Solderable flex-PCB with SMD components before reflow soldering (left-hand side) and after soldering (right-hand side)

Gedrucktes smartes NFC-Tag zur Temperaturüberwachung mit aufgelöteten Komponenten (Bild: Innovationlab)

Angesichts des sich beschleunigenden Klimawandels steigt der Druck auf Unternehmen, die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeiten auf die Umwelt zu reduzieren. Während gesellschaftliche Verantwortung und die Einhaltung von Umweltauflagen schon seit Jahren fester Bestandteil der meisten Unternehmensstrategien sind, verschiebt sich der Fokus heutzutage vermehrt auf die Einhaltung sogenannter ESG-Prinzipien.

Was bedeutet ESG?

Das Kürzel „ESG“ steht für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) und bezieht sich auf eine Reihe von Kriterien, mit denen sich bewerten lässt, welche Auswirkungen ein Unternehmen auf die Gesellschaft und die Umwelt hat und wie transparent es über seine Nachhaltigkeitsrisiken berichtet. Dies ist heutzutage mehr als eine reine PR-Maßnahme. Denn: Der ESG-Status eines Unternehmens wirkt sich wahrscheinlich auf dessen Rentabilität, Finanzierungsfähigkeit und Wachstumspotenzial aus.

Die ESG-Herausforderung

Rating-Agenturen wie Sustainalytics, S&P und MSCI haben spezielle Indizes wie den Dow Jones Sustainability World Index und den ESG Universal Index entwickelt, die aufzeigen, welchen ESG-Compliance-Risiken ein Unternehmen unterliegt. Diese Indizes werden von Anlagemanagern herangezogen, um Entscheidungen in Bezug auf die Zusammensetzung und Gewichtung ihrer Portfolios zu treffen.

Um in der Elektronikindustrie ein positives ESG-Profil zu erlangen, müssen Unternehmen ihren Energieverbrauch, ihre CO2-Emissionen und ihre Umweltauswirkungen senken – dies gilt vor allem für preisgünstige Massenprodukte. Dementsprechend suchen viele Elektronikhersteller derzeit nach Lösungen, um sowohl ihre Ökobilanz als auch ihre finanzielle Performance zu verbessern.

Dieser Druck wird teilweise an die Lieferketten weitergegeben, denn immer mehr Großkunden verlangen von ihren Partnern und Lieferanten, dass sie ihre Umweltauswirkungen senken. So forderte Apple kürzlich seine globalen Zulieferer auf, neue Maßnahmen zu ergreifen, um den Ausstoß von Treibhausgas-Emissionen zu mindern und auf eine umfassende Dekarbonisierung hinzuwirken. Apple-CEO Tim Cook ergänzte: „Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten, die Apple helfen, seine Lieferkette bis 2023 klimaneutral zu gestalten“.[1] Apple sagt hier explizit, dass der Konzern gezielt mit Lieferanten zusammenarbeiten möchte, die ihre Umweltauswirkungen messbar reduzieren – und andere große Erstausrüster verfahren ebenso.

Copper Printed Hybrid Electronic
Vollständig gedruckte Platine für die Ausleseelektronik eines gedruckten Sensors (Bild: InnovationLab)

Gedruckte Elektronik zur Erreichung von ESG-Zielen

Graduelle Veränderungen können Elektronikhersteller an vielen Stellen ihrer betrieblichen Abläufe vornehmen. Es gibt jedoch einige Bereiche, in denen ein grundlegendes Umdenken erhebliche Vorteile mit sich bringt. Ein solcher Gamechanger ist die gedruckte Elektronik, denn bei dieser Technologie handelt es sich im Vergleich zu den subtraktiven Prozessen der konventionellen Elektronikfertigung um ein additives Verfahren.

Durch die Produktion elektronischer Bauteile mittels Drucktechniken lässt sich nicht nur das Abfallaufkommen, sondern auch der Energieverbrauch deutlich senken. Zudem ermöglicht die Technologie die Verwendung neuer Arten von Substraten und sogar von biologisch abbaubaren wie Papier. Ein Beispiel sind papierbasierte RFID-Antennen, die langlebig sind und sich am Ende ihres Lebenszyklus biologisch abbauen.

Ein weiteres Beispiel sind die leitfähigen Tinten aus Kupfernanopartikeln von Copprint. Diese Tinten ermöglichen die additive Fertigung von Leiterplatten, die wesentlich umweltfreundlicher und zudem kostengünstiger ist als die Produktion mittels Ätzen. Im Vergleich zu herkömmlicher Silbertinte ermöglicht Kupfertinte deutliche Kostensenkungen sowie eine Minderung der CO2-Emissionen um den Faktor 40.

„Bisher erfolgt die Sensorfertigung entweder durch ein Ätzverfahren mit langen Durchlaufzeiten und großen Mindestbestellmengen oder durch kostspielige Druckverfahren mit leitfähigen Silberpasten“, sagt Ofer Shochet, CEO und Gründer von Copprint. „Die Kupfertinten von Copprint ermöglichen ein nachhaltiges, umweltfreundliches und kostengünstiges Druckverfahren, das dem Ätzen und dem Drucken mit Silber in jeder Hinsicht überlegen ist. InnovationLab unterstützt die Forschung und Entwicklung, Skalierung und Fertigung von gedruckter Elektronik mithilfe von leitfähiger Kupfertinte“.

Gedruckte Elektronik in der Praxis

In der Theorie klingt die Herstellung elektronischer Bauelemente mittels Druckverfahren wie die optimale Lösung – doch wie lässt sie sich praktisch umsetzen? InnovationLab gehört seit 2008 zu den führenden Industriepartnern im Bereich der gedruckten Elektronik und hat entscheidend zum Umstieg von grafischen Druckverfahren auf skalierbare Fertigungsprozesse in der Elektronikbranche beigetragen. Dabei liegt der Fokus auf der Massenfertigung preisgünstiger Produkte, denn hier lässt sich die größtmögliche Nachhaltigkeitswirkung erzielen.

InnovationLab versteht sich als One-Stop-Shop für die Entwicklung und Fertigung von gedruckter Elektronik. Da es sich bei der Herstellung elektronischer Bauteile mittels Drucktechnik um ein additives Verfahren handelt, können die Designregeln deutlich von denen der konventionellen Leiterplattenfertigung abweichen. InnovationLab möchte seinen Kunden helfen, die erhöhte Flexibilität beim Design von gedruckter Elektronik auszuschöpfen. Auf Basis einer Problembeschreibung werden kundenspezifische Lösungen entwickelt, die neue Produktfunktionen oder ein besseres Gleichgewicht zwischen Kosteneffizienz und Nachhaltigkeit ermöglichen, beispielsweise durch eine größere Auswahl an Substraten.

Kunden aus der Automobilindustrie, dem Gesundheitswesen, der Unterhaltungs- und Industrieelektronik sowie der Luft- und Raumfahrt erhalten einen umfassenden Support – angefangen vom Proof of Concept und Prototyping über die Produktentwicklung und Prozessskalierung bis hin zur Massenproduktion von gedruckter Elektronik.

Hersteller hochmoderner Funktionsmaterialien wie Kupfertinten, die für den Druck elektronischer Bauteile benötigt werden, entscheiden sich laut eigenen Aussagen für InnovationLab, da das Unternehmen neue Materialien in skalierbaren Fertigungsprozessen schnell mitentwickelt und qualifiziert.

PEP3-Maschine
PEP3, hoch modulare Rolle zu Rolle Produktionsanlage für gedruckte Elektronik (Bild: InnovationLab)

Zu den verwendeten Substraten gehören FR-4, Polyimide, PET, PEN und andere Kunststoffe, aber auch Papier ab einer Materialdicke von wenigen Mikronen bis hin zu 250 µm. Dank der höheren Flexibilität bei der Auswahl des passenden Substrats profitieren Kunden vom optimalen Verhältnis zwischen Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz.

Die Lokalisierung der Produktion ist ein weiterer wichtiger Faktor für die Einhaltung von ESG-Kriterien. Vor allem bei preisgünstigen Massenprodukten verringert die lokale Fertigung die Umweltauswirkungen durch Transport und Verkehr. Die Entscheidung für die lokale Produktion in Europa und Nordamerika fällt häufig aufgrund von Lieferengpässen. Generell wird die Lokalisierung der konventionellen Elektronikproduktion jedoch mit höheren Kosten in Verbindung gebracht, die sich auf die strengeren Umweltauflagen in diesen Regionen zurückführen lassen. Bei gedruckter Elektronik dagegen entfällt dieser Nachteil, da die Fertigungsverfahren umweltfreundlicher sind.

Skalierung bis zur Massenproduktion

Innovation Lab arbeitet mit Heidelberger Druckmaschinen zusammen. Die Produktion von gedruckter Elektronik ist leicht skalierbar und lässt sich für die Massenproduktion in der Nähe von Endverbrauchern lokalisieren. „Die gute Partnerschaft zwischen Innovation Lab und HPE bündelt alle Vorteile von gedruckter Elektronik mit einem nahtlosen Übergang von der Entwicklung bis zur Serienproduktion“, sagt Dr. Michael Kröger, Managing Director von InnovationLab und Heidelberg Printed Electronics (HPE).

Um die Fertigung hoher Stückzahlen zu unterstützen, kommen schon in einer frühen Phase der Produktentwicklung Maschinen für die Rolle-zu-Rolle-Produktion zum Einsatz. Mithilfe von Rotationssieb- und Flexodruck werden Leiterbahnen und Isolierstoffe auf die Vorder- und Rückseite des Substrats aufgebracht und vierschichtige Designs umgesetzt.

iL_Real Printed PCB
Gedruckte Platine eines NFC Tags mit hybridintegrierten klassischen elektronischen Komponenten. Gedruckt auf Standardmaterialien der Platinenherstellung (Bild: InnovationLab)

Bei qualifizierten Prozessen können die Prototypen vom ersten Kontakt bis zum Versand, einschließlich der Produkt- und Maschinenauslegung, innerhalb weniger Wochen geliefert werden. Für die Beschaffung und Qualifizierung neuer Materialien und Prozesse für seine Kunden greift InnovationLab bei Bedarf direkt auf sein Netzwerk aus verlässlichen Partnern für Materialien, Maschinen und Werkzeuge zu.

Die Produktion erfolgt in Deutschland und erfüllt die Anforderungen an das Qualitätsmanagement gemäß ISO 9001, wobei der Betrieb der wichtigsten Geräte in Reinräumen erfolgt. Geliefert werden die Produkte entweder als komplette Rollen, die der Kunde einfach montieren und verarbeiten kann, oder als Stanzteile für die kundenseitige Verarbeitung auf Plattenbasis.

Fazit

Die Umsetzung einer ESG-Strategie stellt Unternehmen aller Branchen vor erhebliche Herausforderungen. Dies gilt besonders für die Herstellung elektronischer Bauteile, bei der die Erzeugung von Abfällen und die Verwendung giftiger Materialien auf der Tagesordnung stehen. Durch die Einführung von Verfahren zur Produktion von gedruckter Elektronik können Unternehmen die Umweltauswirkungen ihrer Fertigung deutlich reduzieren – und dadurch nicht nur ihre ESG-Performance verbessern, sondern auch die Produktionskosten senken.

Dr. Florian Ullrich
(Bild: InnovationLab)

Dr. Florian Ullrich

Head of Business Development, InnovationLab, Heidelberg

Literatur:

[1] https://www.apple.com/newsroom/2022/10/apple-calls-on-global-supply-chain-to-decarbonize-by-2030/

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