Großer Fisch mit dem Logo von Emerson will einen kleineren Fisch mit dem Logo von National Instruments fressen. Die Fische sind mit gelber Farbe auf eine schwarze Backsteinmauer gemalt.

Es gibt immer einen noch größeren Fisch: Emerson hat National Instruments für etwa 7,5 Milliarden Euro (8,2 Milliarden US-Dollar) übernehmen. Dafür wendete sich der Konzern sogar direkt an die Aktionäre, da der Vorstand mit dem Angebot nicht einverstanden war. (Bild: pixs:sell – Adobe Stock, Emerson, National Instruments)

Update zur Übernahme von National Instruments durch Emerson vom 17.4.2023

Jetzt also doch: Laut der Nachrichtenagentur Reuters wird Emerson National für 8,2 Milliarden US-Dollar (etwa 7,5 Milliarden Euro) übernehmen. Damit endet ein fast einjähriges Wettbieten um den Messgerätehersteller, das zum Teil mit harten Bandagen geführt wurde. Auch die extra für die geplante Übernahme eingerichtet Website www.maximizingvalueatni.com ist nicht mehr erreichbar. Das Barangebot von 60 Dollar pro Aktie entspricht einem Aufschlag von fast 50 Prozent auf den Schlusskurs von National Instruments am 12. Januar, dem Tag vor der Ankündigung einer strategischen Überprüfung. Die Aktien von National Instruments mit Sitz in Austin, Texas, stiegen um fast 10 % auf ein Rekordhoch von 57,65 $, während die Aktien von Emerson um mehr als 1 % auf 83,1 $ fielen.

Emerson, das National Instruments im Mai letzten Jahres mit einem Angebot von 48 Dollar pro Aktie angegangen war, setzte sich am späten Dienstag in einem hart umkämpften Verfahren gegen den konkurrierenden Bieter Fortive Corp (FTV.N) durch, wie mit der Angelegenheit vertraute Personen sagten. National Instruments habe die Frist für die Abgabe der endgültigen Angebote in der vergangenen Woche mehrfach verlängert, sagten die Quellen, die wegen der Vertraulichkeit der Gespräche um Anonymität baten.

Fortive hatte National Instruments am Dienstag ebenfalls ein Angebot von 60 Dollar pro Aktie unterbreitet, aber der Verkäufer entschied sich für Emerson, weil die Risiken bei der Finanzierung der Transaktion geringer und der Weg zur Genehmigung durch die Aufsichtsbehörden möglicherweise einfacher sei. Emerson finanziert die Transaktion in erster Linie durch einen Barmittelbestand in Höhe von 8 Milliarden Dollar, den es durch den Verkauf seiner Klimaanlagensparte an Blackstone (BX.N) im vergangenen Jahr erhalten hat.

Es wird erwartet, dass die Übernahme die Bemühungen von Emerson unterstützt, sich als wichtiger globaler Akteur in der Automatisierungsindustrie neu zu positionieren. Die Übernahme stärkt eine wichtige Säule der Strategie von Emerson, die darauf abzielt, die Fähigkeiten des Unternehmens im wachstumsstarken Bereich der Prüf- und Messtechnik auszubauen.

Nachtrag vom 26.1.2023

Laut einem Bloomberg-Bericht hat sich der ehemalige CEO und Mitbegründer von National Instruments, James Truchard, zum Angebot von Emerson geäußert. Er sei der Meinung, dass das Unternehmen das Barangebot von Emerson in Höhe von 53 US-Dollar pro Aktie annehmen sollte, da es das beste Ergebnis für „alle Beteiligten“ darstelle. „Das Angebot ist ein beträchtlicher Aufschlag auf den Kurs von NI", wird Truchard zitiert. „Außerdem muss man bedenken, dass es sich um eine Barzahlung handelt. Es ist nicht klar, ob es andere Käufer gibt, die in der Lage sind, bar zu zahlen.“

James Truchard leitete das Unternehmen seit seiner Gründung bis 2017 und soll laut Bloomber „bedeutende aber ungenannte Beteiligung an NI halten“.

Stand der geplanten Übernahme von National Instruments durch Emerson von 23. Januar 2023

Am 17. Januar 2023 kündigte Emerson ein Angebot zur Übernahme von National Instruments (NI) für 53 US-Dollar pro Aktie in bar an, was einem Unternehmenswert von 7,6 Milliarden US-Dollar entspricht. Das Angebot, das keinen Finanzierungsbedingungen unterliegt, wurde NI am 3. November 2022 unterbreitet. Doch das ist nicht das erste Angebot. Bereits am 25. Mai bot der drittgrößte Automatisierer weltweit 48 US-Dollar je Aktie. Mit dem nun öffentlich gewordenen Vorschlag will Emerson laut eigenen Angaben in einer zweiten Pressemeldung – nur sechs Tage später – sicherstellen, dass „der NI Board of Directors einen fairen und transparenten strategischen Prüfungsprozess durchführt und dass die Aktionäre von NI die Glaubwürdigkeit des Vorschlags von Emerson verstanden haben.“

Schon in der ersten Pressemittelung bat Emerson „die NI-Aktionäre dringend, sich mit dem Vorstand in Verbindung zu setzen, um sicherzustellen, dass der öffentliche strategische Überprüfungsprozess von NI nicht nur eine weitere Verzögerungstaktik ist.“ Emerson verfüge über die notwendigen Ressourcen, um zügig auf eine Transaktion mit NI hinzuarbeiten, habe eine Fusionsvereinbarung mit NI geschlossen und sei bereit, die Transaktion umgehend durchzuführen.

Was an der geplanten Übernahme von National Instruments durch Emerson besonders ist

Üblicherweise werden Übernahmegespräch in Hinterzimmer geführt und die Pressemitteilungen enthalten oft abgeschlossene Tatsachen. Nicht so bei Emerson und NI. In der der mit 24 Seiten unüblich langen Presseerklärung wird ein Teil des Schriftverkehrs zwischen Lal Karsanbhai, President und CEO von Emerson Electric und Eric Starkloff, President and CEO von National Instruments öffentlich gemacht. Beispielsweise zeigt es Details zum Angebot aus dem Mai sowie die Antwort von Emerson. So schreibt Starkloff am 16. Juni 2022

Lieber Lal:

Der Vorstand der National Instruments Corporation ("NI") hat Ihr Schreiben vom 25. Mai 2022 mit Hilfe unserer Finanz- und Rechtsberater sorgfältig geprüft. Der Vorstand hat einstimmig beschlossen, dass Ihr Schreiben keine Grundlage für weitere weitere Gespräche bietet.

Der Vorstand und das Managementteam von NI werden sich weiterhin ohne Ablenkung auf die Umsetzung Strategien konzentrieren, die zu einem signifikanten und stetigen Anstieg der Buchungen und Umsatzes, einer verbesserten operativen Leistung und Fortschritten in der Technologie führen.

Mit freundlichen Grüßen,

Eric Starkloff

Präsident und Vorstandsvorsitzender

Mein Kommentar zur geplanten Übernahme von National Instruments durch Emerson

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Vielleicht ist die Sache doch nicht so dramatisch, wie ich es zu Anfang empfunden habe, aber trotzdem hat mich das Gebaren von Emerson bei der geplanten Übernahme von National Instruments beeindruckt, schockiert und überrascht.

Ich bin sicher kein Wirtschaftsjournalist und habe mit dem Thema nicht so viel am Hut. Aber so eine Übernahme habe ich noch nicht erlebt: In einer 24-seitigen (!) Pressemeldung sind Teile des Mailverkehrs zwischen den CEOs dokumentiert. Natürlich drehen solche Schreiben vorher dutzende Schleifen durch die Rechts- sowie Öffentlichkeitsabteilungen und wurden möglicherweise gar nicht von den Personen selbst verfasst. Aber am Ende droht meiner Auffassung nach ein CEO dem anderen mit dem Gang an die Öffentlichkeit (inklusive eigener Homepage) und setzt sie am Ende auch um. Damit will er die Aktionäre von den Übernahmeplänen überzeugen, deren Stimme ein riesen Gewicht bei so einem Vorgang hat.

Ich bin gespannt, wie die Sache ausgeht

Martin Large

24.1.2023

Der letzte Brief stammt vom 11. Januar 2023. Darin schreibt Karsanbhai unter anderem

Wir danken Ihnen und Ihrem Team, dass Sie uns am 4. Januar in Austin empfangen haben, sowie für das eine Nachgespräch zwischen den Teams am 9. Januar. Wie Sie in unseren Diskussionen gesehen haben, haben wir ein tiefes Verständnis für den Test- und Messsektor und speziell NI. Es war zwar hilfreich, einige zusätzliche Informationen über Ihr Unternehmen und Ihre Pläne zu erhalten, aber die oberflächlichen Informationen, die Ihr Team mit uns geteilt hat, gehen nicht auf die 30 gezielten Fragen ein, die wir im Vorfeld gestellt haben und wir sind daher noch nicht in der Lage, unsere Ansicht über die finanziellen Aussichten für NI zu ändern.

Später schreibt er

Wir glauben, dass unser Angebot überzeugend ist und dass es einen Weg zur Zusammenarbeit mit Ihrem Vorstand gibt, privat und kooperativ auf eine mögliche Transaktion hinzuarbeiten. Wir sind in der Lage, sehr schnell die übliche Prüfung abzuschließen und den Fusionsvertrag auszuhandeln [...]. Wenn Sie jedoch nicht bereit sind, die gewünschten Informationen zu geben, werden wir uns direkt an Ihre Aktionäre wenden müssen. Ich freue mich auf eine baldige Antwort von Ihnen.

Eine unverhohlene Drohung zur Übernahme, die mit dem öffentlichen Angebot vom 17. Januar 2023 in die Tag umgesetzt wurde.

Neben dem öffentlich machen den Schriftverkehrs ist es ebenfalls ungewöhnlich, dass ein Unternehmen eine eigene Webseite nur für eine Übernahme aufsetzt. Unter https://www.maximizingvalueatni.com/ sammelt Emerson neben den Pressemeldungen auch Argumente in Form von Infografiken und Präsentationen, die ganz klar an die NI-Aktionäre gerichtet sind. So beginnt eine Präsentation mit diesen Worten:

Sehr geehrte NI-Aktionäre,

Die von uns vorgeschlagene vollständige Barübernahme von NI ist ein klarer und sicherer Weg, den Wert Ihrer Investition in NI zu steigern.

Wir bieten Ihnen an, NI für 53 US-Dollar pro Aktie zu erwerben, was einem Aufschlag von 32 % auf den NI-Schlusskurs vom 12. Januar 2023 entspricht, dem Tag vor der Ankündigung Ankündigung einer strategischen Überprüfung durch NI und einem Aufschlag von 38 % auf den 30-Tage-VWAP zum 12. Januar 2023.

Emerson schätzt NI seit langem als Technologieführer im Bereich der elektronischen Prüf- und Messtechnik und ist davon überzeugt, dass die Kombination unserer beiden Unternehmen Position als führendes globales Automatisierungsunternehmen weiter ausbauen.

In dieser Präsentation geben wir Ihnen einen Überblick darüber, warum wir der festen Überzeugung sind, dass Sie mit unserem Angebot eine sofortige, hohe Rendite auf Ihre Investition erzielen können.

Auf Seiten von NI herrscht zumindest auf dem offiziellen Pressekanal bisher Funkstille.

Nachtrag vom 26.1.2023: Für die NI-Investoren gibt es eine Meldung, das „das Board of Directors eine Prüfung und Bewertung strategischer Optionen eingeleitet hat." Später heißt es „NI nimmt die von Emerson geäußerte Enttäuschung über diese Bemühungen zur Maximierung des NI-Aktionärswertes zur Kenntnis.“ NI sei bestrebt, den strategischen Überprüfungsprozess so durchzuführen, dass alle interessierten Parteien die Möglichkeit haben, sich fair und unter gleichen Bedingungen zu beteiligen, was nach Meinung von NI nach der beste Weg ist, um sicherzustellen, dass der Prozess den Wert für alle Aktionäre maximieren kann. NI ist dankbar für den Beitrag und die Unterstützung, die das Unternehmen von den Aktionären im Rahmen des laufenden Prozesses erhalten hat.

Wir werden an dieser Stelle weiter über den Stand der Dinge berichten.

Der Autor: Dr. Martin Large

Martin Large
(Bild: Hüthig)

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.

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