Damit automatisierte Fahrzeuge Realität werden können, müssen sie ihren Standort jederzeit zuverlässig zentimetergenau bestimmen können.

Damit automatisierte Fahrzeuge Realität werden können, müssen sie ihren Standort jederzeit zuverlässig zentimetergenau bestimmen können. (Bild: Courtesy u-blox)

In der allgemeinen Presse gehören automatisierte Fahrzeuge zu den vieldiskutierten Themen. Daneben wird jedoch übersehen, dass einige der entscheidenden Grundlagentechnologien noch deutlich ausgereifter sein müssten, bevor sich eine große Zahl von Menschen in Autos ohne Fahrer von A nach B chauffieren lassen kann.

Besondere Aufmerksamkeit liegt auf der hochpräzisen Positionierung. Damit Fahrzeuge des oberen Endes der sechsstufigen Automatisierungsskala der Society of Automotive Engineers Realität werden können, müssen sie ihren Standort jederzeit zuverlässig zentimetergenau bestimmen können.

Die Positionierungssysteme in den meisten aktuellen Autos verwenden in der Regel GNSS-Empfänger (Global Navigation Satellite System) in Kombination mit einer IMU (Inertial Measurement Unit) und dem Kilometerzähler. Jedoch erreichen sie nicht annähernd das gewünschte Genauigkeitsniveau. Selbst unter den günstigsten Bedingungen für den Empfang von GNSS-Satellitensignalen liegt die Genauigkeit ohne Korrekturdienst zwischen 2 und 5 m horizontaler CEP. In schwierigeren Umgebungen, wie z. B. in städtischen Gebieten oder in Innenräumen, werden sogar noch schlechtere Genauigkeitswerte erreicht.

Nutzung von UWB und V2X zur Ergänzung von GNSS

Um dieses Manko von GNSS aufzufangen, werden gerade verschiedene Lösungen entwickelt. Derzeit haben jedoch alle ihre Grenzen bzw. bieten lediglich eine Lösung, die nur in einigen und nicht in allen Umgebungen funktioniert. Künftige autonome Fahrzeuge werden daher zwangsläufig auf Hybridlösungen angewiesen sein, die mehrere Technologien miteinander kombinieren.

Ein Bereich, der bisher relativ wenig untersucht wurde, ist die Kombination von GNSS mit terrestrischen Funksignalen zur Verbesserung der Positionsgenauigkeit von Fahrzeugen. Cellular-Vehicle-to-Everything (C-V2X), IEEE 802.11p V2X, sein Nachfolger 802.11bd und Ultrabreitband (UWB) lassen sich für Entfernungsmessungen im Kurzstreckenbereich verwenden. Die V2X-ITS-Kommunikationstechnologie ist in der Norm EN 302890 (Intelligente Verkehrssysteme) als potenzielle Positionierungslösung aufgeführt, während die UWB-Technologie (Ultrabreitband) für Anwendungen in Innenräumen sowie für Fahrzeughersteller beim schlüssellosen Zugang zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Diese Technologien sind soweit ausgereift, dass sich weitere Untersuchungen als Ergänzung zu GNSS und IMUs lohnen. Damit soll letztlich ein höheres Maß an Fahrzeugautonomie unterstützt werden. u-blox hat vor kurzem eine Studie durchgeführt, um die Stärken und Schwächen des terrestrischen Ranging (Entfernungsmessung) von IEEE 802.11p V2X und UWB als Teil einer Hybridlösung mit GNSS für die Fahrzeugnavigation zu bewerten. Ziel war es, die Machbarkeit für diese Einsatzmöglichkeit festzustellen und herauszufinden, wo weiter geforscht werden muss, damit diese Art von hybrider Navigationslösung Teil zukünftiger autonomer Fahrzeuge werden kann.

Funktionsweise des terrestrischen Ranging

Ein terrestrisches Ranging-System zur Entfernungsmessung erfordert ein Netz fester Bodenstationen (in V2X-Systemen üblicherweise als Road Side Units, RSUs, bezeichnet), wobei die Standorte der Stationen bekannt sind. Die vom Fahrzeug ausgesendeten V2X- oder UWB-Signale werden von den RSUs zurückgesendet, sodass das Fahrzeug die Laufzeit (hin und zurück) messen und folglich die Entfernung zwischen sich und dem Ankerpunkt berechnen kann. Wird dies für drei oder mehr RSUs durchgeführt, die relativ zum Fahrzeug geometrisch verstreut sind, lässt sich dessen Position bestimmen.

Simulationen sind notwendig

Die Implementierung der für diese Art von Lösung erforderlichen RSUs in der Fläche ist noch nicht erfolgt. Die Installation eines geeigneten Netzwerks von Bodenstationen in einem städtischen Umfeld auf öffentlichem Grund war für diese Studien nicht machbar. Zum Teil liegt das daran, dass sich die regulatorische Landschaft rund um UWB in diesem Zusammenhang noch in der Entwicklung befindet. Stattdessen wurden Ankerpunkte auf verschiedenen Privatgrundstücken eingerichtet, von offenen Feldern bis hin zu Gebieten, die für städtische Umgebungen repräsentativ sind, wie z. B. Gewerbegebiete. Es wurden umfangreiche Messungen des Verhaltens der UWB- und V2X-Signale in diesen Umgebungen durchgeführt. Damit ließen sich Leistungsstatistiken wie z. B. das Rauschen extrahieren und anschließend ein Verhaltenssimulationsmodell für die Entfernungsmessung erstellen.

Testverfahren unter realen Bedingungen

Nachdem ein Verhaltenssimulationsmodell für verschiedene Arten von Umgebungen – ländliche, städtische Bereiche und Innenräume – erstellt war, erfolgten eine Reihe von Testfahrten unter realen Bedingungen. Diese deckten ein breites Spektrum von Fahrbedingungen ab. Untersucht wurden Abschnitte mit hoher Geschwindigkeit auf offener Straße, dichte Stadtgebiete, Start-Stopp-Verkehr im Stau, viele Straßenecken, Kurven und Orte mit eingeschränktem oder fehlendem GNSS-Empfang, wie z. B. Tunnels.

Gesammelt wurden während dieser Fahrten sowohl GNSS-Messungen als auch „Ground Truth“. Für erstere kam ein NEO-M8L-Modul von u-blox mit eingebauter IMU zum Einsatz. Zur Ermittlung der „Ground Truth“ kamen ein hochwertiger RTK-Empfänger (Real-time Kinematic), ein GNSS-Ergänzungsdatendienst und eine hochspezialisierte IMU zum Einsatz.

Für jeden Abschnitt der Testfahrten erfolgte anhand der Umgebung eine Klassifizierung – dicht bebaute Stadt, Tunnel, offene Landschaft usw. – so konnten in der Simulation die entsprechenden Rauschmodelle angewendet werden.

Die sechsstufige Automatisierungsskala der Society of Automotive Engineers.
Bild 1: Die sechsstufige Automatisierungsskala der Society of Automotive Engineers. (Bild: SAE International)

Als nächstes wurden die RSU-Positionen auf der Grundlage der gewählten Dichte- und Platzierungsregeln zugewiesen und eine zufällige Höhenvariation von 2 m hinzugefügt, um eine vollständig ebenflächige Implementierung sicher auszuschließen. Der Test erfolgte mit einer unterschiedlichen Anzahl von RSUs, um herauszufinden, wie viele für das Erreichen der notwendigen Ortungsgenauigkeit erforderlich sind. Anschließend legten die Ingenieure zusätzliche Simulatorvariablen fest, wie z. B. die Genauigkeit des Zeitstempels bei den Entfernungsmessungen.

Danach wurden für jede Entfernungsepoche simulierte Entfernungsmessungen zwischen den RSUs und der wahren Position durchgeführt. Zu diesen wurden in einzelnen Situationen Rauschen hinzugefügt und die verrauschten Simulatormessungen mit den GNSS-Messungen zusammengeführt, die unterwegs aufgezeichnet wurden.

Die wichtigsten Ergebnisse der Simulation

Die Ergebnisse des Simulators ermöglichten es, Leistungsstatistiken zu erstellen, die einen Vergleich zwischen den hybriden GNSS+V2X- und GNSS+UWB-Lösungen und einer konventionellen GNSS+IMU-Lösung gestatten, wie sie heute in Standardfahrzeugen zu finden sind. Bild 2 zeigt die Leistungen der drei Lösungen.

Das Ergebnis zeigte auf sehr hohem Niveau, dass das System GNSS+V2X (IEEE 802.11p) eine ähnliche Leistung wie eine herkömmliche GNSS+IMU(DR) -Lösung mit Standardpositionierung erreicht. In Situationen ohne oder bei stark beeinträchtigtem GNSS-Empfang kann eine IMU keinen Nutzen beitragen. Sie ist nämlich auf kontinuierlichen GNSS-Empfang angewiesen, um gut abgestimmt zu funktionieren. Hier wäre eine V2X-basierte Ortungslösung für die Navigationsführung von Vorteil. Weitere Untersuchungen sind jedoch erforderlich, auch im Hinblick auf die Rolle der IMU bei der hochintegrierten, hochpräzisen Positionsbestimmung, um das für autonome Anwendungen erforderliche Maß an Genauigkeit und Integrität zu erreichen.

Das GNSS+UWB-Hybridsystem lieferte eine deutlich bessere Leistung, die sich dem Niveau annähert, das mit einem RTK-basierten GNSS-Ergänzungsdienst erreicht werden kann. Das Testsystem lief mit einer Frequenz von 0,67 Hz und konnte eine Genauigkeit von fast 10 cm erreichen. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass künftige einsatzbereite Systeme auf die im V2X-Bereich übliche Aktualisierungsrate von 10 Hz ausgerichtet sein werden.

Durch die Kombination eines 10-Hz-UWB-Entfernungsmesssystems mit einem hochpräzisen GNSS-System, das Korrekturdaten verwendet, sollte es in den meisten Situationen möglich sein, eine Genauigkeit von 10 cm zu erreichen. Für GNSS mit Korrekturdaten wurde bereits nachgewiesen, dass es dieses Präzisionsniveau auf offenen Flächen und Autobahnen erreichen kann. Ein Netz von in städtischen Gebieten eingesetzten RSUs würde ermöglichen, dass UWB hochpräzises GNSS in Situationen ergänzt, in denen der Satellitenempfang schwierig ist.

Die begrenzte Reichweite von UWB in Verbindung mit den aktuellen regulatorischen Beschränkungen für den Einsatz im Freien schränken den Nutzen derzeit jedoch ein. Dennoch könnte die Mikronavigation in Innenräumen, z. B. in Parkhäusern, mit dieser Technologie gut realisierbar sein.

Leistung der drei Navigationslösungen im Test.
Bild 2: Leistung der drei Navigationslösungen im Test. (Bild: u-blox)

Wegbereiter für künftige autonome Fahrzeuge

Die Positionierungssysteme in den meisten modernen Autos verwenden in der Regel GNSS-Empfänger (Global Navigation Satellite System) in Kombination mit einer IMU (Inertial Measurement Unit) und dem Kilometerzähler. Das Genauigkeitsniveau lässt jedoch zu wünschen übrig. Um die Stärken und Schwächen des terrestrischen Ranging (Entfernungsmessung) von IEEE 802.11p V2X und UWB als Teil einer Hybridlösung mit GNSS für die Fahrzeugnavigation zu bewerten, hat u-blox vor kurzem eine Studie durchgeführt. Damit diese Technologie wirklich zu einem Wegbereiter für künftige autonome Fahrzeuge werden kann, sind noch weitere Entwicklungen erforderlich. Die detaillierten Erkenntnisse dieser Studie beschreibt dieser Artikel.

Andere gewonnene Erkenntnisse aus der Studie

Die Studie brachte eine Reihe weiterer wichtiger Erkenntnisse ans Licht. Erstens hat sich Folgendes gezeigt: Wenn zusätzlich zum GNSS auch nur zwei RSUs sichtbar sind, stellt dies einen erheblichen Vorteil für die Hybridlösung dar.

Zweitens ist eine unterschiedliche Höhe der RSUs unerlässlich, wenn das Navigationssystem die Höhe des Fahrzeugs genau bestimmen soll, insbesondere bei der V2X-Technologie. Dies wird besonders wichtig sein, um Fahrzeugen einen sicheren Betrieb zu ermöglichen, wenn verschiedene Straßenebenen übereinanderliegen, wie z. B. bei mehrstöckigen Straßentrassen mit Kreuzungen.

Drittens ist es u-blox gelungen, einen hybriden Filter zu entwickeln, der die Signale von V2X-, UWB- und GNSS-Systemen verarbeitet und den Übergang zwischen Gebieten nahtlos bewältigt, in denen nur GNSS (ohne RSUs) und nur terrestrisches Ranging (z. B. in Tunneln) vorhanden sind.

Viertens ist die terrestrische Entfernungsmessung trotz ihrer vielversprechenden Eignung für diese Anwendung bei weitem nicht resistent gegen Umwelteinflüsse und Mehrwegeffekte. Selbst UWB leidet manchmal unter der Signalausbreitung mit fehlender Sichtverbindung.

Genaue zeitliche Abstimmung zwischen den GNSS- und den terrestrischen Entfernungsmessungen

Und schließlich erwies sich auch die genaue zeitliche Abstimmung zwischen den GNSS- und den terrestrischen Entfernungsmessungen als ein kritischer Faktor. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass eine Abstimmung auf wenige Millisekunden genau ausreichen würde, doch in der Realität stellte sich heraus, dass es erforderlich ist, unter 100 Mikrosekunden zu bleiben.

Ausblick: So wird diese Technologie wirklich zu einem der Wegbereiter für künftige autonome Fahrzeuge

Die Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass die terrestrische Funkortung das Potenzial hat, die bestehenden Ortungstechnologien und -dienste zu ergänzen, die heute in Fahrzeugen implementiert sind. Weitere Entwicklungen sind erforderlich, nicht zuletzt bei den Regulierungen, damit diese Technologie wirklich zu einem der Wegbereiter für künftige autonome Fahrzeuge werden kann. Für diese Anwendung muss z. B. die UWB-Nutzung im Freien erlaubt werden, und es muss eine breite Implementierung von UWB-fähigen RSUs geben. Darüber hinaus muss bei der Implementierung von RSUs jeglicher Art über ihre mögliche Verwendung als Positionierungsanker nachgedacht werden. Sie sind eben nicht nur als Kommunikationsgeräte zu sehen. Weiterhin müssen mehr Frequenzen und breitere Kanäle für V2X zugewiesen werden. Und es ist dafür zu sorgen, dass Positionierungsprimitive und -signale in die V2X-Standards aufgenommen werden.

Ein verwandter Bereich, der weiter untersucht werden sollte, ist der Einsatz von UWB-Ranging zum Schutz von gefährdeten Verkehrsteilnehmern (VRUs, Vulnerable Road Users), wie Fußgänger, Radfahrer und Rollstuhlfahrer. Da sowohl moderne Smartphones als auch Autos heute über UWB-Technologie verfügen, kann diese genutzt werden, um autonomen Fahrzeugen die Position von VRUs in ihrer Umgebung deutlicher anzeigen zu können. (neu)

Autor

Autor David Bartlett
(Bild: u-blox)

David Bartlett ist Head of Technology, Product Center Positioning bei u-blox

Autorin

Autorin Dr. Stefania Sesia
(Bild: u-blox)

Dr. Stefania Sesia, PhD ist Head of Application Marketing, Automotive bei u-blox.

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