Wenn am 26. September 2021 die Wähler zur Bundestagswahl an die Urnen treten, wird die zukünftige politische Ausrichtung Deutschlands entschieden. Ihre Ideen, Forderungen und Visionen haben die Parteien in ihren Wahlprogrammen bereits niedergeschrieben. Aber was denken beziehungsweise fordern eigentlich die Industrieverbände Deutschlands, etwa zu den Themen Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Europa?
Hier finden Sie Punkte, die die Verbände von der zukünftigen Regierung fordern.
Schnell zu den Positionen der einzelnen Verbände
- BDI: Starke Industrie. Starkes Land.
- Spectaris: 4 Leitplanken wirtschaftspolitischen Handelns
- VDA: Innovationen, Arbeit, Klimaschutz
- VDI: Die Weichen in technologieintensiven Zukunftsfeldern stellen
- VDMA: Mehr Spielraum, neue Chancen
- ZVEI: Aufbruch in die All-Electric Society
- Startups: Das fordert der Unternehmensnachwuchs
BDI: Starke Industrie. Starkes Land.
Gelingt uns die Energie- und Mobilitätswende? Nutzen wir die Chancen der digitalen Transformation? Schaffen wir eine sinnvolle Balance von wirtschaftlichem Wachstum und ökologischer Nachhaltigkeit? Das sind Fragen, die sich der Bund der Industrie (BDI) stellt. Um sie alle mit Ja beantworten zu können, hat der BDI Zukunftskonzepte beispielsweise in den Bereichen Digitalisierung, Mobilität, Energie und Klima, Nachhaltigkeit, Europa, Globalisierung sowie dem Zukunftsort Deutschland entwickelt. Hier werden sie kurz vorgestellt.
Mobilität
Mobilität soll nachhaltig, ressourcenschonend und bezahlbar sein. Dafür bedarf es innovativer Technologien, leistungsfähiger Infrastrukturen und kluger politischer Instrumente. Entscheidungsträger in Bund, Ländern und Kommunen sind gefordert, die Rahmenbedingungen für die Mobilität der Zukunft zu schaffen: technologieoffen sowie ökologisch, ökonomisch und sozial ausgewogen.
Energie und Klima
Klimaneutralität bis 2050 – für die deutsche Industrie steht dieses Ziel für eine Zeit des Um- und Aufbruchs. Unternehmen hinterfragen alte Geschäftsmodelle und entwickeln neue Lösungen. Eine erfolgreiche Energie- und Klimazukunft gelingt nur gemeinsam mit der Industrie. Mit den richtigen politischen Akzenten der neuen Bundesregierung kann der Weg in die Klimaneutralität auch wirtschaftlich ein Erfolg werden.
Nachhaltigkeit
Eine leistungsstarke Industrie ist ohne eine intakte Umwelt nicht zukunftsfähig. Umweltpolitik ist daher Standortpolitik. Die deutsche Industrie trägt schon seit Jahrzehnten mit innovativen Technologien und Produkten entscheidend zu einem immer effizienteren Einsatz natürlicher Ressourcen bei. Für grünes Wachstum müssen die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – Ökologie, Ökonomie und Soziales – im Gleichgewicht stehen.
Europa
Europa braucht mehr denn je eine geeinte, starke und handlungsfähige Europäische Union. Ob Coronakrise, Handelskonflikte oder Klimawandel: Für die großen Herausforderungen unserer Zeit brauchen wir europäische Lösungen. Nur Europa ist in der Lage, mit anderen Weltmächten ebenbürtig zu agieren. Ein starkes Europa wird es nur mit einer starken Industrie geben.
Globalisierung
Moderne Volkswirtschaften sind eng miteinander verzahnt. Internationale Standorte, Investitionen und Arbeitsteilung verflechten die Lieferketten grenzüberschreitend. So können die Stärken der unterschiedlichen Standorte optimal genutzt und Effizienzgewinne realisiert werden. Diversifizierte Märkte und globale Lieferantennetzwerke tragen zur Unabhängkeit und Widerstandsfähigkieit von Geschäftsmodellen bei.
Zukunftsort Deutschland
Forschung und Innovation sichern die Wertschöpfung der Zukunft. Die Coronakrise verschärft die Anforderungen an den Strukturwandel der deutschen Industrie. Die Infrastruktur- und Investitionslücke ist in den letzten Jahren weiter aufgerissen. Nach wie vor fehlen allein öffentliche Investitionen von mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr. Es braucht weniger Belastungen und weniger Bürokratie – und dafür eine bessere Infrastruktur und mehr Anreize für Innovationen und Investitionen. Zukunftsbranchen wie die industrielle Gesundheitswirtschaft und New Space erhöhen die Attraktivität des Standorts Deutschland.
Gesundheit
Die industrielle Gesundheitswirtschaft ist für den Standort Deutschland eine Schlüsselindustrie. „Made in Germany“ gilt für Diagnostika, Medizinprodukte, Arzneimittel und Biotechnologie weltweit als Gütesiegel. Die industrielle Gesundheitswirtschaft ist international wettbewerbsfähig und leistet seit vielen Jahren einen positiven Beitrag zur deutschen Handelsbilanz. Die Coronapandemie hat gezeigt, wie schnell das Thema Gesundheit zum absoluten Mittelpunkt unseres politischen und wirtschaftlichen Handelns werden kann.
Rohstoffe
Rohstoffe braucht und gebraucht jeder. Sie stehen am Anfang jeder Wertschöpfungskette, sind Basis jeglicher industriellen Tätigkeit und somit Voraussetzung unserer fortschrittlichen Industriegesellschaft. Für das Industrieland Deutschland ist der sichere Zugang zu Rohstoffen von enormer Bedeutung. Neben dem Erhalt der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie gilt dies für Klimaschutztechnologien und für Zukunftsprojekte wie Energiewende, Elektromobilität und Digitalisierung.
New Space
Raumfahrt ist für die gesamte deutsche Industrie von zentraler Bedeutung. Sie ist Teil der Lösungen für den globalen Umwelt- und Klimaschutz und für mehr Nachhaltigkeit auf der Erde. Die weltweite Kommerzialisierung der Raumfahrt, New Space genannt, ist in vollem Gange und der Zukunftsmarkt Weltraum birgt enormes Potenzial für datenbasierte Geschäftsmodelle, integrierte Wertschöpfungsketten und Innovationen in Wirtschaft und Gesellschaft.
Sicherheit
Als führende Exportnation und stärkste Volkswirtschaft Europas ist Deutschland abhängig von einer regelbasierten Weltordnung. Daher tragen wir eine Mitverantwortung für globale Sicherheit, Stabilität und Wohlstand. Dafür bedarf es einer verlässlichen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Diese setzt klar formulierte Interessen, die Bereitschaft zur Umsetzung sowie eine bestmögliche technische Ausstattung der staatlichen Sicherheitsorgane voraus. Nur so kann der Schutz der Bürgerinnen und Bürger sichergestellt werden.
Forschung und Innovation
Ohne konsequente Forschung und Entwicklung sowie mutige Innovationen werden weder der deutsche Standort, noch die deutschen Unternehmen langfristig bestehen. Daher ist es fundamental wichtig, dass national und europäisch Legislatoren und Innovatoren Hand in Hand an der Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft arbeiten. Nur so können die großen Herausforderungen unserer Zeit wie der Klimawandel bewältigt und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen gesichert werden.
Wettbewerb
Neue Technologien und zunehmende Marktdynamik auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene bringen neue Chancen. Um die deutsche Industrie auch zukünftig in Europa und auf internationalen Märkten wettbewerbsfähig zu halten, müssen nicht nur neue Risiken für die Effizienz von Wettbewerb adressiert, sondern Innovationschancen – auch zur Bewältigung der Pandemiefolgen – nutzbar gemacht werden, etwa durch Möglichkeiten einer verstärkten Kooperation von Unternehmen.
Mittelstand
Wirtschaftlich hat Deutschland ein Erfolgsmodell: den standorttreuen Mittelstand mit seinen vielen Familienunternehmen. Eigentum und Kontrolle sowie Führung und Verantwortung sind hier auf das Beste vereint. Schaffer, Tüftler und Visionäre weisen mit Unternehmergeist, Zuverlässigkeit, Disziplin und Augenmaß den Weg nach vorn. Wichtiges Ziel ist meist, das eigene Unternehmen nachhaltig ausgestattet an die nächste Generation zu übergeben und gute Arbeitsplätze zu erhalten.
Spectaris: vier Leitplanken wirtschaftspolitischen Handelns
Die deutschen Hersteller von Optik, Photonik, Analysen-, Bio-, Labortechnik sowie Medizintechnik aus dem Verband Spectaris begründet seine Forderung so: „Wir brauchen jetzt mehr denn je eine Politik, die sich auf die Schaffung, die Erhaltung und die Förderung von Wettbewerbsvorteilen deutscher Schlüsseltechnologien und ihrer Industriebranchen am Standort Deutschland fokussiert. Dazu sollten wir in der deutschen Forschungs-, Industrie-, Mittelstands-, Digital- und Außenwirtschaftspolitik eine Zeitenwende hin zum echten Tun wagen. Die deutschen Rahmendbedingungen müssen vom Mittelfeld des internationalen Standortwettbewerbs wieder an die Spitze klettern. So können die Hightech-Unternehmen des Deutschen Industrieverbands Spectaris spürbar zum wirtschaftlichen Aufschwung nach Corona beitragen. Spectaris fordert daher die Politik auf, die folgenden vier Leitplanken wirtschaftspolitischen Handelns in den neuen Legislaturperioden von Bundes- und Landesregierungen zu berücksichtigen.“
Leitplanke 1: Den industriellen Mittelstand ernst nehmen
Über viele Jahrzehnte haben sich deutsche Hightech-Unternehmen ihre internationale Marktposition hart erkämpft, sie sind bekannt für Ihre Innovationskraft, Qualität und Lösungskompetenz. Der industrielle Mittelstand mit seinen vielen Familienunternehmen findet in Deutschland jedoch zu häufig Rahmenbedingungen vor, die ihn im internationalen Wettbewerb benachteiligen. Dies zeigt unter anderem eine im Januar 2021 veröffentlichte Standortstudie des Mannheimer Wirtschaftsforschungsinstituts ZEW.
Leitplanke 2: F&E-Förderung für Schlüsseltechnologien erweitern und beschleunigen
Der deutsche Wirtschaftsaufschwung aus der Corona-Pandemie heraus hängt stark von der Innovationsfähigkeit der deutschen Industrie und hier vor allem des Mittelstands ab. Staatliche Maßnahmen können die Innovationsfähigkeit fördern und müssen sich im Vergleich mit denen anderer ambitionierter Industriestaaten behaupten. Die Maßnahmen müssen sich dabei sowohl auf die vorwettbewerbliche als auch auf die wettbewerbliche Förderung von Forschung und Entwicklung beziehen, um gleichermaßen die Innovationskraft und die dafür erforderliche Innovationsgeschwindigkeit zu steigern.
Leitplanke 3: Bürokratiebremse jetzt!
Anträge, Berichtspflichten, Statistiken, Nachweise, Bescheinigungen – die deutsche Bürokratie raubt den Unternehmen Zeit und kostet Geld: Beides wird in und nach der Krise für das Wiedererstarken der Wirtschaft dringend benötigt. Ziel muss eine kontinuierliche Entlastung statt einer Belastung mit immer mehr Regeln sein, die eine nachrangige Bedeutung für Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt haben. Die gesetzliche Bürokratiebremse muss sicherstellen, dass die für jedes neue Bundesgesetz anfallenden Verwaltungskosten an anderer Stelle im gleichen Maße abgebaut werden („One in one out“-Regel).
Leitplanke 4: Barrieren für die deutsche Außenwirtschaft beseitigen
Die Spectaris-Branchen leben vom internationalen Geschäft: Knapp 2/3 ihres Umsatzes erwirtschaften sie im Ausland. Es ist zu befürchten, dass nach der Corona-Krise viele Länder zur Stärkung der eigenen Wirtschaft protektionistische Maßnahmen ergreifen werden. Diesen Tendenzen muss mit einem klaren politischen Willen begegnet werden, um unsere Spitzenposition im Welthandel zu unterstützen und den Freihandel zu sichern. Die Außenwirtschaft der deutschen Hightech-Branchen benötigt hierfür praxistaugliche, transparente und rechtssichere Vorgaben im Bereich trade compliance, Zoll, Exportkontrolle sowie gezielte Exportfördermaßnahmen.
VDA: Innovationen, Arbeit, Klimaschutz
Laut VDA ist die „Automobilindustrie die Schlüsselbranche für Deutschland. Wir sind weltweiter Innovationstreiber, Arbeitgeber für mehr als 800.000 Beschäftigte und investieren in den nächsten Jahren 150 Mrd. EUR in die Digitalisierung, E-Mobilität und neue Antriebstechniken. Die Unternehmen brauchen klare Perspektiven für die Zukunft.“ Daher hat der Verband die Ziele und Bedarfe der Branche in zehn Punkten zusammengefasst.
1. Klimaneutrale Mobilität: Alle Technologien zur CO2-Reduktion nutzen und fördern
Jedes Auto, jeder Bus, jeder Lkw soll klimaneutral fahren. Je nach Bedarf und Voraussetzungen ist ein batterie-elektrischer Antrieb, Wasserstoff, eine Brennstoffzelle oder sind synthetische Kraftstoffe die nachhaltigste Lösung. Alle Technologien werden gebraucht. Zum Erreichen der Flottengrenzwerte hat ein schneller Hochlauf der Elektromobilität Priorität.
2. Laden und Tanken: Der Schlüssel zum CO2-neutralen Verkehr sind flächendeckende Infrastrukturen
Grundvoraussetzung für den klimaneutralen Verkehr sind ausreichende Mengen klimaneutralen Stroms sowie flächendeckende Lade- und Tankinfrastrukturen. Außerdem müssen 100 Prozent Ökostrom das Ziel sein. Dafür ist eine gemeinsame Kraftanstrengung von Politik, Energiewirtschaft und Industrie erforderlich.
3. Mehr Klimaschutz, mehr Sicherheit, mehr Effizienz: Potenziale digitaler Technologien heben
Digitale Technologien im Fahrzeug bieten große Chancen – um sie zu nutzen, brauchen wir leistungsfähige und sichere digitale Infrastrukturen für Datenübertragung und Verkehrssteuerung.
4. Mobilität ohne Grenzen: Menschen, Fahrzeuge und Infrastrukturen digital vernetzen
Grenzenlose Mobilität von Menschen und Gütern braucht europaweit faire und sichere Regeln zum Umgang mit Daten.
5. Jobmotor Automobilindustrie: Beschäftigung, Wachstum und Wohlstand sichern
Um dem globalen Wettbewerb standzuhalten, brauchen wir optimale Standortbedingungen. Dazu zählen angemessene Energiepreise und ein wettbewerbsfähiges Steuersystem. Klimaschutz und Digitalisierung müssen Motor für Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung sein. Klimaschutz erfordert Rekordinvestitionen, die erwirtschaftet werden müssen. Denn Investitionen in Klimaschutz brauchen eine starke Industrie.
6. Der Mensch im Mittelpunkt: Nachhaltige individuelle Mobilität für Stadt und Land
Bedarfsgerechte, bezahlbare und umweltfreundliche Mobilität für alle erfordern abgestimmte Verkehrskonzepte und eine durchgehende Vernetzung aller öffentlichen und privaten Mobilitätsangebote und Verkehrsträger.
7. Software, Künstliche Intelligenz, neue Antriebe: Schlüsseltechnologien in Deutschland aufbauen
Mit einer gezielten Förderung von Entwicklung und Produktion von Software, Künstlicher Intelligenz, Halbleitern, Wasserstoff und synthetischen Kraftstoffen kann Deutschland führend in diesen Schlüsseltechnologien werden.
8. Innovative Mobilitätsangebote: Mit Intelligenz und Investitionen Potenziale entfesseln
Nur mit einer chancenorientierten Regulierung werden die Einführung, Erprobung und das schnelle Ausrollen innovativer Mobilitätsangebote ermöglicht. Wir brauchen Rahmenbedingungen, die Wachstum innovativer Geschäftsmodelle ermöglichen.
9. Globale Märkte, globale Produktion: Unser Wohlstand beruht auf Handel
Damit auch in Zukunft deutsche Fahrzeuge weltweit produziert und verkauft werden können, brauchen wir starke Handels- und Investitionsabkommen mit Partnern weltweit. Unsere global ausgerichtete Wirtschaft trägt zu Wohlstand weltweit bei.
10. Energie für morgen: Partnerschaften für die Mobilität der Zukunft schließen
Deutschland wird auch künftig auf Energieimporte angewiesen sein. Für die klimaneutrale Energieversorgung von morgen braucht es neue, belastbare und stabile Partnerschaften mit Staaten, die uns mit Wasserstoff, synthetischen Kraftstoffen und Strom beliefern können.
VDI: Die Weichen in technologieintensiven Zukunftsfeldern stellen
In einer Umfrage mit über 9000 Teilnehmer*innen haben die VDI-Mitglieder sich zu ihren Erwartungen an die zukünftige Bundesregierung geäußert und politische Handlungsbedarfe aufgezeigt. Die Befragung fokussierte vier Zukunftsfelder, in denen laut VDI-Mitgliedern Transformationsbedarf besteht:
- Energie & Klima
- Zukunft der Mobilität
- Digitale Transformation und
- Circular Economy
Themenübergreifende Ergebnisse:
Die Mitglieder bestätigen die vier Zukunftsfelder – Energie und Klimaschutz, Mobilität der Zukunft, Digitale Transformation, Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz – als Themen bei denen hoher politischer Handlungsdruck besteht.
Energie & Klima wird als das Zukunftsfeld mit dem dringlichsten politischen Handlungsbedarf gesehen: 91% der Befragten werten diesen Bereich als „besonders dringlich“ oder „dringlich“, gefolgt von Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz (89%) sowie Digitale Transformation (88%) und Mobilität der Zukunft (82%).
Zukunftsfeld Energie & Klima
70% der Befragten fordern, dass die zukünftige Bundesregierung die Aktivitäten zur Energiewende und zum Klimaschutz priorisiert verfolgt; weniger als ein Fünftel würde es als ausreichend empfinden, wenn die zukünftige Bundesregierung die Aktivitäten verfolgen würde, wie dies bislang der Fall war.
Über 80% der Befragten sehen die Defossilisierung von Industrie und Wirtschaft sowie die Treibhausgasneutralität bis 2050 als „sehr wichtige“ oder „wichtige“ energie- und klimapolitische Ziele. Als noch wichtiger wird jedoch die Versorgungssicherheit (96%) sowie die Bezahlbarkeit (88%) eingestuft.
Für die Umsetzung der Energiewende und des Klimaschutzes wird politischer Handlungsbedarf insbesondere im Ausbau der erneuerbaren Energien sowie in der Energieeinsparung und Energieeffizienz gesehen.
Zukunft der Mobilität
Für das Automobil der Zukunft sieht eine weite Mehrheit (85%) das größte Potenzial im elektrischen Antrieb mit Brennstoffzelle; mit 67% liegt der elektrische Antrieb mit Batterie dahinter.
Knapp drei Viertel der Befragten sehen wenig oder gar kein Potenzial für den Verbrenner mit fossilen Kraftstoffen.
Bezogen auf die Förderung des automatisierten und autonomen Fahren sind die Befragten zwiegespalten: ca. 50% der Befragten stimmen eher nicht oder gar nicht zu, dass die Bundesregierung das automatisierte und autonome Fahren verstärkt fördern sollte – ca. 48% sind dafür.
Digitale Transformation
Knapp 90% der Befragten sind unzufrieden („eher nicht“ oder „überhaupt nicht zufrieden“) mit den Aktivitäten der Bundesregierung zur digitalen Transformation.
Insbesondere in den Bereichen Bildung und öffentliche Verwaltung wird die Notwendigkeit gesehen, dass die Digitalisierung erheblich schneller vorangetrieben werden muss.
Circular Economy
Die Unabhängigkeit von natürlichen Rohstoffen durch das Prinzip der „Zirkulären Wertschöpfung“ zu erreichen, wird von knapp 95% der Befragten als dringlich bewertet.
Forderungen liegen darin, dass die Bundesregierung ihre Aktivitäten diesbezüglich stärker als bisher verfolgt, insbesondere durch Forschungsförderung, Standards und Normen sowie politische Vorgaben.
Was Startups sich von der nächsten Bundesregierung wünschen
Laut dem Branchenverband Bitkom gibt es für die nächste Legislaturperiode drei Themen, die eine Mehrheit der Startups in Deutschland beschäftigen: 6 von 10 Startups (59 %) wünschen sich mehr Einsatz bei der Digitalisierung der Verwaltung, etwa durch einen One-Stop-Shop für alle bürokratischen Startup-Angelegenheiten. Nur knapp dahinter liegen der Wunsch nach mehr Wagniskapital in der Wachstumsphase (56 %) und einem besseren Zugang zu öffentlichen Aufträgen für Startups (53 %). Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter mehr als 200 Tech-Startups im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.
Jedes zweite Startup (50 %) wünscht sich allgemein den Ausbau staatlicher Förderangebote. Ebenso viele plädieren für bessere Bedingungen bei der virtuellen Mitarbeiterbeteiligung. Dabei handelt sich um „fiktive“ schuldrechtliche Stellungen, bei denen die Auszahlung an den Eintritt von bestimmten Bedingungen wie zum Beispiel den Börsengang geknüpft ist. Einsetzen sollte sich die Politik den Startups zufolge auch für mehr Wagniskapital in der Gründungsphase (47 %) sowie speziell für Hightech-Startups (45 %), etwa im Bereich Life Science oder Industrial Tech. Ein wichtiges Thema ist zudem der Fachkräftemangel (43 %). Eher weiter hinten auf der Liste der drängenden Probleme stehen ein besserer Zugang zum EU-Binnenmarkt (30 %), die Schaffung einer neuen Gesellschaftsform für Startups (29 %) und bessere Bedingungen für Venture Debt (23 %). Bei diesen Darlehen wird die Finanzierung des Startups gesichert, ohne die Beteiligungen von Investorinnen und Investoren sowie Gründerinnen und Gründern zu verwässern.
VDMA: Mehr Spielraum, neue Chancen
Karl Haeusgen, VDMA-Präsident, formuliert es so: „Die Bundestagswahl 2021 wird – wie sollte es anders sein – thematisch und emotional von den Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung bestimmt. Auch dem Maschinen- und Anlagenbau geht es darum, möglichst schnell aus dem Krisen-Modus wieder herauszukommen. Die gemeinsame Aufgabe von Politik und Wirtschaft lautet: Wie gestalten wir die ökonomische Welt in der Post-Pandemie-Zeit?“
Dabe begleitet der VDMA unter #btw21 kritisch-konstruktiv den demokratischen Wettstreit und fordert eine Politik für eine starke Industrie mit fünf zentralen Positionen:
- Digitalpolitik für mehr Wachstum
- Außenwirtschaftspolitik für mehr Handel
- Klimapolitik für mehr Innovationen
- Mittelstandspolitik für mehr Wettbewerb
- Steuerpolitik für mehr Investitionen
Im Detail fordert der VDMA beispielsweise:
- einen Vorstoß für eine Reform des deutschen Exportfinanzierungssystems, die auch die Anforderungen kleiner und mittlerer Unternehmen berücksichtigt.
- das regulatorische Design für die Kreislaufwirtschaft sorgfältig zu gestalten. Ziel ist, Innovation und Kreativität nicht zu behindern, Designkontrolle zu vermeiden und gleichzeitig gemeinsame Standards für nachhaltiges Produktdesign und einen gut funktionierenden Sekundärrohstoffmarkt zu etablieren.
- eine umfassende Reform der energiebezogenen Steuern, Abgaben und Umlagen der Energieträger nach ihrer Treibhausgasintensität pro Energiegehalt.
- dass Deutschland die Initiative zur Einsetzung eines Mittelstandsbeauftragten auf Ebene der EU-Kommission ergreift. National muss der Grundsatz der 1:1-Umsetzung europäischen Rechts gelten. Sogenanntes „Gold Plating“ schafft Wettbewerbsnachteile ohne Zusatznutzen.
- die Modernisierung des AGB-Rechts, sodass international übliche Vertragsklauseln auch nach deutschem Recht vereinbart werden können.
- die Öffnung des förderfähigen Aufwands der steuerlichen Forschungsförderung, die dem Gebot der Technologieneutralität folgt, sowie die Verankerung von Transferplattformen in der Verbundforschung und den Ausbau der Industriellen Gemeinschaftsforschung.
- einen zügigen Ausbau der digitalen Infrastruktur, d.h. Aufbau einer zuverlässigen, nationalen 5G-Infrastruktur in der Breite. Deutschland braucht das beste Breitbandnetz der Welt.
- die Sicherstellung des Schutzes von Daten und Know-how entlang der Wertschöpfungskette. Zudem müssen Geschäftspartner die vertragliche Handlungsfreiheit haben, verlässliche Regelungen z.B. zur Nutzung von Daten treffen zu können.
- die Schaffung eines innovationsfreundlichen Ordnungsrahmens. Voreilige Regulierungen wie z.B. zur Künstlichen Intelligenz schnüren Innovationen und somit neue Geschäftsmodelle bereits vor der Marktreife ab.
- einen echten Beitrag der Politik zur Fachkräftesicherung. Dazu gehört insbesondere, dass in der Wissensvermittlung – von der Kita bis zur Hochschule – Technik den Stellenwert erhält, wie er einer Industrienation angemessen ist. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz muss praxisnah umgesetzt werden.
Dazu Karl Haeusgen: „Mit den Kernforderungen des VDMA an die Politik verknüpfe ich einen direkten Appell an Sie: Lassen Sie sich bei Ihren wirtschafts- und industriepolitischen Entscheidungen von marktwirtschaftlichen Grundsätzen leiten! Geben Sie den Unternehmen am Standort Deutschland mehr Freiraum, damit Sie in Europa und weltweit ihren Beitrag zur Gestaltung einer besseren Zukunft leisten können! Wir werden Ihren politischen Wettbewerb begleiten – kritisch, konstruktiv und immer gesprächsbereit.“
ZVEI: Aufbruch in die All-Electric Society
Das sagt der ZVEI: Die Megatrends Elektrifizierung und Digitalisierung führen zu einer All-Electric-Society, die eng verbunden ist mit der Bewältigung des Klimawandels. Klimaschutz lässt sich nur durch den breiten Einsatz von technologischen Innovationen erreichen. Die Elektroindustrie mit ihren mehr als 873.000 Beschäftigten hat eine Schlüsselposition für die Ziele einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Gesellschaft.
„Die All-Electric-Society wird geprägt sein durch die intelligente Kopplung aller klimarelevanten Sektoren. In der durchgängigen Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung der Bereiche Energie, Industrie, Gebäude und Mobilität liegt großes Potenzial, um die gesteckten Klimaziele zu erreichen. Das geht nur mit den Innovationen der Elektroindustrie.“ ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel
Die Deutsche Elektroindustrie steht…
- für einen stärkeren Ausbau und die Nutzung erneuerbarer Energien: Reform der Abgaben, Umlagen und Steuern auf Strom,
- für mehr Elektromobilität und flächendeckende Ladeinfrastruktur,
- für Gebäude, die Strom selbst erzeugen, durch effiziente Technologien intelligent nutzen und speichern sowie für das Laden von E-Fahrzeugen bereitstellen,
- für hoch effiziente Fabrikhallen, die Gleichstrom nutzen,
- für ein digitalisiertes Stromnetz, das Erzeugung und Verbrauch intelligent ausbalanciert und steuert,
- für vernetzte, digitalisierte Gesundheitsversorgung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt,
- für Globalisierung und Europa: Klimaschutz und Digitalisierung als Chance für die Industrie nutzen,
- für Deutschland als Leitmarkt und Leitanbieter bei 5G in der industriellen Produktion.