Bei Elektronikherstellern ist der Fokus heute klar auf Miniaturisierung gerichtet. Elektronische Geräte werden immer kleiner, gleichzeitig sollen jedoch ihre Leistungsfähigkeit und Funktionalität erhöht werden. Um dies zu erreichen, müssen immer mehr Bauteile auf einer Leiterplatte montiert werden. Um auf der Leiterplatte Platz einzusparen, wird die Größe der einzelnen Bauteile reduziert. Dies stellt wiederum eine Herausforderung für die Platzierung, Verbindung und Prüfung der Bauteile dar.
Der Kostenfaktor bildet eine weitere Herausforderung, der sich SMT-Fertiger stellen müssen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, ist die Senkung der Produktionskosten ein bedeutender Stellhebel. Die Fertigungsunternehmen müssen außerdem auf Änderungen hinsichtlich Marktnachfrage, Regulierungen sowie die Verfügbarkeit von Rohstoffen reagieren. Wenn zum Beispiel die Nachfrage nach einem bestimmten elektronischen Produkt signifikant steigt, erfordert dies in der Regel eine zügige Anpassung der Produktionskapazitäten.
Die Branche reagiert und stellt sich entsprechend um. Immer mehr Elektronikfertiger modernisieren und erweitern derzeit ihre Anlagen, Systeme und Prozesse im Sinne der digitalen Transformation, um diesen Anforderungen gerecht werden zu können. Für viele Unternehmen lohnt sich sogar eine eigene Bestückungslinie.
„Mit der Leiterplattenproduktion inhouse können Unternehmen schnell und flexibel auf neue Anforderungen reagieren, ihr Leistungsspektrum erweitern sowie kürzere Reaktionszeiten erzielen. Immer mehr Fuji-Kunden verschieben ihre Schwerpunkte hin zur eigenen Leiterplattenproduktion vor Ort – unter anderem auf Grund der andauernden Lieferengpässe und der daraus resultierenden Materialknappheit. Dies ist quer durch alle Segmente der Elektronikbranche zu beobachten“, erklärt Sascha Frieling, Manager Technology bei Fuji Europe Corporation.
Voraussetzungen für eigene Leiterplattenproduktion
Für die interne Baugruppenproduktion gilt es, verschiedene Voraussetzungen zu schaffen. Zum einen spielt der finanzielle Faktor eine Rolle, da in neue Maschinen und Anlagen investiert werden muss. Eine Inhouse-Produktion beansprucht des Weiteren Platz, der für gewöhnlich erst geschaffen werden muss. Eine solche Anpassung der Produktionskapazitäten geht oftmals mit einer Aufstockung des Personals einher. Damit kommt ein weiterer Faktor ins Spiel: Es muss geeignetes Fachpersonal gefunden oder weitergebildet werden. Eine Notwendigkeit, die in Zeiten von akutem Fachkräftemangel nicht immer einfach zu bewältigen ist.
„Beim Aufbau einer eigenen Produktion sind diverse Aspekte zu beachten. Das fängt bei der Architektur an. Bei Industriebauten sind Statik und Gewicht der Maschinen entscheidende Faktoren. Auch ESD-Böden sind zu berücksichtigen. Um dann die einzelnen Prozessschritte in der Produktion zu realisieren, können Generalunternehmer wie Fuji hinzugezogen werden. Sind die Voraussetzungen geschaffen, bietet eine eigene Baugruppenproduktion durchaus Chancen für Einsparungen, da die Leistung nicht mehr ausgelagert werden muss. Auch sind schnelleres Handeln und neue Wertschöpfungspotenziale möglich“, sagt Sascha Frieling.
Systemanbieter beugt Lieferengpässen vor
Ein Beispiel dafür ist Schubert System Elektronik mit Sitz bei Neuhausen ob Eck bei Tuttlingen. Das Unternehmen besitzt mehr als 50 Jahre Entwicklungs- und Applikationserfahrung im Bereich industrieller Computersysteme. Zum Portfolio gehören unter anderem Sensor- und Monitoringsysteme sowie modulare Computerprodukte und -systeme. Dazu zählen individuelle Produkte für zahlreiche Industriefelder, beispielsweise für den Maschinenbau sowie für die Lebensmittel- und Medizintechnik. Für die Produktion ihrer Produkte und Systeme ist die Schubert System Elektronik unter anderem auf die Beschaffung von Leiterplatten angewiesen, was sich jedoch zunehmend als problematisch erwies.
Der Systemanbieter hat daher ein Linienkonzept für die eigenständige SMT-Produktion umgesetzt, auf dem Rohleiterplatten bestückt werden. Bis dato wurden diese von EMS-Dienstleistern zugeliefert. Die neue Produktionslinie war erforderlich, um fortlaufenden Lieferengpässen bei der Beschaffung begegnen zu können, aber auch bei strategisch wichtigen Eigenentwicklungen unabhängig zu sein. Die Produktion läuft seitdem erfolgreich.
Für die Produktionslinie lieferte Fuji sämtliche erforderlichen Komponenten wie Loader, Drucker, SPI, Bestückungsautomaten, Ofen, AOI, Warenlager und Wäsche. Berücksichtigung fanden dabei sowohl Hard- und Software aus dem Hause Fuji als auch Produkte anderer Hersteller.
„Durch den Einsatz einer vollautomatisierten SMD-Linie wirken wir auch dem drohenden Arbeitskräftemangel entgegen.“
Was bedeutet die Linie für die Produktion bei Schubert?
Das ganzheitliche Linienkonzept ermöglicht nun die Produktion mittlerer Größen sowie das Prototyping. Eigene Prototypen lassen sich schneller fertigen und falls erforderlich leichter anpassen. Auch die Produktion der Eigenentwicklung von Computerboards wird so vorangetrieben. Javier Aller Fuentes, Leiter Produktion bei Schubert System Elektronik beschreibt es so: „Die SMD-Linie steigert unsere Fertigungstiefe. Dadurch können wir noch flexibler auf Kundenwünsche reagieren. Durch den Einsatz einer vollautomatisierten SMD-Linie wirken wir aber auch dem drohenden Arbeitskräftemangel entgegen. Wir schaffen interessante Arbeitsplätze in unserer Elektronikfertigung am Standort in Neuhausen ob Eck.“
Welche Erfahrungen durfte der Systemanbieter machen?
Laut Aussage des Unternehmens wurden mittlerweile über 40 verschiedene Baugruppen auf die Linie gebracht. Darunter auch anspruchsvolle Boards mit µBGA und Bauteilgrößen 0201 mit einer Kantenlänge von 0,6 mm x 0,3 mm. Die Lernkurve sei bisher auch gut gelaufen. Die Steuergeräte der Marke BK Mikro (taktile Sensorik) sind mittlerweile zu 100% Made in Germany und werden in Neuhausen ob Eck produziert. Einzelne Baugruppen der modularen und hochflexiblen Industrie-PCs der Marke Prime Cube werden ebenfalls auf der Linie gefertigt. Auch die neuesten Prime Cube i.mx8 ARM Computerboards werden ausschließlich inhouse produziert. Darüber hinaus laufen auch verschiedene Baugruppen des Mutterunternehmens Gerhard Schubert Verpackungsmaschinen mit Sitz in Crailsheim auf der SMD-Linie.
Was sind die nächsten Meilensteine?
Der Weiterentwicklungsprozess bei Schubert System Elektronik ist noch längst nicht abgeschlossen. Geplant sei, den THT-Prozess zu automatisieren, damit man in Zukunft auch bedrahtete, elektronische Bauelemente automatisiert fertigen könne.
Für die Zukunft gut gerüstet
Mit der von Fuji konzipierten und installierten Produktionslinie für die Baugruppenfertigung für Leiterplatten stellt sich Schubert System Elektronik unabhängig und zukunftsfähig auf. Eine Beschaffung von entsprechenden Bauteilen bei externen EMS-Dienstleistern ist nicht mehr erforderlich und das Unternehmen kann schnell und flexibel auf Bauteilknappheiten reagieren. Das erhöht den Produktionsfluss und leistet möglichen Lieferengpässen in Krisenzeiten Vorschub.
productronica 2023: Fuji - Stand A3, Stand 317