Erdgas

In der Übernahmestation passt die E-Netz Südhessen das gelieferte Erdgas an die Bedingungen der örtlichen Leitungen an. Daher müssen kritische Bereiche wie der Schaltschrank gesichert sein. (Bild: Turck)

Das Wohnzimmer innerhalb weniger Minuten auf Wohlfühltemperatur heizen, in vielen Haushalten gelingt dies im wahrsten Sinne des Wortes im Handumdrehen. Noch nutzt fast jeder zweite Haushalt dafür Erdgas, was sich vielleicht in der nahen Zukunft ändern könnte. Welch komplexen Weg der Energieträger aber zwischen Förderstelle und Bestimmungsort zurücklegt, beschäftigt die Endverbraucher seit der Ukraine-Krise zunehmend, ebenso wie die Versorgungssicherheit.

Noch gelten Strom, Wasser und Gas in Deutschland als Konstante und Störungen der Versorgung sind die große Ausnahme. Das ist unter anderem der Verdienst regionaler Verteilnetz-Betreiber wie der E-Netz Südhessen, die Elektrizitäts- und Erdgasnetze für Strom- und Gasversorger betreibt. Da hier eine hohe Anlagenverfügbarkeit an vorderster Stelle steht, überwachen die Darmstädter selbst den Zustand von Schaltschränken in dezentralen Einrichtungen wie Übergabestationen oder Biogasanlagen. Dort erkennen Schaltschrankwächter von Turck, wenn eine Tür geöffnet wird oder zu hohe Temperaturen herrschen.

Streng kontrollierte Gasdruckregelung

Im Netzgebiet der E-Netz Südhessen ermöglichen zehn Übernahmestationen, dass Erdgas mit dem passenden Druck in lokale Netze eingespeist wird. Die e-netz Südhessen übernimmt das Gas mit einem Druck von 30 bis 80 bar und reduziert es auf Versorgungsdrücke zwischen 12 und 13 bar. Bei diesem Vorgang, auch „Entspannung“ genannt, entsteht Kälte. Deshalb ist es erforderlich, das Gas nicht nur zu filtern, mit Geruchsmittel zu versetzen und einer Druckreduzierung zu unterziehen, sondern es auch vorzuwärmen. Darauf folgt eine Mengenmessung des Gaszählers, ehe der Energieträger in die Peripherie übertragen und dessen Druck vor Ort schließlich von Regelanlagen auf 23 bis 700 millibar verringert wird. Alle Schritte der Vorverarbeitung erfolgen unter strenger Kontrolle, sowohl durch eine zentrale Verbundleitstelle als auch durch Mitarbeiter im technischen Außendienst.

Informationssicherheit bis zur Türöffnung

Als Netzbetreiber zählt die E-Netz Südhessen zu den Kritischen Infrastrukturen (KRITIS). Für diese Organisationen und Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen hat das Bundesinnenministerium strategische Inhalte beschlossen, die eine hohe Verfügbarkeit und Sicherheit gewährleisten sollen – zum Beispiel von IT-Systemen. Daran angelehnt, definierte das Unternehmen spezifische Anforderungen an die interne Informationssicherheit. „Wir wollten Eingangstüren und Schaltschränke in sämtlichen Gasdruckregel- und Messstationen überwachen können“, sagt Jürgen Nagel, der für die Elektrik in den Gas- und Wasserbetriebsanlagen der e-netz Südhessen verantwortlich ist. Wann wurde an welchem Ort eine Schaltschranktür geöffnet? Diese Information sollte die Verbundleitstelle erreichen, ohne dass dafür aufwendige elektrotechnische Erweiterungen in den dezentralen Stationen nötig gewesen wären.

„Türkontaktschalter hielt ich für nicht zuverlässig genug; und auch bei Rollenschaltern wäre der Aufwand zu groß gewesen“, beschreibt Nagel den Auswahlprozess. „Da musst du Löcher in die Schränke bohren, teilweise das Metall biegen oder mit kleinen Hilfsmitteln arbeiten.“ Erfolgreicher liefen die Tests mit Turcks Schaltschrankwächter IM12-CCM, einem Kompaktgerät zur direkten Hutschienenmontage, dessen interne Sensoren gleich drei Werte messen: Temperatur, Luftfeuchtigkeit und den Abstand zur Tür. „Das Gerät ist für unsere Zwecke optimal: reinklipsen, zwei Drähte und Spannung drauflegen, zwei Drähte zur SPS ziehen – und fertig.“

In der größten Übernahmestation nutzt man drei miteinander verbundene Schaltschrankwächter. Mithilfe von Reed-Kontakten übertragen die beiden nachgeschalteten Geräte ihre Signale an das primäre IM12-CCM, das die Informationen wiederum zur SPS weiterleitet. So registrieren Mitarbeiter in der Verbundleitstelle, dass vor Ort in der Station eine Schaltschranktür geöffnet wurde. Diese einfache Möglichkeit, Schaltschränke mit einer internen Überwachung nachzurüsten, machte Schule bei den Darmstädtern. Inzwischen setzen die Elektriker auch Geräte in Fernwärme- und Biogasanlagen ein.

Schaltschranküberwachung
Unsichere Türkontakte oder aufwendig zu montierende Rollenschalter kamen für die Nachrüstung der Schaltschranküberwachung nicht infrage. (Bild: Turck)

Temperaturmessung inklusive

Ein Großteil der Gasübergabestationen und Fernwärmeanlagen verfügt bereits über Klimatechnik, die einem Überhitzen der elektronischen Geräte vorbeugt. Im Schaltschrank verbaute Komponenten sind beispielsweise Frequenzumsetzer oder Speisegeräte für Drucktransmitter und die Temperaturmessung. Hinzu kommen Trennschaltverstärker. Dennoch: Bislang sind nicht alle Stationen klimatisiert. In einer der Übernahmestationen nutzt Jürgen Nagel daher auch die Temperaturmessung des Schaltschrankwächters. „Der Schaltschrank steht dort im Heizungsraum, wo es trotz Isolierung sehr warm werden kann; und speziell bei einer SPS oder einem Netzteil habe ich es lieber etwas kühler.“ Bei einem Überschreiten von 42 °C sendet der Schaltschrankwächter ein Signal an die SPS. Diesen Grenzwert hat Jürgen Nagel über einen IO-Link-USB-Adapter im Schaltschrankwächter eingelernt. Alternativ hätte die Parametrierung über FDT-Software wie Pactware oder per Quick-Teach erfolgen können.

Schaltschrankwächter
Der Wächter wird einfach auf der Hutschiene montiert und überwacht danach zuverlässig Temperatur, Feuchte und Türschluss. (Bild: Turck)

Einfaches Nachrüsten von Condition Monitoring

Condition Monitoring ist als Anforderung nicht nur für Maschinen und Lagerbereiche relevant, sondern betrifft auch Schaltschränke. Das zeigt das Informationssicherheitsmanagement der E-Netz Südhessen, die mit dem Schaltschrankwächter den Türschluss von Schaltschränken in dezentralen Anlagen überwacht und so auf unbefugte Zutritte aufmerksam wird. Wo instabile klimatische Verhältnisse die Verfügbarkeit von elektronischen Geräten gefährden, zahlen sich zudem die im Gerät verbauten Sensoren zur Messung von Temperatur und Luftfeuchtigkeit aus.

Nachgefragt bei …. Klaus Ebinger, Produktmanager Interfacetechnik

Klaus Ebinger ist Produktmanager Interfacetechnik
Klaus Ebinger ist Produktmanager Interfacetechnik: „Das Gerät ist für diese Zwecke optimal: reinklipsen, zwei Drähte und Spannung drauflegen, zwei Drähte zur SPS ziehen – und fertig.“ (Bild: Turck)

IEE: Was gab den Ausschlag einen solchen speziellen Schaltschrankwächter zu entwickeln? Hätte man dies nicht auf eine andere Art und Weise lösen können?

Klaus Ebinger Wie heißt es so schön, alle Wege führen nach Rom. Das gilt natürlich auch hinsichtlich der Überwachungstechnologien für Schaltschränke. Sie können selbstverständlich mehrere Sensoren für Temperatur, Feuchte und Distanz zur Tür einzeln installieren, alle mit einer kleinen Steuerung verbinden und diese dann an die übergeordnete SPS anbinden, um den Schaltschrank im Blick zu behalten. Unser Ansatz bei der Entwicklung der CCM-Serie war Anwenderfreundlichkeit durch Plug & Play: einfach das kompakte Gerät mit integrierter Sensorik für Temperatur, Feuchte und Türschluss auf die Hutschiene klipsen, an die SPS anbinden und es kann losgehen. Das reduziert nicht nur den Installationsaufwand, sondern natürlich auch die Gesamtkosten der Condition-Monitoring-Lösung und die Lagerhaltung der Komponenten.

IEE: Für welche Anwendungsfälle sind Schaltschrankwächter gedacht?

Klaus Ebinger Überall dort, wo es wichtig ist, bestimmte Parameter in Schalt- oder Lagerschränken zu überwachen, leisten die CCM-Geräte ihren Dienst. So zum Beispiel in Einrichtungen der “Kritischen Infrastrukuturen“, kurz KRITIS. Hier müssen Sie als Betreiber nachweisen, dass die Schränke nicht unbefugt geöffnet wurden. Das lässt sich mit unseren IM12-CCM ganz einfach nachrüsten. Über die Geräte registrieren die Anwender jegliche Türöffnungen – ob planmäßig oder unbefugt. Und in nicht klimatisierten Stationen sendet der Wächter zudem ein Signal, wenn definierte Temperaturwerte überschritten wurden. Anderes Beispiel: Überwachung der Lagerungs- und Verabeitungsbedingungen von Lotpasten in der Elektronikfertigung. Dazu nutzen wir in unsere eigenen Fertigung die Linux-Schaltschrankwächter, die dank Ethernet in jede IT-Infratstruktur eingebunden werden können.

IEE: Ist ein solches Multifunktionsgerät nicht überdimensioniert, wenn man nur die Öffnung der Tür überwachen möchte?

Klaus Ebinger Geht es ausschließlich um die Überwachung der Türoffnung, gäbe es andere Möglichkeiten wie Rollenschalter oder Türkontaktschalter, die aber aufwendiger zu in-stallieren und leichter zu manipulieren sind. Aber selbst, wenn Sie nur die Türüberwachung des CCM nutzen, profitieren der Anwender von der einfachen Installation und der hohen Manipulationssicherheit.

IEE: Bedarf es für Schaltschränke überhaupt ein spezifisches Condition Monitoring?

Klaus Ebinger Besonders in Schaltschränken können erhöhte oder unregelmäßige Temperaturverhältnisse zu Leistungsverlust oder gar dem Ausfall einzelner Geräte führen. Umso wichtiger werden daher neben der geeigneten Geräteanordnung smarte Lösungen für Condition Monitoring.

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