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Bild 2: Der typischerweise große Toleranzbereich des Gleichstromwiderstandes (DCR) einer Kupferdrahtinduktivität verursacht ungenaue Schaltschwellen beim Abwärtswandler. (Bild: Renesas)

Abwärtswandler sind die gängigste Stromversorgungstopologie und Leistungselektronik-Entwickler sind bestens mit ihren Stärken und Schwächen vertraut. Eine der Herausforderungen in jedem Stromversorgungsdesign ist jedoch die Stromerfassung. Beim Abwärtswandler ist eine gängige Methode die DCR-Stromerfassung (direct current resistance, Gleichstromwiderstand). Solch einfache Schaltungen bürden dem Design keine zusätzlichen Kosten oder Leistungsverluste auf, allerdings sind sie für ihre Ungenauigkeit bekannt, insbesondere wenn kleine Spulen mit niedrigem ESR (equivalent series resistance) zum Einsatz kommen.

Bild 1: Einfache und kostengünstige Beschaltung des Leistungsinduktors eines Abwärtswandlers zur DCR-Stromerfassung.

Bild 1: Einfache und kostengünstige Beschaltung des Leistungsinduktors eines Abwärtswandlers zur DCR-Stromerfassung. Renesas

DCR-Stromerfassung per RC-Glied

Die Schaltung für die DCR-Strommessung ist sehr einfach: Parallel zur Ausgangsspule wird ein RC-Netzwerk hinzugefügt und damit ein differenzielles Signal erzeugt. Das RC-Netzwerk wandelt den Induktorstrom in eine Spannung über C1 um.

Die Berechnung der RC-Werte ist entsprechend einfach:

RC = L/DCR

Dabei gilt:

L = Induktivitätswert von L1

DCR = Gleichstromwiderstand der Induktivität L1

R = R2 oder R2 || R3, falls R3 vorhanden

C = C1

Ist an den Isense-Leitungen wie in Bild 1 dargestellt ein Differenzialverstärker angeschlossen, dürfen die Spitzenwerte der Signalamplitude diesen nicht übersteuern. Hier bedämpft der zusätzliche Widerstand R3 das Signal auf den Konformitätsbereich des Messverstärkers.

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Bild 2: Der typischerweise große Toleranzbereich des Gleichstromwiderstandes (DCR) einer Kupferdrahtinduktivität verursacht ungenaue Schaltschwellen beim Abwärtswandler. Renesas

Durch Erwärmung an Genauigkeit verlieren

Die vorgestellte einfache Messschaltung kostet zwar quasi nichts, ihre Genauigkeit lässt jedoch zu wünschen übrig. Zunächst einmal hat der Gleichstromwiderstand der Spule eine große Toleranz. Üblicherweise beträgt sie ±7 % bis zu ±10 %. Bei einer anfänglichen Toleranz von 10 % der 180-nH-Induktivität aus Bild 1 könnte der DCR einen beliebigen Wert zwischen 261 mΩ und 319 mΩ einnehmen.

Da solche Spulen im Betrieb heiß werden, erschwert dies die Sache noch weiter. Die Kupferwicklung besitzt einen Temperaturkoeffizienten von 3930 ppm/°C oder 0,393 %/°C. Beträgt der Temperaturanstieg der Anwendung 35°C über die Umgebungstemperatur und erhitzt sich die Induktivität selbst um weitere 35°C, dann kann der DCR-Nennwert ansteigen.

Bei einem mittleren DCR von 290 µΩ ergibt sich durch Erwärmung um 70 K eine Abweichung auf 290 µΩ + (70 K (0,00393 1/K 290 µΩ)) = 390 µΩ. Dies entspricht einer Zunahme von 35 % gegenüber dem Nennwert.

Eckdaten

Die einfache DCR-Stromerfassung bei Abwärtswandlern verursacht kaum Bauteilkosten, ist aber sehr ungenau und trotz Zusatzbeschaltung nur mäßig zu verbessern. Renesas erreicht 1 bis 2 % Genauigkeit mit einer Stromerfassung per Smart-Power-Stage und verbessert die Effizienz des Wandlers mithilfe eines temperaturstabilisierten Leistungsinduktors.

Schlimmstenfalls ist mit einem maximalen DCR von 319 µΩ die maximale Abweichung bei Erwärmung um 70 K ein Wert von 319 µΩ + (70 K (0,00393 1/K 319 µΩ)) = 407 µΩ. Dies entspricht einer Zunahme von 40 %.

Bei einem minimalen DCR von 261 µΩ ergibt sich durch Erwärmung um 70 K ein tatsächlicher DCR von 261 µΩ + (70 K (0,00393 1/K 261 µΩ)) = 333 µΩ, was einer Zunahme um 15 % gegenüber dem Nennwert entspricht. Der Gesamtfehler ist jedoch etwas kleiner, da der positive Kupferkoeffizient den geringen Ausgangswert der Induktivität kompensiert.

Aus Sicht des Schaltungsdesigns ist diese Situation äußerst nachteilig, da die Auslegung des Überstrom-Schwellwertes sowie die Überstromabschaltung auf diesen Widerständen basiert. Ist die Schaltung zu empfindlich, folgen daraus fehlerhafte Abschaltvorgänge. Ist die Schaltung zu unempfindlich, besteht die Gefahr einer Überlastung von Spule und Leistungs-FET, was noch schlechter wäre.

Schwellwerte in Schieflage durch ungünstige Toleranzen

Angenommen eine Schaltung soll maximal 35 A bei 1 V liefern – heutzutage ein vernünftiger Wert für einen zweckmäßigen Einphasen-Aufwärtswandler. Ist der DC-Widerstand der Induktivität niedrig, dann misst der Regel-Controller fälschlicherweise, dass die Schaltung 40 A liefert, während der tatsächliche Ausgangsstrom gerade einmal 35 A erreicht. Der Messfehler von 5 A bedeutet, dass sich der Ausgangsspitzenstrom nicht auf einen Wert kleiner 40 A einstellen lässt, weil die Stromversorgung andernfalls schon bei Nennlast abschaltet.

Wie schlimm kann die Situation in die andere Richtung ausfallen, wenn der Ausgangsspitzenstrom auf 40 A eingestellt ist und der DC-Widerstand der Induktivität 10 % über Nennwert liegt? In diesem Fall beträgt der DCR dann 407 µΩ und der Regler-Controller sieht einen Ausgangsstrom von 65 A. Jetzt muss aber der Ausgangsspitzenstrom auf 65 A eingestellt werden, denn sonst besteht das Risiko einer Überstromabschaltung (OCP-Shutdown) bei bereits weniger als 40 A Nennstrom. Dies mag unangemessen erscheinen, doch sobald der Ausgangsspitzenstrom auf 65 A eingestellt ist, muss die Schaltung so ausgelegt sein, dass sie diesen Strom auch dauerhaft für den seltenen Fall einer korrekten Strommessung liefern kann.

Thema auf der nächsten Seite: Überdimensionierte Bauteile und schlechte EMV.

Überdimensionierte Bauteile und schlechte EMV

Hohe einzustellende Ausgangsspitzenströme aufgrund ungünstiger DCR-Toleranzen führen zu einer massiven Überdimensionierung der Ausgangsinduktivität und der Leistungs-FETs. Die Stromversorgung muss 35 A liefern, während die Schaltung in der Lage sein muss, dauerhaft 65 A bereitzustellen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Strom durch die Induktivität eine DC-Komponente sowie jedoch auch eine Spitze-Spitze-Welligkeit besitzt. 20 % sind ein guter Anhaltswert für den Welligkeitsstrom. Folglich muss die Zyklus-für-Zyklus-Strombegrenzung auf mehr als 65 A eingestellt werden, womit sich wirkungsvolle Bauteilschutzmaßnahmen des Ausgangs-FETs als äußerst fragwürdig darstellen. Nicht auszudenken was bei 30 % Welligkeitsstrom passiert.

Renesas

Bild 3: Die differenziellen Strommessleitungen für den temperaturstabilisierten Kelvin-Induktor werden mit unter dem Bauteil verlegt. Renesas

Des Weiteren ist zu beachten, dass die typischen Stromerfassungsspannungen im Bereich von 10 bis 20 mV liegen. In einer Stromversorgung mit Switch-Node-Ringing, magnetischen Streufeldern der Ausgangsinduktivität und zirkulierenden Strömen in den Überbrückungs- und Ausgangskondensatoren lässt sich ein ausreichender Rauschabstand nur schwer erreichen. Um auch nur eine annähernd ausreichende Signalqualität zu erzielen, müssen die Leitungen zur Strommessung sorgfältig als differenzielle Paare verlegt werden, damit alle Störungen im Gleichtakt eingehen. Weiterhin müssen die Leitungen weit entfernt von der Induktivität, dem Schaltknoten und den Hochstrom/Hochfrequenz-Stromschleifen verlegt werden. Dies ist bei heutigen Designs mit meist eingeschränktem Platzangebot schwierig.

Temperaturkompensation zeigt erste Verbesserung

Als erste Verbesserung kann mit einem Thermistor oder einer Temperaturerfassungsdiode – üblicherweise ein in Durchlassrichtung gepolter Basis-Emitter-Übergang eines kleinen PNP-Transistors – ein realistischer Schätzwert für die Temperatur der Induktivität ermittelt werden. So lässt sich das thermische Verhalten des Kupfer-Wicklungs-Widerstands kompensieren. Diese Maßnahme hilft und erreicht bei sorgfältigem Vorgehen eine Genauigkeit von vielleicht ±10 %.

Was lässt sich sonst noch machen? Der Entwickler könnte die kostenfreie DCR-Schaltung ignorieren und einen teuren, temperaturstabilen Stromerfassungswiderstand in Serie mit der Ausgangsinduktivität schalten. Das bedeutet aber zusätzliche Kosten und verringert den Wandler-Wirkungsgrad. Mit einer guten Differenzsignalführung lässt sich jedoch der Ausgangsstrom wesentlich genauer erfassen. Unter Aufsummierung aller Toleranzen ließe sich damit eine Gesamtgenauigkeit der Stromerfassung von ±5 % oder besser erreichen. Entwickler verdienen sich Respekt, die dieses Konzept in einem Design-Review rechtfertigen und Kritik an den Auswirkungen auf Wirkungsgrad und Kosten für ihr Design abwehren.

Die Genauigkeit auf die Spitze treiben

Ein wirkungsvollerer Ansatz optimiert die Induktivität, und fertigt die Wicklung aus einer temperaturstabilen Legierung. Doch das ist erst die halbe Miete. Darüber hinaus gibt es auch eine bessere Alternative zum Strommesswiderstand: Ein geschickt ausgelegter Smart-Power-Stage-Baustein (SPS) im Laststrompfad erfasst seinen Strom selbst und gibt den Messwert aus. Diese Lösung ist zwar teurer als eine DCR-Strommessung, sie kompensiert diese Zusatzkosten jedoch durch die höhere Leistungsfähigkeit und kommt damit wesentlich näher an die geforderte Nennausgangsleistung heran. Die geringere erforderliche Überdimensionierung der Bauteile im Laststrompfad bewirkt zusätzlich deutliche Kosteneinsparungen.

Wie gut sollte eine solche Stromerfassung sein? Bei vernünftigen Arbeitsbereichen – es sind jedoch keine Wunder zu erwarten, wenn der Ausgangsstrom nahe Null liegt – lässt sich eine anfängliche Genauigkeit von ±1 % und eine Worst-Case-Toleranz von ±2 % durch Alterung und Temperaturvariationen erzielen. Dies kommt einem Idealverhalten bereits sehr nahe.

Die Technologie entwickelt sich weiter und beschert Entwicklern Jahr um Jahr verbesserte Komponenten für ihre Projektet. Ungenaue DCR-Strommess-Schaltungen sollten deshalb schon bald der Vergangenheit angehören.

Ken Coffman

Senior Principal Field Applications Engineer bei Renesas Electronics Corporation

(jwa)

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