Bild 3: Bidirektionale diskrete TVS-Diodenarrays der Baureihe SP3522 beiten symmetrischen ESD-Schutz für Hochgeschwindigkeits-Datenleitungen.

Bild 3: Bidirektionale diskrete TVS-Diodenarrays der Baureihe SP3522 beiten symmetrischen ESD-Schutz für Hochgeschwindigkeits-Datenleitungen. (Bild: Littelfuse)

Dioden wie die SP1020 bieten einen robusten ESD-Schutz in einem platzsparenden 01005-Gehäuse, das sich sehr gut für den Einsatz in AR-Brillen eignet.

Bild 1: TVS-Dioden wie die SP1020 bieten einen robusten ESD-Schutz in einem platzsparenden 01005-Gehäuse, das sich sehr gut für den Einsatz in AR-Brillen eignet. Littelfuse

Je kleiner intelligente Geräte sind, desto empfindlicher sind ihre internen Strukturen für elektrostatische Entladungen (ESD). Am Beispiel von Augmented-Reality-Brillen zeigen vier Empfehlungen, wie Entwickler den ESD-Schutz schon früh im Designprozess berücksichtigen können.

Augmented-Reality-Brillen (AR) überlagern Bilder der realen Welt mit digitalen Informationen. Bereits früh im Entwicklungsprozess muss der Designer hier auf den ESD-Schutz achten. Denn bei unzureichend abgesicherten Wearables können hohe Kosten für Reparatur, Austausch, Versand und Schadenersatz entstehen. Zudem leidet der Ruf des Herstellers darunter. Daher sollten Schaltungsentwickler bereits früh im Designprozess vier Empfehlungen berücksichtigen, um Sicherheit, Leistung und Zuverlässigkeit der Wearables zu verbessern.

Eck-Daten

Tragbare Geräte wie AR-Brillen lassen sich bei Berücksichtigung einiger Empfehlungen und mit Verständnis der wesentlichen Paramter effektiv vor Schäden durch elektrostatische Entladungen schützen. Kleine uni- und bidirektionale ESD-Dioden an der richtigen Stelle platziert sowie mit kurzen Leiterbahnen angebunden und entsprechend getestet, schützen die sensible Elektronik. Damit können Hersteller hohe Kosten für Reparatur, Versand oder Schadenersatz und vor allem auch einen Rufschaden vermeiden.

Darum ist ESD-Schutz wichtig

Durch normale Bewegungen im Alltag kann sich ein Mensch oder ein Gegenstand aufladen. Ohne Erdung bleibt die erzeugte Spannung über lange Zeit bestehen. Ein aufgeladener Gegenstand hat jedoch immer die Tendenz, sich bei der nächstmöglichen Gelegenheit zu entladen.

Ein Mensch kann elektrostatische Entladungen erst ab etwa 2000 V wahrnehmen. Bauteilschäden treten aber bereits ab einer Spannung von circa 100 V auf. Aufgrund der stetigen Miniaturisierung von elektronischen Bauteilen sind diese immer sensibler gegen elektrostatische Entladungen. Im Inneren des Bauteils kann es zur Zerstörung der Halbleiterstrukturen sowie zur Schwächung der Leiterbahnen und Isolationsabstände kommen. Typische ESD-Schäden sind frühzeitige Ausfälle sowie ein abnormes Verhalten bei hoher Temperatur, Feuchtigkeit oder schnellen Schaltzyklen.

Derartige ESD-Schäden lassen sich mit den normalen Produktionstests in der Regel nicht entdecken. So sind die betroffenen Produkte zum Zeitpunkt des Ausfalls oft bereits beim Endanwender. Neben den eigentlichen Reparaturkosten drohen Strafzahlungen, Ersatzleistungen und Imageschaden. Entsprechend können Bauteile, die nur wenige Cent kosten, Schäden von mehreren 10.000 Euro verursachen. Dabei weisen laut Angaben eines Halbleiterherstellers etwa 25 Prozent der als defekt zurückgeschickten Bauteile einen ESD-Schaden auf.

Vermeidung und kontrolliertes Ableiten

Zum Schutz sensibler Elektronik vor elektrostatischer Entladung sind zwei Strategien zu kombinieren: Ungewollte Aufladung ist zu vermeiden und Gegenstände sollten sich kontrolliert entladen können. Beispiele für ESD-Schutzmaßnahmen während des Herstellungsprozesses sind Handgelenkerdungsbänder und ESD-Bekleidung für Mitarbeitende und Besuchende, ableitende Arbeitsoberflächen und Einrichtungsgegenstände, ESD-gerechtes Werkzeug und Material, ableitende Fußbodenbeläge und Schuhwerk, Ionisatoren und Schutzverpackungen. Die ausgewählten ESD-Schutzmaßnahmen sind auf die Produkte und das Umfeld abzustimmen, damit der notwendige Schutz nicht zu hohe Kosten verursacht.

Administrative Maßnahmen

Bild 2: Hochentwickelte Chipsätze in tragbaren Geräten werden immer kleiner. Daher muss auch der Formfaktor der Komponenten für den ESD-Schutz entsprechend kompakt für die enge Integration sein.

Bild 2: Hochentwickelte Chipsätze in tragbaren Geräten werden immer kleiner. Daher muss auch der Formfaktor der Komponenten für den ESD-Schutz entsprechend kompakt für die enge Integration sein. Littelfuse

Neben technischen sind auch administrative Maßnahmen für ein wirksames Schutzsystem geeignet. Dazu gehört insbesondere die Schulung der Mitarbeitenden: So entwickeln sie ein Bewusstsein für die unsichtbaren Gefahren. Die gültigen ESD-Normen fordern ein regelmäßiges Training „als erste effektive Stufe für einen wirksamen ESD-Schutz“. Neben den Mitarbeitenden im direkten Umgang mit den sensiblen Komponenten sind auch deren Kollegen aus unterstützenden Bereichen wie Arbeitsvorbereitung oder Logistik zu unterweisen.

Zudem ist eine regelmäßige Funktionsprüfung der etablierten ESD-Kontrollelemente nötig. Durch Alterung, falsche Reinigungsmittel oder Abnutzung können die installierten Schutzeinrichtungen ihre Funktion verlieren, ohne dass dies sichtbar ist. Daher sollte mindestens einmal jährlich eine messtechnische Überprüfung erfolgen.

Vier wichtige Tipps zum ESD-Schutz für AR Wearables

Auch in der Nutzungsphase von Kleingeräten wie AR Wearables sind Technologien für den Schaltungsschutz sowie geeignete Strategien für das Platinenlayout nötig, um die tragbaren Geräte und ihre Nutzer zu schützen.

  1. 1. Unidirektionale oder bidirektionale Dioden?

Aktuelle Transient Voltage Suppressor (TVS) Dioden als ESD-Schutz (ESD-Diode) bieten eine Vielzahl von Leistungsvorteilen für AR-Anwendungen, insbesondere durch ihren kleinen Formfaktor (Bilder 1 und 2). ESD-Dioden sind in unidirektionaler oder bidirektionaler Konfiguration erhältlich. Unidirektionale Dioden finden typischerweise für DC-Schaltungen, einschließlich Drucktasten und Tastaturen, sowie für digitale Schaltungen Verwendung.  Bidirektionale Dioden kommen vor allem in AC-Schaltkreisen zum Einsatz, die bei jedem Signal eine negative Komponente von mehr als -0,7 V aufweisen können. Zu diesen Schaltungen gehören Audio, analoges Video, Datenports und RF-Schnittstellen.

Wann immer möglich, sollten Konstrukteure unidirektionale Dioden-Konfigurationen wählen, um die Leistung bei ESD-Stromschlägen mit negativer Spannung zu verbessern. Während dieser Schläge basiert die Klemmspannung auf der Durchlassvorspannung der Diode, die typischerweise weniger als 1,0 V beträgt. Eine bidirektionale Dioden-Konfiguration liefert während eines negativen Schlages eine Klemmspannung, die auf der Durchbruchsspannung in Sperrrichtung basiert, die höher ist als die Vorwärtsvorspannung der unidirektionalen Diode. Daher kann die unidirektionale Konfiguration die Belastung des Systems während negativer Transienten deutlich reduzieren.

  1. 2. Diodenposition nahe dem ESD-Eintrittspunkt

Die meisten Schaltungen benötigen keine ESD-Dioden auf Platinenebene an jedem der IC-Pins. Vielmehr sollte der Konstrukteur ermitteln, welche Pins der Außenseite der Anwendung ausgesetzt sind, wo vom Benutzer erzeugte ESD-Ereignisse wahrscheinlich auftreten. Wenn der Nutzer die Kommunikations-/Steuerleitung berühren kann, wird sie möglicherweise zu einem Pfad, über den ESD in die integrierte Schaltung eindringen kann. Zu den typischen Schaltungen gehören USB, Audio, Tasten, Schalter, RF-Antennen und andere Datenbusse. Das schrittweise Hinzufügen dieser diskreten Bauelemente benötigt Platz auf der Leiterplatte. Daher ist es wichtig, ihre Größe zu reduzieren, damit sie in die 0201- oder 01005-Bauformen passen. Für einige Wearable-Anwendungen sind auch platzsparende Mehrkanal-Arrays erhältlich. Es ist allgemein empfehlenswert, den ESD-Baustein so nahe wie möglich am ESD-Eintrittspunkt zu platzieren, der typischerweise als Steckverbinder oder E/A definiert ist.

  1. 3. Kurze Leiterbahnen

Um die Pins des ICs mit einer TVS-Diode zu schützen, sind beim Leiterbahn-Routing – von der E/A zur Masse – einige wichtige Punkte zu beachten. Im Gegensatz zu Blitztransienten setzt ESD keine großen Strommengen über einen langen Zeitraum frei. Um ESD effektiv zu handhaben, muss die Ladung so schnell wie möglich von der geschützten Schaltung zur ESD-Referenz übertragen werden. Die Länge der Leiterbahn – von der E/A-Leitung zur ESD-Komponente sowie von der ESD-Komponente zur Masse – ist dabei der entscheidende Faktor, nicht die Breite der Leiterbahn zur Masse. Die Länge der Leiterbahn sollte so kurz wie möglich sein, um die parasitäre Induktivität zu begrenzen. Diese Induktivität würde zu einem induktiven Überschwingen führen. Eine solche kurze Spannungsspitze kann mehrere hundert Volt erreichen, wenn die Stichleitung lang genug ist. Zu den aktuellen Gehäuse-Entwicklungen gehören μDFN und Wafer Level Chip Scale Packages (WLCSP), die direkt über die Datenbahnen passen, um die Notwendigkeit von Stichleitungen vollständig zu vermeiden.

  1. 4. Testen der Belastbarkeit gegenüber ESD

Bild 3: Bidirektionale diskrete TVS-Diodenarrays der Baureihe SP3522 beiten symmetrischen ESD-Schutz für Hochgeschwindigkeits-Datenleitungen.

Bild 3: Bidirektionale diskrete TVS-Diodenarrays der Baureihe SP3522 beiten symmetrischen ESD-Schutz für Hochgeschwindigkeits-Datenleitungen. Littelfuse

Human Body Model (HBM), Machine Model (MM) und Charged Device Model (CDM) sind für Unternehmen Testmodelle zur Charakterisierung der ESD-Belastbarkeit der integrierten Schaltungen von tragbaren Geräten oder Wearables, inklusive Prozessor, Speicher und ASIC. Damit stellen Halbleiterlieferanten die Widerstandsfähigkeit der Schaltungen während der Herstellung sicher. Der aktuelle Trend geht dahin, dass die Anbieter die Spannungsprüfungsebenen reduzieren, da dies Platz auf dem Chip spart. Zusätzlich haben die meisten Elektronikhersteller ESD-Schutzmaßnahmen während des Montageprozesses eingeführt.

Parameter zur Bewertung eines ESD-Schutzelements

Wenn der ESD-Schutz nur während der Montage vorgesehen ist, kann das Gerät in der Umgebung des Nutzers anfällig für ESD-Schäden sein. Elektronische Geräte ohne geeignete, integrierte ESD-Schutzmaßnahmen versagen dann schrittweise oder komplett. Um weniger ESD-bedingte Feldausfälle zu gewährleisten, muss der Entwickler ein ausreichend robustes Bauelement auf Leiterplattenebene auswählen, das gegen intensive elektrische Belastungen schützt. Dennoch sollte es die Bandbreite und elektrische Leistung bieten, die das Endprodukt erfordert. Bei der Bewertung eines ESD-Schutzbauelements sind die folgenden Parameter zu berücksichtigen:

  • Dynamischer Widerstand: Definiert den Widerstand der Diode gegenüber der Zustandsänderung vom Blocker zur Leitung elektronischer Energie. Dieser Wert zeigt, wie schnell die Diode den ESD-Transientenimpuls klemmt und nach Masse ableitet. Je senkrechter die I-U- oder TLP-Kurve verläuft, desto effizienter ist die Lawinendiode und desto niedriger der dynamische Widerstand.
  • Prüfung gemäß IEC 61000-4-2: Dieser Test während des Designs und der Charakterisierung bewertet, welche Schläge die ESD-Diode wiederholt ohne Beeinträchtigung der Gleichstromleistung aushalten kann. Für diesen Parameter gilt typischerweise: je höher der Wert, desto besser. Immer mehr ESD-Dioden von Littelfuse erreichen unter Kontaktentladungsbedingungen Werte von 20 bis 30 kV. Dies übertrifft die Industriestandards für Feldelektronik, die nominell bei 8 kV Luftentladung liegen.
  • Gleichstromleistung: Beim Entwurf von zu schützenden Schaltungen sind mehrere wichtige Bereiche zu beachten. Dazu gehören Überspannungstoleranz (8/20 μs), parasitäre Kapazität und Induktivität sowie nominale und maximale Ableitströme.

Die Ansätze variieren je nach den Leistungsmerkmalen der zu schützenden Schnittstellen.

Todd Phillips

Global Market Manager, Electronic Business Unit, bei Littelfuse

(na)

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