Karte von Europa Vektor-Illustration Hintergrund - Europäische Union Konzept: Zusammenarbeit, Technologie, Digitalisierung, Zukunft

2020 setzen etwa 2000 EMS-Firmen in Europa 42 Milliarden Euro um. Aber wer sind die umsatzstärksten EMS-Unternehmen? Hier finden Sie die Antwort. (Bild: j-mel – Adobe Stock)

Es gibt eine Frage, die viele Unternehmen umtreibt: Wer sind meine Marktbegleiter und wie stehen sie im Vergleich zu uns da? Genau diese Frage beantworten für den europäischen EMS-Markt die Marktforscher von in4ma. Zwar gibt es eine Liste, die in den USA veröffentlich wird, allerdings ist diese Liste nach Ausführungen von den  in4ma jedoch mit großer Vorsicht zu genießen, da einerseits einige Firmen fehlen, andererseits Firmen mit allen Produkten gelistet werden, also nicht nur mit den Produkten, die in der Dienstleistung für Dritte gefertigt werden.

Woher stammen die Daten für die Top 25 der europäischen EMS?

In Europa nimmt sich in4ma viel Zeit, um die Zahlen aus den veröffentlichten Geschäftsberichten sowie aus direkten Meldungen zu analysieren. Dazu führt in4ma in Zusammenarbeit mit IPC jeweils im Januar eine Umfrage durch, die sich wachsender Beliebtheit erfreut und mittlerweile über 270 teilnehmende Unternehmen zählt. Die Meldungen sind jedoch vertraulich und in der folgenden Liste der Top 25 der europäischen EMS sind daher nicht alle Umsätze aufgeführt, sofern sie nicht öffentlich sind.

Die Liste zeigt die Entwicklung der Rangliste über die letzten fünf Jahre, wobei die Ranglisten der angegebenen Jahre immer mit den Umsätzen des Vorjahres erstellt wurden. Die Liste bedarf jedoch einiger Erläuterungen, um Missverständnisse zu vermeiden, und kann nicht ohne weitere Details einfach gelesen werden. Die einzelnen Entwicklungen haben vielfach nicht nur mit organischem Wachstum zu tun, sondern sind verursacht durch Zukäufe, also anorganischem Wachstum. Zudem wurde für das Ranking der globale Umsatz der Unternehmen verwendet, wobei jedoch einige Besonderheiten nachfolgend erklärt werden.

Das sind die Top 25 der europäischen EMS-Unternehmen

Los geht es mit Position 25, der finnischen InCap Oy. Im Januar 2020 übernahm InCap die AWS Electronics Group mit Werken in Großbritannien und der Slowakei. Das führte zu einem Sprung von Platz 38 auf Platz 31. Außerdem expandiert das Unternehmen stark in Indien und baut dort gerade sein drittes Werk.

Platz 24 belegt ein Unternehmen, das viele Firmen nicht auf dem Radar haben. Serge Cordon übernahm 2009 das ehemalige Reparaturwerk von Sony im Elsass und erkannte schnell, dass sich mit der Reparatur und Aufarbeitung von Elektronik für Dritte viel Geld verdienen lässt. Seitdem hat er kontinuierlich weitere Werke in der ganzen Welt aufgebaut. Heute hat Cordon Electronics 23 Standorte weltweit.

Die Nummer 23 ist das französische Unternehmen éolane, das sowohl in Frankreich als auch in Deutschland und Estland zahlreiche Werke betreibt. Das Unternehmen hat sich nur organisch entwickelt und ist dadurch massiv zurückgefallen.

Auf Platz 22 ist die Schweizer Cicor AG zu finden. Über mehrere Jahre relativ stabil, setzte nach dem Einstieg von One Equity Partners im Juli 2021 (Übernahme von 29%) eine Neuausrichtung und ein neuer Wind ein. Im Dezember 2021 wurde die britische Axis Electronics Ltd. übernommen, im Februar 2022 die deutsche SMT Elektronik GmbH, gefolgt von der Phoenix Mecano Digital Elektronik GmbH in Deutschland und der Phoenix Mecano Digital Tunisie S.a.r.l. in Tunesien. Den Abschluss bildete im Dezember 2022 die Übernahme des Dünnschichtspezialisten AFT Mircowave GmbH in Deutschland. Weitere Akquisitionen werden mit Spannung erwartet.

Auch bei der belgischen Connect Group gab es viele Jahre lang keine nennenswerten Veränderungen. Dies änderte sich im April 2021 mit der Übernahme von IKOR Sistemas Electronicos SL in Spanien und Mexiko. Damit rückte die Connect Group auf Rang 21 vor.

Bei der italienischen Elemaster Group liegen die letzten Übernahmen schon länger zurück. Die letzte Übernahme war die belgische GDM Electronics mit Werken in Belgien und Rumänien im April 2018. Die Platzierung auf Rang 20 ist damit über die letzten fünf Jahre relativ stabil.

Die börsennotierte schwedische Hanza AB machte mit der Übernahme der Ritter Elektronik GmbH aus Remscheid im August 2019 erstmals in Deutschland auf sich aufmerksam. Im Oktober 2021 folgte die Helmut Beyers GmbH aus Mönchengladbach und im Juni 2022 die Budelmann Elektronik GmbH. Für das Jahr 2023 ergibt sich damit Rang 19.

Auch die börsennotierte schwedische Note AB machte immer wieder durch Übernahmen auf sich aufmerksam. Den Anfang machte im November 2018 die Speedboard Electronic Assembly Ltd. in Großbritannien, gefolgt von der iPro Holding Ltd. im Juni 2021 und der Dynamic Precision Solutions AB in Schweden im Juli 2022. Damit verbesserte sich Note in den letzten fünf Jahren um zehn Plätze auf Rang 18.

Rang 17 belegt die deutsche BMK Gruppe, die neben dem Werk in Augsburg noch ein weiteres Werk in Israel betreibt.

Rang 16 belegt die französische All Circuits Gruppe mit zwei Werken in Frankreich und einem Werk in Tunesien.

Auf Rang 15 folgt die deutsche RAFI-Gruppe, die nur mit ihren EMS-Umsätzen berücksichtigt wird, aber zusätzlich über ein breites Programm an eigenen Elektronikkomponenten verfügt.

Die niederländische Prodrive Technologies BV hat sich ausschließlich durch organisches Wachstum auf Rang 14 vorgearbeitet.

EMS-Forum am 21. und 22.6.23 in München

Natürlich sind nicht nur die TOP 25 im M&A-Geschäft aktiv, das derzeit deutlich an Fahrt gewinnt. Mehr dazu erfahren Sie auf dem von in4ma organisierten EMS-Forum am 21. und 22.6.23 in München. Die Veranstaltung wird von der Chefredakteurin der productronic, Frau Dipl.Ing Petra Gottwald, moderiert und ist der EMS- und OEM-Industrie vorbehalten.

Auch bei TQ Systems sind in den letzten Jahren keine Zukäufe zu vermelden und Platz 13 wurde ausschließlich durch eigene Vertriebserfolge erreicht.

Auf Platz 12 findet sich wiederum ein Unternehmen, das laut in4ma vielen Insidern nicht unbedingt bekannt sein dürfte, die polnische Fideltronik Sp. Z.o.o. Auch hier handelt es sich um eine rein organische Entwicklung.

Auf Platz 11 folgt die italienische Bitron. Hier ist die Rangfolge nicht ganz eindeutig. Das Hauptwerk der Elektroniksparte von Bitron befindet sich in Polen, wo jährlich über 330 Mio. Euro umgesetzt werden. Daneben gibt es jedoch mehrere Werke in Italien, die nicht alle dem EMS-Sektor zugeordnet werden können. Neben einem starken Umsatzanteil für die Automobilindustrie und Consumer Electronics (ELDOM) gibt es den starken Bereich HVAC (Heating, Ventilation, Air Conditioning), der nicht berücksichtigt wird. ein weiteres Elektronikwerk befindet sich in Mexiko. Insgesamt verfügt Bitron über 50 SMT-Standorte.

Seit Jahren unangefochtener Platzhirsch auf Platz 1

Die österreichische MELECS Gruppe hat sich auf Platz 10 vorgearbeitet. Sie hatte Ende 2018 70 Prozent des Prettl-Elektronikwerks Prettl Electronics Querataro SA de cv übernommen und sich danach kontinuierlich nach vorne gearbeitet.

Platz 9 hat sich die französische Lacroix Gruppe mit Werken in Frankreich, Estland, Deutschland, Polen und Tunesien erobert, nachdem man im Dezember die amerikanische Firstronic LLC übernommen und damit einen Sprung nach vorne gemacht hat.

An achter Stelle folgt die niederländische Neways, die gerade von der Börse genommen wurde, aber mit einem neuen Management bald wieder von sich reden machen dürfte.
Auch Diehl Controls, eine Sparte der Nürnberger Diehl-Gruppe, ist nicht unumstritten. Mit vier Werken in Deutschland (Wangen), Polen, China und Mexiko hat sie sich auf einzelne Marktsegmente im EMS-Bereich fokussiert und arbeitet im Stillen auf Platz 7.

Auf Platz 6 folgt die norwegische Kitron AB. Mit dem Kauf der API Technologies Corp. in den USA gelang im November 2018 der Sprung über den Atlantik. Im Dezember kaufte man dann mit der BB Electronics AS einen großen europäischen Player, der wiederum im Februar 2019 die tschechische Wendell Holding a.s. übernommen hatte.

Auf Platz 5 folgt die börsennotierte Katek SE. Auch Katek hat eine bewegte M&A-Geschichte in der EMS-Industrie geschrieben und sich damit nach vorne gearbeitet. Nach der Übernahme der ETL Elektrotechnik Lauter GmbH Anfang 2019 folgten im August 2019 die Bebro Electronic und die E-Systems MTG. Im Januar 2021 folgte die Leesys Gruppe in Leipzig und Litauen, im Mai 2021 die Aisler B.V. aus den Niederlanden, im Oktober 2021 die iOX Mobility GmbH, im April 2022 die kanadische SigmaPoint Technologies und im November 2022 die amerikanische Nextek Inc. Bei all diesen Zukäufen haben wir hoffentlich niemanden vergessen. Damit ist Katek zumindest bei der Anzahl der Deals die Nummer 1 in Europa.

Platz 4 belegt die Videoton, die von in4ma lange Zeit nur mit zwei PCBA-Werken berücksichtigt wurde. Dies war jedoch eine Fehleinschätzung, da es doch eine Vielzahl weiterer separater eigenständiger Einheiten gibt, die im Bereich Plastic Injection Molding, Sheet Metal Fabrication, Boxbuilding und weiteren Dienstleistungen Umsätze generieren, die alle der EMS-Sparte zuzuordnen sind und in anderen EMS-Unternehmen unter einer rechtlichen Einheit organisiert sind. Dies konnte durch den Besuch von in4ma bei Videoton im März 2022 geklärt werden.

An dritter Stelle folgt die GPV Group, die zur dänischen Schrouw Group gehört. Einige Leser wundern sich an dieser Stelle sicher, denn immerhin hat GPV im letzten Jahr Enics übernommen. Der Deal wurde bereits im Juli 2022 angekündigt, das Closing war aber erst am 2. Oktober 2022. Somit konnten die Marktforscher für 2022 nur die Umsätze des 4. Quartals 2022 von Enics berücksichtigen. Gerechnet auf den vollständigen Jahresumsatz, ist die neu entstandene GPV-Gruppe natürlich größer als die aktuelle Nummer 2, die finnische Scanfil Oy.

Scanfil liegt also mit dem Umsatz von 2022 auf Platz 2, müsste aber 2023 einen deutlichen Sprung über die Milliardengrenze machen, um diese Position zu halten. Organisch wird dies kaum zu schaffen sein, anorganisch ist aber nichts ausgeschlossen und entsprechende M&A-Objekte sind am Markt verfügbar.

Wen wundert es, dass die deutsche Zollner Elektronik AG seit 2019 die Nummer 1 ist? Das Unternehmen hat zwar im Juli 2022 die amerikanische Electronic Instrumentation and Technology LLC übernommen, wäre aber auch ohne diese Akquisition weit vorne gewesen und wächst auch gezielt organisch. Mit dem im Bau befindlichen neuen Werk in Tunesien lässt man die Wettbewerber im Rückspiegel weiterhin deutlich hinter sich.

Vielleicht vermisst der ein oder andere die Prettl-Gruppe in dieser Aufzählung. Mit ihrem Gesamtumsatz gehört sie definitiv dazu. Aber bei Prettl sieht man den EMS-Bereich bewusst separat und legt daher keinen Wert darauf, die anderen Bereiche mit in das Ranking aufzunehmen.

Auch Enics dürfte bis 2022 noch in der Liste auftauchen. Bei genauer Betrachtung fehlt in der Spalte 2022 die Position 6. Und in den Jahren davor die Position 3. Dort war Enics jeweils positioniert.

Asteelflash sucht man in der Liste ebenfalls vergeblich. Mit der Übernahme von Asteelflash durch USI im Jahr 2020 wurde Asteelflash ein nichteuropäisches Unternehmen und ist daher nicht gelistet. Würde man die Liste auf alle in Europa tätigen EMS ausweiten, wären Foxconn, Flextronics, Jabil, USI/Asteelflash, Inventec und IMI noch unter den TOP 25 und die letzten 6 Positionen würden nach hinten rutschen. Hanza wäre dann auf Platz 25. Es stellt sich dann die Frage, welche Umsätze man bei den globalen EMS berücksichtigt. Wenn in4ma nur die europäischen Umsätze nimmt, müssen sie bis Oktober 2023 warten, bis diese Umsätze aus den jeweiligen Unternehmensregistern der Länder extrahieren werden können, da sie in den Geschäftsberichten der Unternehmen nicht separat ausgewiesen werden. Daher müssten die Marktforscher auf Basis der Vorjahresumsätze schätzen.

Sollten Sie weitere Unternehmen vermissen, freut sich in4ma über Ihr Feedback und kann Ihnen die Auswertungen im Detail erläutern.

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