Druckbares organisches Solarmodul aus der Solarfabrik der Zukunft am Hi ERN

Druckbares organisches Solarmodul aus der Solarfabrik der Zukunft am Hi ERN (Bild: EnCN Kurt Fuchs)

Organische Elektronik kann entscheidend zur Dekarbonisierung beitragen und zugleich seltene und wertvolle Rohstoffe einsparen helfen. Dafür ist es notwendig, nicht nur die Herstellungsverfahren weiterzuentwickeln, sondern bereits im Labor technische Lösungen für das Recycling zu planen. Für diese Kreislaufstrategie werben Materialwissenschaftler des Helmholtz-Instituts Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (HI ERN), einer Außenstelle des Forschungszentrums Jülich, und Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) gemeinsam mit britischen und US-amerikanischen Forscherkollegen im Fachjournal „Nature Materials”.

Besonders im Bereich der OLED-Technologie, vor allem bei TV- oder Computerbildschirmen, erzielt die organische Elektronik enorme Zuwachsraten. „Das ist einerseits ein Fortschritt, birgt andererseits aber auch Probleme“, sagt Prof. Dr. Christoph Brabec, Direktor des HI ERN und Inhaber des Lehrstuhls für Werkstoffwissenschaften der FAU. Der Materialforscher sieht die Gefahr, dass eine ökologisch sinnvolle Technologie wie die organische Elektronik dauerhaft in eine Gerätearchitektur eingebunden wird, die insgesamt nicht nachhaltig ist. Das betreffe nicht nur Elektrogeräte, sondern beispielsweise auch organische Sensoren in Textilien, die eine extrem geringe Lebensdauer haben. Gerade die angewandte Forschung müsse jetzt die Weichen dafür stellen, dass elektronische Bauteile in allen Einzelkomponenten und über den gesamten Lebenszyklus hinweg einen möglichst geringen ökologischen Fußabdruck hinterlassen.

Ein qualitativer Vergleich zwischen traditionellen und gedruckten Photovoltaik-Technologien. Die vier 396 häufigsten Technologieparameter sind auf der rechten Seite dargestellt, während die nicht korrelierenden Nachhaltigkeits 397 Parameter durch den grünen Bogen hervorgehoben werden.
Ein qualitativer Vergleich zwischen traditionellen und gedruckten Photovoltaik-Technologien. Die vier häufigsten Technologieparameter sind auf der rechten Seite dargestellt, während die nicht korrelierenden Nachhaltigkeits-Parameter durch den grünen Bogen hervorgehoben werden. (Bild: FZ Jülich)

Effizientere Syntheseverfahren und robustere Materialien

Ein elementarer Beitrag dazu ist die Weiterentwicklung der organischen Elektronik selbst: Durch neue Materialien und effizientere Herstellungsverfahren lassen sich Produktionsaufwand und Energieeinsatz reduzieren. Im Vergleich zur Synthese einfacher Polymere ist die Herstellung der photoaktiven Schicht um ein Vielfaches energieintensiver, weil sie bei hoher Temperatur im Vakuum aufgedampft wird. Die Forschenden schlagen deshalb vor, günstigere und umweltfreundlichere Syntheseprozesse zu etablieren – zum Beispiel die Abscheidung aus Wasserlösungen und den Druck im Tintenstrahlverfahren. Eine große Herausforderung dabei ist, funktionelle Materialien zu entwickeln, die sich ohne toxische und umweltschädliche Lösemittel verarbeiten lassen. Im Falle von OLED-Displays bietet Tintenstrahldruck zugleich die Chance, Edelmetalle wie Iridium und Platin durch organische Materialien zu ersetzen.

Neben der Effizienz ist die Betriebsstabilität der Materialien entscheidend: Um die aufgedampften Kohlenstoffschichten organischer Solarmodule vor Umwelteinflüssen zu schützen, ist eine aufwendige Verkapselung notwendig, die bis zu zwei Drittel des Gesamtgewichtes ausmacht. Resistentere Werkstoffkombinationen könnten hier zu einer signifikanten Material-, Gewichts- und Energieersparnis beitragen.

Recycling bereits im Labor planen

Um den ökologischen Fußabdruck der organischen Elektronik realistisch bewerten zu können, müsse man den gesamten Produktlebenszyklus im Blick haben. Betrachtet man die reinen Leistungsdaten, liegt die organische Photovoltaik noch immer hinter konventionellen Siliziummodulen zurück – bei der Herstellung wird jedoch dreimal weniger CO2 emittiert. Das Streben nach dem maximalen Wirkungsgrad sei nicht alles, sagt Brabec: „18 Prozent können ökologisch sinnvoller sein als 20, wenn sich das photoaktive Material in nur fünf statt in acht Syntheseschritten herstellen lässt.“

Auch die geringere Lebensdauer organischer Module relativiert sich bei genauerer Betrachtung: Photovoltaik-Module auf Siliziumbasis halten zwar länger, lassen sich jedoch kaum recyceln. Biokompatibilität und biologische Abbaubarkeit sind aber zunehmend wichtige Kriterien sowohl für die Produktentwicklung als auch für das Verpackungsdesign. Deshalb müsse man das Recycling bereits im Labor berücksichtigen. Das bedeutet beispielsweise, Substrate zu verwenden, die entweder gut zu verwerten oder aber so leicht abbaubar sind wie die aktiven Substanzen. Sogenannte Multilayer-Designs könnten schon bei der Konstruktion dafür sorgen, dass sich verschiedene Materialien am Ende des Produktlebens leicht voneinander trennen und recyceln lassen. Brabec: „Dieser Cradle-to-Cradle-Ansatz wird eine entscheidende Voraussetzung dafür sein, organische Elektronik als wichtigen Baustein der Energiewende zu etablieren.“

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