Halbleiter-Fertigung

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Übernahmen, Aufkäufe und Fusionen kommen in der Wirtschaft ständig vor: Pharma-Gigant Bayer kaufte Monsanto, Vodafone übernahm Mannesmann, Daimler fusionierte mit Chrysler, etc.. Die Liste ist lang. In der Elektronik verhält es sich ganz ähnlich. Kleinere Übernahmen finden regelmäßig statt, während große Aufkäufe eher selten sind. Viele der Transaktionen befinden sich dabei im Millionen-Bereich, es gibt aber auch milliardenschwere Übernahmen, die die Branche aufhorchen lassen. Die Gründe für diese Transaktionen sind vielfältig.

  • Technologischer Fortschritt: Die Halbleiterindustrie ist eine der am schnellsten wachsenden Industrien und es werden ständig neue Technologien und Produkte entwickelt. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen in Forschung und Entwicklung investieren und die neuesten Technologien und Produkte schnell auf den Markt bringen. Eine Übernahme kann helfen, schneller Zugang zu neuen Technologien zu erhalten und dadurch schneller zu wachsen.
  • Kosteneinsparungen: Die Produktion von Halbleitern ist sehr kapitalintensiv und erfordert hohe Investitionen in Anlagen und Ausrüstung. Durch eine Übernahme können Unternehmen ihre Produktionskosten senken, indem sie ihre Produktionskapazitäten zusammenlegen und Synergien nutzen.
  • Marktkonsolidierung: Die Halbleiterindustrie ist sehr wettbewerbsintensiv und es gibt viele Unternehmen, die ähnliche Produkte herstellen. Eine Übernahme kann dazu beitragen, den Wettbewerb zu reduzieren und die Marktposition des übernehmenden Unternehmens zu stärken.
  • Markteintritt: Eine Übernahme kann auch dazu dienen, in einen neuen Markt einzutreten oder eine neue Technologie zu erwerben. Dies kann schneller und kostengünstiger sein als der Aufbau von Produktionskapazitäten und Know-how von Grund auf.
  • Diversifikation: Unternehmen können durch Akquisitionen auch in neue Geschäftsfelder diversifizieren und ihr Produktportfolio erweitern. Dies kann dazu beitragen, das Risiko von Marktschwankungen zu reduzieren.

Das führte dazu, dass es in den vergangenen Jahren zu einigen wichtigen und interessanten Übernahmen kam.

Eine besondere Übernahme: Emerson kauft National Instruments

Ende April war dann doch soweit: Emerson wird National Instruments für 8,2 Milliarden Dollar kaufen und hat sich damit gegen andere Bieter durchgesetzt – fast ein Jahr nach einem ersten erfolglosen Angebot. Damit endete ein fast einjähriges Wettbieten um den Messgerätehersteller, das zum Teil mit harten Bandagen geführt wurde. Was an der Übernahme von National Instruments durch Emerson besonders war, welche Rolle die CEOs dabei spielen lesen Sie hier in der ganzen Geschichte.

Klein kauft Groß – ams akquiriert Osram

Sinkende Nachfrage im Automotivebereich, schwierige Situation auf dem Beleuchtungsmarkt durch billigere Ware aus Asien und aufwendige Umstrukturierungen führten dazu, dass Osram sich 2019 in einer Krise befand und sich finanziellen Schwierigkeiten gegenübersah. Infolgedessen entschied das Unternehmen sich für einen Verkauf anzubieten. Ein potenzieller Käufer fand sich auch in Form der Finanzinvestoren Bain Capital und Carlyle, die im Juli 2019 ein Angebot von 3,4 Milliarden US-Dollar für den Tech-Konzern abgaben, dem sowohl Vorstand als auch Aufsichtsrat zustimmten.

Kurz darauf zog dann aber der österreichische Sensor- und Halbleiterhersteller ams nach und legte ein höheres Übernahmeangebot vor, welches Osram allerdings ablehnte. Ein zweites Angebot wurde dann aber angenommen und der Zusammenschluss erfolgte 2021.

Interessant ist hier, dass ams das kleinere Unternehmen hinsichtlich Mitarbeiterzahl und Umsatz ist. So erwirtschaftete Osram 2018 noch einen Umsatz von 4,1 Milliarden Euro, während ams 1,64 Milliarden CHF umsetzte (entspricht Januar 2019 rund 1,4 Milliarden Euro). Hinsichtlich der Mitarbeiterzahl sah es 2018 ähnlich aus: 24.700 bei Osram, 10.322 bei ams.

Osram war ursprünglich ein führender Herstellung von Beleuchtungslösungen, entwickelte sich aber im Laufe der Zeit zum Anbieter von Optoelektronik.
Osram war ursprünglich ein führender Herstellung von Beleuchtungslösungen, entwickelte sich aber im Laufe der Zeit zum Anbieter von Optoelektronik. (Bild: nmann77 @ AdobeStock)

Analog Devices übernimmt Maxim Integrated und Linear Technologies

Analog Devices (ADI) machte in den vergangenen Jahren zwei signifikante Übernahmen. 2016 kaufte der Halbleiterhersteller zunächst Linear Devices für fast 15 Milliarden US-Dollar und 2020 dann noch Maxim Integrated für fast 21 Milliarden US-Dollar. Der Zusammenschluss mit Linear Technology machte ADI zum damals größten Hersteller. Die Übernahme von Maxim sollte ebenfalls die Stellung im Markt analoger Halbleiter ausbauen, aber das gemeinsame Portfolio soll auch wichtige Schlüsselmärkte wie Automotive, Industrie, Medical und Kommunikation abdecken. Dafür lieferte Maxim Integrated vor allem Know-how in den Bereichen Mixed-Signal und Power Management. Beide Transaktionen brachten ADI auch näher an den Konkurrenten Texas Instruments heran.

Digitalisierungs-Komplett-Paket: Siemens kauft Mentor Graphics

2017 kauft Siemens für 4,5 Milliarden US-Dollar Mentor Graphics, einen Softwareentwickler für das Design von Halbleiter. Siemens begründete den Schritt damit, einen bis dahin noch fehlenden Aspekt im Portfolio schließen zu können. Kunden wären so in der Lage, nicht mehr nur die Struktur und die Mechanik eines Produktes zu designen und sein Verhalten zu simulieren, sondern auch elektronische Teile abzubilden und zu optimieren. Mentor Graphics ist heute als Siemens EDA bekannt.

Intel übernimmt seit Jahrzenten Unternehmen

In den 1980er übernahm Intel die ersten Unternehmen und kauft seitdem immer wieder kleinere und größere Unternehmen. Seit 2010 gab das Unternehmen mehrere Milliarden US-Dollar für Merger & Akcquistions aus. Die Liste von Intel-Übernahmen ist lang. 2015 erwarb Intel für rund 16,7 den Halbleiterhersteller Altera und erweiterte damit sein Portfolio an ASICs und programmierbaren ICs (PLD und FPGAs. Mit dem Kauf von Mobileye für 15,3 Milliarden US-Dollar fasste Intel 2017 auch Fuß im Automotive-Markt. Mobileye spezialisiert sich auf die die Entwicklung von ADAS und anderen Technologie für das autonome Fahren. 2019 übernahm Intel für 2 Milliarden US-Dollar Habana-Labs und konnte so Know-how und Marktanteile im Bereich Machine Learning gewinnen. Seine Produktionskapazitäten konnte Intel 2022 mit dem Kauf von Tower Semiconductor erweitern und zahlte dafür rund 5,5 Milliarden US-Dollar. Tower Semiconductor verfügt über Produktionen etwa in den USA sowie in Israel, die in der Lage sind Wafergrößen zwischen 150 und 200 mm zu bearbeiten.

Intel ist der größte Halbleiterhersteller nach Samsung.
Intel ist der größte Halbleiterhersteller nach Samsung. (Bild: wolterke @ AdobeStock)

In den Schlagzeilen: Midea kauft Roboterbauer Kuka

Die chinesische Midea Group kaufte in den Jahren 2015 und 2016 nach und nach Aktien von Kuka mit der Absicht, eine 30-prozentige Beteiligung anzustreben. 2016 unterbreitete Media dann ein Übernahmeangebot in Höhe von 4,6 Milliarden Euro, mit der sich das Unternehmen 49 Prozent von Kuka sichern wollte. Im Laufe des Jahres übernahm Midea dann rund 95 Prozent aller Kuka-Aktien. 2022 erfolgte dann die vollständige Übernahme.

Infineon erweitert mit Übernahmen die Geschäftsbereiche

Infineon vollzog seit der Ausgliederung aus Siemens 1999 mehrere Übernahmen. Rund 3 Milliarden Euro zahlte der deutsche Halbleiterhersteller 2014 für International Rectifier und schloss 2015 die Transaktion ab. Vor allem sollte dadurch das Portfolio an Leistungshalbleitern ausgebaut und neue Technologien erschlossen werden.

2016 übernahm der Infineon den MEMS- und Sensorpezialisten Innoluce, wodurch das Lidar-Geschäft gestärkt werden sollte.

Für 9 Milliarden kaufte Infineon dann 2019 Cypress Semiconductor, was der bisher größte Kauf der Firmengeschichte ist. Die Übernahme machte Infineon zu einem der 10 größten Halbleiterherstellern weltweit und zu einem der größten Halbleiterhersteller im Automotive-Bereich. Gerade den Speicher- und Connectivity-Markt konnte das Unternehmen durch die Akquise ausbauen.

Aber nicht alle Übernahmen klappten: 2017 wollte Infineon Wolfspeed, damals noch Cree, für 850 Millionen übernehmen, allerdings platzte der Deal nachdem die beiden Unternehmen den Vorgaben des CFIUS (Committee on Foreign Investment in the United States) nicht nachkommen konnten. Bereits damals erkannte Infineon die Bedeutung von Wide-Bandgap-Halbleitern und wollte sich frühzeitig Zugriff auf die Technologie sichern. Wolfspeed ist immer noch aktiv und gab im Februar 2022 bekannt, in Deutschland eine eigene SiC-Fertigung aufzubauen. Infineon arbeitet aber weiterhin mit Wolfspeed zusammen und schloss einen langfristigen Liefervertrag für SiC-Wafer.

Infineon ist heute bekannt für seine Halbleiter im Bereich Automotive und Leistungselektronik.
Infineon ist heute bekannt für seine Halbleiter im Bereich Automotive und Leistungselektronik. (Bild: g0d4ather @ AdobeStock)

Audio & Auto: Samsung übernimmt Harmann

Harman mit seinen verschiedenen Marken ist vor allem bekannt für seine Audio-Lösungen im Consumer- und Automotive-Bereich, allerdings hat sich das Unternehmen in den letzten Jahren auch zu einem wichtigen Hersteller von Connectivity- und Software-Lösungen entwickelt. Gerade letzteres ließ sich Samsung 2016 rund 8 Milliarden US-Dollar kosten, um Fuß am Automotive-Markt zu fassen.

Was angehende Elektronik-Entwickler wissen müssen

ELektronik-Entwicklerin bei der arbeit, Testen und Löten.
(Bild: Scanrail @ AdobeStock)

Kaum eine Branche ist gerade so gefragt wie die Elektronik-Industrie, da sie aktuelle Trendmärkte enorm prägt. Entsprechend hoch ist auch die Nachfrage nach Entwicklern. Wie wird man also Elektronik-Entwickler und welche Karriere-Chancen gibt es? Wir haben das Wichtigste zusammengefasst.

Deal mit Xilinx soll Marktanteile für AMD sichern

2020 gab AMD bekannt den SoC- und FPGA-Spezialisten Xilinx zu übernehmen. Die Akquise sollte sich ursprünglich auf 35 Milliarden US-Dollar belaufen, wuchs aber aufgrund steigender Aktienkurse auf rund 50 Milliarden US-Dollar an. Xilinx bringt AMD ein breites Angebot an FPGAs und SoCs sowie ein umfassendes Portfolio an Software-Tools und Dienstleistungen. Insbesondere kann AMD durch die Übernahme von Xilinx auch in Bereiche vordringen, in denen programmierbare Plattformen eine wichtige Rolle spielen, wie beispielsweise in der Telekommunikation, Industrieautomatisierung und künstliche Intelligenz. Darüber hinaus soll die Übernahme von Xilinx auch dazu beitragen, AMD besser gegenüber seinen Konkurrenten wie Intel und NVIDIA zu.

Regulatorische Bedenken stoppen Nvidia-ARM-Deal

40 Milliarden US-Dollar wollte Nvidia 2020 an Softbank für den Chip-Designer ARM zahlen, aber die Vereinbarung scheiterte. Die Regulierungsbehörden verschiedener involvierter Länder übten Widerstand aus und fürchteten eine Benachteiligung anderer Unternehmen. Auch private Unternehmen waren besorgt. Die ARM-Architektur ist eines der am weitesten verbreiteten Mikrochip-Designs weltweit und kommt in nahezu allen Smartphones und Tablets vor. Softbank will ARM jetzt an die Börse bringen.

Dafür konnte sich Nvidia bereits 2019 den Anbieter von Netzwerk- und Storage-Lösungen Mellanox für 7 Milliarden US-Dollar sichern.

US-Präsident stoppt Aixtron-Übernahme

2016 wollte die chinesische Fujian Grand Chip Investment den deutschen Chipanlagenbauer Aixtron kaufen und bot dafür 676 Millionen Euro. Das Bundeswirtschaftsministerium sprach zunächst eine Unbedenklichkeitserklärung aus, zog diese dann aber wieder zurück. Ein Ende setzte dem Deal aber der damalige US-Präsident Barack Obama, der den Deal als Sicherheitsrisiko für die USA einstufte.
Aixtron stellt verschiedene Produkte für die Abscheidung von Halbleitermaterialien sowie für die Beschichtung von Halbleitern her und nimmt damit eine Schlüsselposition bei der Produktion von Halbleitern ein.

Übernahme-Krimi um Qualcomm, NXP und Broadcom

Mit der Übernahme von NXP wollte Qualcomm sein Geschäft in anderen Bereichen als Mobile Devices diversifizieren und in den Automotive- und Security-Markt vordringen. 2016 bot Qualcomm deswegen rund 47 Milliarden US-Dollar. Allerdings wurde die Übernahme durch mehrere Hindernisse blockiert, darunter regulatorische Bedenken in einigen Ländern und eine unzureichende Zustimmung der Aktionäre von NXP. Im Juli 2018 gab Qualcomm bekannt, dass es die Übernahme von NXP nicht weiterverfolgen würde.

Es gab Spekulationen, dass die Abstaltung Nexperias von NXP 2017 auch mit der geplanten Übernahme zu tun hat, um eine Übernahme NXPs durch Qualcomm zu erleichtern.
Noch während der geplanten Übernahme Qualcomm-NXP machte Broadcom zunächst ein 103 Milliarden US-Dollar schweres Angebot, um Qualcomm aufzukaufen. Nachdem Qualcomm dieses Angebot ablehnte, erhöhte Broadcom sein Angebot auf 121 Milliarden US-Dollar. Schließlich blockte der damalige US-Präsident Donald Trump die feindliche Übernahme.

Bundesregierung stoppt Verkauf von Siltronic

2020 machte der taiwanesische Waferhersteller GlobalWafers erstmalig ein Angebot von 3,7 Milliarden Euro für Siltronic und erhöhte dieses 2021 auf 4,4 Milliarden Euro. Allerdings ließ die Bundesregierung die Übernahme scheitern.

Spezialfall Kioxia: Rosenkrieg um Toshiba-Spin-off

Toshiba geriet nach dem Kauf der Nuklear-Sparte des amerikanischen Kraftwerkherstellers Westinghouse in finanzielle Schieflage und musste immer wieder Verluste in Milliardenhöhe ausweisen. Infolgedessen musste der Konzern immer wieder Geschäftsbereiche verkaufen. So ging etwa die Medizingerätesparte 2016 für 5,9 Milliarden US-Dollar an Canon, ebenfalls übernahm die Midea Group einen Großteil der Hausgerätesparte.

2017 musste die übernommene Westinghouse Nuclear Insolvenz anmelden, weshalb sich Toshiba entschied, die Memory-Sparte teilweise zu verkaufen, um Verluste auszugleichen. Ein Finanzkonsortium unter der Leitung von Bain Capital übernahm fast 60 Prozent der Speichersparte. Das Konsortium bestand unter anderem aus Apple, Dell Kingston und SK Hynix. Das aus dem Spinoff entstandene Unternehmen ist jetzt unter Kioxia bekannt.

Mehrere Unternehmen hatten an der Speichersparte Interesse, allerdings wollten die Verantwortlichen bei Toshiba zunächst nicht verkaufen. Hinzu kamen noch sicherheitspolitische Bedenken der japanischen Regierung.

Der Autor: Martin Probst

Martin Probst
(Bild: Hüthig)

Zunächst mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann in eine ganz andere Richtung gestartet, fand Martin Probst aber doch noch zum Fachjournalismus. Aus dem Motto „Irgendwas mit Medien“ entwickelte sich nach ein wenig Praxiserfahrungen während des Medienmanagement-Studiums schnell das Ziel in den Journalismus einzusteigen. Gepaart mit einer Affinität zu Internet und Internetkultur sowie einem Faible für Technik und Elektronik war der Schritt in den Fachjournalismus – sowohl Online als auch Print – ein leichter. Neben der Elektronik auch an Wirtschafts- und Finanzthemen sowie dem Zusammenspiel derer interessiert – manche Sachen wird man glücklicherweise nicht so einfach los. Ansonsten ist an ihn noch ein kleiner Geek verloren gegangen, denn alles was irgendwie mit Gaming, PCs, eSports, Comics, (Science)-Fiction etc. zu tun hat, ist bei ihm gut aufgehoben.

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