentrum, Grenzbereich oder an Übertragungspunkten.

Die Erhöhung der Geschwindigkeit von Verbindungen und Verkabelungen bringt erhöhte Risiken für die Signalintegrität mit sich. Ein Hybridkabel, das sowohl aus Glasfaser als auch Kupferdraht besteht, ist eine Möglichkeit zur Lösung dieses Konflikts. Durch die Verwendung von Glasfasern zur Übertragung von Datensignalen und von Kupferdrähten zur Stromübertragung können Hybridkabel Strom über große Entfernungen transportieren und zugleich Datenübertragungen mit hoher Geschwindigkeit gewährleisten.

In sieben Jahren wird ein Großteil der Datenübertragungsinfrastruktur nicht mehr mit 112 Gbit/s, sondern der doppelten Geschwindigkeit arbeiten. Molex hat ein erstes umfassendes Produktprogramm von 224-Gbit/s-PAM4 auf den Markt gebracht.

2. Höherer, schnellerer Stromdurchsatz

Es wird im kommenden Jahrzehnt nach Möglichkeiten gesucht werden, Energie von Speicherstationen auf portable Geräte zu übertragen. Mit der zunehmenden Verbreitung von Batterien für Elektrofahrzeuge, Privathaushalte und Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien wächst die Nachfrage nach zuverlässigen Möglichkeiten, diese Energie zu nutzen – und das möglichst schnell.

Die Antwort auf den Wunsch nach schnellerem Laden von Elektrofahrzeugen lautet mehr Leistung, jedoch erfordert das Erhöhen der Spannung eine Überarbeitung der Konnektivität sowohl in den Fahrzeugen als auch an den Ladestationen. Neue Designs müssen zudem Sicherheitsrisiken und thermische Effekte berücksichtigen.

Molex reagiert hierauf mit hoch leistungsfähigen Stromschienen-, Steckverbinder- und Kabelkonfektionslösungen, die speziell für hohe Spannungen konstruiert wurden. Innovationen wie eingebettete Sensoren in Stromschienen könnten bis 2030 an Elektrofahrzeug-Ladestationen alltäglich sein.

3. Kleinere Komponenten

Der Trend zur Miniaturisierung setzt sich in vielen Branchen fort, vor allem in den Bereichen HF-/Drahtlosgeräte, Automobil, Verbraucherelektronik, Rechenzentren und Edge Computing.

Konstrukteure müssen sich der Herausforderung stellen, kleinere Baugruppen mit höherer Funktionsdichte zu entwickeln, da die Erwartungen der Benutzer an hohe Leistung in schlankeren, kompakteren und sogar noch robusteren Gehäusen steigen. Das Engagement für die Lösung neuer Miniaturisierungsprobleme hat zu innovativen Verbindungslösungen geführt, die die Funktionalität erhöhen und gleichzeitig den Platzbedarf der Komponenten verringern.

4. Kontaktlose Konnektivität

Was ist der beste Steckverbinder für einen Industrieroboterarm mit einer Beweglichkeit von 360 Grad? Man könnte sagen: „Einer, der gar nicht da ist“. Kontaktlose Steckverbindungen bieten uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und machen das wiederholte manuelle Stecken und Lösen von Steckverbindungen überflüssig. Die Übertragung von Energie und Signalen über kurze Distanz durch magnetisch-induktive Kopplung hat in Branchen wie der Automobiltechnik, Industrie und Verbraucherelektronik hunderte potenzielle Anwendungen.

Obwohl es sich noch um eine recht neue Technologie handelt, bieten kontaktlose Verbindungslösungen verglichen mit mechanischen Steckverbindungen, die Möglichkeit höherer Zuverlässigkeit, größerer Robustheit und geringerer Kosten.

Schnelleres Laden von E-Fahrzeugen erfordert mehr Leistung. Das bedeutet wiederum eine Überarbeitung der Konnektivität in den Fahrzeugen und den Ladestationen.
Schnelleres Laden von E-Fahrzeugen erfordert mehr Leistung. Das bedeutet wiederum eine Überarbeitung der Konnektivität in den Fahrzeugen und den Ladestationen. (Bild: Molex)

Übergreifende Innovationen

Der Begriff der Innovation steht für das Schaffen oder Erschließen von Nutzen auf neue und andere Weise. Molex schafft Nutzen durch enge Zusammenarbeit mit den Anwendern; es bringt seine eigenen Engineering-Teams mit denen seiner Kunden zusammen, um die Anforderungen von heute zu erfüllen und sich auf die Notwendigkeiten der Zukunft vorzubereiten. Das verschafft einen Einblick in verschiedene Branchen und die Möglichkeit, die Anwender über Verbindungslösungen, technische Durchbrüche und erfolgreiche Fertigungstechniken zu informieren, die von anderen Anwendungen adaptiert werden können. Schließlich basieren viele der heutigen Trends auf schon existierenden Lösungen anderswo, oder sind Adaptionen solcher. Einige Beispiele:

  • Das Infotainment in Fahrzeugen ist ein Zusammenfluss beliebter Funktionen aus der Verbraucherelektronik und Datenübertragungsinfrastruktur.
  • Medizintechnologie-Unternehmen haben miniaturisierte Diagnostikfunktionen verfeinert, die nun die Zukunft von Verbraucher-Wearables bestimmen.
  • Auch bedeutet die Konsumentisierung von Geräten, dass Erfahrungen, die Benutzer mit beliebten Produkten wie Smartphones sammeln, auf andere Umgebungen übertragen werden können. (neu)

 

Der Artikel beruht auf Unterlagen von Molex.

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