BPawesome_AdobeStock_562561215

Bei der Entwicklung von Produkten muss auch an deren Klimafreundlichkeit gedacht werden. Wie das gelingen kann. (Bild: BPawesome_AdobeStock_562561215)

Jedes Produkt hat auf mehr als eine Weise Auswirkungen auf das Klima: im Betrieb durch die direkten Emissionen von Treibhausgasen oder durch Emissionen, die bei Erzeugung und Speicherung der benötigten Energie anfallen. Zudem erzeugt die Produktion sowie die Logistik weitere Emissionsäquivalente. Beginnend von der Materialgewinnung im Bergbau über die Endmontage bis hin zur Lieferung an den Vorlieferanten: All diese Schritte erzeugen CO2. Ebenso einzurechnen ist die Klimawirksamkeit der Transportkette bis zum Einzelhandel oder bis zum Endkunden. Abschließend muss der Aufwand zur fachgerechten Entsorgung am Ende des Produktlebenszyklus, oder aber die Rückführung in den Rohstoffkreislauf, mit eingerechnet werden. Das alles ergibt den ökologischen Fußabdruck eines Produkts.

Auswirkungen auf das Klima bei Produktdefinition berücksichtigen

Es lohnt sich, all diese Kriterien bereits bei der Definition der Produktanforderungen zu berücksichtigen und der Produktentwicklung als Zielvorgabe mitzugeben. Zu diesem Zeitpunkt im Produktlebenszyklus ist die Hebelwirkung enorm. Zudem besteht hier die Möglichkeit, ohne großen Zeit- und Kostenverlust Konzepte zu korrigieren. Das erhöht zugleich die Wahrscheinlichkeit, dass Verzögerungen im Entwicklungsprozess ausbleiben und das fertige Produkt auf Anhieb das Marktbedürfnis trifft.

Ganzheitliche Herangehensweise

Für viele – durchaus nicht nur kleine – Unternehmen ist die wesentlichste Neuerung dabei die Betrachtung des gesamten Produktlebenszyklus, von der Ideenfindung über die Entwicklung, die Produktion und den Gebrauch einschließlich der Möglichkeit von der Nutzungsdauer verlängernden Reparaturen bis zur Entsorgung. Wesentlich ist, bei der Ausformulierung der Produkteigenschaften die Nachhaltigkeitsziele mit zu erfassen. Nur so kann frühzeitig eine faktenbasierte Abwägung zwischen den verschiedenen Aspekten erfolgen. In diese Definition ist es ratsam, bereits den CO2-Fußabdruck der verwendeten Materialien und Vorprodukte einfließen zu lassen.

Nachhaltigkeit: Weniger ist mehr

Alle produzierenden Unternehmen, die ihre Produktentwicklung nachhaltig gestalten möchten, sollten dabei auch nach dem Prinzip „weniger ist mehr“ agieren. Auch wenn sich das nicht immer im Preis niederschlägt, sollte jedes Material oder Vorprodukt im Sinne der Nachhaltigkeit als knappe Ressource angesehen werden. Das Vorgehen beginnt mit der Betrachtung des Materialverbrauchs bei mechanischen Komponenten und endet in den erforderten Materialeigenschaften sowie der zu produzierenden Menge.

So stellte etwa ein Hersteller hochwertiger Konsumelektronik bei den Gehäusen von einem hochfesten Verbundmaterial auf Aluminium um. Dadurch konnte der Gesamtenergieverbrauch bei Materialherstellung, -transport und -verarbeitung signifikant gesenkt werden. Als Resultat ist jedoch das Gehäuse nicht mehr hitzebeständig. Dafür ist der Gesamtenergieverbrauch bei Materialherstellung, -transport und -verarbeitung (Druckguss und Nachbearbeitung) deutlich geringer und das Material lässt sich beliebig oft einschmelzen und wiederverwenden. Das Beispiel zeigt, dass es empfehlenswert ist, bei der Konzeption eines Produkts nicht nur den Energiebedarf in der Produktion zu berücksichtigen.

Erfolgsfaktor Miniaturisierung

In der Elektronik steigen die Leistungs- und Funktionsdichte vieler Komponenten stetig an. Somit können Entwickler denselben Funktionsgrad mit weniger Komponenten erreichen und damit das Produkt langfristig verkleinern und bereits damit die Treibhausgasemissionen senken. Zudem bedeuten höher integrierte Komponenten meist weniger Material- und Energieeinsatz sowie Transportaufwand im Vorlauf. Gleiches gilt für das fertige Produkt, wo allein ein kleineres Gehäuse den Material- und Verarbeitungs- und Transportaufwand senkt. Darüber hinaus fällt bei der Entsorgung weniger Elektronikschrott an. Dadurch ist über den gesamten Produktlebenszyklus ein geringerer CO2-Fußabdruck sichergestellt. Mit vielen kleinen Maßnahmen lässt sich einiges an Ökoeffizienz herausholen.

Der große Blick, viele kleine Stellhebel

Gerade in der Elektronik lässt sich durch zeitgemäßes Handeln schon mit kleinen Maßnahmen einiges an Öko-Effizienz herausholen. So kann durch schlaue Anordnung aktiver Komponenten auf der Platine oder innerhalb eines Gehäuses der Aufwand für Kühlung und Schirmung gesenkt werden. Außerdem werden durch Auseinandersetzen von Bauteilen Hitzeinseln vermieden und mit dem nächstkleineren Ventilator das Auslangen gefunden. Wird an anderer Stelle im selben Gerät Wärme benötigt, kann diese durch einen integrierten Wärmetauscher bereitgestellt werden. Bei solchen Überlegungen ist eine mechatronische Betrachtung vorteilhaft. Messgeräte mit Metall- statt Kunststoffgehäuse dienen für die entsprechend angeordnete Leistungselektronik als Kühlkörper und sorgen für Abschirmung. Dadurch sinkt die Anzahl der einzukaufenden und zu verbauenden Komponenten signifikant, wodurch die Montage erheblich beschleunigt und vereinfacht wird.

Produzierbarkeit als Entwicklungsziel

Für Produktentwickler entstehen bei solchen Gelegenheiten vielschichtige Zielkonflikte. So kann etwa ein in Betrieb und Entsorgung klimafreundlicheres Material im Produktionsablauf erheblichen Mehraufwand verursachen. Um hier den Ausgleich zu schaffen, ist es für Entwickler ratsam, bereits bei der Produktdefinition die Produktion und deren Automatisierung mitzuplanen.

Petra Gottwald
(Bild: Hüthig)

Petra Gottwald

Chefredakteurin productronic und all-electronics.de, nach Unterlagen von Reichelt Elektronik.

Sie möchten gerne weiterlesen?